Kapitel 59
Da es ein milder Herbsttag war, beschlossen wir, nach draußen zu gehen. Im Haus war für uns alle sowieso nicht genug Platz, und gerade die Jungs hatten das Bedürfnis, sich mal unbeschwert draußen bewegen zu können.
Von den Jungs hatte niemand an eine wärmere Jacke gedacht, sodass sie sich mit vier staubigen Daunenjacken vom Dachboden zufriedengeben mussten.
Draußen begrüßte uns ein goldenes Herbstlicht, das die bunten Blätter auf dem Boden anstrahlte. Sie bildeten große Haufen, die so verlockend aussahen, dass wir nicht an uns halten konnten: Wir stürzten uns in die raschelnden Blätterberge, kreischten wie kleine Kinder und lieferten uns eine professionelle Laubschlacht, die damit endete, dass wir alle von Kopf bis Fuß voller zerbröselter Blätter waren. Zayn versuchte panisch, alles aus seinen Haaren zu bekommen, gab dann aber auf und fing stattdessen an, sich auf Niall zu stürzen und ihn mit Blättern einzuseifen. Maura und meine Mutter standen daneben und sahen kopfschüttelnd zu, wie ein Haufen Teenager sich in Blättern wälzte.
Schließlich endeten wir unseren Blätterkrieg und einigten uns auf einen Waffenstillstand, der offiziell mit Handschlag besiegelt wurde.
Unser eigentliches Ziel war ein Hof, der einige Kilometer von unserem Haus entfernt stand. Ich hatte mich neulich mit dem Besitzer unterhalten, den ich im Dorfladen getroffen hatte. Er hatte mir von seiner kleinen Kürbiszucht erzählt, die zu dieser Jahreszeit sein ganzer Stolz sei, und versprochen, einen ganz besonders schönen für mich zurückzubehalten.
Die Jungs waren gut gelaunt und redeten in einem fort durcheinander. Die Stimmung war locker und entspannt, und ich erfuhr viele Dinge über Niall, die mich sehr amüsierten. „Wisst ihr noch", kicherte Louis, „als Niall in einer Talkshow live fragen musste, ob er aufs Klo gehen kann?"
„Oder als er sich im Auto selbst ein blaues Auge geschlagen hat und eine Woche lang mit Sonnenbrille rumlaufen musste?
„Oder als er von der Bühne gefallen ist und dabei einem Mädchen einen Schneidezahn rausgebrochen hat?"
„Hört auf", stöhnte Niall lachend, mit knallrotem Gesicht und Lachtränen in den Augen.
„ODER", rief Liam, ihn ignorierend, „als er versehentlich Hash Brownies gegessen hat und sich zwei Tage lang für ein Yeti gehalten hat?"
Nicht nur die Jungs, sondern auch Grace und ich verloren unsere Selbstbeherrschung und klappten vor Lachen zusammen. „Ein Yeti?" japste ich. „Ein Yeti", bestätigte Louis, der sich vor Lachen auf dem Waldboden rollte. „Hash Brownies?" kam es empört von Maura.
Niall stand in der Mitte des Trubels und sah mich hilflos an. „Bitte mach, dass sie wieder verschwinden", flüsterte er, stimmte dann aber in das allgemeine Gelächter mit ein.
Unnötig zu erwähnen, dauerte es ewig, bis wir endlich den Hof erreichten, da wir zwischendurch immer wieder Stopps einlegen mussten, um vor Lachen wieder zu Atem zu kommen, oder jemand schlich sich von hinten an jemanden ran, um ihm erneut Blätter in den Kragen zu stopfen, was dann wiederum in einer erneuten Schlacht ausartete.
Als wir das große Eingangstor des Hofes erreichten, wurden wir von einem großen Berner Sennenhund begrüßt, der schwanzwedelnd um die Ecke geschossen kam und uns vor Freude fast umwarf. „Phrrt", machte Harry und versuchte vergeblich der langen Zunge auszuweichen, die sein Gesicht mit einer Schicht Hundesabber bedeckte. Ein Pfiff ertönte, und sofort ließ der Hund von uns ab und lief auf sein Herrchen zu.
George, der Farmer, sah seinen Hund tadelnd an. „Bean, willst du unsere Besucher etwa verjagen, bevor wir ihnen unsere Kürbisse zeigen konnten?" Er lachte freundlich und gab uns allen die Hand. „Ich bin George. Seid ihr bereit?" Wir nickten und der offensichtlich sehr stolze Farmer führte uns auf die andere Seite seines Hofes, wo sich das Kürbisfeld weit erstreckte. Soweit das Auge reichte, sah man den dunklen Boden, gespickt mit den orangefarbenen Kugeln. „Wow", sagten Grace und ich wie aus einem Mund, und George breitete seine Arme aus. „Tobt euch aus und sucht euch den schönsten aus!"
Das ließen wir uns selbstverständlich nicht zweimal sagen und stürmten das Feld. Ab und zu rief jemand laut „Hier!", doch einer hatte immer etwas an dem Kürbis auszusetzen. Schließlich war es Niall, der den schönsten fand. „Das Landleben hat wohl dein Kürbisauge geschult", befand Louis. „Guck mal Zayn, dieser Kürbis ist hübscher als du", kicherte Harry, was ihm einen Hieb von Zayn einbrachte. „Vergleich mich noch mal mit einem Gemüse, du Idiot, und ich mach Guacamole aus dir!" Liam runzelte die Stirn. „Wartet, sind Kürbisse nicht Obst?" „Quatsch, eindeutig Gemüse", sagte Grace. „Blödsinn. Obst!" rief Louis. „Ich tippe auch auf Gemüse", sagte ich. Die darauf folgende Diskussion wurde damit beendet, dass wir uns darauf einigten, dass Kürbisse eine eigene Art von Lebensmittel seien (und Louis konnte es nicht lassen, erneut eine Handvoll Erde in Zayns Kapuze zu platzieren, weil dieser ihm widersprochen hatte). Mit dem auserkorenen Kürbis machten wir uns also auf den Weg zurück nach Hause. Maura und meine Mum waren schon vorgegangen, und als wir ankamen, war es im Haus mollig warm und gemütlich. Gemeinsam höhlten wir den Kürbis aus und schnitten ihm ein mehr oder weniger furchterregendes Gesicht. Während wir noch dabei waren, uns darüber zu streiten, ob er Augenbrauen haben oder nicht haben sollte, zog uns bereits ein köstlicher Duft von Kürbissuppe in die Nasen. „Riecht das gut!" stöhnte Harry. „Ich hab das Gefühl, ich hätte seit Tagen nichts mehr gegessen." Niall verdrehte die Augen. „Hey, beschwer dich nicht. Wer von uns musste ein Jahr ohne jegliche Kochkünste hier überleben und wurde gezwungen, ekligen Salat zu essen?" Dafür bekam er meinen Ellenbogen in die Seite, was er mit einem Lachen quittierte und mir über den Kopf wuschelte. „Essen ist fertig!" rief Maura und innerhalb weniger Sekunden waren wir aufgesprungen und hatten uns um den kleinen Tisch geschart. Der Raum war von andächtigem Schweigen und genüsslichen Seufzern gefüllt. Ich beugte mich zu Niall und flüsterte ihm ins Ohr: „Das nenn ich mal einen gebührenden Abschluss, oder?" Er lächelte und drückte meine Hand. „Kann man wohl so sagen."
Nach dem Essen räumten wir auf und stimmten ab, wie wir den Abend gebührend zu Ende gehen lassen wollten. Maura, Bobby und meine Mum kündigten an, sie wollten einen Spaziergang durch Develon Hill machen, weshalb wir das ganze Wohnzimmer für uns hatten. Mit großer Mehrheit gewann Karaoke, was Grace sichtlich nervös machte („Ich treffe keinen Ton und soll jetzt gegen One Direction antreten?"). Niall und ich holten mit großem Stolz unseren Schallplattenspieler hervor, der zwar erst belacht, dann aber beeindruckt untersucht wurde. Erneut konnten wir uns nicht darauf einigen, mit welcher Platte wir anfangen sollten, weshalb Niall und ich schließlich wieder blind in den Stapel griffen und den Zufall entscheiden ließen, wie wir es bisher auch immer getan hatten. Die Jungs waren mit Feuereifer dabei, und obwohl sie bei weitem nicht so textsicher waren wie wir nach einem Jahr, legten sie beträchtliche Einlagen aufs Parkett. Bei „Dancing Queen" von ABBA spielten Grace und ich die Szene aus dem Film nach, was uns großen Applaus einbrachte. Wir wurden jedoch von Harry und Louis von der Bühne gedrängt, als „Yellow Submarine" ertönte. Die beiden dachten sich beim Singen eine Art Choreo aus, die unter anderem beinhaltete, dass Louis eine Rolle über Harrys Rücken machte. Liams Cowboy-Seite kam bei „Hit the road, Jack" hervor und bei „The lion sleeps tonight" übernahmen wir alle verschiedene Stimmen, wobei Zayn den Gipfel abschoss, als er die Töne des höchsten Solos problemlos erreichte, was Grace und ich mit heruntergefallenen Kiefern quittierten. Die Jungs jedoch lachten nur und schlugen ihm auf die Schulter. Ich nahm mir fest vor, mich doch noch mal genauer mit One Directions Musik zu beschäftigen, denn sie waren echt gut. Auch Harry hatte eine einzigartige, raue Stimme, die mir eine Gänsehaut verschaffte. Bei „Stayin' alive" legte er unter Zayns hohe Stimme einen Bass, während Liam beatboxte. Dieser kam auch noch zu seinem Solo, als nämlich „Cry me a river" aufgelegt wurde und alle Jungs synchron ein langgezogenes „Uhhhh" von sich gaben und ich als einzige nicht verstand, weshalb der rot angelaufene Liam von allen in die Raummitte gezerrt wurde. „Den Song hat er damals bei X-Factor gesungen", flüsterte Grace mir zu. „Pass auf!" Und Liam legte los, legte so viel Drama in seine Stimme, dass wir nach dem letzten hohen Ton laut jubelten und Harry ihm auf den Rücken sprang. Wir wurden den sanften Anfangstönen von „Time of my life" aus Dirty Dancing unterbrochen. Bevor ich reagieren konnte, hatte Harry sich mich bereits geschnappt und in einen wilden Mambo geführt, dem ich lachend und teils stolpernd zu folgen versuchte. Louis hatte gleiches mit Grace getan, die ab und zu aufjapste, wenn er ihr auf die Füße trat. Als Harry mich wegdrückte, damit ich für den finalen Sprung Anlauf nehmen konnte, wurde er von Niall aus dem Weg gedrückt. „Meine Frau", sagte er grinsend und Harry salutierte lachend. Mit hochgezogener Augenbraue fragte ich ihn, ob er mich halten könne, aber er krempelte sich nur die Ärmel hoch und ging in Position. Mehr Zeit zum Nachdenken blieb nicht, denn jetzt lief ich schon auf ihn zu und sprang ab. Er packte mich an der Hüfte und drückte mich hoch. Für eine Sekunde schwebte ich mit ausgebreiteten Armen über seinem Kopf, dann verloren wir das Gleichgewicht und stürzten in die zahlreichen Kissen und auf Zayn, der zu seinem Pech im Weg gesessen hatte. Dass Harry und Liam an uns zogen, half auch nicht wirklich (genauso wenig wie der Fakt, dass Grace und Louis viel zu sehr mit Lachen beschäftigt waren, um uns aufzuhelfen). Im Kuddelmuddel nutzten Niall und ich die Chance, uns kurz und fest aneinander zu drücken. Harry grinste mich wissend an, als er mich hoch zog, was ich aber gekonnt ignorierte.
Wir tanzten und sangen, bis wir keine Stimmen mehr hatten und Zayn beschwor, das Management würde sie dafür elendig bestrafen.
Wir bauten unser Matratzenlager für die letzte Nacht auf nach und nach verstummten die Gespräche und wurden durch leises Schnarchen ersetzt. Nachdem Harry nachts zum wiederholten Mal schlafend auf mich gerollt war und mir so die Luft abgedrückt hatte, stieg ich über ihn drüber und kletterte an Nialls Seite, der im Halbschlaf Platz für mich machte und mich an sich zog. Seinen tiefen Atemzügen lauschend, schlief auch ich schließlich ein.
Hey Ho ihr da draußen- lange kam nichts, und das tut mir furchtbar Leid, aber besser spät als nie :) Das hier ist das vorletzte Kapitel... was denkt ihr, wie der Abschied ablaufen wird? Wird noch etwas besonderes passieren?
Eure Palodie ♡
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