16. ein ungebetener Gast
s e c h s z e h n
Die Glückwünsche zum abgeschlossenen Deal hielten noch den ganzen Tag an und nach dem klärenden Gespräch mit Troy konnte ich mich nun auch darüber freuen und die Anerkennung vollends genießen. Es erfüllte mich zunehmend mit Stolz und um ehrlich zu sein konnte ich mich an das Gefühl, das mir das Ansehen meiner Mitarbeiter gab, gewöhnen.
Es war bereits weit nach der Dämmerung als ich mein Büro für den heutigen Tag verließ. Schon seit dem Gespräch mit Samuel quälen mich meine Gedanken über meine Eltern und abermals hatte ich dieses bedrückende Gefühl endlich etwas ändern zu müssen.
"Klara?" Ich ließ meinen Blick durch das offene Büro schweifen in dem Klaras Schreibtisch nur einer von sehr vielen war.
Nur Führungspersonen hatten eigene Büros, während alle anderen, eingeschlossen Klara und Thomes, nur einen eigenen Schreibtisch in einem Großraumbüro hatten zusammen mit x anderen.
Für mich wäre das nichts, da ich mein Büro als Rückzugsort sah, als einzigen Ort in dieser Firma an dem ich ich bin und nicht davon bestimmt werde, wer ich nicht bin. Ich bin kein Geschäftsmann und das bekomme ich überall außerhalb meines Büros extrem zu spüren. Nicht, dass es innerhalb meines Büros anders zugehen würde, doch allein die Atmosphäre meines Raums schwächte dies alles ab.
"Ja?" Die hübsche Dame kam nach wenigen Augenblicken lächelnd aus der Kaffeeküche, trug bereits ihren Mantel und ich vermutet, dass sie gerade ihre Kaffeetasse in die Spülküche gebracht hatte um nun auch bald Feierabend zu machen.
"Kannst du die Tage etwas für mir recherchieren?" Sie nickte und ich folgte ihr zu ihrem Schreibtisch, wo sie einen Notizzettel hervorsuchte.
"Kannst du bitte herausfinden, wie hoch meine Studiengebühren waren?" Fragend zog sie eine Augenbraue nach oben, musterte mich einige Sekunden, sagte schlussendlich jedoch nichts dazu, sondern notierte nur etwas auf ihrem Zettel.
Kurz unterhielten wir uns über mein Studium, wobei sie genauso überrascht reagierte wie Samuel damals, ehe sie begeistert nickte.
"Mach ich, Boss.", frech grinste sie zu mir hinauf und ich konnte darüber nur lachen. Ich konnte so froh sein diese Frau in meinem Leben zu haben.
Ich bedankte mir bei ihr und verabschiedete mich, wobei wir feststellten, dass wir sowieso beide auf dem Heimweg waren und deswegen gemeinsam den Nach-Hause-Weg antraten.
Etwa eine Stunde später saß ich frisch geduscht, nur mit einer Pyjamahose auf meiner Couch und überlegte, was ich mit mir anstellen sollte.
Um schlafen zu gehen war es noch zu früh und eigentlich hatte ich Hunger, wollte jedoch nichts kochen und um etwas zu bestellen, war ich zu unschlüssig. Deswegen lag ich einfach nur auf meiner Couch, ließ mich vom Fernseher beschallen und driftete beinahe in den Schlaf als es plötzlich an der Haustüre klingelte.
Ich lebte in einem überwachten Apartmentkomplex und ohne Schlüsselkarte für den Aufzug musste man am Portier vorbei und der ließ nur geladene beziehungsweise vor angekündigte Personen rein.
Eigentlich wusste niemand wo ich wohnte, außerdem hatte ich keinen auf meiner Liste stehen, dass der oder diejenige ohne weiteres durchgelassen werden würden und dementsprechend konnte es keiner sein den ich kannte.
De facto musste es der Hausmeister oder ähnliches sein.
Schwerfällig erhob ich mich und trottete zugegebenermaßen langsam auf die Haustür zu, da ich keine Lust auf Interaktionen hatte. Außerdem wunderte es mich extrem, warum jemand um so eine späte Uhrzeit noch vor meiner Tür stehen würde. Im gleichen Gedankengang fiel mir jedoch auf, dass ich den ganzen Tag im Büro war und sie deshalb nur zu solch komischen Zeiten kommen konnten, da sie mich sonst nicht antreffen würden.
Ohne vorher durch den Türspion zu schauen, öffnete ich die Tür schwungvoll, schon bereit das Gespräch mit der Hausmeister schnell hinter mich zu bringen.
Doch die Person davor war nicht der Hausmeister.
"Charles?! ... Was willst du denn hier? Wie kommst du überhaupt hier rauf?" Die Tatsache, dass er einfach am Portier vorbeigekommen war, ohne das dieser bei mir nachgefragt hatte, ob dies ok sei, überraschte mich mehr als seine tatsächliche Anwesenheit.
"Uh... hey Zachary." Ein schüchternes Lächeln lag auf seinen Lippen, welches jedoch nicht zu seinem Auftreten passte, denn er strahlte wie immer eine so extreme Dominanz aus, dass ich mich ihm am liebsten sofort wieder hingegeben hätte.
Als er jedoch bemerkte, dass ich seine Begrüßung nicht erwidern würde, hob er eine Tüte, die er in der Hand hielt, in Sichthöhe. "Ich habe etwas vom Asiaten mitgebracht."
Skeptisch sah ich erst die Tüte, dann wieder ihn an. "Ich hoffe, du magst asiatisch." Seine Stimme klang hoffnungsvoll und das allein reichte bereits aus um meine Knie weich werden zu lassen.
Sein plötzlicher Besuch bei mir zuhause brachte meine Gedankengänge durcheinander und ließen mein Herz unweigerlich höher schlagen. Er hatte sich tatsächlich die Mühe gemacht, herauszufinden wo ich wohnte, nur um mit mir zu essen und den Abend zu verbringen.
Das war eine Handlung, die mein Herz höher schlagen ließ als jeder Blumenstrauß es je getan hätte.
Das Geschehene der letzten Tage vergessend und völlig von Charles Anblick hingerissen, öffnete ich die Tür etwas weiter und zeigte ihm damit stumm an einzutreten.
Ein breites Lächeln erschien auf seinem Gesicht und erst als er meine Wohnung betrat bemerkte ich erstens, dass ich Charles das erste Mal überhaupt, nicht wie gewohnt in meinem Anzug, sondern in einer normalen Jeans und einem lockeren Kapuzenpullover sah und ich, zweitens, oben ohne war. Urplötzlich stieg mir die Hitze ins Gesicht, weshalb ich mich beschämte von ihm wegdrehte. "Mach es dir gemütlich. Ich bin gleich wieder da."
Als ich wenige Minuten später voll angezogen wieder zurück ins Wohnzimmer kam, war das Essen bereits ausgepackt.
Erst jetzt bemerkte ich wie groß meiner Hunger eigentlich gewesen war, und im selben Augenblick kam Charles mit Besteck aus der Küche.
Er hatte seinen Pullover ausgezogen und offenbarte damit ein schwarzes T-Shirt auf dem das Logo einer bekannten Rockband abgedruckt war.
Ich hätte niemals gedacht, dass Charles Kleiderschrank aus etwas anderem wie Anzügen bestehen würde, geschweige denn, dass er offensichtlich ein Fan von Rockmusik war. Ich hätte ihm viel eher klassische Musik zugetraut, einfach, weil ich noch aus meiner Zeit mit John wusste, dass Francis nur klassische Musik hörte und da Charles so gesehen alles von seinem Vater nachgeahmt hatte, lag es für mich klipp und klar auf der Hand, dass Charles ebenso ein Fanatiker von klassischer Musik war wie sein Vater. Aber Rockmusik? Das passte so gar nicht zu dem Vierzigjährigen.
"Möchtest du etwas trinken?", fragte ich höflich nach und ließ damit meine Gastgeberqualitäten glänzen.
"Coke?", fragte Charles, ohne mich dabei anzusehen, während er die Deckel der Gerichte abnahm.
Das Essen verlief ruhig und ich konnte nicht in Worte fassen, wie sehr ich seine Anwesenheit genoss.
Charles hatte es tatsächlich geschafft, nicht nur bei meinem Lieblingsasiaten das Essen zu holen, sondern dabei auch noch mein liebstes Gericht auszuwählen. Im Fernsehen lief eine Sitcom, welche uns ab und an zum lachen brachte, wobei mir bei jedem noch so kleinen Kichern seinerseits ein Schauer über den Rücken lief.
"Wie bist du eigentlich hier rauf gekommen?", fragte ich deswegen noch immer überrascht nach. Vor allem um eine Antwort darauf zu bekommen, aber auch um ein Gespräch mit ihm beginnen zu können.
"Ich habe die Wohnung damals für dich ausgesucht.", grinste Charles und nippte an seinem Getränk. "Der Portier kannte mich noch." "Der Portier kannte dich noch? Ich wohne seit fünf Monaten hier und er kennt mich immer noch nicht." Perplex starrte ich meinen Gast an, der mir nur frech entgegen grinste und anzüglich mit den Schultern zuckte.
"Du hast ihn bestochen, oder?", fragte ich ernst nach.
Die Tatsache, dass der Portier ihn noch kannte, aber mich, der jeden Tag hier ein und aus ging, nicht, ärgerte mich irgendwie.
Charles begann laut zu lachen und schüttelte energisch den Kopf. "Er erinnert sich noch an mich, weil ich ihm negativ in Erinnerung geblieben bin. Also sei eher froh, dass er nicht weißt wer du bist, denn das heißt, dass er noch keinen Grund gefunden hat dich nicht zu mögen."
Irritiert zog ich beide Augenbrauen nach oben und musterte den schönen Mann vor mir skeptisch. "Was hast du angestellt?" Jetzt konnte ich das Schmunzeln nicht mehr zurückhalten.
Charles bekam bei meiner Frage einen leichten Rotschimmer um die Nase und räusperte sich peinlich berührt. "Das nehmen wir als Thema für ein zukünftiges Gespräch.", hüstelte er amüsiert und wand sich wieder seinem Essen zu.
Mit vollem Bauch lehnte ich mich zurück und seufzte wohlig auf. "Gott, war das lecker."
Die Worte waren nicht direkt an Charles gerichtet sondern generell einfach nur so dahin gesagt, doch Charles fühlte sich natürlich angesprochen. "Habe ich das richtige ausgesucht?"
Sein Blick lag hoffnungsvoll auf mir, aber irgendetwas hinderte mich daran ihm zu sagen, dass er voll in schwarze getroffen hatte. Ich wollte ihm diese Genugtuung nicht geben.
"Ja, hat schon gepasst.", antwortete ich deswegen neutral und spürte im selben Moment Charles stechenden Blick auf mir, während ein leises, enttäuschtes 'Oh' von ihm kam.
Sofort überschwemmten mich die Schuldgefühle. Nur schwer konnte ich mich davon abhalten ihm die Wahrheit zu sagen, aber ich hatte schon einmal mein Innerstes vor ihm ausgebreitet und auch wenn es nur um Essen ging erschien es mir in diesem Augenblick zu persönlich, zu intim.
Ich machte mich daran den Müll zusammenzusammeln und ihn zu entsorgen, einfach, weil Charles Nähe mich plötzlich verunsicherte. Ich wollte ihn nicht so enttäuscht sehen, ich wollte ihm jedoch auch nicht einfach so verzeihen und ich merkte selber, wie ich auf dem besten Weg dazu war.
Charles mit seiner unendlichen Höflichkeit erhob sich jedoch auch und brachte des dreckige Geschirr in die Küche und anstatt das ich von seiner Nähe wegkam, standen wir nun zusammen in der Küche, wieder ohne sonderlich großen Abstand.
"Du hattest Sex mit Troy Cooper, stimmts?", brach es wortwörtlich plötzlich aus Charles heraus.
Überrascht über die unvorhergesehene Frage, drehte ich mich wieder zu ihm. Unsanft biss er auf seiner Unterlippe herum. Seine Wangen hatten einen rötlichen Schimmer angenommen. Seine Finger trommelten unruhig auf dem Marmor der Kücheninsel.
Ich zuckte stumm mit den Schultern, denn an der Art wie er seine Frage gestellt hatte, wusste er doch sowieso was los war. "Ja oder nein?", presste der Vierzigjährige mit zusammengezwickten Augen heraus und wirkte offensichtlich verärgert. Woher kam der plötzlich Stimmungswandel?
Ich nickte nur und zuckte dabei wieder mit den Schultern.
Bei der Menge an Frauen, die er die letzten Tage hatte, würde ein Troy es auch nicht rausreisen.
Er sollte sich wirklich beruhigen.
"Du hast mir etwas versprochen!"
Die plötzliche Wut, die in seinem Gesicht zu erkennen war, und wegen der er mit der Faust fest auf die Tischplatte schlug, ließ mich zusammenzucken und gleichzeitig schürte es meine eigene Wut.
"Das Versprechen wurde in dem Moment hinfällig als du dich dazu entschieden hast mich alleine zu lassen und stattdessen zu irgendeiner Frau gegangen bist! Oder nachdem du seit dem mit wer weiß wie vielen Frauen Sex hattest!" Ich brachte die Wörter überraschend gefasst, dennoch mit wütendem Unterton, heraus und zornig ballte ich meine Hände zu Fäusten und versuchte das Zittern zu unterdrücken, das meinen Körper heimsuchte.
"Was?! Nur, weil ich dich nach dem Sex nicht die ganze Nacht im Arm geschaukelt habe rennst du gleich zu einem anderen?!", zischte er und seine gesamte Körperhaltung änderte sich gefährlich, seine Stirnader pulsierte schnell und seine Fäuste zitterten.
"Oh entschuldige, dass ich die Etikette von One-Night-Stands nicht so gut kenne wie du, aber bis dato dachte ich immer, dass man sich wenigstens verabschiedet.", fauchte ich ironisch zurück und verfluchte mich dafür ihn überhaupt in meine Wohnung gelassen zu haben.
"Ich habe mich verabschiedet! Was hätte ich denn deiner Meinung nach noch machen sollen?"
Offenbar wusste er es wirklich nicht. Genervt konnte ich nur den Kopf schütteln. Er würde es nicht einmal verstehen, wenn ich es ihm aufmalen würde, also hatte diese Diskussion für mich keinen Sinn. Außerdem wollte ich vermeiden, dass seine Worte mich noch mehr verletzten. Dafür hatte ich keine Kraft.
Es war offensichtlich, dass Charles keinerlei Erfahrung mit Beziehungen oder generell mit Feingefühl hatte. Er hatte das große Talent auf meinen Gefühlen herum zu trampeln und dabei kein einziges zu verfehlen.
Schnellen Schritten verließ ich die Küche, doch Charles große Hand packte mich am Handgelenk und brachte mich damit zum stehen bleiben. "Du führst dich auf wie eine verdammte Jungfrau!" Charles Worte hallten durch den Raum und jagten mir aus Wut eine Gänsehaut über den Körper. "Und du führst dich auf wie das Arschloch, das du bist!", knurrte ich ohne ihn anzusehen und versuchte mich aus seiner schmerzhaften Griff zu lösen.
"Sag! Was hätte ich deiner Meinung nach tun sollen? Hm? Was hättest du von mir erwartet?"
"Keine Ahnung? Vielleicht etwas mehr als ein läppisches 'Man sieht sich'."
"Das war doch gar nicht mal gelogen! Wir haben uns doch wieder gesehen.", kam es entsetzt von Charles, der offenbar die Tragweite seiner Taten nicht verstand.
"Weißt du, wie ich mich gefühlt habe? Verdammt Charles! Ich habe dich ohne Kondom in mir kommen lassen und keine zwanzig Minuten später verschwindest du nach einem Telefonat mit Sally Herzchen ohne einem weiteren Wort. Willst du wissen wie man sich dabei fühlt? Dreckig, benutzt. Wie eine Hure, die man nach einem schnellen Fick einfach wegschmeißt."
Ich biss mir auf die Zunge. Wie konnte ich schon wieder so blöd sein und ihm meine Gefühle offenbaren.
"Verdammt, lass mich los!"
Hilflos begann ich an meinem Handgelenk zu reißen, aber Charles Griff wurde immer fester. Erst als mir ein schmerzverzerrtes Wimmern entfleuchte, realisierte Charles wohl, dass er mir Schmerzen bereitete und ließ so schnell von mir ab als hätte er sich an mir verbrannt.
Beruhigend rieb ich mir über die Stelle, die Charles gerade noch festgehalten hatte und an welcher man bereits jetzt seinen Handabdruck in tiefem Rot sehen konnte.
Es wurde still zwischen uns und ich traut mich weder wegzugehen, obwohl ich genau das gerne tun würde, noch etwas zu sagen. Zweiteres lag vor allem daran, dass ich nicht wusste, was ich hätte sagen sollen, was die Situation nicht wieder eskalieren lassen würde.
"Du bist keine Hure und das war kein schneller Fick, Zachary." Charles atmete tief durch.
"Ich weiß nicht, wie man sich richtig verabschiedet nachdem man so etwas tut was wir getan haben. Ich kenne nur One-Night-Stands und da war es mir ehrlich gesagt immer egal, wie die Verabschiedung abläuft, weil ich diejenige sowieso nicht wieder sehen würde." Ich hörte ihn schwer schlucken. "Ich muss zugeben, dass ich mir darüber gar nicht weiter Gedanken gemacht habe. Ich habe mich gut gefühlt. Mir hat gefallen was wir getan haben. Ich war glücklich. Ich dachte dir geht es genauso."
Vorsichtig sah ich wieder zu ihm, wusste nicht was ich dazu noch sagen sollte.
"Sag mir bitte, was ich hätte tun sollen damit du dich nicht so fühlst? Ich möchte nicht, dass du solche Gedanken hast." Seine Stimme klang ehrlich und glaubwürdig. Er flehte beinahe nach einer aufrichtigen Antwort.
Ich mied seinen Blick und fixierte stattdessen meine nackten Füße.
"Keine Ahnung. Vielleicht ein paar Worte, irgendetwas damit ich mich nicht so fühle. Vielleicht ein Kuss." Ich zuckte mit den Schultern, selber nicht wirklich wissend, was er anders hätte machen sollen. Meine Stimme war leise und ich war mir nicht einmal sicher, ob er mich überhaupt verstanden hatte.
Ich fühlte mich abermals nackt, weil ich meine Gefühle vor ihm ausgebreitet hatte. Ich wollte nicht so verletzt wirken und ihm damit offensichtlich meine Gefühle gestehen.
Es dauerte lange bis einer von uns wieder das Wort erhob.
"Der Rosenstrauß steht bei deiner Assistentin."
Charles leise Stimme durchbrach die Stille und abermals durchfuhren mich die Schuldgefühle als ich seinen verletzten Tonfall hörte.
Ich seufzte und sah wieder zu ihm. Seine angespannte Körperhaltung war in sich zusammengefallen, er ließ seine Schultern hängen und seine schönen grauen Augen schimmerten so sehr, dass ich beinahe Angst hatte, dass er gleich zu weinen beginnen würde.
"Charles, ich bin ein Mann." Ein zartes Lächeln erschien auf meinen Lippen als ich das Offensichtliche aussprach.
Charles sackte daraufhin beinahe noch mehr in sich zusammen, fuhr sich durch die, wie ich aus Erfahrung wusste, weichen Haare. "Ich habe keine Erfahrung mit Männern. Keine Ahnung, ein Strauß schien mir angebracht." Er zuckte schwach mit den Schultern und mied meinen Blick.
Seine Ehrlichkeit lies mich leise lachen. "Du hast doch heute alles richtig gemacht."
Überrascht sah er wieder zu mir. "Mit Essen?" Die Verwirrung war klar aus seiner Stimme herauszuhören und seine nach oben gezogenen Augenbrauen unterstrichen diese noch dazu. Ich nickte.
Seine grauen Augen bohrten sich tief in meine und lösten das Verlangen in mir aus mich in seine Arme zu werfen.
Gott, wie sehr ich ihn wieder küssen wollte.
"Warum nennst du mich jetzt wieder Charles?", hauchte er und schob unbehaglich seine Hände in seine Hosentaschen.
"Scheint mir angebrachter.", antwortete ich genauso leise.
Erst im Nachhinein war mir aufgefallen, dass ich ihn während unserem tief intimen Moment tatsächlich Charlie genannt hatte, so wie er mich vorher schon abermals gebeten hatte.
"Das hat mir gefallen.", kam es wieder so leise von ihm und ein ehrliches Lächeln erschien auf seinen vollen Lippen. Seine Augen blitzen glücklich und nur schwerfällig konnte ich mich aus dem intensiven Blickkontakt lösen.
"Hör zu,", begann Charles als ich mich wieder von ihm weggedreht hatte, "es tut mir leid, dass du mich mit dieser Frau erwischt hast, okay?"
Perplex und sofort wieder wütend, antwortete ich nichts, ließ mich stattdessen auf mein Sofa fallen und versuchte mich wieder auf den Fernseher zu konzentrieren und Charles auszublenden.
Es tat ihm leid, dass ich sie erwischt hatte? Was ist das denn für eine blöde Aussage. Es sollte ihm viel eher leid tun, dass er überhaupt mit ihr geschlafen hatte. Pah. Idiot.
"Okay, warte, dass war unglücklich formuliert.", ruderte er meine Reaktion erkennend zurück. "Es tut mir leid, dass ich mit ihr geschlafen habe. Und an meinem Geburtstag bin ich nicht zu irgendeiner Frau gegangen. Ich war mit meinen Freunden etwas trinken und sie haben schon auf mich gewartet und Sally war eben die, die mich angerufen hat."
Er klang beinahe verzweifelt.
"Okay Charles." Genervt drehte ich mich ihm zu und versuchte so gleichgültig zu klingen wie nur möglich. "Es ist mir egal, warum du gegangen bist oder mit wem du deinen Geburtstag verbracht hast." Lüge. "Oder mit wie vielen Frauen du seit dem geschlafen hast." Lüge. "Oder mit wie vielen Frauen du noch schlafen wirst." Lüge. "Hör bloß auf etwas von mir zu verlangen, was du selber niemals einhalten könntest."
Sein Blick lag unlesbar auf mir und da ich nicht der Erste sein wollte, der den Blickkontakt abbrach starrte ich angestrengt zurück.
Charles haderte lange. Öffnete sogar mehrmals seine Mund als wollte er etwas sagen nur um ihn dann wieder zu schließen. Seine Hände waren noch immer tief in seinen Hosentaschen vergraben und in dem Moment mit diesen Klamotten und seiner Körperhaltung wirkte er so viel jünger als er eigentlich war.
"Ich verspreche dir, dass ich mit niemandem mehr schlafen werde, wenn du dafür dein Versprechen auch aufrecht hältst."
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