21. Kapitel
In den nachfolgenden Tagen hatten wir uns auch die anderen zu kleinen Räume angesehen. Das Zauberkunstklassenzimmer war eine einzige Enttäuschung gewesen: Wie sich herausstellte, hatte sich die ursprüngliche Wand mit ihren unzähligen Vorsprüngen und kleinen Nischen einfach nicht wirklich für ein Klassenzimmer geeignet und so hatte man kurzerhand eine neue Wand eingezogen. Beim Gemeinschaftsraum der Hufflepuffs verhielt es sich ähnlich. Auch hier hatte man eine neue Wand eingezogen. Diesmal aber um den Raum besser zu isolieren. Professor Lupins Büro hingegen, war eine wahre Schatzgrube.
Lupin war ziemlich überrascht gewesen, als Gawain, Kaspar, ich und Jessie und Cedric, die sich uns wieder angeschlossen hatten, vor der Tür zu seinem Büro aufgekreuzt waren und ihn darauf angesprochen hatten, dass sein Büro eine doppelte Wand hatte. Er hatte es uns erst nicht geglaubt, bis Gawain sich daran gemacht hatte, einen äusserst schweren Einbauschrank mit Magie zu verrücken. Das Stück war problemlos nach hinten geglitten und hatte einen schmalen Raum freigegeben, der insgesamt noch einmal etwa halb so gross war, wie das Büro selbst. Zu sechst hatten wir uns schliesslich dort gedrängt und auf die über und über bemalten und beschriebenen Wände gestarrt. Der Plan von Hogwarts mit den Magielinien, den wir bereits in Finëas altem Büro gesehen hatten, war auch hier wiederzufinden, äusserst akkurat abgezeichnet. Daneben waren auch Ausschnitte des Plans des Schlosses zu sehen, die Kaspar mit unserer Karte abglich.
«Ist das eine Karte von Hogwarts?», fragte Professor Lupin fasziniert und sah Kaspar über die Schulter. «Faszinierend, diese Räume und Durchgänge habe ich noch nie gesehen», sagte der Professor nachdenklich und deutete auf einige Stellen der Karte.
Unterdessen waren Gawain und Jessie ganz fasziniert von den Texten, die die Zeichnungen und Grafiken an den Wänden immer wieder durchbrachen.
«Wer auch immer das hier geschrieben hat, wusste vom Erwachen der Monster», sagte Jessie und deutete auf den Textabschnitt, den sie gerade gelesen hatte. «Hier steht, dass der Dämonenkönig Balor immer stärker und stärker werden und die Monster mit seiner Kraft nähren würde, bis diese schliesslich 'erwachten'. Und sie wiederum würden dann ihm helfen, wiederzuerstehen», fasste Jessie zusammen.
«Und was hat das mit Hogwarts zu tun?», fragte ich verwirrt, aber mit einem mulmigen Gefühl im Bauch. Beinahe ängstlich betrachtete ich die beiden Knotenpunkte der Magielinien, die sich beim Steinkreis und beim Astronomieturm befanden. Etwas Kühles streifte mein Handgelenk und lenkte mich kurzzeitig ab. Corvus hatte sich wieder einmal aus dem Armreif befreit und flatterte durch den Raum.
Ich sagte dir, dass wir alle in Gefahr sind, hörte ich seine Stimme durch meine Gedanken wehen, während Gawain sagte: «Er ist hier. Balor ist hier begraben. Unter dem Schlosshügel.»
«Was?», riefen wir alle gleichzeitig, sogar Professor Lupin, auch wenn er eher verwirrt als entsetzt klang.
«Hier steht, dass Balor hier begraben ist und dieser Ort deshalb so mächtig ist. Der Autor schreibt: Wir wollten unsere Schule an einem Ort der Macht errichten und wir haben einen gefunden. Was wir jedoch nicht wussten, war, um welche Art der Macht es sich hierbei handelte. Mittlerweile weiss ich es: Es ist eine dunkle, böse Macht, die von einem toten, einäugigen Riesen ausgeht, der unter diesem Hügel begraben liegt. Und wenn meine Nachforschungen stimmen, ist dieser Riese nicht einfach irgendein toter Riese, sondern der Dämonenkönig Balor, der eines Tages wieder erwachen wird. Nachdem ich das herausgefunden hatte, habe ich als erstes den Gang, der in sein Grab führt, versiegelt, trotzdem glaube ich, dass das Schicksal unserer Schule nun endgültig besiegelt ist. Wir sind dem Untergang geweiht – es ist nur eine Frage der Zeit.»
«Wer schreibt so etwas?», fragte Professor Lupin irritiert. «Noch dazu auf einer versteckten Wand in meinem Büro.»
«Professor Ravenclaw, wer denn sonst?», erwiderte Kaspar düster.
Unsere Entdeckung in Professor Lupins Büro liess mich mit einem mulmigen Gefühl zurück, das noch schlimmer wurde, als Gawain mich darauf ansprach, ob ich auch spürte, wie die bedrohliche Kraft, die ich bereits seit Anfang Schuljahr gespürt hatte, ständig stärker wurde. Hatte ich, aber ich wollte lieber nicht darüber nachdenken. Über gar nichts davon. Und das funktionierte auch ziemlich gut, solange ich mich einfach auf den Schulstoff und die Hausaufgaben konzentrierte. Und da ich davon in letzter Zeit mehr als genug davon hatte, dachte ich überhaupt nicht mehr an Balor, das Erwachen der Monster und das Ende von Hogwarts. Nur die seltsame Spannung, die auf Balors Präsenz zurückging, konnte ich nicht völlig ausblenden.
Das Schuljahr schritt voran, die ZAG-Prüfungen rückten jeden Tag näher und die Lehrer waren gewillt, unsere Köpfe bis dahin mit all dem Wissen zum Platzen zu bringen. Ich liess mich darauf ein, liess mich mittreiben und ging nicht darauf ein, wenn Jessie, Kaspar, Cedric oder Gawain mich auf Balor ansprachen. Bald liessen meine Freunde das Thema fallen und Gawain ging mir aus dem Weg, wenn er in Hogwarts war. Die meiste Zeit verbrachte er in Lupins Büro oder in der Bibliothek und so kamen wir gut aneinander vorbei.
Eines Tages behielt uns Professor McGonagall nach Verwandlung länger da und verteilte mit einem Schwung ihres Zauberstabs Broschüren und Informationsblätter. Ich sah auf den Stapel vor mir und blätterte darin herum. Ihre Zukunft als magischer Handwerker, hiess es da, oder: Diese Berufe versprechen Ihnen eine steile Karriere im Zaubereiministerium.
«Da Sie jetzt in der fünften Klasse sind, wird es für Sie Zeit, sich genauer mit Ihren Zukunftsplänen zu befassen. Schliesslich werden Ihre Ergebnisse in den ZAG-Prüfungen Ihre akademischen Voraussetzungen für die Berufswelt entscheidend beeinflussen. Von diesen Ergebnissen hängt es schliesslich ab, ob Sie überhaupt erst für die UTZ-Kurse zugelassen werden. Wenn Sie also für Ihren Traumberuf einen Abschluss auf UTZ-Niveau brauchen, müssen Sie sich bereits jetzt darum bemühen», sagte Professor McGonagall und sah streng über die Klasse. «Sie alle werden innerhalb der nächsten Wochen einen Termin zu einem Berufsberatungsgespräch erhalten und ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich bis dahin über die verschiedenen Berufe der Zaubererwelt informieren und mindestens drei Berufe auswählen, die Sie interessieren.»
Überfordert sah ich auf den gewaltigen Stapel vor mir. Ich hatte noch nie auch nur einen kleinen Gedanken darauf verschwendet, zu überlegen, was ich nach Hogwarts tun sollte.
Ich verbrachte die folgenden Tage viel Zeit damit, die Broschüren zu lesen und darüber nachzugrübeln, wie ich mir meine berufliche Zukunft vorstellte. Als ich meinen Vater bei einem unserer abendlichen Treffen darauf ansprach, lächelte dieser hinterhältig und schlug vor, ich solle Tränkemeisterin werden.
«Ich weiss nicht, Sev ...», entgegnete ich. «Zaubertränke sind eine gute Sache, äusserst praktisch, aber ich kann mir nicht vorstellen, mich mein ganzes Leben lang damit zu befassen ...»
Sev lachte. «Das weiss ich doch, Adrienne. Aber ich erwarte zumindest einen UTZ-Abschluss in Zaubertränke von dir. Und dazu brauchst du erst ein Ohnegleichen in den ZAG-Prüfungen, damit ich dich überhaupt in meine UTZ-Klasse aufnehme.»
«Du könntest ja eine Ausnahme machen», schlug ich vor, aber Sev antwortete nur mit einer erhobenen Braue. «Also gut», lenkte ich schliesslich ein. «Und was bringt mir ein UTZ-Abschluss in Zaubertränke?»
«Es gibt viele Berufe, die Zaubertrank-Kenntnisse verlangen», begann mein Vater zu erklären. «Heilerinnen zum Beispiel müssen über gute Zaubertrank-Kenntnisse verfügen, aber auch Aurorinnen und Fluchbrecherinnen. Selbst wenn du mit magischen Geschöpfen arbeiten willst wie Charlie Weasley, sind Zaubertrank-Kenntnisse äusserst nützlich.»
In der verzweifelten Hoffnung auf weitere Inspiration hatte ich gleich nach meinem Gespräch mit Sev Theo und eine der Schuleulen mit Briefen an Ma und Charlie losgeschickt.
Bis Charlies Antwort eintraf, dauerte es einige Tage. Er schlug mit verschiedene Berufe vor, vor allem solche, bei denen man mit magischen Geschöpfen arbeitete. Gefährliche magische Geschöpfe, wohlgemerkt.
Da du ein kleines bisschen Feyblut in den Adern hast, wird es dir nicht schwer fallen, mit solchen Geschöpfen umzugehen, ein Vorteil, den du auf jeden Fall für dich nutzen solltest, hatte Charlie geschrieben. Das ist auch mein ganz allgemeiner Tipp: Überlege dir, worin du gut bist und was du gern machst und lass dabei die Schule auch einmal ausser acht.
Nachdem ich diesen Brief gelesen hatte, studierte ich lange an Charlies Tipp herum. Was machte ich gerne? Worin war ich gut? Ich kam zweifellos sehr gut mit magischen Geschöpfen zurecht – sogar mit den Monstern. Ich war ein Obscurial, aber ob das im Berufsleben zu irgendwas nütze sein könnte, bezweifelte ich ... Ich beherrschte stablose Magie und war auch sonst nicht allzuschlecht in Zauberkunst und Verwandlung – aber Charlie hatte mir ja geraten, für einmal nicht an die Schule zu denken. Ich las gerne – Fantasyromane und Abenteuergeschichten vor allem, aber ich konnte mich auch für Sachthemen begeistern. Ich war gerne draussen. Ich konnte halbwegs passabel mit einem Schwert umgehen – auch das eine Fähigkeit, die im Berufsleben wohl kaum nützlich war.
Am Ende seines Briefes hatte Charlie noch einige Worte aufgeschrieben, in denen er versucht hatte, mich zu beschreiben: entschlossen, mutig, zielstrebig, überzeugend, Anführerin, bringt sich oft in Schwierigkeiten, schafft es aber auch, wieder raus zu kommen.
Ma's Antwort war viel schneller gekommen als die von Charlie, war dafür aber auch um einiges kürzer und weniger hilfreich gewesen.
Liebe Adrienne
Vielen Dank für deinen Brief – es ist viel zu lange her, dass ich von dir gehört habe. Ich werde dafür sorgen, dass das nicht mehr vorkommt und wir uns demnächst wieder sehen.
Was deine Frage nach deiner beruflichen Zukunft betrifft, kann ich dir nicht gross weiterhelfen. Ich kenne nur wenige Berufe in der Zaubererwelt, zumindest wenn du keinem Schreibtischjob nachgehen willst. Vielleicht wäre Aurorin etwas für dich oder Fluchbrecherin.
Allerdings möchte ich dich darauf aufmerksam machen, dass dir auch Berufe ausserhalb der Zauberergemeinschaft offenstehen. Es gibt durchaus Hexen und Zauberer, die 'gewöhnliche' Muggelberufe haben. Zudem gibt es in Londinium auch eine ganze Reihe an Berufen, die dich vielleicht interessieren. Wenn ich für dich entscheiden müsste, würde ich dafür sorgen, dass du dem AZMGUK beitrittst – nirgendwo sonst hast du die Gelegenheit, so viele verschiedene unterschiedliche magische Gemeinschaften kennenzulernen.
Ich hoffe, das hat dir weitergeholfen.
Liebe Grüsse und bis bald
Ma
Immer wieder hatte ich diesen Brief durchgelesen. Mal hatte ich mich darüber aufgeregt, dass Ma mir kaum konkrete Antworten gab, dann darüber, dass sie versuchte, mich in eine ganz bestimmte Richtung zu drängen: Aurorin, Fluchbrecherin, Mitarbeiterin des AZMGUK – das war doch alles ziemlich nahe beieinander. Dann wieder war ich froh darum, dass sie ein bisschen von dem Druck von meinen Schultern genommen hatte: Es stimmte, in Londinium gab es auch viele verschiedene Berufe, die mich vielleicht mehr interessierten als die Berufe in der Zaubererwelt. Allerdings wusste ich wohl einfach ganz allgemein zu wenig über Zaubererberufe – ganz egal wie viele Broschüren und Merkblätter ich durchlas.
Urplötzlich war er da, mein Berufsberatungstermin, und ich fand mich völlig planlos vor der Tür zu Professor McGonagalls Büro wieder. Nervös klopfte ich an und wurde hereingerufen. Als ich die Tür öffnete, huschte mein Blick zur Seite, doch anstatt der erwarteten Bücherregale und Wandschränke viel mein Blick auf die steinerne Wand des Raums. Die ungezählten, kohlschwarzen Schriftzeichen waren verschwunden und hatten hellgrauen Stein zurückgelassen, wo dieser nicht von den roten und blauen Linien der Karte und den weissen Symbolen überdeckt war. Die Bücherregale und Wandschränke waren immer noch da, nur dass sie jetzt weiter zurückstanden, direkt an der Wand, wie es eigentlich gedacht war. Mir fiel auf, dass Professor McGonagall es so eingerichtet hatte, dass die Möbel sich verschieben liessen. Momentan waren die Karte und die Symbole sichtbar, aber mit wenig aufwand konnte man die Möbel so verrücken, dass sie nicht mehr zu sehen waren.
«Wie ich sehe, bewundern Sie meine neue Einrichtung, Miss Seanorth. Ziehen Sie eine Karriere als Innenarchitektin in Erwägung?», sagte Professor McGonagall. Sie klang dabei ungewohnt heiter, beinahe belustigt. «Ich denke, es war eine gute Entscheidung, die Aufzeichnungen über Hogwarts zu kopieren. Jetzt ist mein Büro viel grösser, was ziemlich praktisch ist. Und wenn wir schon beim Kopieren sind ...» Professor McGonagall stand auf und ging zu einem der Regale hinüber, in dem mehrere identisch aussehende, sehr dicke Bücher sind. Sie zog eines heraus und hielt es mir hin. «Bitte schön. Ich denke, eines hiervon sollte auf jeden Fall seinen Weg in den Gemeinschaftsraum der Finjarelles finden.»
Verblüfft sah ich auf das dicke Buch hinab und las den in geschwungenen, goldenen Lettern auf den Einband geprägten Titel: Eine Geschichte Hogwarts – nach Aufzeichnungen von Finëa di Finjarelle und Helena Ravenclaw.
«Drei Exemplare stehen bereits in der Bibliothek, eines werde ich auf jeden Fall hierbehalten, immerhin ist das hier Finëa di Finjarelles ehemaliges Büro und mindestens eines sollte auch im Gemeinschaftsraum der Finjarelles stehen», erklärte Professor McGonagall lächelnd. «Was ich mit den anderen mache, weiss ich noch nicht.»
Es schien, als wartete die Professorin auf eine Antwort. «Vielleicht ... könnte eines an die grosse Bibliothek in Londinium gehen?», schlug ich zögernd vor.
«Das scheint mir eine gute Idee zu sein», sagte meine Hauslehrerin enthusiastisch. «Aber nun sollten wir zum eigentlichen Thema Ihres Besuchs zurückkehren, Miss Seanorth. Wir sind hier, um über Ihre Zukunftspläne zu sprechen. Ich nehme an, Sie haben sich gründlich vorbereitet?»
Ich nickte.
«Nun denn. Welche Berufe ziehen Sie für sich in betracht?»
«Naja, es sind weniger konkrete Berufe, als eher Berufsfelder, wenn man so will ...»
McGonagall lächelte ermutigend. «Nur zu.»
«Ich habe mir überlegt, dass ich vielleicht etwas mit magischen Tierwesen machen könnte. Ich habe das Fach ja gewählt und bin recht gut darin.» McGonagall unterstützte diese Aussage mit einem Nicken. «Und ich bin auch gern draussen und es macht mir auch nichts aus, wenn es mal gefährlich wird.»
Ein amüsiertes Lächeln zupfte an den Mundwinkeln meiner Hauslehrerin. «Vermutlich würde es Ihnen sogar langweilig, wenn es nicht bisweilen gefährlich wird.»
«Ähm ... ja.» Ich fühlte mich ertappt.
«Haben Sie an etwas Konkretes gedacht?»
«Vielleicht etwas wie Charlie Weasley macht. Er arbeitet mit Drachen.»
Professor McGonagall nickte und machte sich Notizen. «Arbeit mit magischen Tierwesen ... gut. Miss Seanorth, ich muss sagen, ich persönlich finde, dass eine solche Arbeit sehr gut zu Ihnen passt. Sie scheinen wirklich sehr gut mit magischen Tierwesen umgehen zu können. Sogar mit Monstern. Ich habe etwas mit Mr Carlion gesprochen und er hat mir anvertraut, dass die von Kathleen Seanorth einige Fey-Talente erhalten haben. Unter anderem Ihre Fähigkeit, selbst mit den übelsten Monstern umzugehen, was Ihnen in diesem Berufsfeld natürlich sehr zu Gute kommen wird.»
«Welche weiteren Tätigkeiten würden Sie interessieren?»
«Nun ja ... Sie haben es selbst gesagt, Professor, ich würde mich wohl langweilen, wenn es nicht bisweilen etwas gefährlich würde, deshalb habe ich an Aurorin oder Fluchbrecherin gedacht ...»
Professor McGonagall nickte erfreut, während sie sich weitere Notizen machte und durchsuchte dann einem Stapel mit Broschüren und Merkblättern zu verschiedenen Berufen, wie sie sie uns bereits ausgeteilt hatte. Sie förderte je ein Merkblatt für Auroren und für Fluchbrecher zu Tage. «Um Aurorin zu werden, brauchen Sie natürlich spitzen Noten. Mindestens fünf UTZe werden verlangt. In Verteidigung gegen die Dunklen Künste natürlich, aber auch in Verwandlung, Zaubertränke, Zauberkunst und Kräuterkunde. Wenn es Ihnen gelingt, Ihren Schnitt zu halten, werden Sie in Verteidigung, Verwandlung, Zauberkunst und Kräuterkunde wohl keine Probleme haben, die UTZ-Kurse zu besuchen, aber ich muss Ihnen sagen, dass Professor Snape nur Schülerinnen und Schüler mit einem 'Ohnegleichen' in seine UTZ-Kurse aufnimmt und Sie stehen momentan eher bei einem 'Erwartungen übertroffen'.»
«Ich weiss, Professor. Sev–», ich biss mir auf die Lippen, ob dieses Versprechers. «Ich meine, Professor Snape hat mich bereits vorgewarnt. Allerdings erwartet er von mir ein 'Ohnegleichen' in den ZAG-Prüfungen und wir verbringen in letzter Zeit viel Zeit zusammen und brauen Zaubertränke.»
Professor McGonagall sah mich eindringlich an und seufzte dann. «Natürlich erwartet er dass, aber, Miss Seanorth, lassen Sie sich von Ihrem Vater nicht unter Druck setzen.»
«Mach ich nicht», sagte ich. «Ich glaube, ich kann problemlos ein 'Ohnegleichen' erreichen, wenn ich mich etwas mehr anstrenge.»
Professor McGonagall nickte und zog den Flyer zu den Fluchbrechern zu rate. «Was Ihren zweiten Berufswunsch betrifft, muss ich Sie leider enttäuschen. Hier werden UTZe in Arithmantik, Verteidigung gegen die Dunklen Künste und Zauberkunst. Alte Runen, Verwandlung und Zaubertränke werden ebenfalls empfohlen. Nun, wie Sie selbst wissen, haben Sie Arithmantik gar nicht belegt.» Sie legte das Merkblatt zur Seite, hielt dann aber Inne und sah mich nachdenklich an. «Sagen Sie, Miss Seanorth, wie gut kennen Sie sich auf den Gebieten der Alchemie und der theoretischen Magie aus? Sie hatten beide Fächer ein Jahr lang und ich weiss, dass Sie sich auch danach noch mit den beiden Fachbereichen befasst haben.»
Ich war etwas überrumpelt, an diese beiden Fachgebiete hatte ich in meinen Überlegungen gar nie gedacht. «Ich würde sagen, in der Alchemie beherrsche ich höchstens die Grundlagen. Professor Slytherin hat zwar, glaube ich, auf sehr hohem Niveau unterrichtet, aber ich war nur in der zweiten Klasse. Und Mr Flamel hat mir zwar auch einiges beigebracht, aber die Zwillinge waren immer um Welten besser darin als ich.»
«Die Zwillinge? Sprechen Sie von den Weasley-Zwillingen?», fragte Professor McGonagall überrascht.
Ich nickte. «Ja, sie interessieren sich sehr dafür und haben auch ... ähh.» Ich verstummte. Beinahe wäre mir etwas über die Experimente der Zwillinge herausgerutscht. Professor McGonagall war das nicht entgangen, aber sie sagte nichts dazu, sondern machte sich nur eine Notiz.
«Nichts desto trotz sind selbst grundlegende Kenntnisse in einem Fachbereich, in dem es heutezutage kaum noch Spezialisten gibt, sehr wertvoll. Das Gleiche gilt natürlich auch für die theoretische Magie. Wie sieht es dort aus?»
Ich erzählte McGonagall von meinem Unterricht bei Finëa, das hiess bei Professor Finjarelle, und von den Büchern, die ich zu diesem Thema gelesen hatte. Angefangen bei Finëas eigenem Werk bis zu dem Buch, das Charlie mir geschenkt hatte.
«Und ich vermute, noch das ein oder andere Buch aus der verbotenen Abteilung», sagte McGonagall streng.
«Möglich ...», antwortete ich kleinlaut.
«Hmm ... und Finëa di Finjarelle ist noch hier und könnte Sie bestimmt noch unterrichten», überlegte meine Hauslehrerin und erinnerte mich daran, dass Dumbledore ernsthaft überlegt hatte, Finëa wieder als Lehrerin für theoretische Magie einzustellen.
«Wissen Sie, Miss Seanorth, ich denke, mit fundierten bis herausragenden Kenntnissen theoretischer Magie könnten Sie Ihr Unwissen zur Arithmantik gut wettmachen. Auch wenn Sie sich die grundlegenden Kenntnisse der Arithmantik zweifelslosen aneignen müssen. Vielleicht im Selbststudium? Oder mit Hilfe eines anderen Schülers ... Ihre Freundin Jessie Silver hat meines Wissens das Fach belegt. Nun denn, wenn Sie diesen Weg wirklich wählen möchten, findet sich sicher eine Möglichkeit.»
Wieder machte Professor McGonagall sich einige Notizen, bevor sie wieder zu mir aufsah. «Was ist das dritte Berufsfeld, mit dem Sie sich befasst haben?»
Verlegen knetete ich meine Hände. Es gab kein drittes Berufsfeld, nicht wirklich zumindest. «Meine Ma, also Kathleen Seanorth, hat mich dazu ermutigt, dass ich auch einen Beruf ausserhalb der Zauberergemeinschaft annehmen könnte. Zum Beispiel könnte ich mich dem AZMGUK anschliessen ...»
McGonagall blickte überrascht. «Ich wusste gar nicht, dass der AZMGUK auch Hexen und Zauberer aufnimmt.»
«Doch, tun sie. Jake Coron zum Beispiel. Er ist mit Gawain befreundet und war auch in Hogwarts. Vielleicht kennen Sie ihn?»
Nachdenklich legte Professor McGonagall den Kopf schief, verneinte dann aber. «Ich kann mich nicht an ihn erinnern, aber ich hatte im Lauf der Jahre auch so viele Schüler, dass ich sie unmöglich alle im Gedächtnis behalten kann. Wie dem auch sei, ich kann Ihnen natürlich nicht sagen, welche Qualifikationen der AZMGUK voraussetzt. Offengestanden weiss ich gar nicht, was der AZMGUK alles tut. Ihnen geht es um die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen magischen Völkern, also wird wohl einiges an Diplomatie gefragt sein, sowie Verständnis für die verschiedenen Kulturen ... aber das werden Sie wohl im Verlauf Ihrer Arbeit gewinnen müssen. Obwohl ... da Sie in Londinium leben, Miss Seanorth, bringen Sie sicher bereits gute Voraussetzungen mit. Und ich habe gehört, dass der AZMGUK derzeit bei der Verfolgung von Sirius Black mithilft, er übernimmt also auch Aufgaben im Bereich des Rechtsvollzugs.»
Ich nickte. «Ja, Ma's Abteilung ist dafür zuständig. Sie hat einmal gesagt, dass sie sozusagen zur Katastropheneinheit gehört, die ausrückt, wenn es keine andere Möglichkeit gibt zu schlichten.»
«Für eine solche Arbeit wäre eine Ausbildung aus Aurorin recht nützlich. Vielleicht sollten Sie dieselben Qualifikationen anstreben, vielleicht sogar die Ausbildung zur Aurorin absolvieren. Auf jeden Fall hätte das Ministerium sicher Interesse daran, eine weitere Hexe beim AZMGUK zu haben.»
Überrascht sah ich meine Hauslehrerin an.
«Ja», sagte diese. «Sie könnten durchaus eine sehr wichtige Position einnehmen, wenn es um die Beziehung zwischen dem Ministerium und dem AZMGUK geht. Soweit ich weiss, haben beide momentan sehr wenig miteinander zu tun, was, zumindest meines Erachtens, ein grosser Fehler ist. Ziehen Sie diese Laufbahn auf jeden Fall für sich in Erwägung, aber vergessen Sie darüber nicht, sich auch noch andere Möglichkeiten offen zu halten.»
Ich nickte wieder, während Professor McGonagall ihre Notizen ergänzte und dann nochmals kurz durchlas.
«Bei diesem Gespräch geht es nicht nur um Ihre berufliche Zukunft, sondern auch darum, welche Fächer Sie im nächsten Jahr belegen wollen, Miss Seanorth. Nach Ihrem aktuellen Portfolio und Ihren Interessen, würde ich Ihnen folgende Fächer empfehlen: Verteidigung gegen die dunklen Künste, Zauberkunst, Zaubertränke, Verwandlung und Kräuterkunde – mit Hinblick auf eine Mögliche Zukunft als Aurorin – des weiteren natürlich Pflege magischer Geschöpfe, auch wenn Sie keinerlei Probleme im Umgang mit solchen haben, ich akademisches Wissen in diesem Bereich natürlich ebenfalls angebracht, wenn sie sich für einen Beruf in diesem Fachgebiet entscheiden. Wenn Sie es mit dem Beruf als Fluchbrecherin ernst meinen, sollten Sie zudem darüber nachdenken, Alte Runen weiterhin zu belegen und natürlich wäre es wünschenswert, wenn Sie sich in Ihrer Freizeit mit Arithmantik beschäftigen. Möglicherweise könnten Sie auch Privatstunden bei Professor Vektor nehmen, sie freut sich immer, wenn jemand sich für ihr Fachgebiet interessiert. Und bleiben Sie auf jeden Fall an theoretischer Magie dran. Ich denke, egal in welchem Bereich Sie sich betätigen wollen, wenn Magie im Spiel ist, könnte Ihnen dieses Wissen auf jeden Fall zu Gute kommen.»
Danach war ich entlassen und machte mich auf den Rückweg zum Gemeinschaftsraum. Das Gespräch hatte länger gedauert, als eigentlich geplant und so war der Rest der Schulstunde bereits verstrichen. Unterwegs dachte ich nochmals darüber nach, was Professor McGonagall gesagt hatte. Wenn ich Verteidigung gegen die dunklen Künste, Zauberkunst, Zaubertränke, Verwandlung und Kräuterkunde und dazu Pflege magischer Geschöpfte und Alte Runen belegen wollte – sieben Fächer – war mein Stundenplan mehr als gut gefüllt. Besonders wenn ich mich dazu noch richtig mit Arithmantik und theoretischer Magie befassen wollte. Ich sollte mich wohl besser etwas umhören und herausfinden, ob das überhaupt zu schaffen war, wenn man nicht ein Genie wie Jessie war.
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