Kapitel 3
Adam
"Was ist hier los?"
Das Mädchen schaut mich schuldbewusst an. "Entschuldigt, Sohn der Phythia. Ich hatte solche Angst und nicht beabsichtigt, Euch Schwierigkeiten zu machen. Wenn Ich Euch störe, sagt es, dann verschwinde ich."
Ich schüttele verwirrt den Kopf. "Nein, bleibe ruhig, du störst nicht. Und bitte, duze mich. Ich bin Adam." Ich lächele das Mädchen an.
Das Mädchen senkt den Kopf. "Du bist zu freundlich."
"Ich vertraue dir. Komm, wir bereiten dir das Gästezimmer vor." Ich gehe vor und sie folgt mir langsam. Als ich die Tür zum Gästezimmer öffnet, werden ihre Augen noch größer. Sie schlängelt sich an mir vorbei und betrachtet die Fototapete eines schönen Sommerwaldes, die mit hellem Holz in Astwerkoptik gefertigten, handgeschnitzten Möbel aus der Tischlerei meines Großonkels und die ebenfalls in Astwerkoptik gehaltene Staffelei, die meine Tante benutzt, wenn sie mal da ist. Einige Leinwände und Farben lagern in dem Regal dahinter.
Während ich aus dem Wandschrank im Flur passende Bettwäsche hole, hat sie die Staffelei schon in Beschlag genommen. Eine große Leinwand lagert darauf und sie beginnt, sie mit farbenfrohen Bildern zu verzieren. In der Minute meiner Abwesenheit hat sie bereits die perfekten Konturen eines Panthers skizziert.
"Du bist ein Naturtalent", sage ich bewundernd.
"Nein, am Anfang hatte ich auch große Schwierigkeiten. Aber der Orden legt großen Wert darauf. Nach Jahren habe ich es auch endlich hinbekommen."
"Der Orden?"
"Der Orden der Gestaltwandler. Sie eentdecken uns, bilden uns aus und wir arbeiten als ihre Augen, bevor wir unsere Namen und unsere endgültige Gestalt herausfinden."
"Habt ihr vorher keine Namen?"
"Nein. Generell werden wir bei dem Namen unserer Lieblingsgestalt genannt."
"Und welche ist deine?" Als sie einen schwarzen Pinselstrich setzt, wird es mir klar. "Ein schwarzer Panther, richtig?"
"Ein schwarzes Panther-Weibchen, um genau zu sein."
"Und warum malst du diese Kreaturen?"
"Damit festigen wir unsere Vorstellung von unseren Gestalten. Ich male vor allem Wildkatzen, Adler und Delfine."
"Warum erzählst du mir das? Vorhin warst du noch verschlossen und hast mir gar nichts verraten", frage ich skeptisch.
"Ich wusste nicht, ob ich dir trauen kann."
Ich seufze. "Ich lasse dich jetzt allein. Wenn du etwas brauchst,
sag mir Bescheid. Ich arbeite noch etwas in meinem Fotoatelier, das ist die Treppe runter und dann rechts im Anbau."
"Danke." Sie lächelt dankbar.
"Gerne." Ich lächele zurück und verlasse das Zimmer. Bevor ich die Tür schließe, erhasche ich einen Blick auf die Gestaltwandlerin, die sich wieder aufs Malen konzentriert.
~
"Adam?" Ein kleines, maximal fünf Jahre altes Mädchen kommt in mein Atelier, wo ich gerade einen Schluck Vodka trinken will. "Ich kann nicht schlafen."
"Warum denn das?" Ich stelle verwundert das Glas weg, beuge mich vor und hebe sie auf meinen Schoß.
"Ich habe Angst", flüstert die Kleine.
"Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin doch da." Sanft wiege ich sie hin und her, und nahezu sofort fallen ihre Augen zu. Ich wiege sie noch etwas, bevor ich aufstehe und sie nach oben trage. Ich lege sie auf die eine Seite in meinem breiten Bett, mache unten alles aus und gehe dann selbst zu Bett. Ich weiß gar nicht mehr, wann mir zuletzt das regelmäßige Atmen einer anderen Person das Einschlafen erleichtert hat.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro