7 | 22. Kapitel
"Nehmen Sie sich einen Keks."
Irritiert beobachtete ich Professor McGonagall dabei, wie sie die Tür ins Schloss drückte, ihren Zauberstab zückte und wortlos einige Zauber wirkte. Da sie mir keinerlei Beachtung schenkte, ließ ich mich auf dem Rand des Stuhls vor ihrem Schreibtisch nieder.
Als nächstes lief sie zu den Fenstern, schwang auch hier ihren Stab und ich fühlte mehr, als dass ich es sah, wie sich ein Schleier über das Glas legte. Zu allem Überfluss wandte sie sich als nächstes noch den drei Gemälden zu. Kurz darauf waren auch sie erstarrt, als wären sie nichts weiter als gewöhnliche Mugglezeichnungen.
"Sie sollten sich einen Keks nehmen", sagte sie mit einem Seufzen und deutete auf die schottenkarierte Dose vor mir. "Genauso halsstarrig wie Ihr Bruder."
"Jetzt reden Sie also mit mir?" Ich ignorierte ihre Aufforderung - immerhin wusste ich, wie widerlich ihre Ingwerkekse schmeckten - genauso wie ihren Vergleich, obwohl ich einen leisen Stich in der Magengegend darüber verspürte.
Ihr Blick ließ mich schrumpfen. War er doch so voller Tadel, dass ich mir fast dumm vorkam. "Sie müssten ebenso gut wissen wie ich, dass die Wände hier Ohren haben."
"Daher die ganzen Zauber?" Natürlich. Mein Bauchgefühl hatte mich nicht getrogen. "Es geht überhaupt nicht um eine vermurkste Hausarbeit."
Sie widersprach mir nicht. Stattdessen tippte sie mit ihrem Zauberstab auf ihre oberste Schreibtischschublade und beförderte kurz darauf einen Brief daraus zutage. "Der hier ist an Sie adressiert", sagte sie, ohne jedoch Anstalten zu machen, ihn mir zu geben. Sie sah mich nur an und wartete auf meine Reaktion.
"Wieso brachte Felyx ihn mir dann nicht mit der Morgenpost? Oder eine andere Eule?"
Wieder ging die Hauslehrerin nicht auf meine Frage ein, legte nur das Kinn auf ihre verschränkten Hände. Ihr Blick war durchdringend und ich wand mich ein wenig darunter. "Können Sie sich denken, von wem er ist?"
Ich biss mir auf die Unterlippe. "Sie werden es mir sicherlich gleich sagen."
"Er ist von Ihrem Paten."
Nicht viel schaffte es momentan noch, mich sprachlos zu machen. Merlin, ich hatte meine Stimme selbst dann nicht verloren, als der schwarze Lord mich vor aller Augen mit meinem wahren Namen enttarnt hatte. Doch hier und jetzt fiel mir nicht viel mehr ein, als atemlos zu stottern: "Meinem ... meinem Paten sagten Sie -?"
"Ihrem Paten. Er macht sich Sorgen um Sie und bat mich, mit Ihnen zu sprechen."
Meine Gedanken begannen fieberhaft zu rasen. Wer -? Sirius hatte es mir damals sagen wollen, doch der Brief war von Umbridge einkassiert worden und ich hatte ihn daraufhin nie wiedergesehen. Ein Grund mehr, die pinke Kröte zu hassen. Ich sprach es aus: "Wer?" Auch wenn ich es hasste, auf ihr Wohlwollen angewiesen zu sein, wollte ich es wissen. Natürlich hatte ich meine Vermutungen, die allerdings nie bestätigt worden waren.
"Ein enger Freund Ihres Vaters. Für ihn wurde damals die peitschende Weide gepflanzt."
Also doch. Ich nickte mehr für mich selbst. Vermutlich hätte ich es mir denken können. "Wie können Sie mit Leuten aus dem Orden in Kontakt stehen?", rutschte es mir herauf. "Wie können Sie dieses Risiko eingehen?" Wie konnte sie das Risiko eingehen, so offen mit mir zu sprechen?
"Das Schachspiel im ersten Jahr stammte von mir." Die Professorin senkte ein wenig den Kopf, drehte das Briefkuvert in den Händen.
Als sie sich nicht weiter erklärte, bohrte ich nach: "Und was sagt mir das?"
"Ich kalkuliere meine Züge."
Und offenbar waren die Wände trotz der Zauber nicht dick genug, um das Rätselraten zu beenden. Aus Ermangelung anderer Optionen streckte ich meinen Geist nach dem ihren aus, prallte jedoch an dicken, schottischen Mauern ab.
Eine ihrer Augenbrauen hob sich. "So wie Sie Ihre Geheimnisse haben, hüte ich die meinen."
Also vertraute sie mir längst nicht so sehr, wie sie es vorgab. Der Gedanke schmeckte bitter, wenngleich ich ihn verstand. Sicherlich konnte sie nicht wissen, dass in Wahrheit nicht Severus Snape der Mörder ihres Mentors gewesen war, doch nur zu bewusst war ich mir über die Schärfe ihres Verstandes. Immerhin war sie mehrfach kurz davor gewesen, meine Verwandtschaft zu Harry zu entschlüsseln. Vor der dritten Aufgabe des Trimagischen Turniers hatte ich ein Gespräch zwischen ihr und Dumbledore belauscht, in dem sie haarscharf davor gewesen war.
"Nun, dies ist -", setzte ich an, ohne recht zu wissen, worauf ich überhaupt hinaus wollte.
Sie ließ mich ohnehin nicht aussprechen. "Mariah - hier, von allen Orten, können Sie sich sicher sein, frei sprechen zu können. Also flüchten Sie sich bitte nicht wieder in Ausreden."
"Ich wollte nicht -"
Ihr gehobener Zeigefinger ließ mich innehalten. "Wenn Sie nur halb so flink im Geist sind, wie Ihr Vater es einst war, wollten sie das sehr wohl. Er wollte sich auch lieber immer alleine durchschlagen, mit einem Unterschied - er hat seinen Freunden vertraut."
"Wir wissen beide, was es ihm gebracht hat", meinte ich bitter. Immerhin war ich Pettigrew gegenüber getreten. In ihm war keine Reue gewesen. Oder zumindest hatte er keine erkennen lassen.
"Seien Sie nicht zu stolz, Hilfe anzunehmen."
Ich schnaubte. "Wieso denken eigentlich alle, ich sei nicht freiwillig in den Dienst des dunklen Lords getreten?" Erst Lupin, mein Pate, und jetzt sie.
Sie zog die Brauen zusammen. "Sind Sie es?"
"Ja." Trotz verlieh meiner Stimme einen festen Unterton, der jedoch ins Wanken geriet, als ich abermals ihrem forschen Blick begegnete. "Hören Sie auf, mich so anzusehen. Sie sind nicht Dumbledore."
"Was nicht heißt, dass ich nicht viel von ihm gelernt hätte." Scharrend schob sie ihren Stuhl zurück, wandte sich zu ihrem Kamin um und starrte einen Augenblick lang in die Flammen. Sie hielt sich gerade, dennoch erahnte ich, wie viel Verantwortung sie sich selbst dieser Zeiten aufbürdete. Als sie fortfuhr, lag wieder ihre alte Bissigkeit in ihrer Stimme. "Ich bin lang genug in diesem Beruf tätig, um zu erkennen, wenn man mich anlügt, Mrs. Malfoy."
"Hier geht es nicht um die Ausrede, meine Katze habe meine Pergamentrolle zerstört und deshalb konnte ich meine Hausaufgaben nicht machen", schoss ich zurück. "Sie wissen nicht -"
"Ich weiß genug." Vielleicht hatte sie beschlossen, ihre Taktik zu ändern und ihre Drachenhauthandschuhe auszuziehen, jedenfalls drehte sie sich zu mir herum. Mit zwei raschen Schritten stand sie am Schreibtisch und beugte sich mit abgestützten Armen zu mir nach vorne. Ihre Augen schienen Funken zu sprühen. "Sie verstecken sich hinter dem Wunsch, Ihren Bruder beschützen zu wollen! Sie nutzen diesen Wunsch als Entschuldigung, tatenlos zuzusehen, wenn Unrecht geschieht. Wie viel tun Sie im Namen dieser fehlgeleiteten Weltansicht?"
Ich erhob mich, um Abstand zwischen uns zu bringen. Die Wut verknotete mir den Magen und ich presste eine Hand darauf, als wolle ich mich in der Mitte zusammenhalten. "Haben Sie in Erwägung gezogen, dass ich einfach das schwarze Schaf der Familie Potter sein könnte?"
Ein Kopfschütteln, mit dem Professor McGonagall resignierend den Blick auf ihre Tischplatte senkte und das Briefkuvert, das unberührt darauf lag. "Mein Angebot bleibt bestehen", sagte sie leise und klang dabei beinahe heiser. "Vielleicht werden die Worte Ihres Paten die Macht besitzen, Sie umzustimmen."
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