20. Kapitel
Mir war nicht ganz wohl bei dem Gedanken, Sev alles zu erzählen. Alle Gründe weshalb ich weggelauffen war. Doch als er nach dem Ende des Unterrichts zurückkam, hatte ich immer noch keine gute, alternative Geschichte.
Zu meiner Überraschung nahm er mich bei seiner Rückkehr aber nicht gleich ins Kreuzverhör, sondern beobachtete mich besorgt. Er ging neben dem Sofa in die Knie und griff nach meiner Hand. Kurz fühlte er meinen Puls, doch dann drückte er einfach meine Hand und lächelte auf eine seltsame Weise, die ich ihm nie zugetraut hätte. Liebevoll, wenn auch besorgt. Etwas verlegen wandte ich den Blick ab und betrachtete stattdessen unsere ineinander verschränkten Hände. Seine Hand war so gross, das meine fast darin verschwand. Und seine Hand war sehr blass, während meine braungebrannt war von den vielen Stunden, die ich im Sommer draussen verbracht hatte.
Mein Magen knurrte und Sev lachte erheitert. «Vielleicht sollten wir etwas essen. Man konnte deinen Magen beinahe bis zu meinem Klassenzimmer knurren hören.»
Ich lächelte verlegen und setzt mich auf einen Stuhl, während Sev allerlei Pergamente, Federn und Bücher von dem kleinen Tisch in seiner Wohnung räumte. Für gewöhnlich ass er mit den anderen Schülern und Lehrern in der Grossen Halle, aber heute brachte uns eine Hauselfe ein Tablett mit zwei Bechern, einem Krug Kürbissaft, zwei Tellern, Toast, Butter und Aufschnitt und ...
«Brot! Echtes Brot!», sagte ich entzückt und griff nach einer Scheibe des dunklen, festen Brots.
«Wir wissen, wie gerne Sie dieses Brot haben, Mylady», quiekte die Hauselfe, «deshalb hat Lizzy Ihnen ein paar Stücke gebracht.»
«Vielen Dank, Lizzy», bedankte ich mich strahlend bei der Elfe.
Der Elfe schien der Dank unangenehm zu sein. «Das ist doch selbstverständlich, Mylady», murmelte sie.
«Ist es nicht», erklärte ich der Elfe lächelnd. «Und deshalb: vielen Dank.»
Die Elfe nickte, unangenehm berührt und sagte dann verlegen: «Ich wünsche einen guten Appetit, Mylady, Sir. Wenn Sie noch etwas brauchen, rufen Sie einfach nach Lizzy.» Mit diesen Worten verschwand Lizzy.
«Mylady?», fragte Sev mit hochgezogenen Brauen, während ich meine Zähne bereits in einem Stück Brot versenkt und den Mund so voll hatte, dass ich unmöglich sprechen konnte.
Sev beobachtete mich belustigt und nahm sich dann auch ein Stück Brot, das er erst sorgfältig betrachtete, bevor er dann ein kleines Stückchen abbiss und nachdenklich kaute. Ich vertilgte unterdessen bereits mein zweites Stück Brot. Bei Merlin, ich liebte dieses Brot – und mein Magen liebte es ebenfalls, denn er stellte sein empörtes Knurren endlich ein. Ich nahm mir das dritte Stück und versuchte mich zu erinnern, wann ich das letzte Mal etwas gegessen hatte. Als ich nach dem vierten Stück griff – ohne eine Antwort gefunden zu haben – hielt mich Sevs Hand auf. Überrascht sah ich zu ihm hoch.
«Erstens», sagte Sev, «kann ich nicht zulassen, dass du all das Essen in dich hineinstopfst und dich nachher übergibst, weil du dich überessen hast. Zweitens, ist es jetzt an der Zeit, zu erzählen, was los ist. Und drittens», nun erschien ein schräges Lächeln auf seinen Lippen, «kann ich nicht zulassen, dass du dieses ganze Brot auffutterst, ohne mir etwas davon abzugeben.»
«Vermutlich nennen mich die Hauselfen 'Mylady' weil ich nach Fey ... äh ... rieche», wich ich aus, während ich gleichzeitig versuchte, meinen Arm freizubekommen, doch Sevs Griff blieb fest.
«Das meinte ich nicht», erklärte mein Vater, «auch wenn es äusserst interessant ist. Wo warst du, Adrienne? Und weshalb hast du dich in den Obscurus verwandelt? Du wusstest, dass er dich verletzen würde. Verdammt, Adrienne! Es hätte dich umbringen können!»
Ich schwieg. Mein Vater hatte recht. Bisher hatte ich nie wirklich darüber nachgedacht, aber die Verwandlung in den Obscurus konnte mich wirklich töten. Wenn ich zu lange einer blieb, zu viele Schnitte davon trug ....
«Schön zu sehen, dass du aus deinen Fehlern lernst», knurrte Sev. «Und nun das Wo und das Weshalb.»
Beschämt sah ich auf den Tisch hinab und studierte die Tintenflecken, die sich in das Holz eingefressen hatten.
«Adrienne ...!», sagte mein Vater ungeduldig.
«Ich ... wollte ... wollte einfach ... einfach weg», murmelte ich.
«Weg?»
Stumm nickte ich, womit ich ein verärgertes Knurren erntete.
«Weg wovon? Und weshalb?», fragte er verärgert nach.
Ich stützte meine Stirn auf meinen Händen auf, so dass ich meinen Vater nicht mehr ansehen musste und sagte zum Tisch: «Weg von allem. Also bin ich weggelaufen. Ich habe das blöde Ei in den See geworfen und dann bin ich gelaufen, gerannt, gerannt und gerannt. Es war ... unglaublich», flüsterte ich. «Ich wusste nicht, dass es möglich ist, so schnell zu rennen, aber mit meinen Feykräften ... Ich bin bis zur Küste gerannt», sagte ich nicht ohne stolz.
«Und weshalb bist du davongerannt? Und warum hast du dich in den Obscurus verwandelt?», fragte Sev, genervt weil er mir alles aus der Nase ziehen musste.
«Ich wusste nicht mehr zurück und ich war müde ... konnte meine Feykräfte nicht mehr aktivieren ... also bin ich als Obscurus nach Hogwarts zurückgeflogen», murmelte ich.
«Und weshalb bist du übrhaupt davongerannt, Adrienne?», fragte er erneut und sah mich finster an.
«Sieh mich an!», knurrte mein Vater, als ich ihm die Antwort schuldig blieb, und stiess meine Arme beiseite, so dass ich gezwungen war, den Kopf zu heben und ihn anzusehen. «Weshalb, Adrienne, weshalb bist du davongerannt?»
«Es ...» Ich wollte nicht darüber sprechen. Vor allem nicht mit meinem Vater, mit Professor Snape. Er war der Letzte, zu dem ich mit meinen Problemen mit Cedric gehen würde. «Es ist nicht wichtig.»
«Nicht wichtig?! Wegen etwas, das nicht wichtig ist, rennt man nicht bis zur Küste!», fuhr er mich wütend an. «Raus damit, Adrienne!»
Nun wurde ich ebenfalls langsam wütend. «Es wird nicht mehr vorkommen. Reicht das?», fragte ich.
«Nein, tut es nicht!», gab mein Vater zurück und starrte mich mit diesem finsteren, einschüchternden Blick an, den er quasi für sich patentiert hatte.
Aber nur quasi, den hatte ich mir nämlich schon längst von Ma abgeschaut und starrte nun genauso finster und einschüchternd zurück. Allerdings konnte ich dabei nicht allzu lange ernst bleiben und begann schliesslich zu kichern, womit ich meinen Vater natürlich noch mehr auf die Palme brachte.
«Es wird nicht mehr vorkommen. Versprochen», brachte ich zwischen dem Kichern heraus. Sev war damit nicht befriedigt, aber zu meinem Erstaunen liess er es dabei bewenden, als habe er verstanden, dass ich nichts weiter dazu sagen würde.
Ich übernachtete bei meinem Vater auf dem Sofa – er bestand darauf, da meine Verletzungen noch nicht ganz verheilt waren und er ein Auge darauf haben wollte. Im Zuge dessen weckte er mich mehrmals in der Nacht auf, um mir eckelhaft schmeckende Heiltränke einzuflössen. Ich hatte ja den Verdacht, dass er sich damit für mein Schweigen rächen wollte, aber am nächsten Morgen waren die Schnittwunden tatsächlich restlos verschwunden und ich wurde in den Unterricht zurückgeschickt.
Natürlich war nicht unbemerkt geblieben, dass ich zwei Tage lang verschwunden war und offenbar war irgendwie durchgesickert, dass ich danach schwer verletzt wieder aufgetaucht war. Jedenfalls war die Gerückteküche von Hogwarts wieder einmal am Überkochen, was noch dadurch befeuert wurde, dass ich mich weigerte, irgendetwas dazu zu sagen. Ausser natürlich Jessie und Kaspar, aber die hielten dicht. Die Theorie, dass es etwas mit Cedric zu tun hatte, war allerdings bald eine der beliebtesten, da ich ihm ganz offenkundig aus dem Weg ging. Ich konnte ihm einfach nicht verzeihen, dass er – und auch Harry – mir nichts von den Drachen erzählt hatten. Infolge dessen war Cedric auch nicht mehr am Slytherintisch willkommen – mit den Gryffindors hatte er es sich ja schon lange verscherzt. Seit er sie letztes Jahr im Quidditch besiegt hatte. Aber zu den Gryffindors setzte ich mich nun auch nicht mehr, da Harry dort sass.
«Komm schon, Adrienne, wenigstens ein klitzekleiner Hinweis», bettelte Pucey wieder einmal beim Mittagessen.
«Nein», erwiderte ich bestimmt.
«Jetzt hör schon auf damit, Adrian», sagte Jessie und gab ihrem Hausgenossen einen Klapps auf den Hinterkopf.
«Nun, dass Cedric etwas damit zu tun hat, ist auf jeden Fall sicher», sagte Jared, der sich mittlerweile gemeinsam mit seinen beiden Durmstrangfreunden immer zu uns setzte.
«Wieso ist das sicher?», fragte Leo wie immer mit starkem Akzent, aber sein Englisch war inzwischen viel besser.
«Weil sie in den Ferien immer zusammen rumhängen. Und sie sogar ein Paar sind», erwiderte Jared und wackelte mit den Augenbrauen.
«Sei doch still!», fauchte ich ihn an.
«Weshalb seid ihr beide eigentlich bei Adrienne geblieben?», wandte sich Jared an Jessie und Kaspar.
«Das ist mein Haustisch», erinnerte Jessie ihn. «Und ich kann Adrienne ja nicht mit Idioten wie dem da», sie schlug Pucey erneut auf den Hinterkopf, «allein lassen.»
Leo, Rina und Farley kicherten. Pucey guckte beleidigt.
«Und du, Kaspar?», fragte Jared.
Kaspar sah kurz zu mir, ein Blick voller Sorge und Verständnis, bevor er zu seinem Müsli sagte: «Aus verschiedenen Gründen.»
Ich war ihm dankbar, dass er nichts weiter dazu sagte. Er blieb bei mir, weil ich nach all den Jahren wie eine Schwester für ihn geworden war – und er für mich wie ein Bruder. Und auch weil er Jessies Freund war und sie am Gryffindortisch nicht willkommen. Vor allem aber blieb er bei mir, weil mir mein Obscurus zu schaffen machte. Und wer könnte das besser verstehen als Kaspar, der bis Ende des letzten Schuljahrs ebenfalls ein Obscurial gewesen war?
Trotz aller Gerüchte nahm das Schuljahr wieder seinen gewohnten Gang. Unterricht, zu viele Hausaufgaben, die Kaspar, Jessie und ich meistens gemeinsam im Gemeinschaftsraum der Finjarelles erledigten, wo wir auch öfters auf die Weasley-Zwillinge trafen. Fred und George beschäftigten sich natürlich nicht mit etwas so unwichtigem wie Hausaufgaben, sondern mit ihren alchemistischen Experimenten. Jessie, die ebenfalls den Alchemieunterricht besuchte, schaute ihnen dabei öfters einmal über die Schulter und gab den beiden Unruhestiftern hin und wieder ein paar Tipps. Ich konnte mich nur über meine beste Freundin wundern: Sie hatte ganze neun Fächer belegt und war in allen unschlagbar, sogar Alchemie hatte sie unglaublich schnell durchschaut und hatte unterdessen ein besseres Verständnis von der Materie als selbst Fred und George, die sich bereits seit Jahren damit beschäftigten. Die Zwillinge nahmen ihre Tipps ohne das kleinste bisschen Neid an.
«Aber wenn du eine Gewinnbeteiligung willst, müssen wir nochmal über das ganze Reden», meinte Fred nur dazu.
Wenn Jessie mit ihren Hausaufgaben beschäftigt war, Kaspar und ich aber bereit fertig, fläzten wir uns auf den Sofas im Gemeinschaftsraum. Kaspar sagte, dass er Jessie einfach gerne beim Arbeiten zuschaute, aber meistens steckten wir beide unsere Nasen trotzdem in Bücher. Ich hatte mir wieder Jessies Arithmantikbuch geliehen, während sich Kaspar von Joanne einige Muggel-Geschichtsbücher und andere Muggel-Sachbücher hatte schicken lassen. Theo hatte die Strecke von Oxford nach Hogwarts mehrmals fliegen müssen, um all die schweren Wälzer heil übers Land zu bringen. Meistens aber lasen wir Fantasyromane. Da das Wetter in Schottland nun, da es auf den Winter zuging, immer schlechter wurde, hatten wir reichlich Zeit dafür. Ein paar Tage war das Wetter sogar so schlecht, dass sich sogar Fred und George mit einem guten Fantasybuch zu uns setzten. Es geschahen also doch noch Zeichen und Wunder.
Und dann passierten zwei Dinge, die mich abrupt aus dem Schulalltag rissen.
Zum einen war es die doch eher befremdliche Erfahrung, vom besten Sucher der Welt um ein vertrauliches Gespräch unter vier Augen gebeten zu werden. Ich hatte keinen Grund etwas dagegen einzuwenden und so spazierte ich kurze Zeit später neben Viktor Krum über das Hogwartsgelände, das bereits in tiefer Dämmerung lag und obendrein fiel eisigkalter Regen. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis der erste Schnee kam.
«Ich wollte fragen, Adrienne, wie weit du bereits mit dem Ei bist?», kam Viktor ohne grosse Umschweife auf den Grund für das Gespräch zu sprechen.
«Was für ein Ei?», fragte ich ahnungslos.
«Das goldene Ei der ersten Aufgabe», erklärte Viktor stirnrunzelnd. «Hat dir Cedric oder Harry nicht davon erzählt?»
Ich verneinte, hatten sie nicht. Mein Gesicht verfinsterte sich, was Viktor natürlich nicht sehen konnte. Warum tat Cedric das? Weshalb enthielt er mir all diese Informationen zu den Aufgaben des Turniers vor? Wollte er, dass ich grandios daran scheiterte? Das würde zweifellos passieren.
«Was hat es mit dem Ei auf sich?», fragte ich Viktor entschlossen.
«Es ist ein Rätsel darin. Dieses Schreien, wenn du es öffnest, stellt ein Rätsel. Es sagt, was bei der nächsten Aufgabe dran kommt. Damit wir uns vorbereiten können.» Er sah mich nachdenklich an. «Heisst das, du hast noch nicht herausgefunden, was dieses Schreien bedeutet?»
Natürlich nicht. Und das würde ich wohl auch nie, ich Trottel.
«Verdammt», flüsterte ich wütend.
«Was ist?»
«Ich hab das Ei nicht mehr. Ich hab es in den See geworfen», gestand ich.
Viktor runzelte die Stirn. «Dann musst du es so schnell wie möglich zurückholen. Wir andere haben bereits viel Zeit gehabt, um daran zu rätseln. Einige haben vielleicht schon gelöst.»
«Du?», fragte ich, doch Viktor schüttelte den Kopf.
Aber vielleicht hatte Cedric es schon gelöst. Ich musste dieses verdammte Ei unbedingt so schnell wie möglich zurückholen. Wäre ja gelacht, wenn Cedric es löste, aber ich nicht. Nur ... wie holte man ein Ei vom Grund des Schwarzen Sees? Vielleicht konnte mir Jessie dabei helfen, dort hinunter zu kommen – am liebsten ohne dabei zu ersaufen.
Das zweite war eine Ankündigung, die Professor Flitwick am Mittwoch in der letzten Stunde vor dem Mittagessen machte. Zweifellos hatte man ihn dafür ausgesucht, weil beinahe unsere gesamte Jahrgangsstufe Zauberkunst belegt hatte und wir uns am Mittwoch vor dem Mittag immer alle zusammen in Flitwicks Klassenzimmer quetschten. Zum Glück fanden die anderen Zauberkunststunden in Kleingruppen statt.
Jedenfalls hatte sich Professor Flitwick wie gewohnt auf seinen Bücherstapel gestellt und bat um Ruhe. «Die Einen von Ihnen wissen es bereits schon: Zum Trimagischen Turnier gehört auch immer der Weihnachtsball –» Flitwick wurde von Getuschel und Gekicher unterbrochen und es dauerte einige Momente, bis er sich wieder Gehör verschaffen konnte. «Der Ball findet traditionell am Abend des 21. Dezembers statt und wird von den drei – in unserem Fall sechs Champions eröffnet.» Noch mehr Gekicher und Getuschel, während sich die Blicke der ganzen Klasse auf Cedric und mich richteten, die wir mittlerweile an entgegengesetzten Enden des Klassenraums sassen. «Am Ball dürfen alle Schüler ab der vierten Klasse teilnehmen, jüngere Schüler nur auf Einladung. Es ist Ihnen freigestellt, ob Sie am Ball teilnehmen möchten oder nicht und ob Sie allein oder in Begleitung erscheinen möchten. Ausgenommen natürlich», sagte Professor Flitwick und sah mich direkt an. «Ausgenommen natürlich unsere Champions. Diese sind zur Teilnahme verpflichtet und es wird auch empfohlen, in Begleitung zu erscheinen, da sich die Sache mit dem Eröffnungstanz anderenfalls etwas schwierig gestalten könnte.»
Ich fühlte mich ertappt. Direkt nachdem Flitwick gesagt hatte, dass die Teilnahme freiwillig war, hatte ich mich nämlich sofort dagegen entschieden. Vor der ganzen Schule den Ball er öffnen? Vor der ganzen Schule tanzen? Nie im Leben. Ausserdem war der 21. Dezember Jul und ich hatte eigentlich gemeinsam mit meinen Freunden am Julritual am Steinkreis teilnehmen wollen.
«Für all jene die möchten, wird in den kommenden Wochen jeden Dienstag- und Donnerstagabend ein Tanzkurs stattfinden», erklärte Flitwick weiter und sah mich dabei weiterhin an, als wollte er hinzufügen: 'Ich schlage Ihnen vor, daran teilzunehmen, Miss Seanorth, damit Sie sich nicht komplett blamieren.'
Das hatte ich jedoch nicht vor, weder mich zu blamieren, noch am Tanzkurs teilzunehmen, noch überhaupt zum Ball zu erscheinen. Vielleicht sollte ich mir den Fuss brechen, damit ich nicht tanzen konnte. Oder krank werden ... es gab sicher irgendwelche Zauber, Tränke oder Kräuter, die Fieber verursachten. Oder Übelkeit. Oder sonst irgendetwas in dieser Hinsicht. Oder aber ich konnte meinen Obscurus beschwören, dann musste ich bestimmt nicht zum Ball.
Alle Welt, oder zumindest die überwiegende Hälfte der Hogwartsschüler und vor allem der Hogwartsschülerinnen schienen ganz begeistert von der Aussicht auf den Weihnachtsball zu sein. Nach und nach fanden sich immer mehr Paare zusammen und der Tanzkurs fand so grossen Anklang, dass beschlossen wurde, zusätzliche Kurse am Freitagabend und am Samstag anzubieten. Ich lief währenddessen mit finsterer Miene durchs Schloss und verbreitete eine noch miesere Stimmung als selbst mein Vater.
«So fragt dich bestimmt niemand», sagte Jared eines Morgens beim Frühstück vorwurfsvoll, als ich anderthalb Wochen später immer noch keinen Tanzpartner hatte.
«Das kann dir doch egal sein», fauchte ich ihn an.
«Wieso fragst du nicht einfach Cedric?», schlug Farley vor. «Soweit ich weiss, hat er auch noch keine Partnerin.» Farley nickte zum Hufflepufftisch hinüber, wo Cedric sass und uns beobachtete.
Ich knurrte verärgert. «Niemals gehe ich mit Cedric dahin.»
Die anderen seufzten oder zuckten mit den Schultern, während ich wütend vor mich hin stierte. Unterdessen drehten sich die Zahnrädchen in meinem Gehrin. Offenbar wartete Cedric auf ein Zeichen, dass ich mit ihm zum Ball gehen wollte, sonst hätte er längst eine andere gefragt. Aber das konnte er vergessen. Ich würde nicht mit ihm zum Ball gehen, selbst wenn er sich dafür auf den Kopf stellte. Oder noch besser ...
«Kaspar, würdest du mit mir zum Ball gehen?», fragte ich meinen besten Freund unvermittelt.
Dieser blinzelte mich überrascht an. «Ähm ...»
«Kaspar geht mit mir hin», informierte mich Jessie. Hätte ich mir eigentlich denken können.
«Jared?», wandte ich mich an meinen ungeliebten Nachbarn, der jetzt genauso überrascht guckte wie Kaspar.
«Ich gehe mit Farley hin. Und Leo und Rina gehen zusammen», griff er mir vor.
Schliesslich fiel mein Blick auf Pucey, der mich breit angrinste.
«Ich bin noch frei», verkündete er und sein Grinsen wurde wenn möglich noch breiter. «Nur, falls du Interesse hast. Und», fügte er noch an, «ich kann tanzen.»
Mit zusammengekniffenen Augen musterte ich den jungen Mann, der mich in der Vergangenheit so gerne verspottet hatte. Jessie hatte schon Recht, Pucey war ein Idiot, konnte aber auch ganz in Ordnung sein, wenn er sich denn mal zusammenriss. Ausserdem sah er auch einigermassen gut aus.
Ich warf einen kurzen Blick über meine Schulter und stellte zufrieden fest, dass Cedric uns immer noch beobachtete.
«Adrian, willst du mit mir zum Ball gehen?», fragte ich laut genug, dass mich die halbe Halle hörte.
«Aber natürlich, Adrienne, gerne doch», antwortete Pucey genauso laut.
Aus dem Augenwinkel konnte ich beobachten, wie Cedric zusammenzuckte und den Blick abwandte. Das hatte er davon, wenn er mich nur wegen dieses blöden Turniers in Lebensgefahr brachte.
«Aber bilde dir bloss nichts darauf ein», zischte ich Pucey an, der immer noch grinste.
«Natürlich nicht, geliebte Adrienne.»
«Und wisch dir dieses Dauergrinsen aus dem Gesicht!»
Daraufhin lachte Pucey nur, wobei seine Augen belustigt funkelten. Er sah definitiv nicht schlecht aus mit diesen vor Schalk blitzenden Augen und dem wuscheligen, schwarzen Haar, auch wenn er ein Idiot war. Wenigstens etwas. Aber es war ja auch nur für einen Abend.
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