Kapitel 33 (3/3)
Adrian und ich können nichts anderes tun, als unsere brennende Wut herunterzuschlucken und diese schrecklichen Leute mit bösen Blicken zu bedecken. Der Moment fühlt sich wie ein Albtraum an. Victor hatte vollkommen recht gehabt. Es gab niemanden, dem er hätte vertrauen können. Mir wird bewusst, wie naiv ich war.
Nikolai braucht nur mit dem Finger zu schnipsen, da springt Lessiko auf und bringt seinem Boss einen Stuhl, mit dem er sich vor uns setzt. Er mustert uns die Reihe nach. Bei Courtney angekommen, leckt er sich gierig über die Lippen. Er ist nicht besser als seine räudige Liebhaberin.
Ich verziehe den Mund. Um seine Aufmerksamkeit von meiner besten Freundin wegzulocken, meine ich: »Da sitzen wir also.«
»Da sitzen wir«, wiederholt Nikolai, schnipst ein weiteres Mal, weshalb ihm Lessiko ein Smartphone bringt. »Da momentan Krieg herrscht und ich keine Zeit für eine angemessene Begrüßung habe, springen wir gleich zum Punkt.« Er wendet sich für einen Augenblick Lessiko zu, der sich an die Wand neben Hektor gelehnt hat. »Die Verbindung zu dem Arsch?«
»Ist hergestellt, Sir! Es war ein schwierig, die richtige Frequenz zu erwischen, mit der ich durch die Stör-...«, erklärt Lessiko enthusiastisch, wofür er eine Ohrfeige von Hektor erhält.
»Halt deinen Mund. Niemand will das wissen, du dreckige Made!«
Lessiko hält sich die rote Wange. »Natürlich, wertester Cousin...«
Nikolai öffnet ein unbekanntes Programm auf seinem Handy, in welchem er sogleich die erste Nummer anwählt. Anschließend hält er mir das Gerät vors Gesicht. Sein Grinsen wird so breit, dass seine gelben Zähne aufblitzen.
Ich schlucke. Obwohl es nur Rauschen ist, das ich zuerst mitbekomme, zieht sich mein Magen zusammen. Dem undefinierbaren Störsignal folgt Knistern, dann sind Schüsse zu hören. Und dann tiefer Atem.
»Wer ist da?«
Victor. Das ist Victor.
Ich reiße meinen Mund auf, um ihm zu antworten, kann mich aber schnell genug davon abhalten, indem ich mir auf die Lippe beiße. Darauf will Nikolai hinaus. Dass ich Victor anflehe, uns zu retten. So offensichtlich... dennoch wäre ich beinahe darauf reingefallen.
Enttäuscht, dass ich nicht in seine Falle getappt bin, deutet er Hektor an, zu uns zu kommen. Er baut sich neben mir auf, holt ein Messer aus seiner Hosentasche und hält es mir an die Kehle. Dann flüstert er mir zu: »Du kannst es kurz und schmerzlos machen, oder ich helfe nach.«
»Ich wiederhole mich nur einmal: Wer ist da?«, dringt es aus den Lautsprechern des Handys.
Nervös suche ich Adrians Blick. Doch das Kauen auf seiner Lippe deutet an, dass er ebenso wenig weiß, wie ich mich verhalten soll. Sobald Victor hierher kommt, ist es aus. Dann hält uns Nikolai allesamt gefangen. Dann gibt es nichts mehr, was wir ausrichten könnten. Darum schweige ich.
Meine mutige Überzeugung hält allerdings nicht lange an. Kaum bohrt sich Hektors Messerspitze in meine Haut, beginne ich zu wimmern.
»Jesse?«, horcht Victors auf. »Bist du das? Wie hast du es geschafft eine Verbindung aufzubauen?«
»Komm bloß nicht her! Das ist eine Falle! Lessiko und Hektor sind die Verräter! Sie wollen dich-...«, brülle ich laut, bevor mir Hektor den Mund mit seiner Hand bedeckt. Zwar reiße ich an den Fesseln um meine Gelenke, doch sie geben keinen Millimeter nach. Meine Worte sind ein unterdrücktes Nuscheln.
»Was ist da los Jesse? Wo bist du? Ist alles in Ordnung?«, fragt Victor eindringlich. Exakt die Reaktion, die Nikolai sich erhofft hat.
Er hält das Handy an sein Ohr: »Ich befürchte, dein geliebter Partner kann dir nicht mehr antworten. Wie wäre es, wenn du herkommst und dir persönlich ein Bild von seinem Wohnbefinden machst?«
»Nikolai...«, raunt Victor so bitter, dass sich Gänsehaut über meinen Körper zieht. Obwohl die Verbindung zu ihm knistert und raschelt, ist die Abscheu in seiner Stimme lebendig, als würde er vor uns stehen. »Was hast du mit Jesse gemacht?«
»Noch gar nichts. Lange kann ich hingegen nicht mehr für seine Gesundheit garantieren.« Um seine Worte zu untermalen, nickt er Hektor zu, der mit dem Messer in die Schulter ritzt.
Es ist eher der Schreck, der mich Keuchen lässt, als der tatsächliche Schmerz. Dennoch reicht es, um Victor am anderen Ende Knurren zu lassen.
»Hör auf, Hektor!«, fordert Adrian laut.
»Sonst was?«
Nikolais Augenbrauen wandern in die Höhe, bevor er Victor rät: »An deiner Stelle würde ich mich beeilen. Sonst bleibt am Ende nicht mehr viel von deinem süßen Jesse zu retten übrig.«
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