[2] Empfindliche Nase
Nach zwei Wochen gab es Dean auf, jeden Schritt seines Bruders zu überwachen. Es ging ihm gut und Sam war schon so genervt von Deans Fürsorge, so dass er mehr als einen Ausraster bekam. In diesen zwei Wochen hatte sich Dean geweigert einen Fall anzunehmen. Stattdessen war er mit Sam zu Bobby gefahren damit sich sein kleiner Bruder dort erholen konnte. Sam hatte sich zwar gefreut ihren väterlichen Freund wiederzusehen, doch als er merkte warum Dean mit ihm hierhergekommen war, war er doch recht angepisst gewesen. Dean übertrieb es in seinen Augen mit seiner Sorge und fühlte sich eingeengt und bemuttert. Er war richtig dankbar als sie nach diesen zwei Wochen wieder losfuhren und Dean ihm sagte, er solle ruhig nach einem Fall suchen. Selten hatte sich Sam so auf eine Jagd gefreut wie in diesem Moment. Er wollte einfach nur dass wieder Normalität herrschte und er auch mal wieder alleine vor die Tür gehen konnte.
Sie jagten Werwölfe in Wisconsin, Vampire in Texas und einen Wendigo in Illinois. Für die Jagd brauchten sie jeweils mehrere Tage inklusive Anfahrt, Recherche, Zeugenbefragung, Finden des Übernatürlichen und dann die Jagd selbst. Jedes Mal waren sie danach erschöpft aber zufrieden, die Welt ein wenig mehr zu einem friedlicheren Ort gemacht zu haben. Ihre Verletzungen die sie sich zuzogen waren nur gering: Prellungen, Schürfwunden und ein blaues Auge. Also nicht der Rede wert.
Seit dem Vorfall in der Halle waren nun schon 5 Wochen vergangen und Dean war darüber sehr erleichtert, dass Sams Ohnmacht eine einmalige Sache geblieben war und die Jagd nach dem Dämon keine Konsequenzen nach sich gezogen hatte. Wie sehr er sich doch irrte...
Nach dem Wendigo beschlossen sie sich ein freies Wochenende zu nehmen. Sie mieteten sich in einem Motel ein paar Städte weiter ein und machten Pläne für die nächsten zwei Tage. Dean wollte sich den Motor seines Babys ansehen, da er das Gefühl hatte, dass dieser nicht ganz rund lief, Sam wollte endlich mal wieder ein Buch lesen was nichts mit der Jagd zu tun hatte und vielleicht auch ein Museum besuchen und gemeinsam wollten sie die hiesigen Bars abklappern und zusammen ein paar Biere trinken und Billard spielen.
An diesem ersten Abend allerdings blieben sie auf ihrem Zimmer nachdem sie gegessen hatten, sahen sich im Fernsehen ein paar Filme an und lachten viel. Es war ein schöner Abend in gelöster Stimmung. Die Aussicht auf zwei freie Tage machte gute Laune und sie beide waren froh, die letzten Jagden gut überstanden zu haben.
Dean wurde von einem merkwürdigen Geräusch geweckt. Blinzelnd setzte er sich auf und sah automatisch zum Nebenbett. Es war leer. Es schien draußen noch dunkel zu sein und er fragte sich wo Sam sei. Dann sah er das Licht was unter der Badezimmertür hindurchschien. Er entspannte sich. Sam war nur auf der Toilette. Doch dann hörte er wieder das merkwürdige Geräusch. Was zum Teufel machte Sam da drinnen?
Er hörte wie Sam stöhnte und sofort schoss im das Blut ins Gesicht. Holte sich Sam etwa einen runter? Jetzt? Na gut, er tat es auch oft wenn sich Sam im Nebenzimmer aufhielt, aber er war davon ausgegangen dass sich sein Bruder so etwas nicht traute. Schließlich war dieser in seinen Augen doch recht verklemmt.
Als er sich gerade wieder hinlegen wollte, hörte er die Klospülung, die Tür ging auf und Sam kam heraus. Er wankte ein wenig und hielt sich den Bauch. Als er Dean bemerkte blieb er stehen.
"Habe ich dich geweckt?"
Dean hatte eigentlich so tun wollen als schliefe er, doch nun war es schon zu spät. "Nicht schlimm", sagte er daher mit einem Grinsen.
"Ich bin ja froh wenn du dir wenigstens so ein wenig Entspannung gönnst." Er bewunderte es ja schon, dass Sam dabei so leise bleiben konnte.
Verständnislos starrte ihn dieser an. "Wie meinst du das denn? Du findest also kotzen ist entspannend? Na gut, wenn's raus ist, dann ja aber dennoch gehört das nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Es ist also nicht so, als würde ich mir etwas gönnen." Er setzte das letzte Wort mit seinen Händen in Anführungszeichen.
"Wie kotzen? Du hast also nicht...?"
"Ich habe was nicht?"
Dean winkte ab. "Ach schon gut. Du hast also kotzen müssen? Wirst du etwa krank?"
"Oder ich habe was falsches gegessen. Vielleicht waren die Hähnchenstreifen nicht mehr gut."
"Ja, kommt davon wenn man sich ständig nur von Salat mit Fleischresten ernährt. Das kann ja nicht gut gehen."
"Haha." Sam schritt langsam zum Bett und ließ sich darauf fallen.
"Wenigstens werde ich nicht an Arterienverstopfung krepieren so wie du. Deine Cholesterinwerte müssen ja jenseits von Gut und Böse sein, so wie du dir ständig dieses ungesunde Zeug reinstopfst."
"Dir geht's wieder gut wenn du über mein Essverhalten meckern kannst", stellte Dean trocken fest. "Also schlaf noch etwas."
Gehorsam legte sich Sam hin und zog die Decke über sich. Nachdem er sich übergeben hatte, ging es ihm wieder gut und da er noch müde war, diskutierte er nicht mit Dean sondern schloss die Augen.
Der Geruch von Kaffee weckte ihn. Dean stand an seinem Bett und schwenkte einen Pappbecher mit dem heißen Gebräu hin und her. Sam schlug die Augen auf und lächelte.
"Hm, Kaffee ans Bett. Das ist ja mal ein Service."
"Ja, und er ist genauso wie du ihn magst, mit viel Milch und Zucker. Ein Frauenkaffee halt. Nur das Beste für dich, Samantha."
Sam brummte unwillig, nahm dennoch den Becher entgegen nachdem er sich aufgesetzt hatte.
"Danke", sagte er schlicht und Dean nickte.
"Und, wieder alles gut? Den Kotzanfall überstanden?"
"Jo, habe ich. War vielleicht wirklich etwas mit dem Essen. Apropos, hast du auch Frühstück besorgt?"
"Na sicher, kennst mich doch. Für dich Pancakes und für mich einen Baconcheeseburger mit extra Zwiebeln."
Sam verzog angewidert das Gesicht. "Zum Frühstück? Echt jetzt?"
"Ja, wieso nicht? Ich hatte Hunger drauf. Willst du im Bett essen oder am Tisch?"
Sam sah auf den Sirup und entschloss, lieber am Tisch zu essen. Pancakes mit Ahornsirup waren eine klebrige Angelegenheit und er hatte keine Lust danach überall anzupappen. Er setzte sich also so wie er war, in Shorts und altem T-Shirt, mit seinem Kaffee an den Tisch und Dean tat es ihm gleich. Sam begann mit großen Appetit über seine Pancakes herzufallen und beobachtete amüsiert, wie Dean mit leuchtenden Augen seinen Burger auspackte. Er wirkte dabei wie ein kleines Kind im Spielzeugladen. Sam schmunzelte. Es war schön Dean so entspannt und glücklich zu sehen.
Das Lächeln verging ihm allerdings als ihm ein Geruch in die Nase stieg. Zunächst konnte er ihn gar nicht genau zuordnen, bis Dean zum ersten Mal in seinen Burger biss. Schlagartig hörte Sam auf zu kauen, sah mit aufgerissen Augen konsterniert auf Deans Hände die den Burger festhielten. Er wurde blass. Übelkeit stieg in ihm hoch und er hatte das Gefühl sich sofort übergeben zu müssen. Er versuchte durch die Nase ein und auszuatmen, doch dadurch geriet noch mehr von dem Geruch, der von dem Fleisch und der Soße ausging, in seine Nase und es war vorbei. Er sprang auf, rannte ins Bad und übergab sich in die Toilette, dessen Deckel glücklicherweise offen stand.
Dean hatte gar nicht mitbekommen was in Sam vorging. Er war zu sehr davon begeistert seine Zähne gleich in dieses Kunstwerk aus Speck, Käse, Rindfleisch, Zwiebeln und Soße zu schlagen, als dass er in diesem Moment auf Sam geachtet hätte. Als dieser aufsprang, wunderte er sich und folgte mit seinen Augen dem Jüngeren der ins Bad rannte. Eindeutige Geräusch waren zu hören und mit einem Bedauern legte er den Burger auf das Einpackpapier zurück.
"Sam?", fragte er und trat zum Badezimmer. Der Geruch von Erbrochenen stieg ihm in die Nase und er wendete sich kurz angewidert ab, trat dann jedoch ins Bad um nach seinem Bruder zu sehen. Dieser hing immer noch mit seinem Gesicht in der Kloschüssel und versuchte seinen rebellierenden Magen zu beruhigen.
"Sammy, alles okay?", hörte er Dean besorgt fragen.
"Sicher", gab Sam stöhnend zurück der noch einmal ausspuckte und sich dann langsam aufrichtete. Er war ganz blass und Dean sank neben ihm in die Hocke, den Geruch gekonnt ignorierend. Er half Sam auf die Beine und führte ihn zum Waschbecken damit er sich frisch machen konnte. Dankbar nahm Sam die Hilfe an, wusch sich das Gesicht und putzte die Zähne. Dann schob ihn Dean in den Wohnraum, zog ab und trat hinter ihm ins Zimmer.
Erschöpft setzte sich Sam aufs Bett und verzog wieder das Gesicht.
"Dean", bat er matt. "Kannst du bitte den Burger woanders essen? Ich vertrag den Geruch nicht. Und lüfte bitte ordentlich."
Irritiert starrte ihn Dean an. Was wollte sein Bruder?
"Sam, was?", brachte er nur hervor.
"Ernsthaft Dean. Mir wird schlecht von dem Burger. Bitte."
"Oh, okay. Natürlich." Immer noch verwirrt tat er worum Sam ihn bat. Er öffnete die Fenster, packte seinen Burger wieder ein und drehte sich noch einmal zu Sam um. "Braucht du irgendwas? Soll ich nachher essen?"
"Nein, schon gut. Hast doch Hunger. Geh nur. Ich lege mich noch ein wenig hin und esse später weiter." Sam krabbelte umständlich aufs Bett und kroch unter die Decke.
"Okay, ich bin im Impala falls was sein sollte." Dean schnappte sich den Autoschlüssel vom Tisch und dazu den Burger. „Kannst mich jederzeit anrufen."
Sam nickte schwach und schloss die Augen. Mehr als beunruhigt verließ Dean das Motelzimmer.
Den Rest des Tages gab es keine Probleme mehr. Sam setzte sich draußen auf eine Bank, las in seinem Roman und beobachtete Dean, wie dieser seinen Impala durchcheckte. Abends gingen sie in eine Bar, tranken Bier und spielten Billard. So wie sie es geplant hatten. Diesmal schleppte Dean wirklich eine heiße Brünette ab und verschwand mit ihr, nachdem er Sam zugezwinkert hatte. Dieser ließ ihn ziehen, wusste er doch, dass es sich Dean redlich verdient hatte. Schließlich hatten damals der Dämon und danach er selbst ihm die Chance verbaut was mit dieser Spanierin anzufangen und seitdem hatte Dean keine Gelegenheit mehr gehabt. Dean musste dringend Druck abbauen und er gönnte es ihm. Sam ging alleine in das Motelzimmer, las noch ein wenig in seinem Buch und ging früh schlafen.
Den nächsten Tag verbrachten sie ähnlich. Außer der Übelkeit, die sich glücklicherweise nicht mehr bemerkbar machte. Nach dem Wochenende fuhren sie wieder los, immer auf der Suche nach einem neuen Fall. Sam recherchierte wie immer im Auto während Dean fuhr und klickte sich durch die diversen Onlinezeitungen.
"Mysteriöse Morde in Grafton, North Dakota", meldete er sich schließlich zu Wort. "Blutleere Körper, Bissspuren."
"Schon wieder Vampire?", stöhnte Dean auf. "Mensch, die nerven. Können die sich nicht mal an 'ner Blutbank bedienen oder so? Müssen die denn immer über Menschen herfallen?"
"Tja, scheint so als würden diese es zumindest nicht tun. Na komm, du wolltest einen Fall, da hast du ihn. Oder soll ich noch weitersuchen?" Sam hob fragend den Kopf und wartete ab ob er wieder in die Tastatur hämmern sollte. Dean seufzte leise auf.
"Nein, ist schon gut. Also wieder Vampire. Schön, dank der Macheten kann ich dabei gut meinen Schwertarm trainieren, falls wir mal auf einen Rittergeist treffen sollten."
"Aha." Manchmal verstand Sam wirklich nicht Deans Humor. „Dann bieg hier ab, wir müssen in diese Richtung."
Sie kamen am frühen Abend an, suchten sich ein nettes Motel und beschlossen den Abend mit weiteren Recherchen und reinigen der Waffen zu verbringen. Für die Vampire benötigten sie vor allem ihre Macheten, dennoch konnte es nicht schaden auch ihre anderen Waffen zu reinigen. Es war sowieso wieder nötig und während Sam sich hinter seinen Laptop klemmte, machte Dean das was ihm schon seit vielen Jahren ins Blut übergegangen war: Auseinander nehmen, reinigen, zusammensetzen, prüfen.
Sam las noch lange im Internet und Dean schaltete nach dem Reinigen den Fernseher an. Irgendwann legte der Jüngere den Laptop beiseite und schaute mit. Nach Mitternacht gingen sie schlafen.
Diesmal frühstückten sie im Diner. Nach dem einen Morgen war Sam nicht mehr schlecht geworden und er dachte schon gar nicht mehr daran. Er trat hinter Dean ins Diner, rümpfte ein wenig die Nase als er die diversen Gerüche wahrnahm, sie setzten sich in eine Nische und sofort trat eine ansehnliche Blondine mit vollen Brüsten an ihren Tisch.
"Hi Jungs, ich bin Nancy, was kann ich euch bringen?"
Sie strahlte Dean regelrecht an, der nun seine volle Aufmerksamkeit auf sie lenkte. Sam bedachte sie mit einem Lächeln, doch bei Dean verwandelte sich dieses Lächeln in etwas Flirtendes.
"Ich nehme die Pancakes mit Früchten und einen Kaffee, schwarz", bestellte Dean und grinste sie vielsagend an. Sam schloss sich an, verlangte nur noch nach Milch und Zucker, wobei Dean wieder mit den Augen rollte. Sam wusste schon was Dean gleich sagen wollte.
"Ich bin kein Mädchen, nur weil ich meinen Kaffee gerne etwas verbessere", unterband er sofort Deans folgende Neckerei.
Dieser zuckte nur mit den Achseln. "Doch irgendwie schon."
Missmutig sah Sam aus dem Fenster. Draußen begann es gerade zu regnen und er konnte beobachten wie sich die Menschen auf den Straßen in Sicherheit brachten. Er war froh, dass sie nun im warmen und gemütlichen Diner saßen und nicht gerade dort draußen waren. Nancy brachte ihnen den Kaffee.
"Die Pancakes kommen gleich", versprach sie lächelnd und beugte sich ein wenig zu Dean herunter um ihm einen Blick in ihren Ausschnitt zu gewähren. Dieser nahm nur zu gerne an und grinste anschließend Sam an, als sie weiterging.
"Alter, ich sag's dir. Da geht noch was heute."
In diesem Moment rutschte Sam hektisch aus der Bank, und rannte Richtung Toilette. Dabei rempelte er eine Frau mit Kinderwagen an, die gerade herein gekommen war.
"Hey", beschwerte sich diese, doch Sam war schon weg. Fassungslos sah Dean auf den Platz auf dem eben noch Sam gesessen hatte. Was war denn jetzt los?
Schnell stand er auf und nahm Sams Laptop an sich. Diebe gab es schließlich überall.
"Hey Nancy", sprach er die Bedienung an. „Ich komme gleich wieder. Ich muss nur mal nach meinem Bruder sehen. Kannst du die Pancakes warm halten?"
"Klar, kein Problem. Geh nur, ich halte euch euren Platz frei."
Dankbar folgte er Sam anschließend auf die Toilette. Als er diese betrat, zog Sam gerade ab. "Hey Sam. Was war denn los?"
"Musste mich übergeben", meinte Sam leise und ging zum Waschbecken. Er wusch sich die Hände und das Gesicht. Dean beobachtete ihn dabei. Sam sah ein wenig blass um die Nasenspitze aus.
"Schon wieder? Das kommt aber oft vor in letzter Zeit."
"Hm, weiß auch nicht. Mir war plötzlich schlecht."
„Und jetzt? Ist dir immer noch schlecht?"
Sam überlegte einen Moment. "Ne, nach dem Übergeben geht's mir gut und ich habe Hunger."
Dean lächelte milde. "Okay... Ich habe Nancy gebeten unsere Pancakes warm zu halten. Wenn du also nun essen willst..."
"Hm, ja..."
Dean hörte das Zögern heraus. "Aber?"
Sam war es sichtlich unangenehm danach zu fragen, er wusste wie gerne Dean es trank.
"Hm, der Kaffee... kannst du den bitte von unserem Tisch entfernen? Irgendwie... der Geruch... weißt du...?"
Dean glaubte nicht recht zu hören. Zuerst der Burger, nun der Kaffee. Seit wann war denn Sam so empfindlich?
"Sam, gibt es etwas was du mir sagen willst?" Prüfend schritt er auf seinen kleinen Bruder zu und sah ihm fest in die Augen. "Weißt du etwas darüber?"
"Nein, Dean. Ich weiß auch nicht woher das kommt. Plötzlich kann ich nicht mehr jeden Geruch ertragen, manchmal von einen Moment auf den anderen. Ich dachte ja zuerst es wäre nur 'ne Magenverstimmung aber nun... ich habe keine Ahnung was los ist."
Sam sah so blass und geknickt aus, dass ihm Dean glaubte. Sam fühlte sich elend und er machte ihm Vorwürfe. Toller großer Bruder.
"Na komm, lass uns was essen", sagte er dann versöhnlich, "...dann geht's dir bestimmt besser."
Das Essen verlief schweigend und Dean trank einen Icetea zu seinen Pancakes, während Sam einen Orangensaft genommen hatte. Sam zuliebe hatte Dean wirklich Nancy darum gebeten den Kaffee wegzuschütten und diese hatte es achselzuckend getan. Manchmal musste sie ihre Gäste nicht verstehen.
Nach dem Essen ging es Sam besser und wollte sich direkt an die Tagesplanung machen. Er zog dafür seinen Laptop hervor und schaltete ihn ein. Dean hatte sich kurz mit Nancy am Bedienungstresen unterhalten und es somit nicht gesehen. Als er zurückkam, war Sam schon eifrig dabei über die Opfer nachzuforschen. Dean warf einen Blick auf den Bildschirm, schob sich Sam gegenüber wieder in die Nische und klappte den Laptop zu. Sam konnte gerade noch rechtzeitig seine Finger in Sicherheit bringen.
"Hey, was soll das?", beschwerte er sich bei seinem Bruder und zog abschätzend die Augenbrauen hoch.
"Vergiss die Recherche, Sam. Wir werden nicht den Fall übernehmen. Ich rufe Bobby an, dass dieser einen Ersatz findet."
"Wieso? Warum willst du abbrechen?"
"Das fragst du mich noch? Du musst dich immer wieder übergeben. Irgendetwas stimmt nicht mit dir, und solange wir nicht wissen was, übernehmen wir keinen neuen Fall."
"Ach was, mir geht's gut. Ich bin im Moment einfach nur etwas empfindlich."
"Nur? Du kotzt, Sam. Und seit ich dich kenne hast du mich noch nie darum gebeten meinen Burger wo anders zu essen weil du den Geruch nicht erträgst, und nun auch noch Kaffee? Ich bitte dich. Also packen wir jetzt zusammen, wir fahren in die Berge wo du deine Nase in den Wind stecken kannst und lässt dich mal ordentlich durchpusten. Vielleicht hilft ja das."
Sam war ein wenig genervt aber auch irgendwie gerührt, wie besorgt Dean um ihn war und stimmte daher zögernd zu. Wenn er ehrlich war, fühlte er sich sowieso zu müde und zu schlapp um auf Jagd zu gehen. Sicherlich hatte Dean Recht und es würde ihm bald wieder richtig gut gehen.
Sie fuhren zum Apgar Village Lodge, mitten in dem Glacier National Park im Bundesstaat Montana, am Rande des McDonald Sees. Sie hatten eine kleine Blockhütte ganz für sich und obwohl sie zwei Tage für die Anfahrt gebraucht hatten, war Sam froh hier zu sein. Es war eine herrliche Landschaft die sich vor ihnen ausbreitete. Sie mussten nur wenige Meter zum See gehen, dessen Wasser so klar war, dass man den Grund und allerlei Fische sehen konnte. Hinter dem See stiegen dann die Berge an. Der ganze Glacier National Park war eine waldige Oase des Friedens und der Ruhe. Durchzogen von klaren Seen und tiefen Wäldern, die zum Wandern einluden. Sam atmete tief durch, als er sich auf eine Bank am Rande des McDonald Sees setzte. Er genoss die Ruhe und die gute Luft. Dean hatte bestimmt Recht. Das hier tat ihm gut und ihm würde bestimmt nicht mehr übel werden.
Dean hatte Sam nach draußen geschickt damit dieser sich umsah, während er die Hütte herrichtete. Auf dem Weg hierhin hatte Dean einen beeindruckenden Großeinkauf getätigt und Sam befohlen im Wagen zu warten. Er hatte keine Lust, dass sich Sam schon wieder übergab. Dean befüllte den Kühlschrank, brachte unter dem Fußabtreter am Eingang eine Teufelsfalle an und schüttete Salzlinien unter die Fenster. Dann deponierte er in Schubladen und Schränken Waffen. So wie es ihm ihr Dad gelehrt hatte, alles sichern, alles für den Notfall vorbereiten. Als er fertig war, gesellte er sich zu Sam. Dieser saß auf der Bank und sah versonnen über den See, dessen Oberfläche sich in der kühlen Herbstsonne spiegelte.
"Und, geht's dir gut, Sam?", fragte ihn Dean und warf einen prüfenden Blick auf seinen Bruder. Dieser hatte sich gestern auf der Fahrt noch einmal übergeben müssen und Dean war heilfroh, dass er rechtzeitig bemerkt hatte wie blass Sam wurde und schnell am Randstreifen angehalten hatte. Nicht auszudenken wenn nun auch noch sein geliebtes Auto vollgekotzt wurde. Das fehlte noch.
Sam lächelte und sah seinen Bruder dankbar an.
"Mir geht's gut, Dean. Danke, es war eine tolle Idee hierher zu kommen. Sicherlich ist meine Nase nur durch diesen ständigen Blutgeruch überreizt und braucht auch mal etwas Erholung."
Dean nickte nur. Er machte sich immer noch Sorgen und sogar noch mehr. Als Sam gestern schon geschlafen hatte, hatte er ein wenig nachgelesen was so einen plötzlich empfindlichen Geruchssinn hervorbringen konnte. Dabei war er immer wieder auf das Thema Schwangerschaft gestoßen, was ja schließlich aus nahe liegenden Gründen nicht sein konnte, und auf diverse Erkrankungen die diese Empfindlichkeit auslösen konnten. Allerdings gab es da nichts richtig spezifisches, mehr Ahnungen und Meinungen in diversen Foren. Also wusste Dean nicht genau womit er es zu tun hatte, und was er dagegen machen konnte. Wenn er einem realen Feind gegenüberstand wusste er genau was er zu tun hatte, das hier aber war etwas nicht Greifbares. Seinem Bruder ging es schlecht und er wusste nicht wie er ihm helfen konnte. Deswegen hatte er Sam in die Abgeschiedenheit des Nationalparks gebracht. Er hoffte sehr, dass die saubere Luft und die Ortsveränderung Sam guttun würden.
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