Kapitel 45
Als wir nach Hause kamen, wartete Marylin auf den Stufen vor der Haustür. Um sie auf uns aufmerksam zu machen, rief Niall: „Huhu, Marylin!"und winkte. Wir stellten die Fahrräder an der Hecke ab und gingen zu ihr rüber. „Na, ihr zwei?" fragte sie mit einem milden Lächeln, stand auf und klopfte sich die Hose ab. „Langsam wird es wohl zur Angewohnheit, hier auf euren Stufen zu sitzen. Wo wart ihr denn?" Niall grinste und zuckte die Achseln. „Ehrlich gesagt, keine Ahnung", gestand er. „Wir sind einfach aus dem Dorf gefahren und haben uns mal ein bisschen die Gegend angeschaut." „Klingt schön", meinte Marylin lächelnd. Dann deutete sie auf die Tür und fragte: „Kann ich kurz reinkommen?"
Niall und ich tauschten einen nervösen Blick aus. „Klar", sagte ich schließlich. Wir gingen in die Diele, zogen uns die Schuhe aus und ich fragte Marylin, ob sie etwas trinken wolle. Sie überlegte kurz und nickte dann. „Ein Tee wäre nett." Während ich das Wasser aufsetzte, begleitete Niall sie ins Wohnzimmer. Ich hörte sie in gedämpftem Ton miteinander reden. Als der Tee fertig war, trug ich die Tasse zu ihnen und setzte mich neben Niall auf das Sofa. „Danke, Jenna", sagte Marylin warm und nippte an dem heißen Getränk. Ich rutschte auf dem Sofa hin und her, bis Niall mir beruhigend eine Hand aufs Knie legte.
„Also", sagte sie schließlich. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich hier so schnell wieder sitzen würde, aber tatsächlich ist gestern etwas interessantes passiert. Martin Grint, der Täter, hat einen neuen Angriff verüben wollen." Mein Herz rutschte in die Hose und ich schloss die Augen. „Allerdings", fuhr Marylin fort, „konnte er die Tat nicht durchführen. Es war wirklich knapp. Im letzten Moment ist der Nachbar dazugestoßen. Martin Grint hat alles stehen und liegen gelassen und ist geflüchtet." Sie sah uns müde an. „Dieser Mann bereitet der Polizei Kopfzerbrechen. Wir wissen nichts über ihn, haben nicht einmal ein aktuelles Foto von ihm. Alles was wir haben, seid ihr", schloss sie und mir lief ein Schauer über den Rücken. Einen Moment saßen Niall und ich in Gedanken versunken da, dann sagte Niall: „Trotz alledem sind das doch gute Nachrichten, oder? Dass er es wieder nicht geschafft hat, meine ich. Er scheint das alles nicht mehr so gut zu planen wie anfangs." Marylin schüttelte den Kopf. „Ich würde das nicht unbedingt als gute Nachricht auffassen. Er ist uns einenSchritt voraus, aber wir sind ihm dicht auf den Fersen, und er weiß das. Es scheint so, als würde er nur versuchen, so viele Leute wie möglich zu töten, bevor wir ihn kriegen. Und das werden wir", fügte sie grimmig hinzu.
Wir blieben stumm, denn es gab nichts, dass wir hätten hinzufügen können. Die gute Stimmung von vorhin war verschwunden, stattdessen hing jeder seinen Gedanken nach. Schließlich äußerte sich Niall mit bemüht fröhlicher Stimme: „Um mal was anderes anzusprechen, wie läuft es mit dem Dorffest?" Marylin verzog unglücklich ihr Gesicht. „Das muss ich noch mindestens zwei Wochen verschieben. Ich bin bei dem ganzen Stress mit der Planung nicht wirklich weitergekommen." „Wir können dir helfen", bot ich an. „Das ist lieb, Jenna, aber ihr als Neulinge hier solltet euch davon wirklich überraschen lassen. Wäre ja langweilig, wenn ihr vorher schon alles wüsstet." Sie stand auf. „Danke für den Tee. Und es tut mir wirklich Leid, dass ich euch immer so schlechte Nachrichten überbringen muss und eure gute Stimmung zerstöre", fügte sie hinzu. „Ach Quatsch, wir freuen uns doch immer, wenn du kommst", versuchte Niall sie aufzumuntern. Sie lächelte schwach und drückte uns zum Abschied. „Macht's gut, ihr zwei, und haltet die Ohren steif."
Wenige Minuten später saßen Niall und ich wieder auf dem Sofa, ich hatte mich gegen gegen die Armlehne gesetzt und meine Füße auf dem Sofa. „Jenna", sagte Niall schließlich zögerlich, „wir können nicht so weitermachen wie bisher." „Was meinst du?" fragte ich und schaute ihn erschrocken an. „Naja... du hörst das bestimmt nicht gerne, aber wir haben in der Öffentlichkeit noch kein einziges Mal gezeigt, dass wir zusammen sind." Ich setzte zum Sprechen an, aber er unterbrach mich. „Wenn man uns sieht, könnte man denken, wir seien bloß gute Freunde. Ich habe damit überhaupt kein Problem, aber du weißt auch, dass sich so kein frisch verheiratetes Pärchen verhält." Er stoppte und schien darauf zu warten, dass ich widersprach. Aber ich konnte nicht bestreiten, dass er Recht hatte. Es war nicht leicht, mir das einzugestehen. Als ich nichts dazu sagte, fuhr er fort: „Ich weiß, dass das scheiße mit Gordon ist. Aber so oder so ist es extrem riskant gewesen, dass du dich mit ihm blicken gelassen hast. Und das weißt du auch selbst."
Ich holte tief Luft. „Ja, das weiß ich, Niall. Aber im Moment sieht es ja auch nicht so aus, als würde er weiter Zeit mit mir verbringen wollen", sagte ich bitter. Niall sah aus, als würde er das gar nicht so schlecht finden, sagte aber nichts. „Trotzdem sollten wir aber nicht komplett vergessen, dass wir trotzdem noch ein Leben haben. Es ist anders, ja, und gewissermaßen haben wir jetzt zwei Leben- aber wir sollten uns trotzdem nicht einknasten in permanenter Angst, gefunden zu werden." Er sah mich nachdenklich an. „Da hast du natürlich Recht. Aber vergiss nicht, dass du damit auch über mein Leben entscheidest. Du bringst niemals nur dich in Gefahr, Jenna." Seine Worte trafen mich tief, als ich realisierte, dass er richtig lag. Schlechtes Gewissen keimte in mir auf und drängte meinen Unmut beiseite. „Okay. Lass es uns versuchen." Niall sah aus, als sei ihm ein Stein vom Herzen gefallen. „Woran hast du gedacht?" wollte ich wissen. „Nun ja", räusperte er sich. „Zum Beispiel morgens Arm in Arm oder händchenhaltend zum Bäcker oder spazieren gehen. Und halt... Küsse." Obwohl ich das geahnt hatte, zuckte ich bei dem Gedanken, ihn zu küssen, innerlich zusammen. Ich fasste mir ein Herz. „Okay, das klingt vernünftig. Und, äh, wann küssen wir uns dann immer?" Mittlerweile hatten wir beide ein rotes Gesicht und wichen angestrengt dem Blick des anderen aus. „So oft wie möglich", sagte er schließlich. Ich nickte. Wie um sich zu wappnen, holte Niall tief Luft: „Ich denke, wir sollten das vorher üben, bevor wir uns in aller Öffentlichkeit blamieren. So ein Ehepaar küsst sich nicht zum ersten Mal." Leicht panisch, vermischt mit einem nervösen Kribbeln im Bauch, nickte ich zögerlich.
In diesem Moment wünschte ich mir, ganz wo anders zu sein als auf diesem Sofa in diesem Haus, um mit diesem Mann dieses Gespräch zu führen. Das Sofa knarzte, als Niall sich bewegte. Ich schaute auf, und als ich realisierte, dass er sich zu mir gebeugt hatte und sein Gesicht nur Zentimeter von meinem entfernt war, verschluckte ich mich. Doch noch bevor ich nach Luft schnappen konnte, landeten Nialls Lippen auf meinen.
Ahhhhh! Da ist er, derlang ersehnte Kuss!!! Ein Applaus, bitte! :D
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