Kapitel 41
Als ich am nächsten Morgen die Haustür öffnete um Wicked nach draußen zu lassen, fand ich auf der Fußmatte einen kleinen Zettel vor. Schnell schaute ich mich um, aber Niall war nicht in der Nähe. Ich bückte mich, hob ihn hoch und faltete ihn auseinander.
„Der Sternenhimmel wartet heute nur auf uns. Sei um zehn bei mir."
Mein Magen vollführte einen Purzelbaum, und ein breites Grinsen machte sich auf meinem Gesicht breit. Gordon und ich und der Nachthimmel- was konnte es schöneres geben?
Vorsichtig faltete ich den Zettel wieder zusammen und schob ihn mir in die Hosentasche, dann schaute ich auf die Uhr. Noch elf Stunden warten. Seufzend schloss ich die Türe. Wenn das mal kein richtiges, romantisches Date war, eines, das ich mir immer gewünscht hatte! Endlich fühlte ich mich wie ein richtiges Mädchen. So abstrus es auch klingen mochte, in all diesem Chaos war Gordon derjenige, der mir das Gefühl gab, ansatzweise ein normales Leben zu führen.
Ich lief hoch in mein Zimmer und stellte mich vor den Kleiderschrank. Mit einem tiefen Atemzug öffnete ich die Türen und stand vor... der nicht ganz so großen Auswahl meiner Klamotten. Dummerweise waren sie wild zusammengestellt, da ich ja nicht gewusst hatte, wohin es gehen würde- vom Top bis zum Schneeanzug war alles vertreten, aber kein einziges schickes Outfit. Doch ich ließ meine Laune davon nicht dämpfen. Zuerst würde ich duschen gehen, und dann könnte ich mir immer noch was aussuchen. Summend schlüpfte ich aus meinem Schlafanzug und wickelte mich in ein Handtuch. Barfuß tapste ich zum Bad, schloss die Tür hinter mir und hängte mein Handtuch über die Heizung, damit es nachher schön warm war. Dann drehte ich mich um- und erstarrte. Niall stand mit geschockter Miene in der Dusche und starrte mir direkt ins Gesicht. Einen Moment lang hielten wir wir festgefroren in unseren Positionen inne, dann stieß ich ein leises Quieken aus und Niall schlug sich die Hände vors Gesicht und drehte sich ruckartig weg. Panisch riss ich das Handtuch an mich und hielt es vor meinen Körper, wobei es sowieso zu spät war, um irgendetwas zu verdecken. „Scheiße!" fluchte Niall gedämpft. „Was machst du hier drinnen?"
Mit puterrotem Gesicht stammelte ich: „Tut mir Leid, wirklich! Die Tür war offen und ich habe dich nicht bemerkt und bin einfach- Gott, es tut mir so leid!" Niall, immer noch mit dem Rücken zu mir stehend, raufte sich die Haare. Obwohl in meinem Gehirn alles danach schrie, wegzurennen, konnte ich meinen Blick nicht von ihm nehmen. Ich konnte nicht umhin festzustellen, wie gut er aussah, und schämte mich dafür. „Also..." sagte ich schließlich aufgekratzt, „ich geh dann mal besser?" „Ich komme gleich", antwortete er und stützte beide Arme gegen die Wand. Eilig wickelte ich das Handtuch wieder fest um mich und flüchtete zurück in mein Zimmer.
Während ich wie in Zeitlupe meinen Schlafanzug wieder anzog, spielte sich die Situation immer wieder vor meinem inneren Auge ab. Ich konnte noch gar nicht so recht realisieren, was passiert war. Er hat dich nackt gesehen, flüsterte es in meinem Kopf. Und du ihn auch... Kopfschüttelnd verscheuchte ich die Gedanken und versuchte, ruhig zu werden. Doch es war zwecklos, denn innerlich zitterte ich immer noch über diesen Schreck. Wie zur Hölle hatte mir das passieren können? „Ich bin so dumm, dumm, dumm!" fluchte ich und vergrub mein Gesicht in den Händen.
Wie konnte ich ihm jeweils wieder in die Augen sehen?
Nach zehn Minuten, in denen ich unruhig auf und ab getigert war und die mir wie eine Ewigkeit vorgekommen waren, klopfte es. „Herein", murmelte ich schwach. Niall trat ein und stand etwas unsicher im Raum. „Das war... ziemlich peinlich", sagte ich schließlich, als das Schweigen unangenehm wurde. „Oh ja", stöhnte er. „Tut mir echt total leid", entschuldigte ich mich wieder. „Das war wirklich-" „Schon gut", unterbrach er mich. „Es ist passiert und wir können es beide nicht mehr rückgängig machen, oder?" Er lächelte schief und ich nickte beschämt. Vor der nächsten Frage wand ich mich, aber ich presste sie schließlich doch hinaus. „Was hast du... also, wieviel, also, ähm." „Wieviel ich gesehen habe?" fragte er. Ich nickte und vermied es, ihm in die Augen zu sehen. „Nun ja", begann er gedehnt. „Eigentlich war es ziemlich schwierig, nichts zu sehen, Jenna. Ich meine, du standest direkt vor mir." Ich sah ihn flehend an, doch er machte meine Hoffnung zunichte. „Ich habe so ziemlich alles gesehen." Ich atmete zischend aus und ließ mich stöhnend auf mein Bett fallen. „Aber ich gehe mal davon aus, dass du auch mich ziemlich gut sehen konntest", fuhr er fort. Ich regte mich nicht. „Hey, Jenna." Ich öffnete die Augen, und er schenkte mir ein schiefes Lächeln. „Wir vergessen das Ganze, okay? Du bist niemals in das Badezimmer gekommen und wir haben uns nie so gesehen. Deal?" Erleichtert reichte ich ihm meine Hand. „Danke. Wirklich." Während er aufstand, zwinkerte er mir zu. „Kein Ding. Ich weiß nichts mehr, schon vergessen?" Mit einem letzten Grinsen verließ er mein Zimmer und ließ mich vollkommen fertig zurück.
Und auch wenn ich es versprochen hatte, wusste ich, dass ich das niemals vergessen könnte.
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