7 | 10. Kapitel
Etwas wie Überraschung machte sich in Bellatrix' Gesicht breit, bevor ein irres Grinsen ihre einst edlen Züge verzerrte. Noch ehe sie den Mund zum Sprechen öffnete, wusste ich, dass sie mich nicht so leicht vom Haken lassen würde. "Du meinst, der Cruciatus würde ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen?", hauchte sie und ließ ihre dunklen Augen gierig über die Reihe der Ordensleute schweifen. In ihnen lag ein Funkeln, von dem ich froh war, dass es nicht gegen mich gerichtet war.
Ich zwang mich zu einer gleichgültigen Antwort: "Wer weiß das schon? Einen Versuch ist es wert." Wobei ich mir unterschwellig sehr sicher war, dass dieser Versuch zu nichts führen würde. Das, was ich zuvor in Ginnys Blick gesehen hatte, fand sich in jedem einzelnen von ihnen und ehrlich gesagt wäre ich andernfalls auch enttäuscht. Einen bemüht gleichmütigen Ausdruck mimend, sah ich mir die Freunde meines Bruders ein letztes Mal an und wandte mich dann ab. "Lasst sie am Leben."
Ich war kaum drei Schritte gegangen, als die Schwester meiner Stiefmutter auflachte. "Leiste uns doch bei diesem Vergnügen Gesellschaft, Potter!", rief sie mir hinterher, was mich mitten in der Bewegung erstarren ließ. Eine ähnliche Herausforderung hatte ich vorausgeahnt.
Ganz langsam drehte ich mich um, die Hand fest um meinen Zauberstab gekrampft. Ich musste mich beherrschen, um ihr nicht gleich zu demonstrieren, wozu ich fähig war. Doch während ich innerlich mit den Zähnen knirschte, hob ich nach außen das Kinn und meinte gedehnt: "Malfoy, Bellatrix. Oder hast du vergessen, dass ich gestern deinen Neffen geheiratet habe?"
Die Überraschung war hörbar. Wenn auch nicht bei Bellatrix. Ihr Grinsen wurde höchstens noch gefährlicher, doch darüber hinaus ließ sie sich nicht anmerken, ob sie sich über meine Antwort ärgerte. Bei den Ordensleuten sah das schon anders aus.
Ich hörte Ginny scharf die Luft einziehen, Fred durch die Zähne pfeifen. Beinahe hätte man meinen können, die Situation sei eine andere. Eine leichtere.
Betont gelangweilt ließ ich meinen Blick an der dunkelhaarigen Hexe vorbeiwandern. Dabei begegnete ich Lupins. Er hatte die Lippen fest aufeinandergepresst und sah mich mit einer undefinierbaren Gefühlsregung in den Augen an. War es Trauer? Zorn? Gar Enttäuschung? Ich konnte es unmöglich sagen und dennoch ballte sich etwas in meiner Magengegend zusammen.
"Soll ich dir demonstrieren, wie es geht, klitzekleine Mary?"
Mir entwich bei dem Spitznamen, den sonst eigentlich nur Draco und Severus Snape benutzten, beinahe ein Knurren. Natürlich war mir die Parallele zu ihrer ersten Begegnung mit Harry im Ministerium nicht entgangen. Womöglich sollte ich froh sein, dass sie nicht noch ein Baby mit eingebaut hatte.
Allerdings hätte ich ihr nur genau das gegeben, was sie wollte, wenn ich jetzt aus der Haut fuhr. Keine Ahnung wie, aber ich schaffte es selbst, ihre nächsten Worte einfach an mir abprallen zu lassen. "Immerhin hast du bisher nur die Auswirkungen dieses Fluchs zu spüren bekommen und über dein ganzes Geschrei vermutlich die Technik verpasst, die -"
Beherrscht fiel ich ihr ins Wort: "Nicht nötig, weiter ins Detail zu gehen. Ich würde dir ja demonstrieren, wie gut mein Cruciatus ist, allerdings fürchte ich, dass der dunkle Lord es nicht gutheißen würde, wenn wir jetzt aufeinander losgingen." Ich reckte das Kinn, gab mein Bestes, möglichst hochnäsig auf sie hinabzusehen. Der schnarrende Tonfall meines Ehemannes war mir leider nicht gar so gut geglückt, allerdings war ich mir sicher, dass die Nachricht auch so bei der Black-Hexe angekommen war.
Doch ihr irres Grinsen ließ erahnen, dass sie gegen ein derartiges Kräftemessen nicht viel einzuwenden gehabt hätte. "Dann erleuchte uns", forderte sie mich abermals auf und schnippte mit dem Zauberstab zu der Reihe der gefangenen Ordensleute. "Zeig uns, wie du sie zum Singen bringst."
Mir war klar, dass mir kaum eine andere Wahl blieb. Ich schluckte angestrengt, war mir durchaus all der auf mir ruhenden Blicke bewusst. Wohl oder übel würde ich mich hier und jetzt beweisen müssen. Wieder ließ ich meinen Blick über die Ordensleute gleiten, auf der Suche nach meinem Opfer. Jemandem, bei dem ich nicht zu viel Schaden anrichten könnte, jemandem, den ich nicht kannte. Alleine, das zu denken, ließ mich schwer schlucken.
Mein Blick blieb an einem großen blonden Zauberer hängen, der am Ende der Reihe stand und irgendwie den Anschein erweckte, als würde er sich kleinmachen. Dennoch strahlte er eine bemerkenswerte Ruhe aus und erwiderte meinen Blick mit einer Art verständnisvoller Gelassenheit, die mir den Magen verknotete.
"Du fängst am Anfang der Reihe an?", höhnte Bellatrix, die sich anderthalb Meter hinter mir an meine Fersen geheftet hatte und deren Blick sich in meinen Rücken zu bohren schien. "Willst du nicht lieber -"
Ich hörte den Moment der Erkenntnis, als sie entzückt kicherte und unsanft an mir vorbeistrich, um sich direkt vor dem Mann zu platzieren. Sie war kleiner als er und die Art, wie sie den Kopf in den Nacken legte, die wilden Locken zu einer Seite fielen und sie schon fast an ihm schnüffelte, hatte etwas Animalisches.
"Sei froh, Ted, dass sie sich dich ausgesucht hat", flüsterte sie an seinem Hals, so leise, dass wohl nur wir beide sie hören konnten. "Wo hast du Andromeda gelassen? Meine kleine Schwester scheint nicht sehr erpicht darauf, unsere Familienbande aufrechtzuerhalten."
Der Zauberer, Ted Tonks, schien äußerlich unberührt von der Art und Weise, wie Bellatrix sich mit spitzer Zunge über die Lippen fuhr. Kein Funken Abscheu stand in seiner Mimik, als er laut genug für alle im Umkreis sagte: "Es war nicht ihre Entscheidung, ihre Verbindungen zu euch zu kappen."
Bellatrix kreischte auf, drückte ihm ihren Zauberstab so schnell an den Hals, dass ich ihre Bewegung nicht einmal hatte kommen sehen. "Es war ihre Entscheidung, ein dreckiges Schlammblut wie dich zu heiraten. Keiner hat sie dazu gezwungen!", bellte sie.
Ein Zusammenzucken ging bei dem von ihr ausgespienen Schimpfwort durch die Reihe und ich sah aus dem Augenwinkel, wie Ginny Weasley die Fäuste ballte. Im nächsten Moment ihr älterer Bruder George, der nach ihrem Handgelenk griff. Auch ich biss die Zähne zusammen.
Der Muggelstämmige blieb gelassen. "Ich -"
"Schweig!" Spuren des Wahnsinns, der sich in Askaban zweifellos in Bellatrix' Geist gegraben hatten, schwangen in jedem Wort mit. Die anderen Todesser, darunter unter anderem mein Schwiegervater und einer von jenen, die damals mit auf dem Astronomieturm gewesen waren, wandten die Köpfe ab. "Du hast nicht -"
Ich reckte mich. "Du vergisst, wieso wir hier sind!", fiel ich ihr unsanft ins Wort und trat scheinbar unbekümmert an ihr vorbei. Der Wind plusterte mir den Umhang auf und ich roch den Geruch nach muffiger Kleidung, der von der Lestrange-Hexe ausging. "Unser einziger Belang ist Potter. Also -" Kühl musterte ich Ted. "- war er hier? Weißt du, wohin er verschwunden ist?"
Er musste nicht antworten. Da konnte ich noch so bedrohlich schauen, noch so sehr mit dem Zauberstab auf meine Handfläche klopfen, bis Funken stoben. Er wusste nichts. Und ich hatte so eine Ahnung, dass das Ergebnis bei jedem von den hier Anwesenden ähnlich ausfallen würde. Vielleicht mit Ausnahme der Weasleys. Wenn mein Bruder hier gewesen war, wäre er garantiert getarnt gewesen.
Und dennoch blieb mir keine Wahl. Keine Wahl, als abermals meine Position in den Reihen des dunklen Lords zu stärken und mein Erbe mit Füßen zu treten. Keine Wahl, als meine Loyalität wieder einmal unter Beweis zu stellen.
Also sprach ich den Fluch und sah zu, wie der hochgewachsene Zauberer plötzlich ganz klein wurde und sich am Boden zu meinen Füßen krümmte. "Crucio!"
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