7 | 65. Kapitel
"Avada Kedavra", schrie Bellatrix neben mir. Ihr Fluch verfehlte den Auror, der zuvor den Zauber auf mich gefeuert hatte, nur um Haaresbreite und schlug in dem Gemälde hinter ihm ein. Kreischend und Stühle rückend stoben die porträtierten Zauberer auseinander.
Links und rechts von uns, damit im Rücken unserer Angreifer, zerbarsten weitere Fenster unter der Wucht der Eindringlinge. Hastig zog ich einen zweiten Schild um mich und unterdrückte den Instinkt, mich zum Schutz vor den schrapnellartig fliegenden Glassplittern wegzuducken.
Wiederum mein Glück. Die Fensterschützen erholten sich erstaunlich schnell von ihrem Schock, uns Todessern plötzlich Auge in Auge gegenüber zu stehen. Während sich zwei noch aufrappelten, weil sie rücklings gegen die Wand geflogen waren, stoben uns von mehreren Seiten Lichtblitze entgegen.
Alles ging so schnell, dass ich mir keine Gedanken mehr darum machen konnte, wen ich da angriff. Wer mich angriff. Ich bestand nur noch aus Atmen und handeln, agieren und reagieren, Angriff und Rückzug.
Das Holz zwischen meinen Fingern brannte heiß, als würde er unter der ungewohnt heftigen Belastung seinen Protest äußern wollen. Doch die Wärme gab mir Kraft, stärkte mich, wann immer ich zu straucheln drohte. Wann immer ich glaubte, einem meiner Gegner ein Gesicht zuordnen zu können, zog mich die Magie, die sich durch meine Hand hindurch in meinem Zauberstab konzentrierte, zurück in ihren Tunnel. Sie bewahrte mich davor, zu sehen, mit wem ich die Stäbe kreuzte. Bewahrte mich davor Gefahr zu laufen, einen von Bellatrix Zaubern umlenken zu wollen.
Denn in Wahrheit war ich genau in diesem Moment froh, sie an meiner Seite zu wissen. So absurd das klang. Merlin wusste, ich war mir keinesfalls sicher, dass sie sich nicht gegen mich wenden würde. Doch im Moment vertraute ich darauf, dass ihr Fokus auf anderen Dingen lag. Sie würde zwar den Teufel tun und mir Rückendeckung geben, aber allein die Tatsache, nicht allein hier zu stehen, half mir.
Und sei es nur die Gewissheit, dass ich mich am Riemen reißen musste.
Als der nächste Fluch nur um Millimeter an mir vorbeiraste und mir einige Härchen auf meinem Arm versenkte, gab ich es auf, mit ungesagten Zaubern zu kämpfen. Der Vorteil, den sie mir einbrachten, war verschwindend gering, forderten jedoch einen Großteil meiner Aufmerksamkeit. "Stupor", schrie ich also und konnte mir ein kurzes Aufatmen nicht so recht verkneifen, als der Auror tatsächlich bewusstlos zu Boden sank.
Das lenkte zumindest einen unserer Angreifer weit genug ab, sodass er meinen zweiten Zauber nicht kommen sah. Unter seinem linken Arm hindurch schoss er durch seine Deckung und auch er brach bewusstlos zusammen.
"Du kämpfst wie ein Feigling, Potter!", kommentierte Bellatrix in einer kurzen Atempause, die uns beschert wurde, weil drei weitere Gestalten in splitterndem Regen aus Glas im Korridor landeten. Reflexartig hob ich den Arm und verwandelte in der gleichzeitigen Bewegung meines Zauberstabs die Scherben in Sand. Sofort griff der Wind die feinen Körner auf und jagte sie den Gang hinunter. Oder war es einer der Ordensleute, der ihre Kontrolle übernahm?
Es war unerheblich.
"Muss ich dich wieder daran erinnern, dass ich inzwischen Malfoy heiße, Black?", knurrte ich, ohne die Hexe anzusehen. Ich nutzte den Moment, um von den Kämpfenden wegzutauchen und wagte mich vorsichtig an die nächste Ecke heran, wo ein leerer Steinsockel stand. Ich brauchte einige Sekunden, bis ich realisierte, was fehlte. Doch als ich vorsichtig in den nächsten Gang hineinspähte und weitere dieser Steinquader vorfand, ging mir ein Licht auf. "Wo sind die ganzen Statuen?"
"Sie verteidigen das Schloss." Bellatrix Stimme erklang so dicht an meinem Ohr, dass ich Mühe hatte, mein Zusammenzucken zu unterdrücken. Eine Strähne ihres Haars kitzelte mich im Nacken und ich brachte hastig Abstand zwischen uns.
Im Nachhinein eine unüberlegte Taktik, denn ich zog unmittelbar die Aufmerksamkeit der hinzueilenden Ordensleute auf mich, die andernfalls vielleicht an mir vorbeigeeilt wären, um sich dem Kampf in meinem Rücken anzuschließen.
Sie haderten keinen Herzschlag lang.
Mit Mühe und Not gelang es mir, einen Schild um mich herum hochzuziehen, an dem die ersten beiden Zauber abprallten. Den dritten musste ich ablenken. Der vierte verpasste mir einen langen Schnitt auf der Wange. Dem Schmerz nach zu urteilen, riss er die Fluchnarbe, die Bellatrix mir verpasst hatte, gleich mit auf.
Wieder übernahm mein Instinkt die Kontrolle. In rascher Abfolge schickte ich einige Zauber zurück, von denen ich im Nachhinein nicht hätte sagen können, worum es sich dabei handelte.
Doch es war nicht meine Hand, nicht mein Zauberstab, aus dem der grüne Blitz hervorzuckte. Für einige schreckliche Sekunden reflektierte das Scherbenmeer am Boden den Todesfluch, ehe er seine Arbeit tat und dem Kleineren der beiden das Leben raubte.
Entsetzt verharrte ich mitten in der Bewegung und starrte meine Begleiterin an, die mit einem finalen Schwenk ihres Zauberstabs auch den zweiten Mann umbrachte. Wie eben wagte ich es nicht, mir ihre Gesichter näher anzusehen, war froh, dass sie frontal zu Boden gegangen waren. Ihre Schöpfe waren dunkel, nicht rothaarig, und daher zu meiner feigen Erleichterung nicht eindeutig zu identifizieren.
Anders als Bellatrix schlug ich einen weiten Bogen um sie und kletterte nicht über ihre toten Körper hinweg, als wären sie nichts weiter als Fußabtreter. Weil ich wusste, dass mein Mienenspiel zu viel von meinen Gedanken preisgegeben hätte, wandte ich den Blick von ihr ab und starrte hinaus in die Nacht.
Es waren wohl Riesen gewesen, die unser Startsignal gewesen waren. Ich hatte es für ein Gerücht gehalten, hatte nicht glauben können, dass der dunkle Lord sie tatsächlich für sich hatte gewinnen können. Aber da waren sie. Lange, übermäßig große Äxte und Beile schwingend bahnten sie sich ihren Weg über das Schlossgelände, von den gegen sie geschossenen Zaubern gänzlich unbeeindruckt. Sie strauchelten nicht einmal, sondern mähten alles um, was ihnen in die Quere kam.
"Eine Schlacht ist beileibe der falsche Ort, um in Gedanken zu versinken, Potter!"
"Potter?" Es hätte etwas Komödiantisches haben können, als mein Geburtsname wie ein Echo durch den Flur getragen wurde und gleich mehrere Todesser heranstürmten. Darunter auch einige, die mit uns zusammen im Korridor gelandet waren. Unter ihnen war jedoch keiner, der mir vertraut vorkam. Dafür schienen sie uns zu kennen. Zumindest lupfte einer von ihnen imaginär seinen Hut. "Madame Lestrange, Mrs. Malfoy!"
Bellatrix kicherte, beachtete die Neuankömmlinge darüber hinaus jedoch nicht weiter. Stattdessen stolzierte sie mit klackernden Absätzen in den nächsten Korridor hinein, als hätten wir das Schloss bereits unter unsere Kontrolle gebracht.
"Kommst du, Potter?"
"Hör auf, mich so zu nennen", murrte ich und hörte dabei selbst, wie erschöpft ich klang. Man hätte fast meinen können, wir hätten Schwesternschaft getrunken, so begierig wie sie mit einem Mal darauf schien, mich bei sich zu wissen. Leider konnte ich mir denken, dass der wahre Grund darin bestand, mich im Auge zu wissen.
Merlin wusste, wieso. Denn seien wir mal ehrlich, selbst wenn ich die Seiten gewechselt hätte, was kümmerte es den dunklen Lord noch? Sollte er gewinnen, würde ich halt mit dem Leben zahlen und wenn nicht – na ja ...
"Wo waren wir stehen geblieben?", feixte die Hexe und warf mir einen Blick über die Schulter hinweg zu. Das Licht fing sich in ihren schwarzen Augen, ließ diese gespenstig funkeln. "Ach ja, ich sprach davon, was für ein Feigling du doch bist."
"Bin ich das, ja?" Unter anderen Umständen hätte ich mir keine Mühe gegeben, auf ihre Sticheleien einzugehen. Unter anderen Umständen hätten mich diese aber auch nicht von dem grausigen Kampflärm abgelenkt, der aus allen Richtungen zu kommen schien. Von den Schreien draußen, dem Knallen.
"Schockzauber sind was für Schwächlinge", bestätigte sie und machte doch tatsächlich einen kleinen Hüpfer über eine umgefallene Rüstung hinweg.
"Die Anweisung und Ansichten des dunklen Lords sind klar -" Wieder kamen wir an einem Erkerfenster vorbei, wieder erlaubte ich mir einen Blick auf das Schlachtgetümmel draußen. Eigentlich ein Wunder, wie wir unseren Weg bisher weitestgehend unbehelligt hatten hinter uns bringen können. "- er schätzt reines Blut. Es wäre also eine Verschwendung, jede Hexe und jeden Zauberer in unserem Weg umzubringen."
Sie schenkte mir ein irres Lächeln, doch ich bildete mir ein, einen widerwilligen Hauch Anerkennung über meine Argumentation in ihrer Mimik aufblitzen zu sehen. Der Eindruck war flüchtig und fast augenblicklich verschwunden, als sie sich mit der Zungenspitze über die angefaulten Zähne fuhr. "Manchmal muss man die Blätter des Rosenstrauchs zum Wohle des Stamms -" Bellatrix verstummte mitten im Satz. Da sie etwas vor mir gelaufen war, erkannte ich nicht, was ihr den Atem verschlagen hatte. Dennoch begann mein Herz in böser Voraussicht schneller zu pochen.
"Na, sieh einer an. Wen haben wir denn da?", fragte sie, ihr Tonfall beunruhigend süß.
Ich sandte ein stummes Gebet an Merlin – bitte, lass es nicht meinen Bruder sein!
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