Kapitel 56
„Bereit?" fragte Niall, und ich nickte. Zusammen stießen wir die Haustür auf. Das erste, was ich bemerkte, war der Geruch. Chemiereiniger wehte uns entgegen, und ich hielt mir die Nase zu. „Bähh", empfand Niall naserümpfend. „Fenster auf!" befahl ich. Wir arbeiteten uns Fenster für Fenster voran. Im Wohnzimmer fanden wir ein einziges Chaos vor: Stühle umgeschmissen, schlammige Fußabdrücke auf dem hellen Teppich, Kissen wild im ganzen Raum verteilt. Vor dem kaputten Fenster hing eine graue Plane, die traurig im Wind flatterte. Ich schluckte.
Niall legte mir den Arm um die Schultern und drückte mich kurz an sich, dann sagte er: „das sieht nach einer Menge Arbeit aus. Fangen wir besser gleich an." Ich nickte zustimmend.
Die nächsten Stunden verbrachten wir damit, das Zimmer wieder in seinen Ursprungszustand zu versetzen. Glücklicherweise waren keine Blutflecke zu sehen – an den entsprechenden Stellen war der Chemiereiniger zum Einsatz gekommen. Dort war der Teppich jetzt zwar ausgeblichen, aber immer noch besser als Blut. Wir befestigten die Plane erneut mit Klebeband, saugten und wischten den Boden so gut es ging, und schoben Sessel und Sofa wieder zurück auf ihre Position. Schließlich warf ich das letzte Kissen aufs Sofa, schnaufte und stemmte beide Arme in die Hüften. So ließ sich das Ganze sehen. Fast schien es, als wäre jene Nacht niemals passiert.
„Gute Arbeit, Kollege", sagte Niall und schlug mich ab.
Wie als hätte er auf den Moment gewartet, schlüpfte ein kleiner Kater durch die Katzenklappe rein, lief auf uns zu und strich mir schnurrend um die Beine.
„Wicked!" rief ich glücklich und nahm ihn hoch, woraufhin er leise protestierend meine Kuscheleinheiten über sich ergingen ließ.
„Das ist typisch, kommst, wenn die ganze Arbeit erledigt ist", beschwerte auch Niall sich liebevoll bei ihm.
Ich lächelte glücklich.
„Was machen wir in den letzten paar Stunden, die uns beiden verbleiben?" fragte Niall dann.
„Wie wär's, wenn... wir einfach mal nichts machen würden?" schlug ich vorsichtig vor. Niall überlegte, dann lächelte er mich warm an. „Du hast Recht, es ist höchste Zeit."
Kurze Zeit später lagen wir mit Pizza und Apfelsaft im Bett. Die Tür zum Wohnzimmer hatten wir fest verschlossen und nicht vor, sie noch einmal zu öffnen.
„Worauf freust du dich am meisten, abgesehen von deiner Familie?" wollte Niall wissen.
Ich musste nicht lange überlegen. „Normalität, denke ich... Im Schlafanzug Fernsehen schauen, sich nicht ständig Sorgen machen müssen – ich freue mich sogar aufs College." Ich lachte. „Und du?"
„Musik..." antwortete er nachdenklich. „Ja, ich freue mich darauf, endlich wieder Musik machen zu können. Obwohl ich unseren Schallplattenspieler definitiv vermissen werde", fügte er dann schmunzelnd hinzu. Ich lächelte und kuschelte mich enger an ihn.
„Aber die Pflichten", jammerte Niall gespielt. „Vorbei ist unser entspanntes Leben hier."
„Ach, ein bisschen Struktur im Alltag kann nicht schaden", sagte ich und stupste ihn an, woraufhin er mir widerwillig zustimmte.
„Ich freue mich darauf, wieder Niall zu sein", erklärte er dann. „Obwohl es eigentlich ganz cool war, mal Harold Bennet zu sein."
„Der ist auch ein cooler Typ", erwiderte ich grinsend. „Verteidigt seine Frau vor Bösewichten und scheut nicht davor, bei der Bohemian Rhapsody alle Stimmen gleichzeitig zu singen." „Der klingt echt cool", stimmte Niall zu. „Aber Mia Bennet ist auch nicht schlecht – schließlich war sie mutig genug, zwischen zwei kämpfende Idioten zu gehen, mit einem der Idioten auszugehen, und ist außerdem bemerkenswert gut im Ring-Weitwurf!" Ich lachte und schüttelte den Kopf. „Und trotzdem wäre sie nichts ohne ihren Mann", sagte ich dann lächelnd, woraufhin Niall mich fest an sich drückte. „Und Harold nichts ohne seine Mia."
Eine Weile schwiegen wir und hingen unseren Gedanken nach, dann räusperte sich Niall unbehaglich. „Jenna... da ist was, was ich dir vorenthalten habe."
Ich hob meinen Kopf, sodass ich ihm in die Augen schauen konnte.
„Ich hätte es dir von Anfang an sagen müssen, aber dann hab ich den Zeitpunkt verpasst, und es war so schön, zur Abwechslung mal einen Neustart zu haben..."
„Neustart als Blödmann?" fragte ich schmunzelnd, daran zurück denkend, wie sehr er mich in den ersten Wochen gehasst hatte.
„Vielleicht auch das", gab er zu.
„Kannst du mir versprechen, dass du mich nicht mit anderen Augen sehen wirst, wenn ich es dir sage?"
„Jetzt machst du mir Angst, Niall", antwortete ich.
Er holte tief Luft.
„Ich bin gar nicht Mitglied in einer Rock-Band. Um ehrlich zu sein, ist es eine Boy-Band... One Direction."
Er atmete zitternd aus, während er auf meine Antwort wartete.
„Mein Gott, ich dachte du würdest mir jetzt beichten, mit Grint zusammen gearbeitet zu haben", sagte ich erleichtert und rollte mit den Augen. „Ich hatte sowas ehrlich gesagt schon vermutet. Bei aller Liebe, Niall, aber ein echter Rocker würde nicht wie ein Hundewelpe klingen bei dem Versuch, ein Rocksolo hinzulegen."
„So schlimm?"
„So schlimm."
„Und du... bist nicht sauer?" fragte er verunsichert.
Ich schüttelte den Kopf. „Quatsch. Ändern tut es doch eh nichts – und ganz ehrlich, selbst ohne Boy-Band hast du dich hier gut geschlagen." Ich knuffte ihn in die Seite. „Sag mal, deine Freunde, die kommen, sind das deine Band-Partner?"
Er nickte, woraufhin ich leise auflachte.
„Was?"
„Ach, nichts. Grace wird ausflippen", gluckste ich. „Sie wird mir wochenlang damit in den Ohren liegen, euch getroffen zu haben. Blödsinn, jahrelang. Bis wir alt und grau sind."
„Ich kann es auch kaum erwarten, sie zu treffen", lachte Niall. „Bei all deinen Geschichten ..."
„Oh, und ich bin erst gespannt", erwiderte ich. „Deine Erzählungen waren auch nicht schlecht- wie war das noch mal? Heruntergezogene Hosen bei Konzerten?"
„Erwähn das besser nicht vor Harry", grinste er.
„Ist vermerkt. Irgendwelche anderen Regeln?" fragte ich und wackelte mit meinen Augenbrauen.
„Keine Küsse", spielte Niall mit. „Keine Einladungen ins Bett. Wirf sie nicht mit deinem BH ab. Auch nicht mit Tampons."
Ich zog gespielt empört die Luft ein. „Dabei wollte ich schon immer mal Promis mit Tampons abwerfen!"
Niall lachte. Dann fügte er hinzu: „Und sei etwas vorsichtig, die Jungs sind alle recht gut im Flirten..."
„Ach, ich werde meistens eh übersehen", zuckte ich die Achseln. „Warte, bis du Grace siehst."
„Übersehen?" fragte Niall empört. „Ich würde dich nicht übersehen."
„Das beruhigt mich", lächelte ich. Er zog mich an sich ran und legte sein Kinn auf meinen Kopf. „Bereit für morgen?"
„Bereit."
Hey ho an alle da draußen :) Tut mir Leid für das späte Update, hoffentlich habt ihr Niall und Jenna noch nicht vergessen... Es neigt sich jetzt wirklich dem Ende zu - irgendwelche Theorien, wie es ausgehen wird? :D
Alles Liebe, eure Palodie
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