020 - Dan Reynolds
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tw: depression
Tag eins.
˚ ༘✶ ⋆。˚ ⁀➷Ich fixiere keinen wirklich Punkt. Ich starre einfach nur nach vorne und versuche den Gedankenchaos in meinem Kopf irgendwie zu ordnen. Doch es fällt mir nicht gerade leicht.
Es hat wirklich einige Zeit gedauert, bis ich bereit war, mir eine Therapie zu suchen. Als es dann soweit war, war es ein Kampf, überhaupt einen Platz zu kriegen, denn die Wahrheit ist, jeder Mensch könnte zu einer Therapie gehen, weil es immer etwas gibt, was derjenige aus seinem Leben nicht aufgearbeitet hat - und das ist auch der Grund, warum es soviel benötigte Plätze und zu wenig Therapeuten gibt.
Ich verurteile niemanden dafür. Das Leben ist schwer und vor allem nicht fair. Junge Menschen sterben plötzlich, während die weiterleben, die für ein gesamtes Land zuständig sind und nur Unsinn verzapfen - das soll keinesfalls Kritik sein, es ist eben die Wahrheit.
Das Kennenlerngespräch mit meiner Therapeutin ist wirklich gut verlaufen. Es hat sofort zwischen uns gepasst - von anderen Freunden kenne ich, dass sie nicht auf Anhieb den richtigen gefunden haben. Doch wenigstens das scheint in meinem Leben gut zu laufen.
Ich kann nicht einmal mehr sagen, wann meine Depressionen angefangen haben, wann ich es wirklich anerkannt habe. Denn ich wollte es mir nicht eingestehen, viele Jahre habe ich gedacht: Anderen geht es schlechter und deine Probleme sind nicht so groß. Menschen in Afrika hungern. Kinder in Afghanistan wachsen im Krieg auf. Sei froh, dass es dir gut geht.
Es kam mir vor, als wäre es ein Trend, den alle nachgehen müssen. Statt Nachmittags zum Yogakurs zu gehen, geht es eben zum Therapeuten - doch wie ich mich geirrt habe.
Weil wir alles nur Menschen sind, die vom Leben müde sind. Weil die Welt abgefuckt ist und es dennoch das schönste Geschenk an uns Menschen ist.
Den Punkt mir endlich Hilfe zu holen, kam, als ich durch die Stadt gelaufen bin. Ein Kind ist schreiend vor mir gelaufen, in seiner Hand einen selbst gefalteten Papierflieger den er lachend durch die Luft geworfen hat.
Meine Augen sind dem Papierflieger gefolgt, automatisch bin ich ihm nachgelaufen, über die Bordkante, bis ich an einem Geländer stand. Unter mir der tosende Fluss. Meine Finger haben sich in das Geländer gekrallt, während ich dem Papierflieger bei seinem Absturz zugesehen habe, wie er untergeht, bis er nicht mehr zu sehen war.
Ich habe nachgedacht. Nicht lange, doch ich habe plötzlich einen Wunsch von Freiheit gespürt. Den Wunsch zu springen, so wie das Flugzeug in die Wellen zu springen und nie wieder aufzutauchen. Ich war erschöpft davon die Starke zu spielen. So zu tun, als würde es mich kalt lassen, dass ich keine Familie habe. Das ich allein bin, weil mich alle verlassen haben.
Für einen Moment habe ich die leblosen Augen meines Vaters vor meinen Augen gesehen. Er war vielleicht nie der Vater, den ich mir gewünscht hätte. Aber ich habe ihn geliebt. Ihn in seiner Garage tot aufzufinden, hat etwas endgültig in mir zerbrochen. Er war dennoch meine Familie. Und kaputt vom Leben, dass er es nicht mehr ausgehalten hat.
»So ging es mir auch am Anfang«, reißt mich eine tiefe Stimme aus meinen Gedankenstrudel. Ich schlucke einmal, bevor ich meinen Kopf hebe und denjenigen ansehe, der mich angesprochen hat.
Das erste was mir auffällt, sind seine blauen Augen die mir so voller Schmerz entgegen strahlen, dass ich ihn beinahe selbst spüren kann. Nicht meinen Schmerz, sondern seinen.
»Es ist ein beängstigendes Gefühl«, spricht er weiter und sein Bariton beruhigt mich irgendwie. Ich könnte ihm Stunden zuhören. In seiner Hand knistert etwas und ich kann endlich meinen Blick aus seinen Augen wenden und sehe auf seine Hand, die er mir entgegenstreckt.
»Mir hilft immer Schokolade. Wenn du willst, kannst du sie gerne haben, ich glaube, du brauchst sie gerade mehr, als ich«, spricht er und ich sehe nur, wie sich meine Hand ausstreckt und ich vorsichtig den Snickers aus seiner Hand nehme.
»Danke«, ist das erste Wort was ich zu ihm sage, bevor ich vorsichtig das Papier aufmache und ein großzügiges Stück von der Schokolade abbeiße. Ich spüre seinen Blick auf mir, doch ich traue mich nicht noch einmal in seine Augen zu schauen.
»Mister Reynolds«, ertönt eine Stimme und mein Gegenüber erhebt sich. »Das bin dann wohl ich«, sagt er leise und ich hebe meinen Kopf. Kurz kratzt er sich an seinem Hinterkopf, während ich ihm stumm ansehe.
»Vielleicht sieht man sich wieder.«
Tag zwei.
Eine Woche ist vergangen. Eine Woche seitdem meine erste Sitzung her ist und dennoch kann ich an nichts anderes denken, als an die blauen Augen.
Wieder einmal hat die Therapeutin mich an meine Grenzen gebracht, doch es tat gut, mich endlich mal zu öffnen, auch wenn es nur oberflächlich war.
Viel zu lang ist es her, dass ich wirklich ernsthaft mit jemanden gesprochen habe.
Ich weiß nicht, was ich mir erhoffe, doch wieder sitze ich in dem kleinen Warteraum. Sehnsüchtig schiele ich zu der Uhr. Es ist lächerlich anzunehmen, dass der blauäugige Typ wieder hier ist und dennoch hoffe ich ihn wiederzusehen.
Mein Blick gleitet durch den Raum aus dem Fenster. Ich betrachte wie die Wind die Blätter zum wackeln bringt, als sich jemand neben mir räuspert. Schnell drehe ich meinen Kopf und blicke direkt in zwei blaue Augen.
»Ich habe gehofft, dich hier wiederzusehen«, ertönt der gleiche Bariton wie vor einer Woche und wieder streckt er mir einen Snickers entgegen, den ich mit einem dankbaren Blick annehme.
In seiner anderen Hand hält er auch einen Snickers und so sitzen wir beide nebeneinander und essen jeweils einen Snickers. »Mein Name ist Dan«, stellt er sich dann vor, als er seinen aufgegessen hat. Ich schlucke schnell das letzte Stück runter und drehe mich zu ihm. »Y/N«, sage ich und nicke ihm zu.
Ein leichtes Grinsen ziert sein Gesicht und zeigt seine Grübchen. Kurz wandert mein Blick über sein Gesicht, bis ich merke, dass ich ihn offensichtlich anstarre, weswege ich mein Blick mit knallroten Wangen wegdrehe.
»Es freut mich dich kennenzulernen, Y/N. Ich-«, will er gerade sagen, doch dann wird wieder sein Name aufgerufen. Entschuldigend lächelt er mir zu: »Ich hoffe, wir sehen uns wieder«, sagt er und verschwindet dann.
Ich sehe ihm nach und kurz ruht mein Blick auf seinem muskulösen Rücken.
»Das hoffe ich auch.«
Tag drei.
Mit pochenden Herzen und freien Gedanken, fällt hinter mir die Tür meiner Therapeutin zu, als ich erschrocken aufkeuche. Dan steht direkt vor der Tür, lässig an der Wand gelehnt und als er mich erblickt, leuchten seine Augen auf.
»Hi«, sagt er und bei seinem süßen Lächeln macht mein Herz einen Purzelbaum. Lässig hat er seine Hände in den Taschen seiner Jogginghose gesteckt, als er sich an der Wand abstützt und auf mich zukommt. »Hi«, erwidere ich und nervös zittert meine Stimme.
»Ich mag dein Shirt«, sagt er, nachdem sein Blick kurz über meinen Körper geschweift ist. Nervös kaue ich auf meiner Unterlippe rum, während meine Wangen sich wieder rot färben. Nervös spiele ich an dem Saum meines T-Shirts auf dem das Krümelmonster zu sehen ist.
»Mein Vater hat es mir mal geschenkt. Er hat immer gesagt, ich erinnere ihn an das Krümelmonster, weil ich Kekse liebe«, erzähle ich einfach so, obwohl ich bisher nicht wirklich mit ihm gesprochen habe. Doch es fühlt sich richtig an, ich denke nicht einmal wirklich darüber nach.
»Das ist eine schöne Geschichte«, sagt er und ich nicke. Mein Blick wird dunkel und mein Herz zieht sich zusammen. Ja, eine Geschichte. Vielmehr ist es nicht. Vergangenheit, denn er wird mich nie wieder Krümelmonster nennen können.
»Mister Reynolds«, ertönt hinter mir die freundliche Stimme von meiner Therapeutin und unterbricht uns wieder einmal. Dan sucht meinen Blick, lächelt mir sanft zu, bevor er nah an mir vorbeigeht. Ich schließe meine Augen, inhaliere seinen männlichen Duft.
»Dan?«, ich reiße meine Augen auf, drehe mich auf der Stelle um und sehe wie Dan in der Tür stehen geblieben ist und sich fragend zu mir umgedreht hat. »Magst du nur Snickers, oder auch andere Schokoriegel?«, frage ich ihn plötzlich.
Seine Mundwinkel zucken leicht. »Kinder Country«, sagt er, bevor er sich umdreht und die Tür hinter ihm zufällt.
Kinder Country sind auch meine Lieblingsriegel.
Tag vier.
Mit einem Kinderriegel in der Hand, sitze ich am Fenster und sehe hinaus. Das heutige Gespräch hat mich wieder aufgewühlt, was es die letzten drei Sessions auch gemacht hat, aber heute war es irgendwie anders.
Ich warte auf Dan - denn auch wenn wir nie darüber gesprochen haben, ist es eine Art Tradition geworden, dass wir auf den anderen warten. Es ist mein Highlight geworden, wenn ich eine Session habe und irgendwie erleichtert es mir auch die Arbeit mit meiner Therapeutin, das erste Mal nach langer Zeit, fühle ich mich, wenigsten für wenige Minuten, einfach nur glücklich.
»Ich war mir nicht sicher, was für Kekse du magst, aber ich hoffe sie schmecken.« Dans Stimme reißt mich wieder aus meinen Gedanken, wie als er mich das erste Mal angesprochen hat.
Gerührt von seiner Geste sehe ich ihn an, Tränen schimmern in meinen Augen, als ich in seine blicke. »Sorry, ich wollte ni-«, will er sich rechtfertigen, doch ich schüttle nur meinen Kopf und umarme ihn einfach.
Etwas überfordert legt er seine Arme um mich. Doch ich bin auch von mir überrascht. Ich umarme nicht viele Leute und schon keine Typen, die ich eigentlich kenne. Doch es fühlt sich richtig an.
»Danke, dass bedeutet mir wirklich viel«, nuschle ich an seiner starken Brust. Wieder dringt sein Duft in meine Nase ein und unauffällig inhaliere ich ihn tiefer. »Ich habe einen Kinder Country für dich«, sage ich, nachdem wir uns wieder gelöst haben.
Meine Hände schwitzen, als ich ihm den Riegel gebe und er mir im Austausch die Kekspackung. »Ich fühle mich irgendwie kriminell - die Keksdealer«, sagt er leise und wackelt mit seinen Augenbrauen, was mich zum Kichern bringt.
Seine Mundwinkel wandern sofort nach oben und peinlich berührt halte ich mir die Hand vor dem Mund, um mein Kichern zu unterdrücken. »Sorry ich-«, will ich mich entschuldigen, doch er schüttelt mit seinem Kopf.
»Dein Lachen ist wirklich süß«, sagt er und verlegen beiße ich mir auf die Unterlippe.
Ich kann seinen Blick nicht standhalten und sehe an ihm vorbei, als die Tür unserer Therapeutin aufgeht. Sofort werden meine Augen dunkler, weil ich genau weiß, was das heißt.
»Mister Reynolds«, ertönt die Stimme der Sekretärin und Dan zur gleichen Zeit. Er verdreht seine Augen. »Ich muss dann wohl, danke für den Riegel«, sagt er und seufzt leise. Ich zwinge mich zu einem leichten Lächeln.
»Bis nächste Woche?«, frage ich hoffnungsvoll und spiele nervös an dem Saum meines Oberteils. »Bis nächste Woche!«, verspricht er mir und die Nervosität verschwindet sofort. Dafür pocht mir mein Herz bis zum Hals und Schmetterlinge fliegen in meinem Bauch.
»Ich freue mich schon.«
Tag fünf:
Zufrieden kaue ich gerade auf einem Keks herum, während Dan vor mir sitzt und auch einen Kinder Country isst. Es ist angenehm still zwischen uns und heimlich mustere ich den Mann vor mir.
Er kommt mir irgendwie bekannt vor, als hätte ich ihn nicht vor fünf Wochen das erste Mal gesehen, doch egal wie lange ich mir darüber den Kopf zerbreche, ich komme einfach nicht darauf.
»Ist alles okay?« Dan hebt seinen Blick und sieht mich mit seinen blauen Augen an. Kurz zögere ich einen Moment: »Glaubst du der Theorie, dass jeder Mensch einen Doppelgänger hat?«, frage ich ihn geradeheraus.
»Ich halte es nicht für unwahrscheinlich«, erwidert er und ich nicke, bevor ich mir einen weiteren Keks aus der Packung fische. »Wie kommst du darauf?«, hakt er weiter und leise seufze ich auf. Nervös beiße ich mir auf meine Unterlippe.
»Du kommst mir bekannt vor, doch ich bin mir sicher, dass ich dich vor diesen fünf Wochen noch nie gesehen habe. So eine Person wie dich würde ich nicht vergessen, deswegen meine Annahme mit dem Doppelgänger«, erkläre ich mich.
Dan hört mir zu, bevor er langsam nickt. »Kennst du Imagines Dragons?«, fragt er mich plötzlich und sieht mich warnend an. »Das ist doch eine Band, oder?«, hake ich vorsichtig nach, weil ich nichts falsches sagen will.
Leise lacht er auf: »Ja, das ist eine Band.« Ich zucke mit meinen Schultern und lächle ihn entschuldigend an.
»Sorry, ich höre selten Radio. Eher Spotify und selbst dort, immer nur die gleichen Künstler«, erkläre ich mich.
»Das ist wirklich selten«, sagt er und lächelt mich liebevoll an. »Wie meinst du das?«, doch bevor er antworten kann, werden wir wieder unterbrochen. Genervt seufze ich auf, während ich mich erhebe.
»Warum hatten wir heute so lange Zeit?«, murmle ich zu mir selbst, weil wir normalerweise immer weniger Zeit zwischen den Sessions haben. »Ich habe einen späteren Termin genommen«, zwinkert er mir zu, schnappt sich das Papier der Schokoriegelverpackung, bevor er aufsteht und geht.
Mitten in seinem Gang bleibt er stehen und dreht sich zu mir um. »Google Imagines Dragons, Y/N«, sagt er und lässt mich verwirrt zurück.
Am sechsten Tag habe ich vorher gegoogelt was Imagines Dragons ist, ich war überrascht zu erfahren, dass Dan ausgerechnet der Frontsänger ist, doch auf der anderen Seite bleibt er der gleiche. Egal was für einen Job er ausführt.
Am siebten Tag hat er mir seine Lieder mit Kopfhörern vorgespielt und mir ist aufgefallen, dass ich doch ein paar Lieder kenne wie 'Whatever it takes' 'Demons' oder 'Believer'.
Am achten Tag, haben wir uns gegenseitig Fragen gestellt, um uns besser kennenzulernen.
Am neunten Tag, haben wir ganze zwei Minuten Zeit gehabt, dennoch hat er sich um mein Wohlbefinden gesorgt und als er zu der Therapeutin musste, hat er mir einen Kuss auf die Wange gegeben, bevor er sich mit einem Grinsen verabschiedet hat. Was mir an diesem Tag auch klar wurde, dass ich ihn mehr mag, als ich sollte.
Tag zehn.
Ich werde immer nervöser. Ich trommle mit meinen Fingerspitzen auf meinen Oberschenkel, doch ich muss langsam einsehen, dass er nicht kommen wird. Ich wünsche, ich wäre nicht so enttäuscht darüber, doch im Inneren bin ich es.
»Auf Wiedersehen«, murmle ich zu der Sekretärin, während ich mich auf dem Weg nach unten mache.
Es musste so kommen. Ich wusste es, dass der Tag kommen wird, wo er nicht mehr auftauchen würde, doch ich habe gehofft, dieser Tag wäre noch ewig fern.
Mein Herz ist schwer als ich in die warme Luft raus gehe und inmitten meiner Bewegung stehen bleibe. »Y/N«, sagt Dan und kommt auf mich zu. Erschrocken und auch ein wenig überrascht sehe ich ihn an.
»Was machst du hier?«, frage ich verwirrt und hebe leicht meinen Kinn, damit ich ihn ansehen kann. Sofort verliere ich mich in den Tiefen seiner Augen.
»Ich habe es heute zu meinem Termin nicht geschafft, weil mit der Band was dazwischen kam, doch ich wollte dich trotzdem sehen und etwas fragen«, als er geendet hat, kratzt er sich nervös an seinem Kopf.
»Etwas fragen?«, hake ich neugierig nach. »Wir spielen morgen hier in der Nähe und...«, so nervös habe ich ihn noch nie gesehen, weswegen ich ihm ein Stück entgegenkomme und leicht seine Hand drücke.
»Willst du kommen? Es würde mir wirklich viel bedeuten und-«, bevor er sich in Kopf und Kragen reden kann, lache ich leicht. »Hey, Dan, es würde mich wirklich freuen«, unterbreche ich ihn.
»Echt?«, fragt er mit großen Augen und ich kichere, weil es wirklich süß ist, wie der 1,90 Meter Mann, doch so leicht aus der Fassung zu bringen ist.
»Echt.«
Der Song Demons schallt in meinen Ohren, während ich hinten auf der Bühne stehe und zu der Melodie wippe. Ich trage ein Lächeln auf den Lippen, während ich Dans Stimme lausche.
Ich bin überwältigt, wie viele Fans die Band haben, dass sie sogar die großen Bühnen füllen können, dass alle mitsingen und diesen Song zu etwas Besonderes machen, als würden sie alle den Kampf gegen ihre Dämonen ansagen.
Plötzlich wird die Musik leiser und Dan hört auf zu singen, ich spüre seinen Blick auf mir. Kurz und dennoch so intensiv, dass es mir den Atem raubt.
»Wir haben heute eine Stigmatisierung in unserer Gesellschaft, die unserer Jugend schadet und sogar unsere Jugend tötet. Wir können die Tatsache nicht verbergen, dass wir alle Hilfe brauchen. Es ist kein gebrochenes Ding, deprimiert zu sein.« 20.000 Menschen stehen vor der Bühne und hören den Worten von Dan zu.
»Es hat nichts schädliches, unter Depressionen oder Angstzuständen zu leiden, noch mit einem lizensierten Psychiater zu sprechen«, fährt er fort und die Menge beginnt zustimmend zu klatschen.
Mein Herz pocht schnell in meiner Brust, während ich starr auf die Bühne blicke. Zu Dan, wie er mit den Fans spricht. So roh. So ehrlich. So wie es zu wenige Menschen tun.
»Ich habe einen Therapeuten-«, sagt er, »es macht mich nicht gebrochen. Es macht mich nicht schwach. Ich wurde mit Depressionen diagnostiziert - es macht mich nicht gebrochen. Es macht mich nicht schwach. Es gibt viele Leute da draußen, die es in sich halten, nicht mit ihren Freunden, ihren Eltern reden.«
Er zögert einen Moment, atmet tief aus, bevor er wieder fortfährt. »Du bist nicht gebrochen. Ich verstehe die Grauheit. Ich verstehe die Taubheit. Es wird besser«, spricht er. »Es ist Licht voraus. Und vor allem ist dein Leben immer lebenswert. Immer. Immer. Immer. Immer. Du bist nicht gebrochen.«
Tosender Applaus bricht aus, während ich schnell über mein Gesicht streiche und die Tränen aufhalte, die mir runterlaufen. Doch diese Rede hat nicht nur mich berührt, es hat jeden einzelnen der 20.000 Menschen sprachlos gemacht.
Mein Blick wandert über die Menge und ich muss schlucken, als ich überall vereinzelte Schilder sehen, die junge Menschen hochhalten, auf denen steht »Danke Dan, dass du mein Leben gerettet hast«
Die Melodie von Demons beginnt wieder, doch ich bin mit meinen Gedanken das gesamte Konzert über bei seinen Worten.
Der Rest der Konzertes fliegt nur so an mir vorbei und als der letzte Ton von Radioactive ertönt, weiß ich, dass es vorbei ist. Ich lasse den Jungs Zeit sich von den Fans zu verabschieden. Während ich schon hinter die Bühne gehe und diese verlasse.
Überall stehen Security, doch keiner nimmt so wirklich Notiz von mir, was ich gut finde, denn immer noch bin ich von Dans Worten überwältigt.
Ich stelle mich an den Rand, etwas abseits von dem ganzen Geschehen und lasse meine Tränen einfach laufen. Es fühlt sich gut an, mal nicht zu versuchen alles in einen rein zu fressen, einfach alles rauszulassen.
»Ich habe dich schon gesucht«, ertönt Dans Stimme und erschrocken zucke ich zusammen. Schnell wische ich mir über mein Gesicht, doch es ist zu spät, Dan hat schon meine Tränen gesehen.
Ohne ein Wort zu sagen, zieht er mich in seine starken Arme und drückt mich an seine Brust, während er mir über den Rücken streicht.
»Das war unglaublich«, schniefe ich an seinem Hemd. Mir ist egal, dass er von der Show noch völlig verschwitzt ist, als er mich ein Stück wegdrückt, dass er mich ansehen kann.
Mit seiner Hand wandert er in mein Gesicht und streicht sanft meine heißen Tränen weg. »Es ist wichtig, dass Leute wie du sowas ansprechen«, rede ich weiter, während Dan nicht aufhört über meine Wangen zu fahren, er mich so intensiv ansieht, sodass mein Herz in meiner Brust droht zu explodieren.
»Es ist Licht voraus«, sagt er und ich lächle leicht. »Und vor allem ist dein Leben lebenswert«, wiederhole ich seine Worte. »Immer. Immer. Immer. Immer. Du bist nicht gebrochen«, sprechen wir gleichzeitig und sehen uns ununterbrochen in die Augen.
Meine Tränen trocknen langsam, mein Hals ist trocken und nervös befeuchte ich meine Lippe, als sein Blick darauf ruhen bleibt. »Ich will dich nicht nur bei der Therapie sehen«, murmelt er. Mittlerweile hält er mein Gesicht mit seinen zwei Händen sanft fest und ich nicke.
»Das will ich auch nicht«, wispere ich und bilde mir ein, sowas wie Erleichterung in seinen Augen zu sehen. Musik ertönt aus den Boxen und geleitet die Fans nach draußen.
»Tanz mit mir«, flüstert Dan gegen meine Lippen. »Ich kann aber nicht tanzen«, erwidere ich genauso leise. »Ich führe«, mit seiner einen Hand fährt er zu meiner Schulter, während er mit der anderen meine Hand sucht. Sanft umschlingen wir unsere Finger und langsam führt Dan mich zum Takt der Musik.
»Schau mich an. Vergesse alles andere um dich herum. Nichts anderes ist von Bedeutung«, spricht er rau. Ich schlucke hart, versinke in seinen blauen Augen, während wir langsam tanzen.
Ich vergesse wirklich alles um mich herum, konzentriere mich nur auf Dan. Einen Moment ist wirklich alles gut. Sein Blick wandert immer wieder runter zu meinen Lippen, aber auch seine vollen Lippen ziehen mich immer magisch an.
»Y/N«, murmelt Dan nach einiger Zeit in der wir langsam getanzt habe. »Mhm?«, murmle ich und mein Blick huscht wieder in seine Augen. »Ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange...«, beginnt er und leicht zucken meine Mundwinkel nach oben.
»Es fühlt sich so viel länger an...«, spricht er weiter. Seine Augen glänzen und ich spüre seinen warmen Atem auf meinen Lippen. »Ich hätte selbst nicht geglaubt, dass ausgerechnet mir sowas passieren kann...«, spricht er weiter, druckst herum ohne auf den eigentlichen Punkt zu kommen.
»Dan?«, unterbreche ich ihn sanft und nervös lächelt er mich an. »Ja?«, fragt er leise. »Küss mich«, hauche ich und seine Pupillen weiten sich. Er entwirrt unsere Hände, nimmt seine Hand von meiner Schulter und nimmt stattdessen mein Gesicht zwischen seine Hände.
Mein Herz schlägt so schnell, als wäre ich gerade einen Marathon gerannt, als er sich langsam zu mir runter beugt. Unsere Atem vermischen sich und werden zu eins, als er seine samtigen Lippen leicht auf meine legt.
Für einen Moment bleibt mein Herz stehen, bevor es schneller als zuvor schlägt. Ich lehne mich ihm entgegen, erwidere den sanften Kuss, den er intensiviert und mit seiner Zunge über meine Unterlippe streicht.
Aus Luftmangel lösen wir uns und leicht lehnt Dan seine Stirn gegen meine, während wir uns ansehen.
»Gemeinsam kämpft es sich einfacher«, hauche ich leise und er nickt.
Es wird kein leichter Weg werden, dass wissen wir beide. Doch wir sind nicht alleine. Wir haben uns. Wir sind nicht die einzigen die gegen innere Dämonen zu kämpfen haben, doch wir alle können es schaffen. Gemeinsam, denn niemand ist allein.
Ich finde, gerade Leute, die eine gewisse Reichweite haben, sollten diese auch nutzen um Themen anzusprechen, die vielleicht nicht einfach, aber dennoch nicht minder wichtig sind.
Ich weiß, die wenigsten kennen mich hier persönlich, geschweige denn kenne ich meine Leser alle persönlich. Wir Koexistieren auf dieser Plattform, oder auch auf anderen Social Media Kanälen. Jeder lebt sein eigenes Leben und dennoch verbindet uns eine Leidenschaft: Das Lesen und schreiben (und ja, streng genommen sind das zwei Sachen)
Auf dieser Plattform herrscht so viel Hass und wenn wir mal ehrlich sind, herrscht nicht schon genug Hass zwischen uns Menschen?
Es fängt bei uns an. Bei jeden einzelnen.
Jeder sollte sich auf sich selbst konzentrieren, schauen wie er selbst besser werden kann und nicht was andere tun. Worte können verletzen. Worte können töten.
Was ich eigentlich sagen will: Ihr seid nicht allein. Ihr werdet geliebt, auch wenn ihr es vielleicht nicht selbst könnt. Ihr seid Leuten wichtig und ihr könnt es schaffen.
Die Nummer gegen Kummer oder die Telefonseelsorge lautet: 116 111 (Montag-Samstag 14.00-20.00 Uhr) oder 0800/1110111 (rund um die Uhr)
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