Kapitel 01
Unexpected
[Melody Rose Morgan]
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Fünf Schritte bis zu meinem Kleiderschrank.

Zehn Schritte bis zu meiner Tür.

Das macht fünfzehn Schritte.

Fünfzehn Schritte zu viel. Es würde nur eine Handbewegung brauchen, um meinen Wecker auszuschalten. Es gibt zwei Sorten von Menschen. Die, die ihre Kleidung nach Farben sortieren und dann noch die, die die Kunst des galaktischen Chaos beherrschen. Ich gehöre zu Letzteren.

Gäbe es meinen besten Freund Logan nicht, käme ich jeden Morgen eine Stunde zu spät in die Schule.

«Beeil dich endlich!», drei Wörter zusammengefasst in ein nerviges Geschrei, das mir, obwohl es von unten aus dem Wohnzimmer kommt, noch viel zu laut ist.

Soll ich den Mund aufmachen? Soll ich mir die Mühe machen und antworten, obwohl ich ohnehin gleich aufstehe und in genau fünf Minuten unten stehe? Langsam schwinge ich meine Beine aus dem Bett und strecke mich. Als meine Füße den kühlen Boden berühren, zucke ich leicht zusammen. Eine Bewegung mit meinem Finger und es wummert Metallica durch mein Zimmer. Nur den Bruchteil einer Millisekunde und ich bin wach.

Ich gehe rüber zu meinem Kleiderschrank und öffne ihn.

Nur noch ein Jahr und die Hölle ist vorbei.

Schnell streife ich mir ein paar Klamotten über, mitunter eine hellblaue Latzhose mit Farbflecken und Löchern so groß, dass man auf beiden Seiten meine Knie sehen kann.

Drei Bewegungen und ich habe mir meinen Rucksack, auf dem unzählige Sticker kleben, geschnappt. Ich beeile mich mein Zimmer zu verlassen und nach unten zu kommen, wo bereits Logan auf mich wartet. Es sind genau zwanzig Stufen auf denen ich nach unten springe.

»Beeil dich!«, brüllt Logan erneut.

»Bin schon da!«, antworte ich und schlittere über den Parkettboden, direkt vor seine Füße.

»Eine bezaubernde Erscheinung, wie immer«, begrüßt mich Logan sarkastisch. Ich boxe ihn in die Seite.

»Halt die Klappe, wir wollen doch nicht zu spät kommen«, sage ich provozierend und gehe an ihm vorbei in die Küche, wo ich mir das Nächstbeste auf dem Tisch schnappe und als Frühstück mitnehme.

»Du weißt schon, dass du da gerade ein Glas Nutella mitgenommen hast?«, fragt mich Logan, während er mir hinterherschlappt. Schwungvoll drehe ich mich im Gehen um, blicke auf meine Hand mit dem großen Nutella Glas und zucke mit meinen Schultern. Ich schnappe mir lediglich einen Löffel und öffne die Hintertür.

Aus dem Augenwinkel kann ich erkennen, wie Logan den Kopf schüttelt. Ich grinse bloß und schnappe mir mein Skateboard. Logan greift sich seins und folgt mir. Während ich losfahre werfe ich das Nutella Glas in meinen Rucksack.

»Meine Damen und Herren, hier sehen sie Melody Rose Morgan, wie sie leibt und lebt. Stets um einen guten Eindruck bemüht«, sagt Logan lachend, während er mich einholt. Ich beschleunige etwas und sehe ihn an.

»Wozu einen guten Eindruck hinterlassen, in einem Jahr juckt es eh keinen mehr, wer ich auf der Highschool war«, antworte ich und sehe geradeaus. Auf die Sonne, die alles in ein Orange und Pink taucht und erst über den Hügeln aufgeht.

»Wusstest du, dass man fremde Kühe nicht mit Graffiti besprühen darf«, fragt er dann und sieht mich nachdenklich an.

»Wie kommst du jetzt darauf?«, frage ich ihn, auch wenn diese Themenwechsel nicht unbedingt ungewöhnlich für uns sind.

»Habe ich heute irgendwo gelesen«, antwortet er schulterzuckend.

»Das heißt, seine eigenen Kühe darf man schon mit Graffiti besprühen oder was?«, hake ich lachend nach und schließe dann für meine Augen, um den Wind zu genießen, der mir entgegenkommt.

Als ich sie wieder öffne sehe ich, wie Logan anfängt zu lachen.

»Keine Ahnung«, antwortet er grinsend. Ich falle in das Lachen ein. Die warmen Sonnenstrahlen berühren ganz leicht und warm mein Gesicht. Ich strecke meine Arme aus und genieße, dass ich im Moment nichts machen muss, da wir einen Berg hinunterfahren. Nur noch wenige Meter und wir sind das erste Mal nach drei Monaten wieder in der Schule. Es wird sich eh nicht viel ändern, obwohl alle Lehrer einen totales Tam Tam machen werden.

Kurz vor der Tür mache ich stopp, wobei ich fasst in eine Lehrerin reinkrache. Diese verdreht genervt die Augen.

»Miss Morgan, wilkommen zurück«, sagt sie, bevor sie hinter der Tür verschwindet.

»Wieso habe ich das Gefühl, dass du ständig in irgendjemanden hineinkrachst?«, höre ich die Stimme von Logan hinter mir. Ich drehe mich genervt um.

»Stimmt doch gar nicht«, murmele ich zu meiner Verteidigung, was auch nicht viel bringt, da es leider eine Tatsache ist, dass ich immer in Leute hineinrenne.

»Lass uns einfach reingehen«, füge ich hinzu. Logan nickt, wobei seine braunen Locken auf seinem Kopf hin und her hüpfen.

Zwanzig Schritte von hier zu meinem Spind, Schritte welche dazu dienen mein Mathebuch heraus zu holen. Also eine völlig unnötige Bewegung.

»Zählst du wieder deine Schritte?«, fragt mich aufeinmal Logan, während er mich am Arm packt und mit sich zieht.

»Nein«, murmele ich. Doch.

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