(Skyla Königs)

Als ich am nächsten Morgen von einem relativ lautem Streit geweckt werde, schrecke ich blitzartig hoch. "Das darf doch wohl nicht war sein!", hallt es von unten, durch das gesamte restliche Gebäude.
Vorsichtig stehe ich auf und laufe leisen Schrittes zur Tür. Warum ich mir so viel mühe gebe, leise zu sein, weiß ich selbst nicht genau, da die, die nicht durch den Streit geweckt wurden, durch meine Schritte jetzt auch nicht aufwachen müssten. "Wenn er jetzt was schlimmes hat, können wir uns das nicht leisten", als ich Joe das sagen höre, bin ich endgültig alarmiert. Weiterhin sehr vorsichtig, schleiche ich mich nun auf den kleinen Flur. Dann wird auch schon weiter diskutiert: "Er macht so schön genug Probleme. Dann müssen wir ihn einschläfern lassen." Das kam von Jessy.
Ich kann mich in diesem Moment nicht bewegen.

Erneut muss ich an King denken.. Das was Joe danach sagt nehme ich kaum noch war. Zu fest hänge ich mit meinen Gedanken bei King Alexander.
*Ich weiß zwar nicht von welchem die da unten reden, aber...*, als ich Schritte auf der Treppe vor mir höre, kehre ich aus meinen Gedanken in die Realität zurück. Schnell flitze ich zurück ins Zimmer, wobei ich die Tür hinter mir zu fallen lasse.
Meine Zimmergenossin kriegt davon allerdings nichts mit, da dieses Mädchen immer noch tief und fest schläft. Ihre blonden Haare fallen ihr Quer über ihr, mit Sommersproßen übersätes, Gesicht.
Kurzerhand setze ich mich wieder auf mein Bett und fange an in mein Tagebuch zu schreiben.
Das mache ich immer, wenn mir ein bestimmter Gedanke keine Ruhe lässt... Ich schreibe ihn auf.

Tagebuch

Liebes Tagebuch,
Ich habe grade gehört wie Joe, der Mann der mich hier in Empfang genommen hat, und Jess, seine große Schwester, darüber diskutiert haben, ob ein Pferd eingeschläfert werden soll oder nicht.
Bei dem Thema, totes Pferd musste ich gleich wieder an King denken..
Du weißt ja warum.
Ich vermiss ihn halt immer noch!
Wie oft hab ich versucht es zu vergessen?
Wie oft hab ich versucht so zu tun, als wenn nichts los wäre?
Es geht einfach nicht mehr..
Hier werde ich direkt mit anderen Pferden konfrontiert, aber ich will King nicht ersetzen!
Ich kann ihn nicht verraten, nachdem was er alles für mich getan hat!
Wäre er nicht gestiegen hätte die Schlange ihn verfehlt! Dann hätte sie allerdings mich erwischt..
Nein, ich kann ihn jetzt nicht verraten.
Ich werde nicht mehr reiten!

Als plötzlich der Wecker von Sophie, meiner Zimmergenossin, los geht zucke ich ein wenig zurück. Genervt drückt das Mädchen auf die Pausetaste ihres Handyweckers und dreht sich einfach wieder um.
Nach fünf Minuten wiederholt sich das Spiel und nach weiteren zehn steht sie endlich auch auf. Ich hab mich inzwischen schon angezogen, was Sophie jetzt ebenfalls macht.

"Ich geh gleich Frühstücken. Kommst du mit oder willst du hier Wurzeln schlagen?", im nächsten Augenblick steht meine Zimmergenossin bereits fertig an der Tür. Bei dem Wort Frühstücken horche ich auf: "Klar, du kannst aber schon mal vorgehen. Ich komm gleich nach." Als das Mädchen raus ist, gehe ich langsam zu den Koffern die mir meine Eltern gepackt haben. Denn ich habe da so eine Vermutung: "Könnten sie... Also tun würden sie es..", noch langsamer öffne ich langsam den 1. Koffer und meine Befürchtung wird war.
Meine Eltern haben mir die Box mit meinen Urkunden, den Schleifen und Medaillen, eingepackt. Als sich die Zimmer Tür erneut öffnet schlage ich meinen Koffer schnell wieder zu. "Kommst du dann gleich? Sonst essen wir ohne dich", mit einem kurzem Nicken bestätige ich Sophie nochmals, dass ich gleich komme. Dann geht meine Zimmergenossin auch schon wieder runter.

*Du solltest jetzt was essen*, und wie immer muss ich meiner inneren Stimme recht geben, *Die Kiste wird ja nicht weglaufen. Nur kurz dein Gepäck in den Schrank stellen und dann sieht auch niemand mehr den Koffer!*
Nachdem ich genau das gemacht habe, laufe ich nach unten in die Küche. Die Anderen haben schon angefangen, was ich denen aber auch nicht verübeln kann. Ich weiß ja wie es ist, wenn man Hunger hat und noch auf wen warten soll.

(Erzähler)

Fast alle reden während des Essens, wie die bisherigen Ferien von dem einen waren und wie froh ein anderer doch darüber war, das er die letzten beiden Schultage verpasst hatte.
Nur Skyla, das undurchschaubare Mädchen am Ende des Tisches, die bleibt still. Nachdenklich geht ihr Blick über den unruhigen Haufen vor ihr.
"Und von wo kommst du?", fragt jetzt ein Mädchen Skyla. Sie hat fast schwarze Haare und eine braungebrannte haut. Ein bisschen Schminke rundet ihre Kastanien braunen Augen ab.

"Du bist das erste mal hier oder?", fragt das Skyla immer noch fremde Mädchen nun weiter und wieder wartet sie nicht auf die Antwort ihres Gegenübers, "Ich komme jetzt seid 3 Jahren her. Bin schon richtig gut im Sattel. Das ist das ding wo man..."
Jetzt wird sie von Joe unterbrochen, was Skyla ein bisschen zu entspannten scheint: "Sie weiß wie man reitet und so weit ich das bisher gehört habe ist sie um längen besser als du, Miria."
"Wie heißt sie?", nachdenklich zieht die Schwarzhaarige eine Augenbraue nach oben. "Skyla Königs", alle werden schlagartig ruhig, als der Mann ihren Namen ausspricht. Die braunhaarige lässt sich nur etwas unter den Tisch sinken.

"Wie war das grade?", will jetzt ein anderes, etwas jüngeres Mädchen wissen. "Skyla Königs, hast du Watte in den Ohren?", giftet sie die Kleine an und wieder wird alles Still. Ein bisschen traurig und ziemlich eingeschüchtert schüttelt das Mädchen ihren Kopf.
Nach dem Essen, bei dem niemand mehr was zu und, oder etwas über Skyla gesagt hat, wird gemeinsam Abgewaschen.

(Skyla Königs)

"Du hättest Laura nicht gleich so anschnauzen brauchen", meint der Junge zu mir, der gemeinsam mit mir abtrocknen soll, "Sie hat doch nur was gefragt", sein Ton wird ernster. Doch mein kalter Blick verpasst seiner stolze Haltung einen Knick: "Das kann doch nicht sein, dass dich das nicht interessiert." Betroffen sieht er mir in meine hellen Augen.
Plötzlich schreckt der Junge zurück. Kurz war die Kälte, meiner Angst gewichen. Es ist eine alte und sehr große Angst.
Die Angst, das ich auffliege. Die Angst, das es sich wiederholt. Die Angst King zu verraten. Diese Angst hat kurz in meinen Augen aufgeblitzt. Das hat ihm wohl etwas Angst gemacht.
Diesen kleinen Funken bekomme ich allerdings auch schnell wieder in den Griff.

Ohne ein weiteres Wort zu wechseln, trockenen wir Beiden die restlichen Teller ab. Danach geht jeder von uns zurück in sein Zimmer. Obwohl nein, jeder stimmt nicht ganz.
Ein paar von den anderen Mädchen haben jetzt eine Reitstunde bei Jessy. Mike muss seiner Mutter zusehen und vorallem gut aufpassen.
Er will später Mal den Hof übernehmen. So wurde es jedenfalls von Joe gesagt. Was Mike davon hält, wäre dann ja noch ein ganz anderes Buch.
Unter den Mädels ist auch Sophie. Das heißt, das ich endlich ein bisschen Zeit hab, um in Ruhe meine Sachen in den Schrank zu sortieren. Während ich das tue, kommen mir die Worte von heutemorgen in den Kopf zurück.
*Dann müssen wir ihn einschläfern lassen, dann müssen wir ihn einschläfern lassen.*

Nach kurzer Zeit halte ich erneut die alte Pappbox in meinen Händen.
*Öffnen! Öffnen!*, schreit mein Kopf mich an, *Komm schon! Mach die Box auf!*
Nach ein paar Minuten, in denen ich einfach nur auf dem Bett gesessen habe, mit Blick auf den Karton, kann ich mich nicht mehr zurück halten. Kaum habe ich den Deckel runter genommen fällt mir ein altes Foto auf, was ganz oben liegt. Es ist in einem, von mir selbst gebasteltem, Rahmen.
Ich mit meinen vier besten Freunden auf einem Austritt.

"Das muss gegen Weihnachten gewesen sein..", hauche ich völlig in Gedanken, gegen den durchsichtigen Kunststoff, der das ursprünglich kaputt gegangene Glas ersetzt. "Die rote Trense, mit den Bommeln hat keine 2 Austritte gehalten", lache ich jetzt noch leiser.
Unter dem Foto entdecke ich eine Goldene Schleife. "Und meine erste Schleife. Ich hab die so oft verloren, bis Dad sie an die Wand genagelt hat."
Langsam fahre ich mit meinen Fingern über das kleine Loch, am oberen Rand des Rands.
Kann man das so sagen? Rand des Rands? Ist ja jetzt auch egal, zurück zum Thema.
Dann fällt mir allerdings etwas auf, dass sie lieber ganz schnell vergessen würde. Ein ausgeschnittener Teil aus einem Reitmagazin. Es ist ein Artikel über meinen Unfall.. Ohne es wirklich zu wollen, fange ich nach wenigen Sekunden auch schon an zu lesen.

/Wird Skyla Königsfeder es
überleben!?

Die kleine Berühmtheit, die alle unsere Herzen im Galopp erobert hat, hatte einen schweren Reitunfall.
Ihr Pferd King Alexander wurde noch Vorort für Tot erklärt.

Skyla wurde, mit mehreren Brüchen und einer großen Platzwunde neben dem Auge, von einem Rettungshubschrauber ins örtliche Krankenhaus geflogen.
Momentan wird ihr Zustand von den Ärzten als "kritisch" eingeschätzt. Niemand weiß ob sie überleben wird.

Zum jetzigen Zeitpunkt wurde sie in ein künstliches Koma versetzt.
Die zwei anderen Pferde, die bei dem Todesritt ebenfalls dabei waren sind zurzeit noch vermisst. Falls sie also diese Pferde sehen:
(da war halt ein Bild von den Pferden ihrer zwei Freundinnen)

Rufen sie bitte umgehend diese Nummer an: 0416/3***
Oder verständigen sie die örtliche Polizeidienststelle.
Wir danken ihnen für ihre Mithilfe.

Falls sich etwas an dem jetzigen Zustand von Skyla Königsfeder ändert, erfahren sie es hier zuerst!/
.........

Inzwischen sehe ich nur noch stumpf zwischen dem Artikel und meiner Schleife hin und her. Jetzt lassen sich meine Tränen nicht mehr zurück halten.
Dieser ganze Schmerz den ich seit Jahren ausblende. Dieser Schmerz kommt jetzt wieder.
Wunden die Eigentlich schon verheilt waren, reißen wieder auf. Alte Wunden.. oder eher, alte Narben.

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Moin! ✔

Wie versprochen, hier ist das 3. Kapitel.
Jetzt kommt auch die Auflösung von meiner Frage: Wer ist Neu?

Ich habe Mike hinzugefügt.

Ein paar haben mich auch gefragt ob es vielleicht Jessy sein könnte, aber es ist tatsächlich Mike. Wer hat auf Mike getippt und wie hat euch das neue Kapitel gefallen?

Wer war wohl gemeint, als gesagt wurde: Dann müssen wir ihn einschläfern lassen?
Warum haben Skylas Eltern ihr die alte Box in den Koffer getan?
Viel Spaß beim weiter lesen!

Bye, eure Skyla