Kapitel 27 (2/3)
Energisch richte ich mich auf. »Eure Herzlosigkeit habe ich wohl verdient«, jammere ich gespielt einsichtig. Irgendwann muss er genug von mir haben und nachgeben. »Ich verdiene es missachtet zu werden. Ihr solltet weiterhin mein Herz zerreißen. Tretet mit schmutzigen Schuhen darauf. Lasst Elefanten darüber traben«, plappere ich theatralisch. »Achtung und Liebe? Dafür bin ich nicht gut genug. Euer Wunsch nach meinem Leiden ist berechtigt. Ich werde mich auf dem Boden blutig liegen! Ich werde bluten, bluten, blute, bl...«
Augenblicklich stoppe ich. Victors letzter Nerv zerreißt. Lieblos schlägt er die Decke beiseite. Selbstverständlich nehme ich diese Einladung glücklich grinsend an. Ich hopse in sein Bett und ziehe die kuschelige Decke bis über mein Ohr. Scheint, als habe ich unser Spiel haushoch gewonnen.
»Du kannst mir einfach nicht wiedersehen. Verständlich«, höre ich nicht zu schnattern auf. »Ich bin wie ein Baby-Kätzchen. Man muss mir einfach verfallen. Wenn du willst, kannst du mir auch durch meine Haare streicheln. Du kannst mich auch kraulen, hab ich nichts gegen.«
Gerade als ich meine Stirn an seiner Schulter reiben will, dreht sich Victor. Er packt meine Schulter, um mich herumzureißen. Bevor ich fragen kann, was er vorhat, spüre ich seine Brust an meinem Rücken. Mein Mund öffnet sich, doch ich vergesse meine Worte. Sein starker Arm schlingt sich um meine Taille, drückt mich fest an den großen Körper.
Als wäre ich von einem Geist heimgesucht, halte ich den Atem an. Seine Wärme dringt durch das dünne Oberteil, treibt Gänsehaut auf meine Arme. In der unnachgiebigen Umarmung des Mafia-Bosses gefangen, komme ich mir auf einmal ganz klein vor.
Das hat er noch nie gemacht..., schießt es mir durch meinen Kopf. Hör auf, verdammt! Langsamer, mach langsamer!, schreie ich innerlich mein Herz an, das unter Victors Hand auf meiner Brust zu rasen beginnt. Er muss es bemerken. Es geht nicht anders! Er merkt wie aufgeregt ich bin!
Als plötzlich auch noch seine rechte Hand in meine Haare findet und mich zu streicheln beginnt, ist es um mich geschehen. Daran, beim Sex von ihm berührt zu werden, habe ich mich bereits gewöhnt. Aber das hier ist etwas völlig anderes. Dieser Moment ist intimer als jeder Sex zuvor.
Ich presse mein knallrotes Gesicht ins Kissen. Victors Finger gleiten durch meine Strähnen. Sie kraulen über meine Kopfhaut, streichen die Rückseite meines Ohrs entlang.
Was auch immer in ihn gefahren ist – Er hat gewonnen.
Weil ich am nächsten Morgen allein erwache, spekuliere ich, ob das gestern Geschehene nur ein Traum war – Victors Bett in dem ich mich befinde, überzeugt mich jedoch vom Gegenteil.
Mir den Schlaf aus den Augen rubbelnd, latsche ich im Pyjama aus dem Zimmer. Aus Richtung der Glaskuppel vernehme ich Stimmen. Deshalb entscheide ich mich nachzusehen, wer so früh am Morgen schon streitet.
»Große Straße. Was sagst du jetzt, du Wicht?«, lacht Elliot dreckig, als er seine Spielkarten auf den Tisch donnert. Wie ein kleines Kind liegt er verkehrtherum auf der Couch, seine Beine über die Lehne getreckt, den Kopf nach unten baumelnd. Im Gegensatz zu seinem sonstigen Erscheinen trägt er keinen Anzug. Das labbrige Shirt hängt halb an seiner Jogginghose. Neben dem Sofa stehen Hauslatschen. Seine sonst so perfekt nach hinten gekämmten Haare, liegen nun verwuschelt in alle Richtungen verteilt. Ich hätte nicht gedacht, dass unter dieser wilden Fassade kringelige Löckchen schlummern.
Sein Spielpartner Lessiko lacht schief. Vorsichtig legt er seine Hand ab. »Full House. Du hast verloren.«
»Unmöglich!« Elliot springt auf, reißt die Karten seines Gegners an sich, um sie auf Fälschung zu prüfen. »Wie machst du das, du kleiner Betrüger? Dreimal hintereinander? Dass ich nicht lache! Die sind doch gezinkt!«
»Ich habe ehrlich gewonnen... ha...« Lessiko zuckt mit den Schultern. »Dir würde es zugute kommen, deinen Kopf zu benutzen.«
Ein böses Knurren dringt aus Elliots Kehle. Er schmeißt die Karten zurück auf den Tisch. Dann fällt er ins Sofa.
»Was macht ihr da?«
»Jesse!«, begrüßt mich Lessiko erfreut, wohingegen ich von Elliot einen abschätzigen Blick kassiere.
Ich setze mich neben den jungen Arzt. »Ihr spielt Poker? So früh am Morgen?« Er reicht mir den Kartenstapel. Automatisch beginne ich zu mischen.
»Wow, bei dir geht das ja richtig schnell, ha...«,
»Das?« Geschickt fliegen die Karten durch meine Finger wie Zeitungen in einer Druckmaschine. »Hab ich bei einem Freund gelernt. In seiner Bar fanden immer Pokerabende statt. Da musste ich mischen und ausschenken.«
Auf einmal reißt mir Elliot den Stapel aus der Hand. »Wer hat gesagt, dass du dich einschleichen kannst?«
Als mein Blick auf seinen flauschigen Bob trifft, kann ich mein Prusten nicht zurückhalten. Hastig schlage ich mir die Hand vor den Mund.
»Was ist so witzig?«
Lessiko verkrümelt sich nach hinten, während meine Schultern über diese Frage zu beben beginnen.
»Was so witzig ist, habe ich gefragt!«
»Sorry...«, lache ich. »Das sieht einfach zu niedlich aus...«
»Was...?« Begreifend worauf ich hinaus will, finden seine Finger zögerlich in das lockige Durcheinander. Sein Gesicht ist köstlich – eine Mischung aus Unglaube und diesen unschuldigen blonden Löckchen. »Halt die Klappe.«
»Hab mich immer gefragt, was Adrian von so einem Rowdy wie dir will. Jetzt kann ich's verstehen.«
»Halt deine verschissene Fresse!« Mit einem Sprung zu mir, hält er seine Faust in mein Gesicht. »Sonst poliere ich sie dir!«
»Damit kann ich dich nicht ernst nehmen, tut mir leid.«
Lessiko neben mir beißt sich auf die Lippe, um nicht in mein Lachen einzustimmen. Wir surfen bei solchen Dingen auf der selben Wellenlänge.
»Warum siehst du überhaupt so aus?«
Knurrend verschränkt Elliot die Arme. »Welcher Hosenscheißer ist denn Schuld, dass ich suspendiert wurde? Jetzt darf ich den Hof fegen und das Haus putzen.«
»Victor stellt dich sicherlich bald wieder in seinen Dienst.« Ich schüttele den Kopf. »Hab gestern echt gedacht, dass er das durchzieht. Zum Glück bist du noch am Leben.«
Der Mafiosi verzieht den Mund zu einem festen Strich. Kein Friedensvertrag, aber immerhin keine Kriegserklärung.
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