12. Scham, Wut, Wertlosigkeit
z w ö l f
Erschöpft konnte ich kaum die Augen offen halten.
Charles hatte uns sauber gemacht, mir geholfen meine Hose wieder anzuziehen, seine sich selbst ebenfalls angezogen und nun lagen wir auf der Couch auf der wir eben noch wie die Wilden übereinander hergefallen waren.
Bei all dem war er so sanft, dass mein Herz als Reaktion nur einen Marathon laufen konnte.
Nun lag ich auf seiner breiten, nackten Brust und lauschte seinem Herzschlag, während ich verzweifelt versuchte nicht einzuschlafen.
Charles hatte seine Arme um mich gelegt und kraulte mit einer Hand sanft durch meine Haare, die andere lang ruhig auf meinem Rücken. Es herrschte eine angenehme Stille zwischen uns. Keiner hatte das Verlangen etwas sagen zu müssen.
Wir genossen einfach was gerade zwischen uns passiert war. Genossen die Zweisamkeit und die Anwesenheit des jeweils anderen.
Etwas belustig strich ich vorsichtig über Charles Haut und zupfte ab und an spielerisch an seiner Brustbehaarung.
Ich war von Anfang an verwundert, dass Charles Haare noch immer in einem starken schwarz strahlten, während Francis mit Mitte Sechzig schon komplett grau war. Nun konnte ich jedoch mit Sicherheit sagen, dass der werte Herr wohl seine Haare färbte, denn zwischen den überwiegend schwarzen Brusthaaren stachen eindeutig mehrere graue Strähnen hervor.
"Okay, tut mir leid, dass ist jetzt ein richtiger Stimmungskiller, aber ich muss es wissen."
Überrascht hob ich meinen Kopf von seiner warmen Haut und sah zu ihm auf, platzierte dabei mein Kinn auf seiner Brust. Seine Augen funkelten noch immer genauso wie vorhin und allein das machte mich unglaublich glücklich. Offenbar bereute er nichts.
Doch der nervöse Gesichtsausdruck zeigte, dass ihm etwas auf der Seele lag.
Stumm sah ich ihn fragend an, nicht fähig wirklich zu sprechen, denn der Sex mit ihrem hatte mich ausgelaugt.
Noch nie hatte ich mich nach dem Akt so gefühlt. So müde, schwach, einfach ausgelaugt. Dennoch war ich in diesem Moment so glücklich wie schon lange nicht mehr.
Noch nie war ich so befriedigt wie in diesem Augenblick.
"War der Sex mit Maxi besser?" Nervös biss er sich auf die Unterlippe und sah mich abwartend an. Seine Hand, die noch immer in meinen Haaren lag, wickelte zitternd eine Haarsträhne um seinen Finger, und beruhigte mich allein mit dieser Geste so weit, dass ich sofort einschlafen hätte können.
Seine Frage überraschte mich und perplex richtete ich mich etwas weiter auf, stützte dabei meine Ellenbogen links und rechts neben seinem Brustkorb in das Sofapolster.
"Wie kommst du jetzt darauf?", fragte ich verwirrt nach. Natürlich war der Sex mit Maxi nicht besser. Die Beiden konnte man nicht einmal ansatzweise miteinander vergleichen.
Charles zuckte nur leicht mit den Schultern und wand den Blick ab, noch immer nervös auf seiner Lippe kauend.
Vorsichtig zog ich seine Unterlippe mit Hilfe meines Daumens aus seinen Fängen und strich zaghaft darüber. Ich wollte ihn gerne küssen, seine weichen Lippen wieder auf meinen spüren, doch irgendwie hatte ich Angst, dass er dies als unangebracht auffassen würde.
Charles Blick flog wieder zu mir und wieder schossen die Schmetterlinge durch meinen Bauch als seine glitzernden grauen Augen auf meine trafen.
"Nein. Wie du schon gesagt hast: Das war der beste Sex den ich je hatte.", antwortete ich leise und platzierte meinen Kopf wieder auf seiner nackten Brust, dabei konnte ich sein Herz aufgeregt schlagen hören. "Wirklich?", fragte er genauso leise nach und begann wieder durch meine Haare zu kraulen. "Ja."
So sehr ich es nicht wahrhaben wollte, es war wirklich so. Der Sex mit Charles war einzigartig.
Ich konnte nicht ausmachen woran es genau lag, weshalb ich so empfand, warum ich das Gefühl hatte, dass er mir im wahrsten Sinne des Wortes das Hirn raus gevögelt hat.
Der Gedanke schmerzte mich, aber selbst John konnte, was den Sex betraf, nicht mit seinem großen Bruder mithalten und das obwohl es doch hieß, dass Geschlechtsverkehr mit der Person, die man liebt, der man vertraut, viel besser ist als beispielsweise mit einem One-Night-Stand oder Gelegenheitsficks.
Was genau war das zwischen Charles und mir? War das ein One-Night-Stand? Eine einmalige Sache? Oder würde mehr daraus werden? Würde ich überhaupt mehr wollen?
Auch, wenn ich es mir noch nicht eingestehen wollte, hatte dieser Mann mein Herz gestohlen und es wirkte nicht so als wollte er es zurück geben.
"Also gehst du nicht mehr zu ihm?", fragte Charles zaghaft nach und begann kleine Kreise auf meinen Rücken zu malen. Erschöpft schüttelte ich nur den Kopf. Charles Nähe war wie Balsam für meinen Herzschmerz und sein Herz, das mittlerweile wieder einen normalen gleichmäßigen Schlagrhythmus angenommen hatte, beruhigte mich ungemein.
Erleichtert, zumindest klang es in meinen Ohren so, atmete Charles geräuschvoll aus.
Ich war tatsächlich kurz davor vom Dösen in einen festen Schlaf überzugehen als Charles Handy in seiner Hosentasche plötzlich anfing zu vibrieren und damit die angenehme Ruhe zwischen uns zerstörte.
Mit seiner Hand auf meinem Rücken hielt er mich an Ort und Stelle und selbst wenn er das nicht getan hätte, hätte ich mich nicht wegbewegt, während er mit der anderen sein Handy herausfischte.
Charles hielt das Gerät kurz direkt auf meiner Augenhöhe um zu erkennen, wer ihn anrief, wodurch ich den Anrufer als 'Sally ❤️' identifizieren konnte.
"Hey Süße.", lachte er ins Telefon als er den Anruf angenommen und das Handy an sein Ohr gedrückt hatte. Süße? Krampfhaft zog sich meine Brust zusammen und plötzlich war die Müdigkeit weg, jedoch blieb ich still liegen und versuchte zu hören was die Frau am anderen Ende der Leitung zusagen hatte.
Leider konnte ich nur ihre piepsige Stimme und einzelne Wortfetzen auffangen.
Charles raues Lachen erfüllte wieder den Raum als sie offensichtlich etwas lustiges gesagt hatte und sein Brustkorb vibrierte dabei so angenehm, dass ich mich ungewollt fester an ihn drückte.
"Jaja, ich bin ja schon unterwegs." Das fette Grinsen auf seinen Lippen war eindeutig aus seiner rauen Stimme herauszuhören.
Ich unterdrückte ein enttäuschtes Seufzen und erhob mich schwerfällig von der Couch, da ich mich lieber selber von ihm trennte als mich von ihm dazu auffordern zu lassen, und entfernte mich dadurch von Charles angenehmen Körperwärme.
Die Müdigkeit steckte mir doch etwas zu sehr in den Knochen und alles in mir schrie danach mich wieder auf das Sofa zu legen und einfach zu schlafen.
Charles verabschiedete sich noch mit einem Bis gleich und beendete dann das Gespräch.
Ich hatte ihm den Rücken zugekehrt und knöpfte mein Hemd zu, während ich meine Augen durch den Raum schweifen ließ um meine Krawatte irgendwo zu finden.
"Ich muss jetzt.", kam es neutral von Charles und ich konnte hören, wie er sich vom Sofa erhob und im Augenwinkel sehen, wie er sein Hemd zuknöpfte und ordentlich in seiner Hose verstaute, wobei man sehen konnte, dass er sich ziemlich beeilte.
Wahrscheinlich um endlich von mir wegzukommen.
Ich konnte und wollte ihn nicht ansehen. Ich wollte nicht hören, dass das eine einmalige Sache war. Dass das nie wieder passieren würde. Dass ich mich von ihm Fern halten sollte. Dass er nicht schwul war.
"Man sieht sich.", waren die letzten Worte als er, ohne mich noch einmal wirklich anzusehen, ohne sich meiner Meinung nach angemessen zu verabschieden, die Tür aufsperrte und ohne weiteres mein Büro verließ.
Ich konnte die Tränen in meinen Augen brennen spüren und ließ mich mit aufschwellendem Herzschmerz wieder auf das Sofa fallen.
Ich durfte nicht weinen. Nicht wegen so etwas.
Immerhin war mir im Vorhinein sowie klar gewesen, dass es ein solches Ende nehmen würde.
Als sich die erste Träne aus meinem Augenwinkel löste drehte ich mich auf den Bauch und drückte mein Gesicht fest ins Polster, das tatsächlich noch Charles angenehmen Geruch in sich trug.
"-chary!" Ein Schütteln an meiner Schulter riss mich aus dem unruhigen, traumlosen Schlaf. Völlig von der Rolle und noch komplett schlaftrunken richtete ich mich etwas auf, realisierte, dass ich mich in meinem Büro befand und versuchte dann die Person zu erkennen, die mich geweckt hatte. Doch meine Augen waren noch nicht bereit dazu zu fokussieren.
"Zachary. Ist alles in Ordnung?" Ich fuhr mit der Hand über mein Gesicht, rieb mir die Augen und massierte meinen Nasenrücken. Als ich meine Augen erneut öffnete, brannten sie höllisch, was ich natürlich sofort auf die sinnlosen Tränen zurückführen konnte, die ich wegen Charles vergossen hatte.
"Francis?", krächzte ich, da selbst meine Stimme noch nicht ganz wach war, und erhob mich schnell vom Sofa.
Er war wirklich der Letzte, der mich so kaputt und erschöpft sehen sollte.
Mein Kreislauf jedoch spielte dabei nicht ganz mit und kaum war ich in der Senkrechten taumelte ich haltlos zur Seite. "Was ist denn mit Ihnen los?", fragte Francis nun energischer nach und packte mich am Oberarm damit ich das Gleichgewicht wieder fand und nicht drohte umzufallen.
"Alles in Ordnung.", antwortete ich ausweichend, zog meinen Arm aus seinem festen Griff und versuchte mit erhobenen Haupt zu meinem Schreibtisch zu gehen.
Dabei musste ich leider feststellen wie sehr mein Hintern schmerzte und versuchte die aufkommenden Erinnerungen an vorhin zu verdrängen.
Meine Armbanduhr zeigte mir, dass es bereits kurz vor Mitternacht war.
"Sie sehen nicht aus als wäre alles in Ordnung. Ich möchte von einem Geschäftsführer erwarten können, dass er bei bester Verfassung ist und keine Nickerchen im Büro macht, während er auch arbeiten könnte.", brummte Francis offensichtlich genervt und trat ebenfalls an meinem Schreibtisch.
"Was machen Sie überhaupt hier?", fragte ich desinteressiert nach nur um einen Themawechsel einzuleiten und schaltete nebenbei meinen Computer aus ohne dabei noch weiter auf meine neuen E-Mails zu achten.
Meine Stimme klang noch immer verschlafen und brach am Ende ab, was mich genervt von mir und meiner fehlenden Selbstbeherrschung seufzen ließ.
"Ich war auf dem Heimweg und hier brannte noch Licht.", antwortete Francis ehrlich und musterte mich mit einem... besorgten Blick? Besorgt? Ich musste offensichtlich noch immer nicht ganz wach sein. Francis und besorgt? Sicher nicht wegen mir. Wahrscheinlich wegen der Stromrechnung, die auf die Firma zukommen würde, weil ich bei voller Beleuchtung geschlafen hatte.
"Dann können Sie Ihren Heimweg nun fortsetzen.", murmelte ich und griff nach meinem Jackett nur um es mir dann überzuziehen. Suchend blickte ich mich wieder im Zimmer um und entdeckte dabei meine sowie Charles Krawatte auf dem Boden quer hinter dem Sofa.
Plötzlich stieg Panik in mir auf. Francis würde die Krawatte seines Sohnes, welche auf den dunkelblauen Stoff ein gesticktes, silbernes C stehen hatte, bestimmt erkennen und Eins und Eins zusammenzählen.
Sofort wand ich meinen Blick von den Krawatten ab und sah wieder zu Francis, der zum Glück mich noch immer musterte.
"Ich bin auch so gut wie auf dem Heimweg. Gehen Sie schon einmal.", sagte ich, ging um meinen Schreibtisch herum, legte meine Hand auf Francis Rücken und führte ihn so aus meinem Büro. Der kritische Blick seinerseits entging mir dabei nicht. Gott sei Dank ging er auf mein zugegebenermaßen doch recht auffälliges Verhalten nicht weiter ein.
Hinter ihm drückte ich die Tür kurz ins Schloss um Blicke von außen vor allem von Francis, da um diese Uhrzeit wahrscheinlich niemand außer uns noch hier war, abzuwimmeln und sammelte schnell die Krawatten vom Boden auf und schmiss sie in meinen Aktenkoffer.
"Darf ich Sie etwas fragen, Zachary?" Francis hatte überraschenderweise am Aufzug auf mich gewartet und so eben waren wir in diesen gestiegen und befanden uns auf dem Weg in die Lobby als er das Wort erhob.
Ich nickte nur, nicht fähig etwas zu sagen. Zu tief saß der Schock noch, dass Francis um ein Haar hätte bemerken können was sich vor wenigen Stunden in meinem Büro abgespielt hatte.
"Hatten Sie Sex im Büro?" Seine Stimme klang normal. Nicht vorwurfsvoll, nicht spöttisch. Als wäre diese Frage Standard bei Smalltalk.
Vorsichtig sah ich ihn aus dem Augenwinkel ohne zu antworten an, denn eigentlich wollte ich kein derartiges Gespräch mit ihm führen.
Er trug ein freches Grinsen auf dem Gesicht und wendete sich mir auf meinen Blick hin ganz zu. "Hören Sie, Zachary. Ich verurteile Sie nicht. Sie können in Ihrem Büro machen was Sie möchten und mit wem Sie möchten. Ich habe kein Problem mit Ihrer Sexualität." Durch sein Grinsen zeigten sich die gleichen Lachfalten wie bei Charles und unweigerlich musste ich wieder an sein schönes Gesicht denken, wodurch abermals Trauer in mir aufstieg. "So lange es nicht wieder mein Sohn ist.", fügte Francis dann noch laut lachend hinzu und klopfte mir überraschenderweise auf die Schulter. Sein Blick war stolz.
"Jetzt sind Sie ein richtiger Geschäftsmann."
Von dieser Aussage mehr als verwirrt zog ich eine Augenbraue nach oben, sah ihm weiterhin stur in die Augen um nicht derjenige zu sein der den Blickkontakt abbrach. "Wieso? Weil ich Sex im Büro hatte?", fragte ich dümmlich nach. Francis nickte nur.
"Ich wusste nicht, dass wir noch einen Schwulen in unserem Team haben.", kam es beiläufig von Francis als der Aufzug stoppte und wir durch die um diese Uhrzeit verlassene Lobby gingen.
Ich zuckte nur mit den Schultern. "Nicht jeder Mann lebt seine Sexualität offen.", murmelte ich und drückte die großen Glastüren auf, nickte dabei dem Sicherheitsmann, der dort positioniert war und flink hinter uns die Türen wieder verriegelte, zum Abschied zu. "Selbst ich nicht.", fügte ich leise hinzu und mied Francis überraschten Blick, der bei diesem Satz auf mich fiel.
"Nicht?"
Die Nachtluft war frisch und jagte mir eine Gänsehaut über den Körper als ein kalter Wind an uns vorbeipfiff.
Ich brauchte lange um ihm zu antworten und abwartend starrten mich seine kühlen grauen Augen durch die spärliche Beleuchtung an.
Ich seufzte. "Kaum jemand weiß von meiner Sexualität. Ich behalte es eigentlich überwiegend für mich.", antwortete ich nach langem zögern.
Francis wirkte als wollte er etwas darauf erwidern als jedoch nach einigen Augenblicken noch immer nichts von ihm kam, wand ich mich ab um den Heimweg anzutreten.
"Zachary."
Erstaunt jetzt doch noch etwas von ihm zu hören machte ich auf dem Absatz kehrt und sah wieder zu ihm. "Wie vorhin schon gesagt. Ich habe kein Problem mit Ihrer Sexualität und ich werde mich ehrlich für Sie freuen, wenn Sie wieder einen Mann an Ihrer Seite haben, aber das mit Jonathan", er verstummte ohne den Satz zu beenden und schüttelte nur den Kopf. Er sah mich nicht an, sah einfach an mir vorbei in die dunkle Nacht.
Ich ging nicht weiter darauf ein. Ich wollte nicht mit ihm darüber reden. Ich wollte generell nicht mit ihm reden.
Wortlos drehte ich mich von ihm weg und ließ ihn allein vor dem Firmengebäude stehen.
Egal, was nun zwischen mir und Charles war, egal, was der Sex ausgelöst hatte, niemals würde ich eine Chance haben mir mit Charles etwas aufzubauen, egal, ob er Gefühle für mich hatte oder nicht. Das würde Francis schnellstmöglich unterbinden und da ich nicht wieder eine größtenteils geheime Beziehung führen möchte wie damals mit John, würde ich mich auch gar nicht auf Charles einlassen sollte es zu derartigem kommen. Das führte nur wieder zu Schmerz, Tränen und Trauer. Darauf konnte ich getrost verzichten.
Als ich meine Haustür aufsperrte, standen mir abermals die Tränen in den Augen. Mein Körper war durchgefroren, man merkte, dass der Herbst da war, und das Jackett, das ich trug konnte mich nicht vor dem kalten Wind schützen.
Ich sehnte mich nach einer Dusche, nicht nur wegen der Kälte, auch, weil ich mich dreckig fühlte.
Dreckig wegen dem Sex mit Charles.
Ich fühlte mich benutzt und weggeschmissen.
Kurz dachte ich, Charles würde bei mir bleiben, mich weiter im Arm halten, mich gut fühlen lassen, aber nach seinem Telefonat mit Sally und seinem mehr als überstürzten Abgang ohne sich groß zu verabschieden fühlte ich mich wie ein Flittchen. Schmutzig, dreckig, wertlos.
Schnell schälte ich mich aus meinen Klamotten und ungeduldig stieg ich in die Duschkabine.
Wie konnte ich auch so blöd sein und mich darauf einlassen? Warum musste ich mich so von der Lust leiten lassen? Wieso konnte ich nicht einmal rational denken?
Die Antwort war einfach. Lag offen auf der Hand.
Weil es Charles war.
Er hatte eine Wirkung auf mich wie kein anderer jemals zu vor.
Nur ein Blick von ihm ließ mich unzählige Gefühle durchleben, von seinen Berührungen brauchte ich dabei gar nicht anzufangen.
Das schlechte Gewissen keimte immer weiter in mir auf, wurde immer größer, immer drückender und überdeckte damit die Trauer über Charles offensichtliche Zurückweisung.
John war die Liebe meines Lebens. Zumindest dachte ich das immer.
Doch mein momentanes Gefühlschaos verglichen mit meinen Gefühlen damals für John zeigte deutlich, dass meine Gefühle für Charles bereits jetzt die für John damals um weiten übertrafen.
Jetzt konnte ich sagen, dass John eine Liebelei war, eine Schwärmerei, keine Liebe.
Zumindest keine so tiefgehende wie die für Charles. Und der Fakt, dass ich mir eingestehen musste, dass ich nicht nur in Charles verliebt war, sondern ihn wirklich liebte, ließ mein schlechtes Gewissen durch die Decke gehen.
Das heiße Wasser brannte unangenehm auf meiner Haut, was die energischen Bewegungen des Waschlappens nur noch verstärkte. Ich fühlte mich so dreckig. Ich wollte den Schmutz von mir abwaschen, wollte die Erinnerungen aus meinem Gedächtnis radieren und einfach vergessen was passiert war.
Ganz so als wäre nie etwas passiert.
Mein Badezimmer war neblig vom Wasserdampf als ich nach unzähligen Minuten aus der Dusche stieg und nur verschwommen konnte ich meine Reflexion im Spiegel erkennen. Dennoch konnte ich deutlich meine roten Augen ausmachen und hoffte dabei sehnlichst, dass sie erst durch den kalten Wind und die heiße Dusche diese Farbe angenommen hatten und Francis mich nicht so gesehen hatte.
Allein bei dem Gedanken daran, Francis gegenüber Schwäche gezeigt zu haben, lief es mir eiskalt über den Rücken und unweigerlich band ich den Bademantel fester um meinen Körper.
Weiterhin versucht Francis und seinen Sohn aus meinen Gedanken zu verbannen putzte ich meine Zähne und vollendete meine Abendroutine.
Trotz den wenigen Stunden Schlaf, die ich auf meinem Sofa genießen konnte, war mein Körper noch immer ausgelaugt und fühlte sich an als könnte ich auf der Stelle einschlafen.
Gähnend beugte ich mich hinunter zu meinen Klamotten, hob sie vom Boden auf und schmiss sie in den Korb für die Dreckwäsche, der im an das Bad angrenzenden Schlafzimmer stand.
Mein Blick fiel auf die auf links gedrehte Boxershorts, welche nun ganz oben auf der Schmutzwäsche lag.
Der weiße Fleck war auf dem schwarzen Stoff deutlich zu erkennen.
Charles Sperma, welches offenbar nachdem er uns so, zugegebenermaßen, liebevoll gesäubert hatte, noch herausgelaufen sein muss.
Wütend auf mich selbst donnerte ich den Deckel des Korbs so fest zu, dass diese ins wanken kam und schlussendlich umfiel und sich dabei Teile der Klamotten auf dem Boden verteilten.
Das Gefühl dreckig zu sein nahm vollends meine Gedanken ein, ließ mich schwer atmen und mich an meiner Kommode abstützen um nicht zusammenzuklappen.
Noch nie hatte ich ohne Kondom mit jemanden geschlafen, daraus schlussfolgernd hatte ich noch nie jemanden direkt in mir kommen lassen. Und so sehr mir diese neuen Eindrücke gefallen hatten, war das einfach dumm, verantwortungslos und so unglaublich dumm, dumm, dumm, dumm.
Was, wenn Charles irgendwelche Geschlechtskrankheiten hatte?
Panik stieg in mir auf.
Schwerfällig sackte ich auf meine Bett zusammen, zog meine Beine an meine Brust, rollte mich zusammen wie ein Embryo.
Das Gefühl als Charles kam, sein heißes Sperma tief in mir verteilte, jagte mir selbst noch im Nachhinein eine erregte Gänsehaut über den Körper.
Ich konnte nicht leugnen, dass es mir in dem Moment gefallen hatte, dass ich in dem Moment nicht an die Konsequenz gedacht hatte, weil ich zu sehr in der Ekstase gefangen war und es sich mit Charles einfach gut angefüllt hatte.
Ich wusste, jetzt wo ich von der verbotenen Frucht namens Charles gekostet hatte, dass es schwer werden würde, das Verlangen es erneut zu tun zu unterdrücken.
Ich würde Charles immer wieder erlauben mich anzufassen, mit mir zu schlafen und mich ohne Kondom zu nehmen.
Zumindest sofern er mir versichern konnte, dass er keine Geschlechtskrankheiten hatte.
Charles würde mich jedoch nie wieder anfassen.
Dem war ich mir schmerzlich bewusst.
Für ihn war es eine einmalige Sache, ein austesten seiner Sexualität und jetzt wo er hatte was er wollte, würde er mich fallen lassen wie eine heiße Kartoffel.
Wenn er sich um mich sorgen würde, sich wirklich sorgen würde, dann wäre er bei mir geblieben oder hätte sich zumindest angemessen verabschiedet anstatt zu dieser Sally zu rennen.
Plötzlich fühlte ich mich entblößt, nicht körperlich sondern meine Psyche.
Wieso hatte ich Charles gesagt, dass es der beste Sex war den ich je hatte?
Auch, wenn es der Wahrheit entsprach, musste ich ihm meine Gefühlswelt nicht so offenbaren.
Ich hatte mich selbst zur Witzfigur gemacht.
Wahrscheinlich saß Charles nun mit seiner Sally zusammen und gemeinsam machten sie sich über den schwulen Kerl vom Bau lustig, der tatsächlich auf Charles Masche reingefallen war und ihm dabei auch noch sein Innerstes enthüllt hatte.
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