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Kapitel 4

Sie fand sich in einem Traum wieder, der ihr auf schmerzliche Weise vertraut war. Das einzig Gute an diesem Traum war, dass „Stone-Eater" noch bei ihnen war.

Sie rannte um ihr Leben. Die „Unicorn Riders" waren bei ihr, hielten entweder direkt mit ihr Schritt oder waren zumindest dicht hinter ihr. Doch der Weg war lang, entsetzlich lang, und Kate hatte das Gefühl, dass ihre Beine bei jedem Schritt schiere Zentner wogen. Immer wieder drehte sich einer von ihnen um, legte im Laufen nach hinten an und feuerte einen Schuss auf ihre Verfolger ab. Doch es war sinnlos – diese Verfolger ließen sich nicht aufhalten.

Kate wagte es kaum, sich umzusehen, denn der Anblick ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Nichtmenschliche Gestalten mit grauenhaft entstellten Gesichtern, die Augen weit aufgerissen, die Haut graublass mit dunklen, ekelerregenden Flecken. Sie grunzten und stöhnten, während sie in wilder Jagd hinter den Söldnern her stürmten, die Arme ausgebreitet und mit einem unstillbaren Hunger. Und es waren keine Handvoll oder ein Dutzend. Es waren Hunderte. Tausende. Eine ganze Armee.

Und trotz aller Bemühungen kamen sie immer näher.

Ihr Weg führte sie zu einem gewaltigen Staudamm, der ein beschauliches Tal überragte. Doch auch unten in diesem Tal lauerten die Gestalten auf Beute – eine so gewaltige Anzahl von ihnen, dass Kate der Atem stockte. Sie sahen von dort oben aus wie ein Stamm Ameisen, winzige Punkte, die sich hin und her bewegten und das ganze Tal bedeckten. Der Staudamm selbst war verlassen und führte als breite Betonstraße zwischen den Klippen über den tiefen Abgrund. Diese Straße war nun ihre einzige Hoffnung.

„Spooner" bemerkte sie trotz des hellen Tageslichts zuerst, als sie den Staudamm erreicht hatten. Im Laufen wies er nach vorne und rief erschreckt etwas aus, das Kate nicht verstehen konnte. Doch sie brauchte seine Worte auch nicht zu verstehen. Bald konnte auch sie erkennen, dass die winzigen Punkte auf der anderen Seite des Staudamms wuselten. Und sie kamen näher und wuchsen zu etwas Gefährlicherem als nur winzige Punkte.

Kate sah nun doch zurück und bereute es sofort. Die Monster hatten hinter ihnen den Staudamm erreicht. Es gab keinen Weg zurück. „Wir sitzen in der Falle!", schrie sie alarmiert und nahm ihre Waffe hoch. Sie wusste, dass es nicht viel brachte. Sie hatte nur noch eine Energiezelle für die Raptor, und diese lieferte nur Energie für höchstens dreißig Schuss. Sie konnte damit vielleicht ein paar von ihnen aufhalten – dreißig, wenn sie sehr gut zielte und viel Glück hatte. Doch die übrigen zweitausend würden dann über sie herfallen. Die restlichen fünftausend dann über ihre Kameraden.

Die anderen rannten dennoch weiter, um Abstand zwischen sich und den Verfolgern zu haben. Die Monster auf der anderen Seite kamen näher, sie würden bald bei ihnen sein. Dies schien „Stone-Eater" vorerst nicht zu kümmern, denn er winkte auch Kate heran, während „Tank" in seiner Ausrüstung kramte. „Spooner" und „Socke" hatten bereits Position bezogen und luden auch ihre letzten Energiezellen in die Waffen. Jenkins war noch immer an Kates Seite, denn auch er war kurz stehen geblieben, um sich nach den Verfolgern umzusehen.

Der Gesichtsausdruck ihres Anführers konnte schon nichts Gutes verheißen, noch bevor Kate sah, womit sich der Sprengstoffexperte der Gruppe nun beschäftigte. Tatsächlich hatte dieser den Inhalt seines Rucksacks herausgeholt, und das große Objekt, an dem er nun mit fachmännischen Handgriffen arbeitete, verströmte förmlich Unheil. „Stone-Eater" sah Kate tief und ernst in die Augen und gab ihr zu verstehen, was sie jetzt erwartete. Kate schluckte heftig. Es war die Situation, vor der sie sich alle gefürchtet hatten... und sie war nur unwesentlich besser als die Alternative, dass die Monster sie erwischten.

Ein elektronisches Klicken, ein Zuschnappen eines Mechanismus, und dann ein tiefes, anhaltendes Summen... „Tank" hatte den Sprengkopf aktiviert.

Seite an Seite mit „Stone-Eater" kauerte sich Kate hin, den Rücken zur Bombe, und mit schussbereitem Gewehr. Es würde noch einige Sekunden dauern, bis „Tank" den Sprengkopf zündete, und diese Zeit mussten sie ihm verschaffen. Da hörte sie plötzlich über dem lauter werdenden Summen des Sprengkopfes und den gurgelnden Geräuschen der Monster etwas anderes: lauter werdendes mechanisches Dröhnen aus der Ferne...

Und die „Brunhilde", das Raumschiff ihrer Verbündeten Captain Terkova, stürzte aus den Wolken hinab und feuerte dabei aus allen Rohren.

Nie hatte Kate der Anblick dieses merkwürdig geformten Raumschiffes so glücklich gemacht wie jetzt. Mit purpurfarbenen Panzerplatten bedeckt, die Antriebe und vorderen Waffenphalanxen wie Beine nach vorne und hinten gerichtet und die Spitze einer mächtigen schwenkbaren Laserkanone wie ein silbernes Horn aus der Vorderseite des Schiffes ragend, glich die „Brunhilde" auf bizarre Art und Weise einen lilanen Einhorn, das fliegen konnte. Jetzt spuckten die Vorderhufe und das Horn Tod und Vernichtung auf die Monsterhorde, die ihnen auf den Fersen gewesen war, und stoben sie auseinander. In der gläsernen Kanzel, die das „Horn" umgab, konnte Kate erkennen, wie Captain Marla Terkovas schlanke, schwarzhaarige Gestalt an den Kontrollen hantierte und die schnellfeuernde Kanone auf alles richtete, was grunzte und sich bewegte.

Doch dieser Moment des Triumphes würde nicht anhalten, und das wussten alle. Gegen die schiere Masse dieser Monster konnten selbst die Waffen der „Brunhilde" nur begrenzt etwas ausrichten. Dies war auch nicht der Plan des Captains. Ihr Ehemann Dimitri Terkov, von allen nur „Chicago Kid" genannt, flog einen Bogen über den Staudamm und steuerte mit nahezu chirurgisch präzisen Bewegungen die Einstiegsrampe in Reichweite der kleinen Gruppe. Die Rampe fuhr herunter, und schon gab „Stone-Eater" mit unverkennbarer Erleichterung den Rückzugsbefehl. „Jenkins, Tank! Los, rein mit euch!"

Die beiden Spezialisten stiegen zuerst ein. „Spooner" und Kate folgten, während „Socke" mit „Stone-Eater" und Captain Terkovas Feuerkraft Deckung gaben. Kate sprang auf die Rampe, hängte ihr Gewehr am Gurt über ihre Schulter und drehte sich um, um sicherzugehen, dass die anderen folgten. „Socke" schoss wild auf die Monster – erst mit ihrem Gewehr, danach mit zwei ihrer Feldpistolen, als die Energie verbraucht war. Sie war so in den Kampf vertieft, bleckte die Zähne und feuerte wild um sich, dass „Stone-Eater" sie anbrüllen musste, um sie zum Einsteigen zu bewegen. Schließlich war auch die Energie der Pistolen erschöpft, und notgedrungen sprang sie über die Lücke zwischen dem Staudamm und der Einstiegsrampe der „Brunhilde".

Dann folgte „Stone-Eater"...

Er hätte folgen müssen. Es wäre nur ein kleiner Sprung für ihn gewesen, der ihm mit seinem athletischen Körper keinerlei Mühe gemacht hätte. Doch gerade als er zum Sprung ansetzte, hatten die Monster ihn. Sie ergriffen ihn und zerrten ihn auf den Boden zurück.

„Nein!", schrie Kate entsetzt. „Nein, nein, nein!"

Sie wollte rausspringen, doch „Socke" hatte ihren Arm ergriffen und hielt sie unerbittlich fest. Das Schiff ruckte unter ihren Füßen, und sie sah, wie die Rampe sich immer weiter von „Stone-Eater" und dem Staudamm entfernte. „Stone-Eater" streckte flehend die Hand nach ihnen aus, doch die Monster umgaben ihn wie eine graue Flut, in der er ertrank. Sie hörte eine Stimme – es klang verzerrt nach ihrer eigenen, aber sie konnte es nicht sein. Sie selbst würde diese Worte nicht sprechen. Nicht hier und nicht jetzt! Doch diese Worte wurden gesprochen... und erhört.

„Tank, jag das Ding hoch!"

Und ein gleißend heller Blitz brannte in ihren Augen, während der Donner der Explosion sie selbst wie eine Flutwelle einschloss...

Kate schreckte aus dem Schlaf hoch, die Augen weit aufgerissen, und griff nach ihrem Gewehr. Der Traum schien Besitz von ihr ergreifen zu wollen, doch die letzten Reste verschwanden langsam aus ihrem Kopf wie Nebelschwaden, die sich auflösten. Sie hatte sich den letzten Teil des Traums nicht eingebildet – der Donner verklang noch immer wie ein Echo in ihren Ohren. Mit einem raschen Blick neben sich stellte sie fest, dass „Socke" neben ihr kampfbereit in der Kuhle kauerte und die Raptor entsicherte. „Du hast es auch gehört, oder?", fragte sie unsicher.

„Socke" sah sie kurz an, bevor sie sich auf den Wald außerhalb ihres Verstecks konzentrierte. Es war bereits hell – die Sonne musste vor einer halben Stunde aufgegangen sein. Kate konnte Einzelheiten ihres Verstecks erkennen, und sie konnte auch deutlich den Ausdruck des Schreckens in „Sockes" Gesicht sehen. Nein, sie war wirklich nicht alleine mit diesem Gedanken! „Es war ein Knall", sagte sie. „Weit weg. Aber ich weiß nicht, wie weit. Für eine Explosion war es zu leise."

Doch das Echo des Knalls, der irgendwo tief im Wald ertönt war, hallte noch immer in ihren Ohren – oder bildete sie sich das ein? Sie konnte sich an jede Einzelheit des Traums erinnern, und sie wusste, dass es nicht der Wahrheit entsprochen hatte. „Stone-Eater" hatte es damals auf dieser Mission mit allen anderen an Bord der „Brunhilde" geschafft, und sie hatten den Sprengkopf auf dem Damm erst gezündet, als sie alle in Sicherheit waren. Die Mission damals war ein Erfolg gewesen, und sie hatten keine Verluste gehabt. Nur den Moment, als sie alle glaubten, den Monstern zum Opfer fallen zu müssen, hatte es tatsächlich gegeben.

Sie sah sich nach ihren Begleitern um. „Tank" und Jenkins waren ebenfalls aufgesprungen und lagen mit schussbereiten Waffen an den Begrenzungen ihres Verstecks. Sie brauchte einen Moment, um „Master" zu entdecken – dieser hatte sich auf einen Ast über ihnen begeben, saß dort und klammerte sich mit den Beinen fest, während er durch das Zielfernrohr des Scharfschützengewehrs nach Feinden Ausschau hielt. Ihre Augen konnten ihn nur teilweise wahrnehmen, so gut verbarg er sich zwischen den Bäumen und dem Blattwerk. „Master" verstand es gut, sich zu tarnen.

Doch es fehlte einer... „Wo ist Spooner?", fragte sie misstrauisch. Der Scout war nirgends zu sehen.

„Tank" meldete sich leise zu Wort: „Er kundschaftet die Gegend aus."

Sie traute ihren Ohren nicht. Keiner hatte ihm den Befehl dazu gegeben... „Er tut was?"

„Er sagte, im Dämmerlicht wären seine Augen am Besten", ergänzte „Socke" murmelnd. „Er könnte im Voraus erkennen, ob die anderen Söldner näherkommen, oder ob sie uns aufgespürt haben. Er wollte bald zurück sein."

Aber selbst wenn das der Plan war... Der Knall in der Ferne musste ihn neugierig gemacht haben, sodass er dort nun nachsehen würde. Und wenn dies ein Hinterhalt war... „Socke, du kommst mit mir. Master, Jenkins und Tank halten hier die Stellung. Wenn etwas ist, funkt ihr uns kurz an. Wir werden bald zurück sein." Kurzentschlossen sprang sie auf und bahnte sich einen Weg durch die provisorische Barrikade aus Ästen. „Socke" folgte ihr verdutzt.

„Boss, vielleicht sollte ich lieber mitkommen", schlug „Master" von seinem erhöhten Ast aus vor. Aber Kate schüttelte den Kopf.

„Ich brauche deine Augen aus der Ferne. Wenn wir in Schwierigkeiten geraten, bist du unsere beste Chance, uns rauszuhauen."

Dem konnte „Master" nicht widersprechen. Mit einem knappen gehorsamen Nicken nahm er sein Scharfschützengewehr wieder hoch und blickte durch das Visier. Kate und „Socke" marschierten los, während die beiden Spezialisten sich mit ihren Waffen an neue Positionen legten, um ihnen im Notfall Deckung zu geben. Kate wusste, dass sie sich auf die drei Männer verlassen konnte. Auch wenn Jenkins und „Tank" in erster Linie keine Kämpfer waren, sie standen in jedem Feuergefecht ihren Mann. Zahlreiche hässliche Situationen, in denen die „Unicorn Riders" gelandet waren, hatten dies bewiesen. Und „Master" war ohnehin ein Profi.

Er gab ihnen auch ungefähr die Richtung vor, in der er den Knall gehört hatte, und die beiden Frauen zogen im Eiltempo in diese Richtung. Sie erreichten nach kurzer Zeit wieder das ausgetrocknete Flussbett, das sie in der Nacht als Trampelpfad benutzt hatten, und marschierten auf der anderen Seite wieder in den dichteren Teil des Waldes. Sie konnten erkennen, dass jemand vor ihnen diesen Weg genommen hatte. Einige undeutliche Fußspuren und ein paar umgeknickte Äste, die „Socke" bei ihrem Marsch auffielen. „Spooner wird langsam nachlässig", stellte sie spöttisch fest. Ihr Scout hinterließ normalerweise keine solchen Spuren. Aber vielleicht hatte ihn etwas abgelenkt, oder er konnte sich aufgrund seiner Eile nicht so vorsichtig bewegen. Kate fragte sich unwillkürlich, was den Metaller, den kaum etwas schnell aus der Ruhe brachte, zu solcher Eile bewegt haben könnte.

Ruhe... Ihr wurde plötzlich bewusst, wie ruhig es in diesem Teil des Waldes war. Sie hatten schon in der Nacht kaum Tiergeräusche wahrgenommen, abgesehen vom Trällern oder Sirren weit entfernter Vögel. Doch jetzt, wo das Tageslicht durch die Bäume fiel, war es totenstill. Die einzigen Geräusche, die Kate wahrnahm, waren sie selbst und „Socke", die sich vorsichtig, aber möglichst schnell durch den Wald schlugen. Wie hatte es im Briefing geheißen? Die einheimische Tierwelt ist harmlos und lässt sich leicht verscheuchen. Licht und Lärm vertreiben alles, was sich sonst zu nahe heranwagen würde. Was die Tierwelt anging, stimmte dies vielleicht. Aber Licht und Lärm eigneten sich gut dafür, andere anzulocken, die gefährlicher waren als die einheimische Fauna...

Unwillkürlich zog „Socke" den Kopf ein und ließ sich mit erhobenem Gewehr auf den Waldboden fallen. Reflexartig folgte Kate ihrem Beispiel und ging in Deckung. Sie hielt den Atem an. War dort draußen etwas? Auch „Socke" verstummte völlig. Der Wind, der in den Bäumen rauschte, war das einzige Geräusch. Bis Kate es selbst hörte: ein leises Rascheln, direkt vor ihnen.

Vorsichtig kroch „Socke" vorwärts, das Gewehr im Anschlag. Es wirkte ziemlich kompliziert, wie sie sich bewegte – eine Methode, die sie sich in der Zeit bei den „Unicorn Riders" antrainiert hatte. Kate überlegte kurz, ob sie ihr folgen sollte, aber entschied sich dagegen. „Socke" konnte sich geschickter an etwas anschleichen als sie. Dementsprechend nahm sie das Visier der Raptor vor ihr rechtes Auge und machte sich feuerbereit. Vom Waldboden aus sah sie kaum etwas außer tiefhängenden Ästen und Büschen, die sich überall ausbreiteten, wo die Bäume noch Platz gelassen hatten. Wieder ertönte leises Rascheln – sie schätze die Entfernung auf nur wenige Meter. Der rote Punkt des Zielvisiers wanderte über die dichten Büsche, als sie die Waffe langsam in Richtung des Geräusches drehte.

Mit dem linken Auge sah sie „Socke" nach, die bereits ein ganzes Stück von ihr weggekrochen war und sich dem Busch näherte, hinter dem sie das Geräusch gehört hatten. Es kam ihr unendlich langsam vor, jede einzelne Bewegung der Söldnerin, die nicht das kleinste Geräusch verursachen durfte. Dies war auch etwas, was Kate nicht so gut beherrschte – ihr fehlte die Nervenstärke und auch die Geduld, sich auf diese Art und Weise einem Feind zu nähern. Jeden Augenblick konnte sie entdeckt werden. Das galt auch für „Socke", die nun kaum einen Meter von dem Busch entfernt war. Kate biss die Zähne zusammen und atmete so flach wie möglich, um sich ja nicht zu verraten...

Die Mündung einer Waffe bohrte sich in ihren Rücken.

Ihr Herz setzte für einen Moment aus. Sie war geschnappt! Sie wagte nicht, sich auf dem Boden umzudrehen oder sich zu bewegen. Ganz vorsichtig nahm sie den Finger vom Abzug ihrer Waffe, rührte sich aber sonst nicht mehr. „Socke" näherte sich noch immer dem Busch vor ihr, sie bemerkte nichts davon. Wie konnte sie ihre Begleiterin warnen, ohne dass ihr Angreifer etwas gegen sie unternahm?

Und dabei wusste sie immer noch nicht genau, was zum Teufel hier eigentlich vorging...

Was war schief gegangen? Immer wieder spukte Kate diese Frage im Kopf herum. Sie hatten bereits viele Missionen überstanden: leichte, schwierige, nahezu unmögliche Missionen. Sie hatten Verluste gehabt, das war richtig – manche Söldner, die noch Teil der Gruppe gewesen waren, als Kate zu den „Unicorn Riders" kam, hatten nicht überlebt. Ben Buchanan, zum Beispiel – ein Sniper und Scout, der sich seine Sporen in den letzten beiden Comm-Kriegen verdient hatte. Seine letzte Mission war ein Angriff auf ein gekapertes Raumschiff gewesen, und er war einem Hinterhalt der Piraten zum Opfer gefallen, als er die Lage auskundschaften wollte. Justine Thompson, auch „Killer-Cat" genannt, die ursprünglich als Kampfpilotin für eine größere Organisation im Zentralius-System tätig gewesen war, bevor sie als einfache Frontsöldnerin zu „Stone-Eater" und seiner Mannschaft stieß. Ihr wurde ein Feuergefecht auf Tiamatus Acht zum Verhängnis, als sich die Gruppe fünf Stunden lang mit einem Trupp der „Death Wings" in den Haaren gelegen hatte – einer Söldnerbande mit mehreren hundert Mitgliedern, die vorzugsweise für Magentron ins Feld zog und eindeutig zu denen gehörte, die hauptsächlich für einen hohen Bodycount angeworben wurden.

Und schließlich „Cookie", die rothaarige Chefin der Ausrüstung für die „Unicorn Riders". Auch sie war bereits tot – unlängst gefallen in der Schlacht, als ihr Hauptquartier von rivalisierenden Söldnern angegriffen worden war. Dies war ein Kampf um das nackte Überleben gewesen, gegen anstürmende titanenhafte Schläger in Panzerkleidung, deren einziges Ziel Tod und Zerstörung gewesen waren. Kate dachte nur mit Schaudern an diesen Kampf zurück – dass sie dabei selbst verwundet worden war und nur knapp einem ähnlichen Schicksal wie „Cookie" entkam, war dabei das kleinere Übel gewesen.

Sie hatte an jenem Tag etwas gesehen, was sie seitdem nie wieder mit angesehen hatte, und was sie Zeit ihres Lebens nicht mehr hatte sehen wollen: „Stone-Eater", der im Angesicht seines Feindes die Beherrschung verlor. Niemals hatte sie ihn so wütend, so rasend vor Zorn erlebt. Der Kampf selbst war bis zu diesem Zeitpunkt hart und blutig gewesen, und beide Seiten waren kompromisslos aufeinander losgegangen mit allem, was sie zur Verfügung hatten. „Tank" hatte mit seinem Sprengsätzen das halbe Hauptquartier zerstört, um die Angreifer zu stoppen. „Socke" hatte ihr ganzes privates Waffenarsenal gegen die Feinde eingesetzt, bis alles versagte und sie mit bloßen Händen gegen die letzten noch stehenden Söldner kämpfte. „Spooner" war in die Ecke gedrängt worden und griff zum ersten Mal seit vielen Jahren zu einem Schwert, um sich gegen die Angreifer zu verteidigen. Kate war die ganze Zeit über bemüht gewesen, die Verteidiger zu koordinieren und Schwachpunkte in den feindlichen Reihen auszumachen, doch bald stand auch sie an vorderster Front und verschoss Energiezelle um Energiezelle mit ihrer Raptor, bis die ganze Waffe vor Hitze glühte.

Nichts von dem kam an das heran, was sich am Ende des Angriffs im Herzen der Basis abspielte – an dem Ort, an den sich die Verwundeten und diejenigen, die nicht kämpften, zurückgezogen hatten. Der Anführer der feindlichen Söldner, ein unerbittlicher Hüne vom Planeten Vrocziak, dessen Vorfahren alleine schon in der halben Galaxis gefürchtet waren, hatte sie mit den letzten drei überlebenden Begleitern aufgespürt. Sie saßen in der Falle, und die schweren Energiewerfer, mit denen die Angreifer den Kampf ausgetragen hatten, richteten sich bereits auf sie. „Cookie" stand vor den Verwundeten und Hilflosen, die Arme ausgebreitet, trotzig ihrem eigenen Ende ins Auge blickend, und gab bis zum letzten Augenblick keinen Millimeter nach.

In jeder Geschichte, die man auf Zentralius oder anderen ziviliserten Welten zur reinen Unterhaltung las, wäre in diesem Augenblick die Rettung gekommen. Der strahlende Held wäre auf der Bildfläche erschienen, hätte mit den drei Begleitern kurzen Prozess gemacht und den Anführer zu einem epischen Duell auf Leben und Tod herausgefordert. Kate hatte solche Geschichten als Kind geliebt, sie hatte sie regelrecht verschlungen und sich vorgestellt, dass sie eines Tages vielleicht ein solcher Held sein könnte. Und als sie zum ersten Mal „Stone-Eater" gegenüber trat, der für sie die Verkörperung des strahlenden Helden war, von dem sie immer gelesen hatte, da wurde ihr klar, dass diese Geschichten wahr sein konnten.

Und so trat in diesem Augenblick, als alles verloren schien, „Stone-Eater" mit blitzenden Laserwaffen in die Halle und startete den Gegenangriff.

Doch dies war keine der alten Geschichten. Noch bevor er durch die Tür war, war der Energieblitz bereits durch „Cookies" Brust gegangen. Sie schlug auf dem Boden auf und war tot, ohne dass jemand es hätte verhindern können.

Kate war eine der Verwundeten. Sie lag am Boden, eine Hand auf die Wunde gepresst, die sie sich im Kampf zugezogen hatte, und versuchte, die Blutung zu stillen. Sie sah alles mit an – der Anführer der Söldner, der „Cookie" niederschoss, als wäre sie nichts wert; „Stone-Eater", der mit zwei Raptors in den Händen gleichzeitig die anderen Söldner niederstreckte; „Cookies" lebloser, blutüberströmter Körper, der vor ihren Augen zu Boden sank... Und etwas, das sie niemals in ihrem Leben wieder vergessen würde, auch wenn sie es sich noch so sehr wünschte:

Tim Stones Gesicht, als er „Cookie" sterben sah.

Wenn sie jemand fragen würde, sie würde keine Worte finden, um es zu beschreiben. Sie würde ins Leere starren, diese furchtbare Maske aus Zorn, Enttäuschung, Trauer und Schmerz vor ihren inneren Augen, und sich an diesen einen Augenblick erinnern, der sich wie ein Brandeisen in ihre Erinnerung eingebrannt hatte. Das Schreckliche war, dass sie jedes kleine Bisschen seines Schmerzes mitfühlen konnte, wohingegen ihr eigener Schmerz angesichts des Verlustes einer Kameradin und Freundin verblasste. Sie fühlte Trauer, sie fühlte Zorn über das, was geschehen war – doch ein Blick in das Gesicht ihres Anführers, und es war, als wäre ihr Schmerz kaum ein Schatten dessen, was er empfand.

Der Anführer sah ihn auch kommen, sah seine eigenen Leute durch das Waffenfeuer seines Feindes sterben. Es kümmerte ihn nicht. Kate hatte sich ihre Meinung über ihn bereits zu Beginn der Schlacht gebildet, sie sah in ihm nichts weiter als ein blutrünstiges Monster. Doch dieses Monster machte einen Fehler. Es genoss den Moment, als „Stone-Eater" erkannte, dass er zu spät gekommen war – dass er nicht hatte verhindern können, dass einer seiner Untergebenen starb, ermordet durch die Hand seines Widersachers. Es sonnte sich in dem Gesichtsausdruck, den „Stone-Eater" in diesem Augenblick trug und den Kate von ganzem Herzen vergessen wollte.

Beide Männer ließen ihre Waffen fallen - „Stone-Eater" voller brodelndem Zorn, dass seine Hände zitterten und er sie kaum kontrollieren konnte, der Anführer hingegen voller boshafter Genugtuung und der Vorfreude auf eine Herausforderung, die er als würdig erachtete. Dabei machte er jedoch seinen zweiten Fehler: Er glaubte, seinem Gegner gewachsen, sogar überlegen zu sein. Die Wut, die aus „Stone-Eater" förmlich herausquoll, würde ihn berechenbar und schwach machen.

Es wurde sein letzter Fehler.

Was dann geschah, war noch schlimmer als die gesamte Schlacht zuvor. Es glich in keiner Weise dem epischen letzten Kampf zwischen Gut und Böse, den Kate aus den Geschichten kannte. Jede Spur von Heldentum, von ehrenhaftem Zweikampf oder zivilisiertem Duell war ausgelöscht. Die beiden Männer bekämpften sich nicht wie Menschen oder menschenähnliche Wesen. Sie schlugen und traten aufeinander ein, dann rangen sie miteinander, und ihre Angriffe und Schreie wurden unbarmherziger und brutaler. Sie bekämpften sich wie wilde Tiere.

„Stone-Eater" hatte sich von diesem Kampf nie wieder erholt. Er hatte den Sieg davongetragen – er hatte seinen Gegner förmlich in der Luft zerfetzt, ihm jeden Funken Lebens aus dem Leib gerissen, und mit all seiner Wut und seinem Hass auf ihn eingedroschen, bis von dem Anführer kaum mehr übrig war als eine schmierige Lache aus nichtmenschlichem Blut und zersplitterten Knochen. Seine eigenen Wunden waren nicht schwer, und er hatte weit Schlimmeres überstanden, um davon beeinträchtigt zu sein. Doch Kate konnte seitdem in seinen Augen sehen, dass es ihn innerlich zerfraß. Nur eines konnte sie nicht: Es verstehen. Sie konnte nicht begreifen, was er fühlte, wenn er daran dachte, oder was er wirklich gefühlt hatte, als dies geschehen war.

Bis heute jedenfalls. Bis zu dem Augenblick, als sie ihn fallen sah. Als sie um sein Leben gekämpft und ihn angeschrien hatte, bei ihr zu bleiben. Jeder einzelne Söldner, der unter seinem Kommando gefallen war, hatte ihn tief getroffen. Er war ein Anführer gewesen, für den seine Untergebenen einer Familie gleichbedeutend gewesen waren, und es tat unendlich weh, auch nur einen von ihnen zu verlieren. Sie hatte ihn nun verloren. Sie spürte diesen Schmerz nun jeden Augenblick ihres Lebens, und sie wusste nun ganz genau, was er gefühlt haben musste.

Und ein schrecklicher Gedanke kam ihr plötzlich: War „Stone-Eater" am Ende vielleicht sogar erleichtert, dass der Tod ihn von diesem Schmerz erlöste? Und hatte er ihr mit der Verantwortung für die „Unicorn Riders" nicht auch die Last der Toten aufgebürdet? Hatte er überhaupt gewusst, was er ihr damit angetan hatte?

Und würde sie bei ihrem eigenen Ende vielleicht das Gleiche empfinden?

Sie war womöglich kurz davor, es herauszufinden. Aber erpicht war sie darauf nicht. Immerhin, ihr Gegner hatte noch nicht geschossen. Er stand über ihr, das Gewehr auf sie gerichtet. Die Mündung bohrte sich in ihr Kreuz – wenn er abdrückte, würde sie den Schmerz wahrscheinlich nicht einmal spüren, bevor es zu Ende ging...

„Ganz vorsichtig, Freundchen!", flüsterte eine Stimme über ihr. „Die Waffe weg!"

Diese Stimme kannte sie! Sie drehte den Kopf nach oben. Erleichterung machte sich in ihren Zügen breit. „Spooner! Du Idiot, ich bin es!"

„Spooner" war völlig verdutzt – so verdutzt, dass er einen Schritt zurücktrat und kurz davor schien, vor seiner Anführerin auf die Knie zu fallen. „Boss?", fragte er ungläubig. „Was in drei Grunzers Namen machst du hier?"

Sie hatten nicht sehr laut gesprochen – jedoch laut genug, dass „Socke" wahrscheinlich den Schreck ihres Lebens bekam. Und kaum hatte sie ausgesprochen, war die andere Söldnerin bereits auf den Beinen und bei ihr – die Waffe auf den gerichtet, den sie bis eben noch für einen Feind gehalten hatten. Auch sie machte ein verdattertes Gesicht. Zögernd nahm sie die Waffe wieder herunter. „Ich glaube, ich werd' nicht mehr", zischte sie. „Ich hätte dich abknallen können."

„Ja, ich habe dich auch gerne." „Spooner" schenkte „Socke" einen sarkastischen Blick. „Mal ehrlich, was wollt ihr hier? Ich dachte, ihr seid in eurem Versteck."

„Wir sind auf der Suche nach dir, Langhaardackel", erwiderte „Socke" gereizt. „Auch wenn du es für eine gute Idee hältst: Der Boss bestimmt, ob du erkunden gehst oder nicht."

Kate sah zwischen den beiden hin und her und merkte, wie das Gespräch zu entgleisen drohte. Zeit für sie, einzugreifen. „Das reicht, ihr beiden. Erstens: Runter!" Beide zogen sofort die Köpfe ein und begaben sich zu Kate unter die Sichtlinie zwischen den Büschen. „Zweitens: Socke hat Recht. Du kannst nicht einfach losziehen und auf eigene Faust erkunden. Wir müssen die Gruppe zusammenhalten."

„Spooner" blickte zerknirscht zu Boden. „Ja, Boss, du hast Recht. Aber du hast geschlafen, und ich musste eine Entscheidung treffen. Ich war der Meinung, dass wir jeden Vorteil brauchen, den wir kriegen können. Und im Dämmerlicht..."

„Ich weiß", entgegnete Kate ungeduldig. „Da siehst du besser, ist mir bekannt. Na schön! Hast du irgendwas gefunden, was uns weiterhilft?"

„Spooners" Miene verfinsterte sich. „Gefunden habe ich etwas. Aber ob es uns weiterhilft, müsst ihr wissen." Kurz hob er den Kopf über den Rand der Büsche, dann gab er den beiden Frauen ein Zeichen. „Kommt mit!"

Geduckt stürmten sie los. Doch nach einigen Metern, als „Spooner" überzeugt war, dass niemand in der Nähe lauerte, erhob er sich zu normaler Haltung und lief weiter. Der Weg führte etwas tiefer durch den Wald, bis sie zu einer Stelle kamen, in der die Bäume weniger dicht standen. Es war keine Lichtung per se, aber sie ließ einiges mehr an Sonnenlicht durch als die übrigen Stellen, an denen sie bislang gewesen waren. „Spooner" steuerte zielstrebig eine ganz bestimmte Stelle am Rand dieses kleinen Platzes an.

„Wir hatten mit unseren Vermutungen Recht", erklärte er im Laufen. „Es war ein Raumschiff letzte Nacht, und es hat Söldner hier abgesetzt. Söldner, die ungefähr so ausgerüstet sind wie wir und ähnlich dunkle Kleidung tragen. Deswegen habe ich zuerst gedacht, ihr gehört zu denen."

Kate konnte ihm das nicht übelnehmen. Abgesehen vom Emblem ihrer Gruppe, das jeder Söldner auf der rechten Brustseite trug, war die Kleidung Standardware und wurde von vielen Söldnern in Kampfeinsätzen bevorzugt. „Weißt du, wer sie sind? Hast du herausfinden können, was sie hier wollen?"

„Was sie wollen: Nein." „Spooner" schüttelte den Kopf. „Aber ich habe eine Vermutung, wer sie sind. Das Emblem von denen kommt mir vage bekannt vor, aber ich kann nicht sagen, ob wir sie als Freunde oder Feinde kennen."

„Das Emblem?" „Socke" holte im Laufen auf und lief neben „Spooner" her. „"Du hast es gesehen?"

„Wie nahe warst du an ihnen dran?", fragte dann auch Kate besorgt. Wenn sie ihn gesehen hatten oder auch nur vermuteten, dass sie hier waren...

„Ich habe nur einen gesehen", antwortete „Spooner" düster und zeigte mit einem Finger nach vorne. „Ihn hier."

„Socke" riss sofort die Waffe hoch, und auch Kate hatte plötzlich den Drang, sich kampfbereit zu machen. „Spooners" Finger zeigte auf eine dunkel gekleidete Gestalt, die zusammengesunken am Fuß eines dicken Baumes saß. Die Kleidung entsprach tatsächlich ihrer Kampfmontur, und das Gesicht war unter einer Kapuze verborgen. Neben der Gestalt lag eine Waffe auf dem Boden, nahe genug, dass sie jederzeit aufgenommen und benutzt werden konnte. Keine Raptor, aber ein ähnliches Lasergewehr mit einem sehr kompakten Aufbau.

Doch auch wenn der Fremde jederzeit bereit zu sein schien, sie anzugreifen, er tat es nicht. Er tat gar nichts. Er rührte sich nicht einmal, als alle drei vor ihm auftauchten. Und Kate war nun nahe genug an ihm dran, um den Grund dafür zu erkennen. Auf der dunklen Kampfkleidung zeichneten sich ebenso dunkle Flecke ab. Der Ursprung dieser Flecke war halb verborgen unter der großzügig geschnittenen Jacke, doch sie konnte ihn sehen. In seiner Brust war ein großes Loch.

Es war so offensichtlich, dass es schon fast weh tat. Das hatte jedoch „Socke" noch nie davon abgehalten, es auszusprechen:

„Er ist tot."


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