Zurück im Schloss
Am nächsten Morgen brechen wir früh auf. Zu viert reiten wir schon bei Sonnenhoch über die Ebene, auf welcher man den dunklen Schatten des Schlosses schon erkennen kann.
"Glaubt unserem Vater kein Wort von dem was er sagt, habt ihr Verstanden?" schärft Nezryn uns allen ein, wobei sein Blick an mir hängen bleibt. "Als ob ich dem auch nur ein Wort glaube." grummelt Nephlimian neben mir, der seine Stute am kurzen Zügel zurück hält und dessen Blick fest auf den dunkeln Schatten vor uns gerichtet ist. "Was hat dir mein Vater getan?" frage ich unverblümt, erschrocken vom offenen Hass der in den Worten des Jüngeren mitschwingt. Mein Blick wandert hilfesuchend zu meinem älteren Bruder, doch dieser schüttelt nur leicht den Kopf und lässt sich zu Elide zurückfallen, der hinter uns die Nachhut bildet. "Euer Vater hat nicht nur mir sondern dem Land viel genommen, er hat uns belogen und betrogen, hintergangen und ausbluten lassen wie wildes Getier." beantwortet Nephlimian meine Frage und seine blauen Augen mit goldenen Sprenkeln treffen meine dunkelgrünen.
Ich nicke und er lächelt. "Tut mir leid mein Prinz, ich werde mein Temperament demnächst versuchen zu zügeln." setzt er noch hinzu und neigt sein Haupt.
Diesmal halten uns keine Wachen auf, als wir mit klapperden Hufen auf den gepflasterten Schlossplatz ankommen. Wir werden sogar erwartet, mein Vater steht dort, vor dem Portal wartet, mein Vater in seinem schweren roten Mantel und mit der Krone auf dem Kopf. Neben mir gleiten meine Gefährten von ihren Pferden und knien sich nieder. Ich kann sehen, wie sehr ihnen diese Geste wiederstrebt. Ebenso widerstrebend folge ich ihrem Bespiel, als mein Vater sich zu uns herunterbegibt.
"Meine geliebten Söhne, ihr seid zurückgekehrt und ihr habt eure Prüfung mit Bravur bestanden. Ihr seid wahrlich große Krieger, doch wie seid ihr gekleidet meine Söhne, auch eure Leibwachen, als währet ihr einfach Bauern." säuselt er und zieht mich und Nezryn hoch, um uns zu umarmen. "Nun kommt ins Schloss, das Essen wird bald aufgetragen und eure Gemächer sind bereit, auch die eurer Gefährdeten wurden in euren Flügeln vorbereitet." fährt er fort und führt uns ins Schloss, während Elide und Nephlimian uns mit einigem Abstand folgen.
Nach dem Essen lasse ich mich auf mein Bett fallen. "Ach, wie habe ich dich vermisst mein geliebtes Bett." nuschle ich und drücke meinen Kopf tiefer ins Kissen, als ich von einem Klopfen an der Tür unterbrochen werde. Ohne eine Antwort abzuwarten tritt Nephlimian ein. "Braucht ihr noch etwas mein Herr?" fragt er und schließt die Tür hinter sich.
Ich schüttle den Kopf und betrachte seine schmale Figur, an der das neue Hemd viel zu groß wirkt, der Jüngere ist mindestens fünfzehn Zentimeter kleiner als ich und nur halb so breit, was vermutlich daran liegt, dass er nicht genug isst und nur aus Haut und Knochen besteht und doch hat er eine starke Ausstrahlung, die mich in ihren Bann zieht. "Ihr starrt mein Lord...Mal wieder." sagt der Andere mit belustigtem Lächeln. "Tut mir leid, ich versuche nur zu verstehen...." murmle ich und setze mich an die Bettkante und beobachte ihn nun direkt. "Was mein Prinz?" fragt er und erwidert meinen Blick, wobei in seinen Augen so viele Gefühle toben, die ich beim besten Willen nicht deuten kann. "Um ehrlich zu sein, dich. Als ich dich zum ersten Mal getroffen habe, warst du frech, gabst nichts auf meinen Stand, doch seid du mich gerettet hast und mir unterstellt wurdest, machst du brav Männchen, wenn man es verlangt. Du bist relativ schmal, doch scheinst du ein begnadeter Kämpfer zu sein. Und außerdem kommst du mir sehr bekannt vor." Stelle ich mit vor der Brust verschränkten Armen fest und er lacht einfach nur. "Natürlich mache ich jetzt brav Männchen, ich bin ein Zauberer und unsere Verbindung wurde schon seit Anbeginn der Zeiten festgeschrieben.
Ich bin euer Schwert eure Hoheit und auch wenn ich sonst eine eher niedrige Meinung vom hohen Adel habe, so werde ich versuchen euch nach all meinen Mitteln zu Schützen und zu unterstützen." erwidert der schwarzhaarige und kniet sich vor mir nieder.
Schnell erhebe ich mich und überwinde die wenigen Meter zwischen uns, um ihm hochzuhelfen. "Bitte hör auf so förmlich zu sein. Du bist ein Rätsel, das ich langsam entschlüsseln werde, genau wie unsere Verbindung, aber trotzdem behandle mich bitte nicht wie den Prinzen, sondern wie einen gleichgestellten." sage ich und sehe zu ihm herab. Er nickt und lächelt. "Merk dir eins, du bist der Einzige für den ich Männchen machen werde." neckt er und ich nicke. "Nun geh schlafen Neph, du siehst furchtbar aus." "Gute Nacht Kenneth." erwidert er und verlässt den Raum.
Nun bin ich allein mit meinen Gedanken und den Fragen, die mir durch den Kopf schwirren. Warum spielt mein Vater dieses Spiel? Warum lässt er den Tötungsversuch als eine Bewährungsprüfung dastehen? Warum akzeptiert er unsere Gefährten im Schloss? Was hat das mit dieser Verbindung auf sich? Wie stark ist Nephlimian und kann ich ihm wirklich trauen? Ich seufze, darüber werde ich mir ein anderes Mal den Kopf zerbrechen, jetzt brauche ich erstmal Schlaf.
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