Special-Kapitel (1/2)
»Sieh dir das an, Victor!«, rufe ich. Stirnrunzeln tritt der Mafia-Boss neben mich. Stolz wie ein kleines Kind halte ich eine türkis-schimmernde Muschel hoch. »Ist die nicht hübsch?«
Er nimmt mir die Muschel weg. Lediglich einen winzigen Blick verschwendet er darauf. Dann wirft er sie achtlos hinter sich. »Sammel keinen Müll.«
»Hey!« Ich springe auf, reiße den Zeigefinger auf mein armes Fundstück, das jetzt mitten im Sand liegt. »Spinnst du? Das ist doch kein Müll! Sowas sind Erinnerungen!«
Überrascht zucke ich zusammen, als die starke Hand des Mafiabosses an meinen Rumpf findet und mich ruckartig an den großen Körper zieht. Er raunt mir lasziv ins Ohr: »Wenn du Erinnerungen willst, kann ich sie dir bescheren.«
Mit roten Wangen halte ich ihm meine Finger vor den Mund, als er mich küssen will. »Lass das... Ich fühle mich beobachtet.«
Er zieht die Augenbrauen hoch, nimmt meine Hand runter. »Wir sind völlig allein. Diesen Strand habe ich gemietet.«
»Das ist ja das Problem!« Mein Blick gleitet zu Adrian und Elliot, die sofort wegschauen, als sich meine Augen auf sie legen. Elliot stochert lustlos in einer eingefallenen Sandburg herum. Adrian hingegen stampft den Strand ab, als würde er nach versteckten Bomben unter der Erde suchen. Ich seufze. »Gerade weil alles so leer ist, merkt man jeden Blick.«
Victor deutet seinen Untergebenen mit einem Nicken Richtung Aufgang. Diese scheinen sofort zu verstehen und verlassen den riesigen, leeren Strandabschnitt. »Zufrieden?«
Ich grinse. Bevor Victor reagieren kann, winde ich mich aus seinem Griff, renne weg. Zuerst sieht er mir misstrauisch nach. Als ich allerdings einen nächsten Blick über die Schulter wage, ist er schon hinter mir und wirft mich in den Sand. Ich puste den Dreck von meinen Lippen. Jetzt bin ich von oben bis unten mit Sand bedeckt.
»Wo willst du hin?« Er kniet über mir. Mühelos dreht er mich auf den Rücken, packt meine Handgelenke über dem Kopf. Herunterbeugend haucht er gegen mein Ohr. Meine Nackenhärchen stellen sich auf. Ich presse die Knie zusammen. Seine Hand schleicht über meinen nackten Bauch. Zusammen mit dem feinen Sand kitzelt meine Haut. Das feucht-heiße Klima vermischt sich mit der Hitze, die in meinem Körper aufkeimt. Der Himmel ist wolkenlos. Kaum einen Windzug kann ich spüren. Erste Schweißtropfen stehen mir auf der Stirn.
»Lass uns erstmal den Sand abwaschen!«, flehe ich kichernd. Seine Finger streichen bereits den Ansatz meiner Badehose nach.
Widerwillig steht Victor auf, reicht mir eine Hand, um mich nach oben zu befördern. Dann zieht er mich zielstrebig auf das kristallblaue Meer zu. Unbeholfen stolpere ich ihm nach.
Victor
Ich stoppe, als Jesse stehen bleibt. Seine Hand loslassend drehe ich mich um, bemerke seinen leeren Blick gen Horizont.
»Was ist?« Keine Erwiderung. Habe ich mich etwa unklar ausgedrückt? Genervt stütze ich die Faust in mein Seite. »Antworte mir!«
Jesse zuckt zusammen. Sein Kopf wirbelt zu mir auf. »I-Ich habe Hunger. Lass uns zuerst etwas essen...«
»Nein«, bestimme ich, greife erneut seine Hand, um ihn zum Ufer zu bewegen. Dieser Junge kann auch niemals Ruhe geben. Er zieht seinen Arm weg, springt einen halben Meter zurück und schaut mich böse mit verengten Augen an. Was habe ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht?, klage ich gedanklich.
»Ich will jetzt nicht.«
»Warum?«
Anstatt mir zu antworten, wendet dieser anstrengende Junge einfach den Blick ab. Ich massiere mir mit verkrampfen Hand den Nasenrücken. Mach doch den Mund auf. Soll ich Gedanken lesen, oder was?
Der Sand knirscht, als Jesse zu mir kommt. Er streicht meinen rechten Arm entlang. Von jetzt auf gleich scheint sich seine Stimmung komplett geändert zu haben. Scheu späht er zu mir auf. »Lass uns erstmal etwas essen... Du weißt doch... Wasser und ich...«, fängt er mit heiserer Stimme zu betteln an. »Bitte, Victor...«
Ich lecke über meine trockenen Lippen. Mir gefällt dieser devote Blick. Das weiß er. Er ist nicht dumm. Also gebe ich stöhnend nach.
Frohlockend werde ich zu den Duschen geschleppt. Anschließend ziehen wir uns unsere leichten Strandkleider an und laufen die Promenade entlang. An den Häusern stehen viele Verkaufsstände mit allerlei Trödel, den kein Mensch braucht. Was soll man auch mit toten Muscheln oder irgendwelchen vergammelten Steinen anfangen? Dementsprechend verwirrt muss ich Jesse beobachten, der von einem Stand zum nächsten springt und mit glitzernden Augen über die Auslagen herfällt. Er hebt den Müll vorsichtig mit zwei Fingern an, inspiziert ihn gründlich, bevor er das gleiche etliche Male auf unserem Weg wiederholt.
Kopfschüttelnd hole ich mein Handy hervor, um zu prüfen, dass mein Haus noch nicht abgebrannt ist. Hektors Antwort folgt wenige Sekunden später, die aussagt, dass alles reibungslos läuft. Zumindest das. Alles lief schon immer wie ich es will. Und wenn nicht, würde ich es passend machen. Ich spähe zu Jesse, der sich in ein energisches Gespräch mit einer Einheimischen vertieft hat. Er passt absolut nicht, stelle ich nüchtern fest. Es regt mich auf. Ich will, dass er gehorcht.
»Victor! Komm mal her!«, ruft er. Ich trete neben ihn. Meine Augenbrauen wandern in die Höhe, als er meine Hand nimmt und einen Ring mit einem hellen Bernstein an meinen Finger steckt. »Heiratest du mich,Victor?«, lacht er.
Wieder. Ich will ihn gegen die Wand drücken und küssen, bis er keine Luft mehr bekommt. Bis er mit diesen roten, süßen Wangen nach mir bettelt. Ich will es immer wieder tun. Immer, wenn er sowas verwirrendes macht. Dann will ich ihn um jeden Preis besitzen. Koste es was es wolle.
»Haha, nur Spaß!« Lachend zieht er den Ring wieder von meinem Finger und legt ihn in die Auslage. Unbewusst streiche ich über die leere Stelle, die sich jetzt seltsam falsch anfühlt.
Jesse
Victor sieht nicht gerade begeistert aus. Das spornt mich allerdings nur weiter an, ihn zu ärgern. Deshalb nehme ich seine Hand und ziehe ihn hinter mir her. Zwischen den zahlreichen Touristen und Läden schlendere ich also händchenhaltend mit ihm herum. Das gefällt ihm sicherlich nicht. Aber mir. Also muss er da durch, denke ich grinsend.
Wir halten an einem Restaurant, das wenige Stufen über der Promenade liegt. Die Speisekarte ist voll mit exotischen Speisen, allerlei unbekannten Getränken und einer Menge traumhaft klingender Süßspeisen. Weil es so heiß ist, bestellen ich nur einen Salat. Allerdings schiele ich gierig auf Victors Menü mit tropischen Früchten und Reis. Schließlich enden wir damit, dass mir Victor nochmal das gleiche bestellt.
»Lass mich mal von dir probieren!« Meine Gabel schleicht zu Victors Teller.
Er schiebt mich weg. »Du hast exakt dasselbe. Iss deins«, befielt er mir, fängt zu essen an.
Ich presse meine Lippen bockig zusammen, starre tiefe Löcher in die Schulter des Mafiabosses. Obwohl er tut, als würde er mich ignorieren, hat er irgendwann genug. Er nimmt ein letztes Ananasstück in den Mund. Dann schmeißt er komplett genervt sein Besteck in den Teller. Das Porzellan klimpert. Plötzlich packt Victor grob mein Kinn. Er zieht mich kraftvoll über den Tisch. Beinahe stürze ich mitten aufs Essen, im Versuch nicht umzukippen. Meine Augen weiten sich, als Victor mich mitten im Restaurant küsst. Er lässt mich nicht los, drängt seine Zunge zwischen meine Lippen. Nach Atem ringend muss ich sie ihm öffnen. Er schmeckt nach Mango und anderen Zitrusfrüchten. Völlig benebelt lasse ich es zu, dass er die Ananas, die er noch im Mund hat, völlig schamlos zwischen meine Lippen schiebt. Erst als er sichergegangen ist, dass ich sie gehorsam herunterschlucke, lässt er mich los. Ich falle keuchend auf meinen Platz zurück.
Victors dominanter Blick von oben auf mich herab, lässt mich in diesem tropischen Klima frösteln. »Genug oder möchtest du noch etwas?«
Hastig schüttelte ich den Kopf, streiche über meine dunkelroten Wangen. Ohne mich zu beachten, nimmt Victor das Essen wieder auf. Währenddessen kreist mein dampfender Kopf über das eben Geschehene. Ich presse die Beine zusammen, im Versuch mich wieder herunterzukriegen.
Unser restlicher Besuch im Restaurant verläuft schweigend. Bald sind wir auf dem Weg zurück zu unserem privaten Strandabschnitt. Neben einer Gruppe Palmen liegen unsere Standhäuser. Natürlich war Victors Anspruch, dass auch sie nur die teuerste Einrichtung beinhalten, die auf dieser Insel zu finden ist.
Kaum kommen wir im bunt gefliesten Flur an, drückt Victor mich gegen die geschlossene Tür.
»Du weißt was ich will«, flüstert er in mein Ohr.
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