53| Unexpected
Kapitel 53
Unexpected
[Melody Rose Morgan]
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Kichernd setze ich mich auf den Platz. Gefühlt haben Kat und ich Stunden getanzt. Es hat zu einem stechenden Schmerz in meinen Füßen geführt, der durch meinen ganzen Körper zieht. Jedoch bin ich immer noch besser dran als Kat, die zwanzig Zentimeter hohe Absätze trägt. Wozu haben Frauen früher ihre BHs verbrannt, wenn Mädchen heutzutage sich auch noch darüber freuen, zu einem Objekt gemacht zu werden? Sie könnte damit nicht einmal wegrennen. Würde sie es versuchen, würde sie auf der Fresse landen.
"Wieso habe ich nur diese Schuhe angezogen?", fragt Kat wehleidig und hebt ihre Füße hoch, um ihre Fehlentscheidung zu demonstrieren. Sie zieht ihren Mund zu einer Schnute.
"Deshalb habe ich die hier an"
Mit meiner linken Hand ziehe ich mein Kleid nach oben.
"Du hast Doc Martins zu deinem Kleid an?", fragt Kat entsetzt, kann sich aber vor Lachen kaum halten. Mein Blick wandert auf die schwarzen Stiefel. Sie sind wirklich sehr bequem.
Ich zucke mit meinen Schultern; "Zja. So fallen meine Füße nur fast ab"
"Das ist das Dümmste was ich je gesehen habe", lacht Kat und schüttelt ihren Kopf. Ihre Locken, die sie nur für heute Abend eingedreht hat, schwingen dabei hin und her. Sie umranden ihr Gesicht perfekt. Dennoch wirkt sie dadurch viel jünger als sonst. Die Locken lassen sie zu dem kleinen Mädchen werden, mit dem ich früher im Sandkasten gespielt habe.
Bei dem Gedanken werde ich schon fast melancholisch. Meine Zeit hier ist vorbei. Die Zeit in meiner Heimat.
Luisa tippt sich mit ihrem Finger ans Kinn, als würde sie über Kats Aussage nachdenken; "Ich finde es eigentlich gar keine so schlechte Idee"
"Ihr seid echt unmöglich!", entflieht es Kat, wobei sie immer noch grinst.
Es ist kein Wunder, dass sie meinen Einfall ziemlich unmöglich findet, aber dennoch darüber lachen muss. So ist Kat eben.
Ich ziehe meinen Mund zu einem Schmollen. Meine Augen schielen zu der Bühne, die mit Plakaten von Grunge Bands verziert ist.
"Die Musik hat aufgehört", bemerke ich traurig. Wahrscheinlich dringen die Schallwellen schon seit einigen Minuten nicht mehr zu mir durch. Erst als ich es sehe, bemerke ich es.
"Das liegt daran, dass die Band eine Pause macht", erklärt Luisa und deutet mit ihrem Finger auf den Gitarristen, der sich am Buffet bedient. Er sieht so aus, als würde er gleich verhungern. Berge an Essen türmen sich auf seinem Teller.
"Sieht ganz so aus", stimmt Logan ihr zu. Er zieht eine seiner buschigen Augenbrauen in die Höhe.
Ich kneife meine Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Eine schlechte Angewohnheit von mir, die ich immer ausübe, wenn ich in einem Zwiespalt stecke.
"Sieht gut aus. Ich bin dann mal weg!", füge ich noch hinzu. Ich verschwinde in Richtung Buffet.
Die Schallplatten sind teilweise so tief aufgehängt, dass ich mit dem Kopf dagegen stoße. Wow. Richtig gut koordiniert.
Ich nehme mir einen Teller und schaufele mir Essen darauf. Auch wenn ich versuche mir einzureden, dass ich das tue, weil ich Hunger habe, gibt es einen anderen Grund. Tief in mir keimt das Bedürfnis auf, mit den Bandmitgliedern zu reden.
"Ein Groupie also?", höre ich den Gitarristen fragen. Seine Stimme ist rauchig. Ganz anders als die der Jungs in meinem Alter. Wahrscheinlich ist er älter. Sie gleicht eher der von Kurt Cobain.
Ich zucke zusammen. Damit habe ich nicht gerechnet.
"Meinst du mich?", hake ich nach.
"Du warst gefühlt bei jedem unserer Auftritte"
Ich werde etwas rot. So viel zu der Emanzipation. Alles für den Arsch.
"Es ist nicht unbedingt mein Ding zu fan-girlen", sage ich, füge aber noch hinzu; "Das ist dir aufgefallen?"
Der Blondhaarige nickt, er wirft mir ein schiefes Grinsen zu.
"Wir haben nicht so viel 'Fans'", bei 'Fans' bildet er mit seinen Fingern Gänsefüßchen in der Luft, "Die meisten fühlen sich wahrscheinlich eher von unseren dauernden Auftritten im Café gestört"
Ein raues Lachen entflieht seiner Kehle. Schmunzelnd zupfe ich an meinem Kleid herum.
"Nur weil sie keinen Geschmack haben", sage ich und sehe ihn an.
"Und du hast einen?"
"Darf ich mal?", frage ich und zeige auf die Gitarre, die um seine Schulter hängt.
Er sieht mich erstaunt an.
Dann nickt er. Er sieht so aus, als würde er mir nicht glauben, dass ich mit diesem Instrument umgehen kann.
Ich nehme die Gitarre entgegen.
"Sie ist schön", bewundere ich die schwarze Gitarre.
Der Gitarrist, dessen Namen ich immer noch nicht weiß nickt, "Danke"
Meine Hand schließt sich um den Gitarrenhals. Ich schließe die Gitarre an den Verstärker an.
Meine Finger fangen, ohne dass ich darüber nachdenken müsste, an, 'Polly' zu spielen.
Die Augen des Gitarristen weiten sich. Es ist fast so, als würde er das erste Mal in seinem Leben ein Mädchen sehen, das E-Gitarre spielt.
"Polly", sagt er dann leise und kommt auf mich zu.
"Zählt das als guter Musikgeschmack?"
Er kratzt sich am Kopf.
"Ich denke schon"
Ich sehe, wie sich einige zu mir umgedreht haben, obwohl ich nicht einmal auf der Bühne stehe. Vermutlich angelockt durch den schiefen, aber dennoch wohlklingenden Sound, den Grunge an sich hat.
Nach dem Chorus beende ich das Lied, ich hatte schließlich nicht vor den ganzen Abschlussjahrgang zu entertainen.
"Du bist etwas durchgeknallt oder?", fragt mich der Gitarrist nun. Erst jetzt merke ich, dass sich auch der Rest der Band dazu gesellt hat.
"All the best people are crazy", zitiere ich eine Liedzeile aus Mad Hatter.
"Da hat sie recht. Kurt Cobain hatte sie auch nicht mehr alle", stimmt mir der Schlagzeuger zu.
Der Sänger boxt ihn in die Seite; "Alter, der hat sich umgebracht!"
"Ach kein Ding. Es ist mir eine Ehre mit einer Musiklegende verglichen zu werden", lache ich.
"Du hast doch nicht etwa vor dich umzubringen?"
"Gott nein!"
"Gut, gut", der Drummer wirkt sichtlich erleichtert.
"Sag mal, wie heißt ihr eigentlich?", frage ich die Jungs.
"Dave", der Gitarrist zeigt auf sich.
"Ganze Sätze sind nicht so dein Ding nicht?"
"Ich bin Mason und ich bin der Schlagzeuger"
Oh je, ganz schlecht.
Ich muss mein Gesicht auf eine seltsame Weise verzogen haben, denn Mason fragt sogleich; "Alles gut?"
Ich nicke.
"Habe nur nicht besonders gute Assoziazionen mit diesem Namen"
Der Sänger spendet mir nicht mehr allzu viel Aufmerksamkeit. Auf meine Frage, wie sie alle hießen, antwortet er nicht mehr. Stattdessen stopft er sich ein Würstchen im Schlafrock in den Mund.
Ich lächele; "War nett euch kennen zu lernen, aber ich sollte jetzt wieder zurückgehen!"
Ohne eine Reaktion abzuwarten, drehe ich mich auf der Ferse um und marschiere zu meinem Tisch. Dort sitzen alle und beobachten mich wie die Leinwand im Kino.
"Was hast du gemacht?", fragt mich Logan schließlich, während er eine Hand auf Luisas legt. Ich muss zugeben, die Beiden sind ausgesprochen süß.
"Sag du es mir doch. Schließlich habt ihr mich die ganze Zeit angestarrt"
"Sieht aus, als hättest du wieder einmal ein paar Leute verstört", grinst Luisa.
Ich verdrehe meine Augen, nicke aber dann.
"Jup. Schließlich muss ich meine Spuren hinter lassen, bevor ich nach New York gehe"
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