Kapitel 34
Mit einem dumpfen Geräusch kam ich auf dem Boden auf. "Au!" beschwerte ich mich, rieb mir den Hintern und schaute Niall von unten böse an. Dieser hielt sich den Bauch vor lachen, hatte einen knallroten Kopf und wiegte sich vor und zurück.
Beleidigt rappelte ich mich auf und sagte: "Schön, dass du dich so gut amüsierst. Aber unterschätz mich nicht!" Ich wusste genau wie er, dass meine Worte nur leere Luft waren. Dennoch legte ich das Skateboard erneut vor meine Füße, stellte ein Bein drauf und nahm Schwung. Diesmal gelang es mir, ein paar Meter zu fahren, bevor ich abschpringen musste. Triumphierend streckte ich die Faust in die Luft.
"Ha! Hast du das gesehen, Niall?"
Er nickte und streckte beide Daumen nach oben. "Das war gar nicht so schlecht. Versuch diesmal, dein Gleichgewicht besser auf das Board zu verteilen. Dabei kannst du auch deine Arme als Hilfe benutzen."
Ich folgte seinen Anweisungen und rollte diesmal die ganze Auffahrt entlang. Obwohl ich nicht besonders schnell fuhr, strich mir der Wind durch die Haare und ich schloss kurz die Augen. Irgendwie war Skateboardfahren cooler, als ich gedacht hatte. Mit dem Board in der Hand und einem Läjcheln im Gesicht lief ich zurück zu Niall, der an einen Baum gelehnt bereits auf mich wartete. Er hielt mir die Hand zum Einschlagen hin und lachte. "Super gemacht! Du bist eindeutig meine talentierteste Schülerin."
"Von wie vielen?"
"Naja... einer?"
Ich grinste und boxte ihm gegen den Oberarm. "Blödmann."
Da riss Niall plötzlich die Augen auf, piekste mich in die Seite und sprang einen Schritt zurück. "Du bist!" rief er und rannte los. Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen. Also nahm ich die Verfolgung auf, und Niall und ich jagten uns abwechselnd durch Beete, Sträucher und zwischen Bäumen Schließlich ließ ich mich japsend zu Boden fallen und hob die Hand. "Stop! Ich kann nicht mehr." Niall kam auf mich zu und setzte sich neben mich. "Na endlich. Ich dachte schon, du sagst das nie mehr." Er hielt sich die Seite und strich sich die verschwitzten Haare aus der Stirn. Ich schüttelte nur den Kopf. Ich hätte mir denken können, dass er sich nicht die Blöße geben wollte, zuerst eine Pause einzulegen.
Eine Zeit lang saßen wir regungslos auf dem Boden und warteten, bis sich unsere Atmung normalisiert hatte. Ich begann, mich gerade zu entspannen, als eine bekannte Stimme durch den Garten schallte. "Ach, hier seid ihr!"
Marylin kam auf uns zugelaufen und betrachtete uns amüsiert. "Sag nichts", schnaufte Niall. "Wir haben höchste sportliche Leistungen erbracht." Ich nickte zustimmend. Sie zuckte die Achseln und setzte sich im Schneidersitz vor uns. "Ich hab gute Neuigkeiten!" sagte sie. "Oder schlechte, je nach dem, wie man das sieht."
"Schieß los", sagte ich neugierig.
"Also gut. Euch dürfte aufgefallen sein, dass die Ermittlungen sich in die Länge ziehen und es, nun ja, nicht wirklich vorangeht. Es ist damit zu rechnen, dass ihr noch etwas länger hierbleiben müsst. Und deshalb werde ich ab jetzt mein bestes tun, um euch in die Gemeinschaft von Develon Hill einzugliedern!" Sie strahlte uns erwartungsvoll an. Wir tauschten unschlüssige Blicke. Was genau meinte Marylin damit? Als wir nicht atworteten, seufzte sie.
"Ein bisschen mehr Elan würde euch guttun, wisst ihr? Aber weil ich euch nicht weiter auf die Folter spannen will: Demnächst findet hier ein großes Dorffest statt, mit allerlei Sachen, die Spaß machen. Was haltet ihr davon? Klingt doch super, oder?"
"Irgendwie widersprechen sich die Worte 'groß' und 'Dorffest'", stellte Niall fest. Marylin sah ihn böse an. "Das wird super! Dieses Fest hat Tradition und ich kann euch sagen, dass es etwas einmaliges ist. Bei dieser Gelegenheit könnt ihr auch mit anderen Einwohnern ins Gespräch kommen, sodass ihr soziale Kontakte knüpfen müsst. Oh, und Jenna? Du wirst selbstverständlich deine Tracht tragen."
"Du hast eine Tracht?" wollte Niall wissen und sah mich mit veräterisch zuckenden Mundwinkeln an.
"Ja, hat sie", antwortete Marylin an meiner Stelle. "Und du wirst auch bald eine haben, junger Mann. Dafür sorge ich schon." Nialls selbstgefälliges Grinsen verrutschte. Sie stand auf, klopfte sich die Hose ab und wandte sich zum Gehen. "Ich will euch dann mal nicht weiter stören."
"Genau. Wir sind beschäftigt... mit dem ganzen Kram, den Eheleute in ihrer Freizeit so machen."
Niall grinste Marylin provozierend an. Sie zog die Augenbrauen hoch und erwiderte: "Das sehe ich. Oh, wo ist eigentlich dein Ehering, Jenna?"
Im Bruchteil einer Sekunde schoss alles Blut aus meinem Körper in meinen Kopf, während ich verzweifelt nach Wörtern suchte. "Der ist...äh, den hab ich-"
"-durchs Fenster ins Beet geworfen und nicht mehr wiedergefunden", beendete Niall meinen Satz und schüttelte dann abfällig den Kopf. "Was denkst denn du?"
Geschockt starrte ich ihn an und konnte nicht fassen, was er soeben gesagt hatte.
Marylin sah ihn kühl an. "An deiner Stelle wäre ich etwas weniger vorlaut, Niall." Sie warf mir ein letztes Lächeln zu und verließ dann hoch aufgerichtet unseren Garten.
"Sag mal, spinnst du?" fuhr ich Niall wütend an. "Wie kannst du ihr das einfach so ins Gesicht knallen?"
Seelenruhig schnippte er einen Käfer von seinem Bein und lächelte. "Die Wahrheit als Lüge getarnt ist oft die beste Möglichkeit, damit davon zu kommen. Verpackt in ein bisschen Sarkasmus, und niemand fragt nach. Glaub mir, Jenna, das funktioniert immer."
Dieser Junge machte mich wahnsinnig.
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