8. Kapitel
Der grösste Unterschied zu meinen bisherigen Schuljahren in Hogwarts – so merkte ich schnell – war nicht die Tatsache, dass uns die Lehrer noch mehr Arbeit aufhalsen würden als bisher; kaum vorstellbar, dass das überhaupt noch ging – der grösste Unterschied war, dass wir nun mit ungesagten Zaubern arbeiteten.
Professor Flitwicks Einführung zu diesem Thema am ersten Montagmorgen des Schuljahrs war kurz: «Ungesagte Zauber haben den entscheidenden Vorteil, dass ihr Gegenüber nicht weiss, welchen Zauber sie einsetzen. Dies ist – offensichtlich – vor allem in einem Duell oder Ähnlichem von Nutzen, aber auch in anderen Situationen, in denen Sie vielleicht nicht wollen, dass ein Zauber von Ihnen kommt.
Um ungesagte Zauber einzusetzen, braucht es einiges an geistiger Stärke und Disziplin: Sie müssen sich vollkommen auf Ihr Ziel fokussieren können und dürfen sich von nichts ablenken lassen – ich werde Ihre Fähigkeit in dieser Disziplin später im Jahr testen», warnte uns der kleine Professor vor, wobei ein schelmisches Grinsen um seine Mundwinkel zuckte. Ich fragte mich, wie ich mir so einen Test vorstellen musste. So wie Sirius' Versuche mich in Rage zu bringen, damit ich meine Gefühlsbarriere zu Gawain fallen liess vielleicht?
«Fürs Erste werden Sie sich darin Üben, sämtliche Zauber ungesagt auszuüben», instruierte uns Flitwick und deutete dann auf das vorderste Pult. «Hier vorne steht für jeden von Ihnen eine Kerze. Sie werden diese nun mit einem ungesagten Aufrufezauber zu sich holen, danach werden wir uns dem Feuerzauber 'Incendio' zuwenden.»
Ist es notwendig zu erwähnen, dass nach diesen Worten ein heiden Chaos losbrach? Wir alle hatten noch nie zuvor ungesagte Zauber benutzt und niemandem von uns gelange es auf Anhieb, die Kerze zu sich zu zaubern. Bei manchen tat sich gar nicht, bei anderen verlor die Kerze auf halbem Weg die Lust und fiel zu Boden, einige lagen bereits zerbrochen versträut. Nur bei Kaspar schwebte die Kerze auf direktem Weg in seine Hände.
«Sehr gut, Mr Shade!», lobte Flitwick begeistert. «Zehn Punkte für Gryffindor. Wie sind Sie vorgegangen?»
Verlegen sah Kaspar kurz zu mir, bevor er leise sagte: «Kathleen Seanorth hat Adrienne und mir etwas stablose Magie beigebracht. Ich habe es einfach so gemacht, wie ich es dort gelernt habe.»
Flitwick war beeindruckt von diesen Worten und hiess mich gleich, es genauso zu machen. Und tatsächlich: Ich hatte keinerlei Probleme damit, die Kerze aufzurufen. Jessie warf mir einen neidischen Blick zu, während sie es weiter verbissen versuchte. Einige andere hatten es unterdessen aufgegeben und sich mit leise gemurmelten Beschwörungsformeln geholfen.
Am Dienstagnachmittag kam die Stunde, die wir bereits alle mit Spannung erwartet hatten: Verteidigung gegen die Dunklen Künste bei dem unter Verfolgungswahn leidenden Professor Mad-Eye Moody, der sich an diesem Morgen bereits damit berühmt gemacht hatte, Draco Malfoy von den Slytherins in ein Frettchen zu verwandeln, weil dieser Harry hinterrücks angegriffen hatte.
«Steckt diese Bücher weg, die braucht ihr heute nicht», knurrte Moody, während er mit dumpfen, pochenden, unzusammenpassenden Schritten – wegen des hölzernen Klauenfusses, der ihm das eine Bein ersetzte – zwischen den Pultreihen nach vorne hinkte. Er liess seinen Blick über unsere Gesichter huschen und zog dann eine Namensliste hervor und begann die Namen der Kursteilnehmer aufzurufen. Sein normales Auge war dabei auf die Liste gerichet, während das unheimliche blaue durch den Raum musterte und jeden Schüler, der sich meldete, scharf ansah.
«Gut denn», sagte er nachdem er den Letzten aufgerufen hatte. «Ich habt alle die ZAG's mit einem 'E' oder besser bestanden, damit erübrigt es sich für mich, nach eurem Wissensstand zu fragen und wir können gleich mit dem Wichtigsten beginnen: der Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Ihr seid hier, um zu lernen, gegen dieses unbezähmbare, sich ständig verändernde Monster zu kämpfen. Das wichtigste, was ihr dazu wissen müsst, ist, dass es nicht einfach nur eine Art von dunkler Magie gibt – es gibt einen Grund, weshalb wir von den 'Dunklen Künsten' sprechen und nicht einfach von der 'Dunklen Kunst'. Für euch bedeutet das natürlich ein Vielfaches mehr Arbeit. Und ob es sich lohnt ... werdet ihr vermutlich erst auf dem Schlachtfeld erfahren. Aber am besten ist es, wenn ihr gar nicht erst in eine Situation geratet, bei dem euer Leben davon abhängt. Und deswegen: Seid immer wachsam!»
Die ganze Klasse zuckte zusammen, als er uns die letzten Worte entgegen schrie.
«Also, legen wir los. Unser erstes Thema ...» Flüche, kirtzelte Moody ungelenk an die Tafel. «Damit werden wir uns in den nächsten Wochen befassen. Und wir beginnen gleich mit den Unverzeihlichen Flüchen. Wer kann mir etwas dazu sagen?»
Jessies Hand schoss in die Höhe.
«Miss Silver?»
«Es gibt drei Unverzeihliche Flüche und sie heissen so, weil es unverzeilich ist, sie gegen einen Mitmenschen einzusetzen.»
«Richtig», knurrte Moody. «Wer einen davon gegen einen anderen Menschen richtet, handelt sich eine Reise ohne Wiederkehr nach Askaban ein. Selbstverständlich gibt es noch einen Haufen andere Flüche, die genauso unverzeihlich oder noch schlimmer sind – aber dazu kommen wir später. Wer kann mir einen Unverzeihlichen Fluch nennen?»
Wieder schoss Jessies Hand nach oben, doch jetzt hoben sich auch einige andere Hände, unter anderem der von Cedric.
«Mr Diggory», rief Moody ihn auf.
«Da gibt es den Imperius-Fluch, Sir.»
«Richtig», knurrte Moody. «Und was macht der Imperius-Fluch, Diggory?»
Cedric errötete. «Ich bin mir nicht sicher. Ich glaube, er macht, dass die Leute das machen, was man will, das sie tun – oder so.»
«Das trifft es schon ziemlich gut», meinte Moody und holte dann ein Glas mit Spinnen hervor, grossen Spinnen, und nicht wenige verzogen angeekelt das Gesicht. Aber Moody zeigte keine Scheu und fischte eine Spinne aus dem Glas, legte sie auf das vorderste Pult und richtete seinen Zauberstab auf sie.
«Imperio!», sagte er eindringlich und auf einmal hüpfte die Spinne radschlagend durchs Klassenzimmer, schwang sich an ihrem seidenen Faden durch den Raum und tanzte darüber wie eine Seiltänzerin. So elegant und gewandt, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan. Wir lachten und ich war nahe dran, der Spinne zu applaudieren.
«Lustig, hmm?», knurrte Moody. «Fändet ihr es auch lustig, wenn ich das mit euch machen würde?»
Das Lachen verstummte und Moody starrte jeden einzelnen von uns eindringlich an. «Der Imperius-Fluch unterwirft das Gegenüber vollkommen, der Betroffene hat keine andere Wahl, als das zu tun, was man von ihm verlangt. Ich könnte die Spinne dazu bringen, sich zu ersäufen, aus dem Fenster zu springen, in einen von euren lachenden Münder zu springen.
Vor einigen Jahren, hat dieser Fluch dem Ministerium viel Ärger gemacht: Viele Hexen und Zauberer standen damals unter dem Imperius-Fluch. Für das Ministerium war es gar nicht so leicht, herauszufinden, wer unterworfen war und wer aus seinem freien Willen heraus handelte.
Der Imperius-Fluch kann bekämpft werden und ich werde euch beibringen, wie. Aber das verlangt wirkliche Charakterstärke und nicht alle besitzen die. Also passt lieber auf, dass ihr dem Fluch nicht zum Opfer fallt. Seid IMMER WACHSAM!», bellte er und alle zuckten zusammen.
Weiter ging es mit dem nächsten Fluch, dem Cruciatus-Fluch, wie ein Slytherin sagte. Und auch hier war Moody nicht um ein Beispiel verlegen: Eine weitere Spinne wurde aus dem Glas gefischt und Moody liess sie auf eine Grösse anschwellen, bei dir auch ich Spinnen nicht mehr ausstehen konnte. Und dann ... Moody richtete seinen Zauberstab auf die Spinne. «Crucio!» Ein roter Lichtblitz schoss aus dem Zauberstab und traf die Spinne. Die langen, dünnen Beine klappten unter ihr weg. Sie stürzte um, auf den Rücken, und rollte sich in fürchterlichen Krämpfen hin und her und hin und her. Wenn sie gekonnt hätte, so war mir klar, hätte sie geschrien wie am Spiess. Geschrien. Geschrien. Geschrien.
Ich wandte den Blick ab. Ich konnte das nicht mehr sehen, wollte es nicht mehr sehen, hielt es einfach nicht mehr aus.
Mein Blick fiel auf Kaspar, der mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen auf die Spinne starrte, sein Gesicht kreideweiss. Seine Hände zitterten.
«Kaspar», flüsterte ich. «Kaspar!»
Mein bester Freund drehte sich langsam zu mir herum, doch seine Augen fanden mich nicht sondern blickten ins Leere. Weit in die Vergangenheit, vermutete ich, zu irgendeinem schrecklichen Erlebnis.
«Kaspar!» Über den schmalen Gang zwischen den Pulten langte ich nach einer seiner zitternden Hände und langsam kehrte wieder etwas Leben in seinen Blick zurück, holte ihn zurück, von wo auch immer seine Gedanken gefangen gewesen waren; weg von diesem finsteren Ort.
«Der Cruciatus-Fluch ist Ihnen wohl nicht interessant genug, Miss Seanorth!», durchschnitt Moodys raue Stimme das Klassenzimmer.
Ich zuckte zusammen. Kaspar drückte noch kurz dankbar meine Hand und liess sie dann los.
«Nun denn, Miss Seanorth, können Sie uns den letzten Fluch nennen?», fragte er gereizt.
Konnte ich nicht. Wie sollte ich auch? Im Gegensatz zu den meisten hier war ich nicht unter Hexen und Zauberern aufgewachsen und selbst wenn, die meisten hier wussten bestimmt nicht mehr über Unverzeihliche Flüche als ich. Obwohl ... Moody könnte noch einmal einen der Slytherins fragen, die wussten sicher, welches der letzte Fluch war.
Ungeduldig ruhten Moodys beide Augen, das unheimlich blaue, magische und das normale, auf mir. Er wartete darauf, dass ich scheiterte, dass ich mein Unwissen eingestand.
Verschwommen tauchte eine Erinnerung in mir auf, ein Fetzen Erinnerung ... der Verbotene Wald, ein Netz – eine Falle, der Grimm, der mir Qualen zugefügt hatte, als stünde ich unter dem Cruciatus-Fluch, und dann ... mein Vater ...
«Avada Kedavra», wiederholte ich den Fluch, den mein Vater damals auf den Grimm losgelassen hatte, um mich zu retten.
«Avada Kedavra», wiederholte Moody und nickte. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Geschicht aus, aber kein angenehmes Lächeln, was nicht nur an den vielen Narben lag. «Dachte ich mir doch, dass Snapes Tochter den letzten Fluch kennt.»
Meine Mitschüler schnappten nach Luft, manche schrien überrascht auf, ich selbst konnte nur entsetzt Professor Moody anstarren. Er hatte ... er ... hatte er wirklich gerade vor allen herausposaunt, das Sev mein Vater war? Aber ... wie konnte er das wissen?
Das erregte Geflüster über diese Enthüllung konnte auch Moodys Demonstration des letzten Fluchs nur kurzzeitg verstummen lassen. Ich sah nicht hin, nahm das grüne Licht nur am Rande war. Und es war mir auch egal ... ich hatte es schon gesehen ... aber vor allem war ich zu beschäftigt damit, gelähmt vor entsetzen zu verarbeiten, dass Moody gerade so mir nichts, dir nichts eines meiner Geheimnisse verraten hatte. Und ... woher wusste er, dass Sev mein Vater war?
Nach Verteidigung gegen die Dunklen Künsten – allen Göttern sei dafür gedankt, dass es an diesem Tag meine letzte Stunde gewesen war – kehrte ich nicht in den Gemeinschaftsraum zurück. Zumindest nicht in den der Gryffindors. Ich kauerte mich in einem Sessel bei den Finjarelles zusammen, ganz nahe am Feuer. Trotz den immer noch sommerlichen Temperaturen fühlte ich mich eiskalt. Ich hatte Angst. Fürchtete mich davor, was nun geschehen würde. Die anderen würden mich hassen, da war ich mir sicher. Alle Gryffindors ausser Kaspar, Fred und George. Und Harry, Ron und Hermine, die es ja ebenfalls bereits wussten. Aber alle anderen würden mich hassen – weil Sev mein Vater war, ausgerechnet der Lehrer, gegen den jeder einzelne Gryffindor eine Abneigung hegte. Und was war mit den anderen? Mit den Ravenclaws und den Hufflepuffs? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie anders reagierten, sobald sie davon erfuhren. Und es war nur eine Frage der Zeit, bis sie es wussten. Spätestens morgen früh würde das ganze Schloss es wissen. Ich seufzte. Und die Slytherins? Vielleicht würden sie mich jetzt etwas weniger ärgern, aber das war ein schwacher Trost, denn was sie dachten, bedeutete mir nichts. Ihre Meinung war mir vollkommen egal. In diesem Punkt zählten sie einfach nicht. Sie alle ausser Jessie.
Ich ging nicht zum Abendessen und ich hätte es auch nicht getan, wenn Kaspar, Cedric und Jessie mir nicht etwas aus der Küche heraufgebracht hätten. Dankbar nahm ich Kaspar den Teller ab, der mich verlegen angrinste.
«Das mindeste, was wir tun können, ist dafür sorgen, dass du uns nicht vor lauter Ärger verhungerst», meinte Jessie und trotz meiner jämmerlichen Stimmung brachte mich das zum Lachen.
«Schon viel besser», meinte sie anerkennend und schnappte sich eines der Chips von meinem Teller.
«He!», rief ich empört, bevor ich mich schnell daran machte, den Rest der Chips in meinem Magen in Sicherheit zu bringen.
Meine drei Freunde sorgten dafür, dass ich nicht mehr die ganze Zeit meinen finsteren Gedanken nachhing. Wir alberten herum und würfelten mit Finëa und Helena, die im Verlauf des Abends ebenfalls zu uns stiessen. Stillschweigend kamen wir überein, dass wir diese Nacht im Haus Finjarelle bleiben würden.
Im Bett in meinem alten Schlafsaal überkam mich schliesslich tröstender Schlaf und ich träumte, dass Jessie, anstatt in Elaines Bett in einem eigenen, vierten Bett schlafen würde, während meine beiden alten Hausgenossinnen Elaine und Xameria friedlich in ihren schlummerten.
Als wir am nächsten Morgen die Treppe hinab in den Gemeinschaftsraum stiegen – Cedric und Kaspar kamen gähnend aus dem ein Stockwerk tiefer gelegenen Gang, der zu den Jungenschlafsälen führte – erwartete uns zu unserer Überraschung ein gedeckter Frühstückstisch.
«Guten Morgen», kam es munter von Finëa, die auf einem Fensterbrett sass und über das Hogwartsgelände geschaut hatte. Von hier oben, vom Dachstock über der Grossen Halle, wo der Gemeinschaftsraum der Finjarelles verborgen war, hatte man einen wunderschönen Ausblick hinab auf den Schwarzen See.
«Ich habe mir gedacht, dass es dir vielleicht ganz recht ist, Adrienne, noch etwas zusätzlichen Aufschub zu erhalten», sagte Finëa und lächelte warm. «Helena hat mir vorhin erzählt, dass bereits gestern Abend, alle Ravenclaws Bescheid wussten und unter den Geistern bist du auch das Hauptgesprächsthema.»
«Danke», murmelte ich und wir vier nahmen Platz.
«Ah, eines noch: Vorhin kam eine Eule. Sie hat diesen Zettel hier gebracht.» Finëa streckte mir ihre Hand entgegen und hielt mir einen Zettel hin. Ich nahm ihn an und streifte dabei über ihre kühlen, federleichten Finger, die, sobald sie den Zettel losgelassen hatten, wieder ihre Substanz verloren. Das war es, was Finëa von allen anderen Geistern in Hogwarts unterschied – nicht die Tatsache, dass sie eine Fey war oder eine der Gründerinnen. Obwohl sie tot war, obwohl sie ein Geist war, war sie immer noch viel stofflicher als die anderen und wenn sie wollte, konnte sie ihren geisterhaften Körper verfestigen, um etwas zu greifen oder jemanden zu berühren. Allerdings, so hatte sie mir einmal erklärt, war das sehr anstrengend und erforderte sehr viel Konzentration und liess sich deshalb nicht über eine längere Zeit aufrecht erhalten.
Ich nahm den Zettel entgegen und faltete ihn auseinander. Es war ein Stück karriertes Papier, achtlos von einem Notizblock abgerissen. Es enthielt nur ein paar kurze, eilig niedergekritzelte Sätze.
Habe dich beim Abendessen nicht in der Grossen Halle angetroffen. Komm morgen Abend ins Alchemielabor. Sorg dafür, dass dich niemand sieht. Wir müssen reden.
S
Ja, reden mussten wir auf jeden Fall, aber weshalb war es meinem Vater so wichtig, dass niemand mich sah, wenn ich zu ihm ging? Jetzt wussten ja alle, dass ich seine Tochter war.
Nach dem köstlichen Frühstück im Gemeinschaftsraum der Finjarelles konnte ich mich nicht mehr länger vor den anderen Schülern verstecken. Trotzdem vermied ich es, in den Gryffindorgemeinschaftsraum hochzugehen und meine Bücher zu holen, sollten Professor Babblings und Professor Flitwick doch von mir denken, was sie wollten. Erst in letzter Minuter verliess ich den Gemeinschaftsraum der Finjarelles und hastete zum Klassenzimmer für Alte Runen. Die meisten Schüler sassen bereits in ihren Klassen und diejenigen, die es nicht taten, hatten es genau so eilig wie ich und konnten sich nicht damit aufhalten, mich anzustarren.
In der Tür zum Klassenzimmer blieb ich wie erstarrt stehen. Sechs Gesichter starrten mich erwartungsvoll, amüsiert und voller Abscheu an. Am schlimmsten war es bei Angelina, blanke Wut lag in ihrem Gesicht. Demonstrativ stellte sie ihre Schultasche auf den leeren Platz neben sich und wandte mir den Rücken zu. Unsicher liess ich meinen Blick über den Rest der Klasse schweifen. Jule Thunder und Jack Stebbins aus Ravenclaw und Hufflepuff sahen mich ebenfalls verächtlich an.
Jule schüttelte verärgert den Kopf. «Natürlich ist sie zu spät.»
Dann waren da noch die drei Slytherins. Selinn Quinn musterte mich von oben herab, wie sie es mit jedem tat, auch wenn es dieses Mal eine weit längere Musterung war, als sie den meisten gönnte. Warrington wirkte eher desinteressiert, also so wie eigentlich immer, wenn es nicht gerade um Quidditch ging. Nur Adrian Pucey grinste mich an. Natürlich musste ausgerechnet Pucey in meiner ersten Stunde an diesem Morgen sitzen.
«Also doch kein Kobold», kommentierte er belustigt und klopfte dann auf den freien Platz neben sich. Den einzigen freien Platz.
«Eines nimmt mich aber schon noch wunder», flüsterte Pucey, nachdem ich mich widerwillig neben ihn gesetzt hatte. «Wer ist dieser Mr Carlion, wenn er nicht dein Vater ist?»
Genervt sah ich Pucey an. Aber ich schaffte es offenbar nicht, so abweisend zu gucken, wie ich eigentlich gewollt hatte, denn auf einmal wurde sein Grinsen weicher und zu einem mitleidigen Lächeln. «Wird schon», murmelte er und klopfte mir ermutigend auf die Schulter.
Vor lauter Scham, mich von Adrian Pucey trösten lassen zu müssen, wäre ich am liebsten im Boden versunken.
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