30. Kapitel
Weisse Vorhänge blähten sich in einer milden Brise, die den Duft des Frühsommers hereinwehte. Die Matratze unter mir und die Kissen und Decken waren vertraut und doch fremd. Der Winkel, in dem das Licht auf mein Gesicht fiel, war falsch. Ich blinzelte und bekam etwas mehr von meiner Umgebung zu sehen. Die weissen Vorhänge trennten das Himmelbett vom Rest des Raums ab, aber der Stoff war dünn genug, dass man durch ihn hindurch die beiden anderen Betten im Raum sah. In einem der Betten schlief jemand – durch den Vorhang, der das Bett verhüllte, war jedoch nicht mehr als ein grober Umriss zu sehen. Beim anderen Bett waren die Vorhänge geöffnet. Zwei Jungen sassen dort und flüsterten miteinander, während ihre Blicke hin und wieder zu mir hinüberglitten.
«Raus hier, ihr beiden!», polterte plötzlich eine laute Stimme. «Das hier ist immer noch ein Mädchenschlafsaal. Wenn die Dinge anders lägen, würde ich Hufflepuff und Finjarelle jetzt je 20 Punkte abziehen. Habt ihr mich verstanden? Cedric? Kaspar?», fragte Finëa eindringlich. Die beiden Gestalten vom zweiten Bett verschwanden so schnell wie möglich aus dem Raum.
Dann wurde der Vorhang vor meinem Bett zur Seite geschoben und Finëa blickte zu mir herunter. Selbst die hässliche Narbe, die die eine Seite ihres Gesichts verunstaltete, konnte die Sorge in ihren Zügen nicht verschleiern. «Geht es dir gut, Adrienne? Wir machen uns alle Sorgen um dich. Wir hätten nicht zulassen dürfen, dass du dieses Ritual abhältst – zumindest nicht allein.» Federleichte, kühle Finger strichen eine Haarsträhne aus meinem Gesicht. «Deine Mutter hätte mich umgebracht, wenn ich nicht schon tot wäre.»
«Ma war hier?», murmelte ich und versuchte mich gleichzeitig zu erinnern, was das für ein Ritual war, von dem Finëa sprach.
«Sie ist immer noch hier. Ich kann sie holen, wenn du möchtest», bot Finëa an und ich nickte. Die verstorbene Fey und ehemalige Hogwartsgründerin glitt sanft aus dem Raum und verschwand in einem mit dunklem Holz getäfelten Flur.
Auch das Zimmer, in dem ich mich befand, war teilweise mit diesem dunklen Holz getäfelt, der grösste Teil der Wand war jedoch weiss verputzt. Die Kleidertruhen und die Betten waren ebenfalls aus dunklem Holz – fast so dunkel wie der Rabe, der ein weisses Banner zierte. Jetzt wusste ich, wo ich war: In meinem alten Schlafsaal bei den Finjarelles. Aber wieso war ich hier?
Ma kam in den Schlafsaal gerauscht und eilte direkt auf mein Bett zu. Mir blieb kaum Zeit, mich über das dunkelviolette Kleid zu wundern, dass sie trug. Seit wann trug meine Ma Kleider? Nur das Schwert, dass sie an einem dunkelbraunen Ledergürtel um ihre Taille geschlungen trug, erinnerte noch an die gefährliche Fey, die sie eigentlich war. Das Schwert und die schrägstehenden, grünen Augen, die spitzen Ohren und Zähne.
«Kleines, geht es dir gut?», fragte sie besorgt und strich über mein Haar, meine Stirn und Wangen und über meine Schultern und Arme. Ich versuchte zu nicken, aber plötzlich kullerten mir Tränen über die Wangen. «Scht ... scht ... ist doch alles gut. Alles ist gut, meine Kleine», murmelte Ma und zog mich in ihre Arme.
«Morgen, Miss Seanorth», kam es verschlafen vom anderen belegten Bett. Jessie rieb sich die Augen.
«Es ist Viertel vor acht», erklärte Ma. «Du solltest dich beeilen, Jessie. Es sei denn natürlich, du willst im Pyjama in der grossen Halle erscheinen. Professor Snape wird Kaspar, Cedric und dich wie gestern um acht Uhr zum Frühstück abholen.»
Jessie grummelte etwas, griff nach einem Bündel auf dem Stuhl neben ihrem Bett und verschwand nach einem besorgten Blick zu mir durch eine Tür ins angrenzende Bad.
«Was ist mit Snape? Wieso kommt er her?», fragte ich beunruhigt. Da war etwas, das wusste ich – etwas mit Snape ...
«Keine Sorge», flüsterte Ma mir zu. «Er wird nicht hierherkommen. Finëa lässt ihn nicht durch das Labyrinth.» Sie streichelte weiter fürsorglich mein Haar.
«Snape! Snape! Er ist ...», fiel es mir plötzlich siedend heiss wieder ein. «Er ist mein Vater! Snape! Nicht James Potter!» Unruhig versuchte ich mich aus Ma's Griff zu befreien und aufzuspringen und ... was? Quer durchs Zimmer marschieren? Immer hin und her? Aber ich konnte auch nicht hier liegen bleiben. Nach einer guten Minute in der ich gegen Ma's Griff angekämpft hatte, liess sie mich schliesslich los und ich tigerte im Zimmer auf und ab. Ma hatte sich aufs Bett gesetzt und sah mir dabei zu.
«Es ändert nichts daran, dass ich deine Ma bin, Adrienne. Du bist immer noch meine Tochter und du bist bei mir in Londinium zuhause», erklärte sie fest. Und irgendwie gelang es ihr mit diesen Worten dafür zu sorgen, dass mein Bedürfnis wegzurennen, nur noch halb so gross war.
Snape war mein Vater. So lange hatte ich mir gewünscht, herauszufinden, wer mein Vater war und jetzt ... wo ich es wusste ..., weil irgendein doofes Orakel es in einer Nebenbemerkung erwähnt hatte ... Am liebsten hätte ich dem Orakel von Twr Avallach den Hals umgedreht, nur leider besass es keinen Hals, den man ihm umdrehen konnte. Vielleicht sollte ich stattdessen die Seiten aus dem Buch herausreissen, in kleine Fetzen reissen und jedes einzelne Fitzelchen verbrennen. Oh ja, ich war wütend, stinkwütend, aber war ich wütend auf Snape, meinen ... Vater? Oder auf das Orakel? Oder einfach auf die ganze, verzwickte Situation mit den beiden und dem Geisterbeschwörungsritual und Slytherin, der uns keine richtigen Antworten geben konnte, ausser der Beteuerung, dass er die Kammer nicht gebaut hatte, was wir ja bereits gewusst hatten. Aber halt! Was hatte das Orakel gesagt? Es waren Slytherin und Finëa gewesen, die die Kammer gebaut hatten, aber ein Erbe Slytherins hatte sie zur Kammer des Schreckens umgebaut und das Monster dort einquartiert.
«Der Erbe Slytherins», grummelte ich vor mich hin. «Der Erbe Slytherins erlaubt sich wohl einen Scherz mit uns – oder besser die Erben Slytherins. Einer schlimmer als die anderen.»
Verwundert sah Ma mich an und ich begann, die ganze Geschichte vor ihr auszubreiten.
«Das scheint mir eine ziemlich haarsträubende Angelegenheit zu sein», sagte auf einmal eine Männerstimme und ich wirbelte erschrocken herum. War Snape doch hergekommen? Aber nein, dort in der Türöffnung stand eine Person, mit der ich hier niemals gerechnet hätte. Das dunkelblonde Haar stand ihm lockig vom Kopf ab, während das dunkelblaue T-Shirt etwas zerknittert aussah. Es war Gawain. «Deine Freunde und der Professor sind jetzt weg», erklärte er.
«Was machst du hier?», fragte ich verwirrt.
«Na, ich begleite Kathleen, die einen Notruf aus Hogwarts bekam, weil du bei einem Geisterbeschwörungsritual das Bewusstsein verloren hast. Und weil offenbar ein Basilisk in der Schule sein Unwesen treibt.»
«Aber wieso begleitest du Ma?»
Gawain lächelte. «Weil ich Kath mag.»
Kath. Noch nie hatte ich gehört, dass jemand Ma 'Kath' nannte. Mr und Mrs Flamel hatten Ma dafür immer 'Lena' genannt – da war 'Kath' dann doch naheliegender.
«Ja, der Basilisk», sagte Ma und seufzte.
«Wir werden versuchen, ihn zu fangen», versprach Gawain, «aber wir haben bisher keine Spur von ihm gefunden. Dabei haben wir bereits mehrfach das ganze Schloss von oben bis unten durchsucht und dabei mehr Geheimgänge, -Treppen und -Räume gefunden, als ich mir in meinen kühnsten Träumen hätte ausdenken können. Wusstest du, dass es nicht weit vom Gryffindorturm entfernt ein versiegeltes Büro gibt, in dem es einige interessante Bücher über verschiedenste Waffen, viele legendäre Schlachten und Strategien gibt? Ganz zu schweigen von einer ganz ansehnlichen Sammlung von Schwertern und Dolchen. Diese Sammlung ist aber nichts gegen die Waffen in der verschlossenen Waffenkammer im Erdgeschoss. Die ist auch versiegelt, das Siegel liess sich aber deutlich schneller brechen.»
Ma schlug Gawain spielerisch gegen den Arm. «Finëa hat gesagt, dass du das nicht überall rumposaunen sollst, Gawain.» An mich gewandt erklärte sie: «Sie meinte, dass Gryffindor persönlich die Räume vor ungebetenen Gästen abgeschirmt hat und hat uns dazu angehalten, die Schutzzauber wieder in Kraft zu setzen.»
Gawain nickte bekräftigend. «Aber vermutlich gibt es noch einige andere, versiegelte Räume in diesem Schloss. Ich würde sagen, die Chancen stehen gut, dass eure Kammer des Schreckens auch so ein Raum ist.»
Nachdenklich legte ich den Kopf schief. Gawains Wort hatten etwas, auch wenn ich gerade nicht dahinterkam, an was sie mich erinnerten. Überhaupt war ich gerade ziemlich abgelenkt davon, dass er überhaupt hier war.
Hatte ich das richtig verstanden und er hatte etwas mit meiner Ma? Würde ich bald zwei Mütter und zwei Väter haben? Das war mir dann wirklich zu viel.
«Wieso bin ich eigentlich hier?», fragte ich.
«Das war Finëas Idee», erklärte Ma leise. «Snape und McGonagall wollten dich nach deinem Zusammenbruch nach dem Ritual in den Krankenflügel bringen, aber Finëa hat darauf bestanden, dich hierher zu den Finjarelles zu bringen, weil du hier sicherer bist. McGonagall war natürlich strikt dagegen, da Madam Pomfrey dich hier nicht versorgen konnte, aber Finëa hat sich durchgesetzt.» Ma seufzte. «Sie ist sogar für eine Fey ausserordentlich stur.»
Ein Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus. Hatte Ma gerade zugegeben, dass sie stur war? Gawain zwinkerte mir verschwörerisch zu.
«Sie haben schliesslich den Kompromiss geschlossen, dass Finëa Madam Pomfrey Zugang zum Gemeinschaftsraum der Finjarelles gewährte, damit sie nach dir sehen konnte.»
«Ganz recht», erklang die resolute Stimme von Madam Pomfrey, die sich nun an Gawain vorbei ins Zimmer schob. «Sehr gut, Miss Seanorth, wie ich sehe, sind sie endlich aufgewacht.»
«Endlich? Wie lange hab' ich denn geschlafen?», fragte ich die Schulheilerin verwirrt.
«Ganze zwei Tage. Es war wirklich unverantwortlich von ihnen, dieses Ritual durchzuführen. Es gibt einen Grund, weshalb in Hogwarts und in der Zaubererwelt keine Ritualmagie mehr genutzt wird. Es ist viel zu gefährlich», schimpfte Madam Pomfrey während sie mehrere Diagnose- und Heilzauber auf mich legte.
«Ist es nicht», erklärte Ma resolut, «wenn man gut ausgebildet ist oder sauber angeleitet wird. Und natürlich darf man so einen Zauber nicht allein durchführen.» Sie sah mich vorwurfsvoll an.
«Sag ich doch, zu gefährlich», bestand Madam Pomfrey auf ihrer Aussage, bevor sie sich wieder mir zuwandte. «Sie hatten Glück, dass Professor Snape anwesend war und Sie nach Ihrem Zusammenbruch sofort mit Stärkungstränken versorgen konnte, sonst wäre das nicht so glimpflich für Se ausgegangen.» Sie schüttelte missbilligend ihren Kopf. «Sie haben seinen ganzen Vorrat aufgebraucht und es hat immer noch nicht gereicht, um Sie wieder auf die Beine zu bringen.»
Sie sprach noch ein paar weitere Heilzauber und schüttelte dann leicht verwirrt den Kopf. «Ich verstehe nicht, wie es Ihnen überhaupt gelungen ist, genug magische Kraft für diesen Zauber aufzubringen. Und jetzt scheinen Ihre Energiereserven bereits wieder aufgeladen zu sein.» Nachdenklich legte sie den Kopf zur Seite. «Vielleicht liegt es daran, dass Sie zum Teil Fey sind? Oder am Obscurus?»
«Nun», wandte sie sich wieder an mich, «Sie sind jetzt wieder fit genug, um am Schulleben teilzunehmen. Ich schlage vor, Sie gehen nach unten in die Grosse Halle frühstücken und besuchen dann wie gewohnt den Unterricht. Aber halten Sie sich beim Zaubern noch zurück. Ich werde im Gemeinschaftsraum auf Sie warten und Sie nach unten bringen, Miss Seanorth», ordnete die Heilerin an.
«Das wird nicht nötig sein», erklärte Ma. «Ich bringe meine Tochter nach unten.»
Nach einem langen Augenblick nickte Madam Pomfrey ruckartig und verliess den Schlafsaal. Auch Ma und Gawain liessen mich allein, damit ich mich umziehen konnte.
Es war seltsam, gemeinsam mit meiner Ma durch die Korridore von Hogwarts zu gehen. Es war mir fremd und vertraut zugleich: Zum einen war ich seit ich ein Kleinkind war an die Präsenz meiner Ma gewöhnt, zum anderen war diese Fey-Ausstrahlung hier in Hogwarts einfach fehl am Platz. Noch seltsamer war es allerdings zusammen mit meiner Ma die Grosse Halle zu betreten. Die Schüler rutschten unruhig auf den Bänken umher und sahen sich verunsichert um, als sie die Anwesenheit der beiden Fey spürten. Ich hatte beinahe vergessen, wie die Präsenz der Fey auf andere magische Personen wirkte. Es war ein seltsames Gefühl der Beklommenheit, eine undefinierbare Angst, die einen Flucht-Instinkt auslöste. Natürlich bemerkten sie Ma, Gawain und mich sobald wir die grosse Halle betraten. Alle Schüler und Lehrer starrten mich an, wie ich dort in Begleitung zweier ausgewachsener Fey im Eingangsportal stand.
Beruhigend legte Ma mir eine Hand auf die Schulter und schob mich sanft Richtung Gryffindortisch, bevor Gawain und sie weitergingen, zwischen den Haustischen hindurch auf den Lehrertisch zu. Die beklommenen Blicke der Schüler verfolgten jeden ihrer Schritte und blieben auch auf sie gerichtet, als sie am Lehrertisch Platz nahmen. Allerdings gab es nicht so viel Getuschel, wie ich erwartet hätte.
Unterdessen war ich am Gryffindortisch angekommen und quetschte mich zwischen Kaspar und Lee.
«Ist das wirklich deine Ma?», fragte mich Lee sofort und sah misstrauisch zu den beiden Fey am Lehrertisch. Ich bejahte. «Was macht sie hier? Und wer ist der Mann?»
«Hat McGonagall es nicht erklärt?», stellte ich eine Gegenfrage. Und auch Lees Kopfschütteln hin: «Sie und Gawain sind hier, um das Monster von Slytherin zu jagen.»
«Die beiden sind mir mindestens genauso unheimlich wie dieses Monster», kommentierte Alicia bang.
«Ach Quatsch», sagte Fred gelassen und butterte seinen Toast. «Kathleen ist total cool. Nun ja, manchmal ist sie schon furchteinflössend, aber meistens ist sie okay.»
«Du kennst sie?», fragte Angelina verblüfft.
«Klar tun wir das», sagte jetzt George. «Wir waren in den Ferien bei Adrienne und Kaspar.» Er senkte die Stimme. «In Londinium. Da darf man nämlich auch während den Ferien zaubern.»
Nach dem Frühstück hatten wir ... ausgerechnet ... Zaubertränke. Snape wartete am Eingang zur grossen Halle auf die Viertklässler aus Ravenclaw und Gryffindor. Ich spürte seinen Blick auf mir ruhen. Er fühlte sich genauso unangenehm an, wie die Präsenz der Fey auf die anderen wirkte.
Kaspar neben mir griff nach meiner Hand. «Das wird schon», murmelte er.
«Und was ist, wenn er mit dir sprechen will?», fragte ich leicht panisch.
«Dann musst du entscheiden, ob du auch mit ihm sprechen willst oder nicht», erklärte Kaspar leise. «Aber ich glaube nicht, dass er mit dir über ... eure Beziehung», er sprach das Wort noch leiser aus als den Rest des Satzes, «sprechen wird, solange andere in der Nähe sind.»
Unauffällig linste ich zu Snape ... der meinen Blick natürlich sofort auffing. Ich konnte ihn mir einfach nicht als Vater vorstellen. Vor allem nicht als meinen Vater, auch wenn er zu mir immer netter gewesen war als zu den anderen. Wieso eigentlich? Hatte er es etwa gewusst und nichts gesagt? Ich spürte wie Wut in mir aufstieg. Andererseits ... wie hätte ich reagiert, wenn er es mir gesagt hätte? Wollte ich überhaupt wissen, dass er mein Vater war? Natürlich, ich hatte mir gewünscht, es zu wissen. Ich schnaubte. Mittlerweile sollte ich eigentlich gelernt haben, dass man vorsichtig sein soll mit dem, was man sich wünscht. 'Pass auf was du dir wünscht, es könnte in Erfüllung gehen', hiess es doch. Am besten sollte ich mir gar nichts mehr wünschen. Oder nur Dinge bei denen ich wusste, wie sie ausgehen würden. Gute Gesundheit zum Beispiel. Oder dass ich eine Prüfung bestand und ähnliches. Auf jeden Fall nichts mehr, dass mit meiner Familie zu tun hatte. Das hätte ich nie tun sollen. Ich hätte einfach akzeptieren sollen, dass meine Ma mich allein aufgezogen hatte, weil mein Vater sie verlassen hatte –wie ich es angenommen hatte, bevor ich nach Hogwarts kam.
Mittlerweile waren wir im Klassenzimmer angekommen, hatten unsere Kessel aufgestellt, die Zutaten geholt und mit dem Trank begonnen, den Snape für diese Stunde ausgewählt hatte. Mein Vater ... es fühlte sich falsch an diese Worte auch nur zu denken. Wieso ausgerechnet Snape? Am besten wäre es, wenn Ma Gawain heiraten würde oder so, dann hatte ich einen Vater mit dem ich klarkam. Oh nein, nichts mehr wünschen, dass meine Familie betrifft!
Es ist wohl unnötig zu sagen, dass ich mich in dieser Zaubertrankstunde kaum konzentrieren konnte und mein Zaubertrank fiel auch entsprechend aus. Zu meiner Überraschung sagte Snape jedoch nichts dazu, obwohl er sah, wie ich den Trank vermasselte.
Als die Stunde endlich vorbei war, es ging nach draussen an die frische Luft zu Pflege magischer Geschöpfe. Am Schlosstor liess Snape uns ziehen – nur mich rief er zurück. Ich überhörte ihn und eilte gemeinsam mit Kaspar und den Zwillingen zu Professor Kesselbrands Freiluft-Klassenzimmer, wo bereits die anderen Schüler warteten. Unter ihnen auch Jessie und Cedric. Es war das einzige Fach, das wir zusammen hatten, da nur so wenige Pflege magischer Geschöpfe belegt hatten.
«Alles klar bei dir?», fragte Jessie besorgt.
Ich nickte, aber es war keine ehrliche Antwort. Jessie schien das zu erahnen.
«Das mit Snape ... weisst du, Adrienne, ... klar ist es seltsam zu wissen, dass er dein Vater ist», sie schüttelte sich unwillkürlich bei diesem Gedanken. «Tut mir leid», sagte sie verlegen, «aber was ich eigentlich sagen wollte: Uns ist es egal. Du bist immer noch die gleiche, die du vorher warst ... auch wenn es doch ein ziemlich seltsamer Gedanke ist. Snape als Vater, das kann ich mir echt nicht vorstellen. Er ist einfach nicht der Vater-Typ.»
Cedric nickte. «Absolut. Und Adrienne, du weisst, dass die biologische Familie nicht alles ist. Familie sind die Leute, die dir so nahe stehen als wären sie deine Geschwister, die wie Pech und Schwefel zu dir halten. So wie wir, deine Freunde. Wir sind auch deine Familie – also, wenn du das möchtest.» Verlegen verstummte Cedric.
«Genau», sagte Jessie energisch nickend. «Schau dir zum Beispiel meine Familie an. «Mein Dad ist zwar ganz in Ordnung, zumindest wenn wir unter uns sind, aber mein Bruder und der ganze Rest meiner Verwandtschaft – der pure Albtraum. Ihr drei seid für mich meine richtige Familie; die Familie, die zählt.»
«Danke, Leute», gelang es mir schniefend zu sagen.
«Immer wieder gern.»
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