Kapitel 7
Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.
– Albert Einstein, theoretischer Physiker der Wissenschaftsgeschichte
October 16, 2007
FBI-Zentrale, Washington D.C.
Seit Monaten arbeitete ich nun schon am Schreibtisch, ordnete Unterlagen, schrieb Berichte. Meine Waffe lag seither im Schubfach; ich hatte sie seit dem Vorfall nicht mehr angerührt.
Als Fornell mir mit einem Termin beim Therapeuten gedroht hatte, der ein psychologisches Gutachten von mir erstellen sollte, hatte ich ihn nur angeschrien und ihn auffordert, nie wieder mit so etwas anzukommen. Der Außendienst war somit für mich gestrichen. Seit sechs Monaten.
»Hat dein Freund mal wieder angerufen, Kate?«, fragte Agent Stephanie Clarence, eine Frau, die einige Jahre älter war als ich, sich jedoch wie eine High School Schülerin benahm. Kindisch, unreif, wollte immer und alles über jede Beziehung erfahren. Ich mochte sie nicht.
»Der große, muskulöse, äußerst anziehend.«
»Ich weiß, wie mein Freund aussieht«, meinte ich kühl.
»Hat er schon ein Profil von dir erstellt?«
»Lassen Sie's, Clarence.« Mit finsterer Miene blickte ich auf. »Mein Privatleben geht niemanden etwas an.«
»Außer mich.« Fornell erschien in unserer Abteilung. »In mein Büro. Sofort.«
Meine Teamkollegen tauschten vielsagende Blicke. Mit einem genervten Seufzen erhob ich mich und folgte dem ernst blickenden Fornell - er trug wirklich nie eine andere Miene.
In seinem zugemüllten Büro angekommen, setzte er sich auf seinen Stuhl und forderte mich auf, mich ebenfalls zu setzen.
»Nein, danke. Sagen Sie mir einfach, was Sie wollen, und dann geh ich wieder an meinen geliebten Schreibtisch.«
»Sparen Sie sich Ihren Sarkasmus, Moore«, sagte Fornell kühl, »Sie haben sich das alles selbst zuzuschreiben.«
Ich pustete mir gelangweilt eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Es gibt einen Fall beim NCIS. Sie bitten uns, zu helfen, weswegen wir zusammen daran arbeiten werden. Ich könnte Ihre Hilfe gebrauchen.«
»Meine Hilfe?«, fragte ich verblüfft. »Sie fragen mich gerade wirklich, ob ich Sie bei einem Fall begleiten möchte?«
Fornell nickte. »Ja. Doch bevor ich Sie mitgehen lasse, möchte ich einen Deal.«
Genervt stöhnte ich auf und ließ mich auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch nieder.
»Sie dürfen wieder in den Außendienst, wenn Sie einen Termin beim Psychologen einhalten«, wies Fornell an.
»Das kann nicht Ihr Ernst sein«, sagte ich.
»Es ist mein voller Ernst. Moore, das, was Sie erlebt haben, ist traumatisch. Sie verdrängen es. Zumindest versuchen Sie es.«
»Lassen Sie die Psycho-Nummer, Fornell.«
»Das ist keine Psycho-Nummer. Ich muss mein Team kennen, Kate, und ich weiß, wie sehr der Tod Ihrer Eltern auf Ihnen lastet. Sie müssen mit jemandem reden, und damit meine ich nicht Ihren Freund.«
Meine Hände verkrampften sich in den Lehnen des Stuhls. »Sie hätten Matt zum Psychologen schicken müssen«, sagte ich mit aufsteigenden Tränen. »Er war krank. Sie hätten es merken müssen. Sie hätten ihn aufhalten müssen.«
»Ich weiß«, sagte Fornell. »Glauben Sie, ich mache mir keine Vorwürfe? Er war mein Mann und er war ein Psychopath. Mitten in meinem Team. Ich hätte es merken müssen, ja, aber ich hab es nicht. Das geht auf meine Kappe. Jetzt lassen Sie es mich wieder gut machen, in dem ich wenigstens Ihr Leben schütze.«
Ich wich dem Blick meines Bosses aus und versuchte die Tränen zu unterdrücken.
»Nach dem Fall gehen Sie zum Psychologen. Deal?«
Langsam nickte ich. Dann wandte ich mich ihm zu. »Deal.«
NCIS-Zentrale, Washington D.C.
Fornell und ich betraten über den Fahrstuhl die Etage. Wie bei uns standen überall Schreibtische, abgetrennt durch Trennwände. Das grelle Orange der Wand starrte mir entgegen, ebenso wie eine Wand mit allen gefallenen Agents.
Fornell führte mich in eine Abteilung, wo vier Schreibtische standen. An jedem saß ein Agent.
»Tobias, gut, dass Sie hier sind«, sagte ein älterer Mann mit grauen Haaren und erhob sich.
»Gibbs, darf ich vorstellen? Special Agent Kaitlyn Moore.«
Gibbs verharrte in seiner Bewegung und sah mich kurz an. Doch dann riss er seinen Blick von mir los und wandte sich, ohne mich weiter zu beachten, an Fornell.
»Können wir?«
»Natürlich. Kate, Gibbs und ich werden mit Director Jennifer Shepard sprechen. Lassen Sie sich von DiNozzo in den Fall einweisen.«
Ohne Weiteres verschwanden die beiden Männer.
»Und das bin wohl ich.« Ein Mann mit braunen Haaren und breiten Lächeln erhob sich von dem Schreibtisch rechts neben mir. »Super Special Agent Anthony DiNozzo. Sie können mich Tony nennen.« Er hielt mir seine Hand entgegen.
Ich schlug ein. »Special Agent Kaitlyn Moore. Ihr Boss mag mich nicht besonders, oder?«
»Ihr Name erinnert ihn nur an eine gefallene Agentin, die uns viel bedeutet hat«, meinte ein junger Mann mit einem runden Gesicht. »Special Agent Timothy McGee.«
»Und ich bin Verbindungsoffizierin Ziva David«, erklärte eine Frau mit schwarzen Haaren neben mir.
»Welches Land?«, fragte ich.
»Israel.«
»Sie sind sehr jung«, bemerkte DiNozzo.
»Und Sie grinsen die ganze Zeit wie ein aufgewecktes Kind, und das geht mir bereits jetzt schon auf die Nerven«, gab ich tonlos zurück.
McGee und David lachten leise, DiNozzos Grinsen verschwand und mit einem Räuspern wandte er sich ab.
»Unser Gerichtsmediziner hat eine Obduktion durchgeführt und hat herausgefunden, dass eine der Leichen mit Quecksilber ermordet worden war. Marvin Hinton, auch bekannt als Frederick LeClaire.« DiNozzo drückte auf eine Fernbedienung und ein Bild von einem Mann erschien auf einem Bildschirm.
»Okay. Und was nun?«, fragte ich.
Ein Telefon klingelte und McGee hob an, hörte kurz, was gesagt wurde und legte wieder auf. »Gibbs sagt, wir sollen in den Videoraum.«
Gesagt, getan. Der Videoraum war wie ein Kino aufgebaut. Eine blonde Frau saß bereits auf einen der Stühle, und ich kannte sie nur zu gut.
»Special Agent Courtney Krieger«, sagte ich.
»Kaitlyn«, sie erhob sich, »lang ist's her.«
Sie hielt mir die Hand entgegen, ich ignorierte sie, und da betraten Fornell, Gibbs und eine rothaarige Frau, wahrscheinlich die Direktorin, den Raum.
»Mein Chef sieht wütend aus«, bemerkte Courtney, als wir uns niederließen.
»Er liest Ihnen gleich die Termiten«, sagte David.
»Leviten«, verbesserte DiNozzo.
»Was wissen Sie über diesen Eraser?«, fragte Direktor Shepard mit erster Stimme.
»McGee!«, forderte Fornell den Agent auf, der sich an einen der PCs gesetzt hatte und nun darauf herumtippte. »Angeblich ist er Pakistaner, der in Indien und England aufgewachsen ist«, begann mein Boss, als die Akten auf dem riesigen Bildschirm erschienen, »hat mit Terroristen zusammengearbeitet.«
»Papiere, okay. Einfache Einreise«, sagte Gibbs.
»Hat baskische Terroraktionen in Spanien, mehrere Bombenanschläge in England ermöglicht, und der GEA Bombenanschlag in Frankreich vor zwölf Jahren. Der Verantwortliche wurde von den Behörden identifiziert. Kamal Konkani.«
»Das sind ja viele Ks«, bemerkte DiNozzo hinter mir. »Ks sind witzig. Agent Krieger.«
Ich verdrehte genervt die Augen und beugte mich zu Agent David herüber. »Ist er immer so?«
»Bedauerlicherweise, ja.«
»Aber sie konnten seinem Namen kein Gesicht geben, bevor er wieder von der Bildfläche verschwand«, sprach Fornell weiter.
»Anscheinend ist er nach Maryland umgezogen und hat seine Methode verbessert, Menschen verschwinden zu lassen«, sagte Shepard.
»Wir haben einen Tipp bekommen. Möglicherweise hat Kamal selbst die Fährte gelegt, um seine Arbeit zu testen.«
»Die offenbar keine Fehler aufweist.«
»Und jetzt verwischt er seine Spuren -«
»Und bietet in Übersee den Terroristen seine Dienste an«, beendete Gibbs.
»Ich überwache die Lage in den Trainingscamps und beobachte sehr genau jede Bewegung«, sagte Direktor Shepard, »ich schlage vor, Sie nehmen Kamals Verfolgung von hier aus auf.«
»Kein Gesicht, keine Spur«, sagte DiNozzo. »Kinderspiel, würd ich sagen.«
Als wir den Videoraum verließen, wurde Krieger sofort von Fornell zur Seite genommen - und er schien nicht begeistert.
Während die NCIS-Agents nach unten gingen, wartete ich oben, einige Meter von Fornell und Krieger entfernt. Alle Blicke flogen auf einmal zu den beiden, als mein Boss lauthals durch den Raum schrie: »Mir ist es scheißegal, was im Handbuch steht! Sie haben absolut keine Erfahrung für eigene Entscheidungen.«
Als er mit Krieger fertig war, bedeutete er mir mit einem Blick, ihm zu folgen.
»Ich glaube es kaum. Eine E-Mail«, sagte er an DiNozzo gewandt, als wir vorbeigingen. Völlig verwirrt sah er uns an. Fornell hatte einfach aus der Luft gesprochen.
»Was genau hat Krieger getan, wenn ich fragen dürfte?«
»Sie hat mir von dem Mord über eine E-Mail berichtet. Sie kannte Hinton, und hat es mir über E-Mail geschrieben!«
»Wenn er immer noch die indische Küche mag, gibt es 15 indische Restaurants im Umkreis von 15 Kilometern um Island Beach«, sagte McGee und zeigte das Gesagte auf dem Bildschirm in deren Abteil an.
»Kamal fährt nicht viel rum«, sagte Gibbs.
Fornell nickte. »Suchen Sie in einem zu Fuß erreichbaren Radius.«
McGee tippte weiter. »In der näheren Umgebung gibt's nur eins. Punjab Tandoori. Wenn er so wie immer vorgeht, wenn er wieder Zettel verteilt, wer bekommt sie?«
»Könnte es nicht sein, dass ihm Freunde aus der alten Heimat beiseite stehen?«, fragte DiNozzo.
»Wenn ja, dann wäre das Restaurant doch der ideale Treffpunkt.«
»Es besteht eine geringe Chance, dass er selbst hinkommt«, meinte Gibbs.
»Wir sollten's unauffällig angehen, wenn wir's unter die Lupe nehmen«, sagte Fornell.
DiNozzo grinste. »Wir müssen undercover reingehen.«
Fornell nickte zufrieden und blickte zu mir.
»Hallo, ein Tisch für zwei bitte«, sagte DiNozzo zu dem Kellner, der sofort zu uns kam.
»Natürlich. Hier entlang.«
Er führte uns durch den Raum, wir folgten ihm.
»Nimm deine Hand da weg«, zischte ich leise und sofort zog DiNozzo sie von meiner Taille.
»Die Katze hat ja Krallen«, bemerkte er.
»Könntet ihr beiden etwas professioneller an die Sache rangehen?«, hörte ich McGee über mein Ohr sagen. »Fornell meinte, Sie waren bereits undercover. Ich weiß, es ist schwer, mit Tony zusammenzuarbeiten, aber versuchen Sie's einfach. Irgendwie.«
DiNozzo trug eine Brille, ich eine Kette, worüber Courtney Krieger, Ziva David und McGee alles sehen konnten. Die NCIS-Agents sprachen uns immer wieder ins Ohr. Ich achtete nur auf das Wichtigste.
»Vielleicht sollten wir mehr ...«, DiNozzo legte seine Hand auf meine, »Sie wissen schon.«
Ich setzte ein freundliches Lächeln auf, dann entriss ich ihm meine Hand und stieß versehentlich gegen den Wasserkrug, so dass dieser umkippte und der ganze Inhalt sich auf DiNozzos Hose ergoss.
»Oh, das tut mir leid«, sagte ich gespielt entschuldigend und wollte die Serviette zum Trocknen benutzen, doch erhob der Agent sich bereits.
»Ich geh mal schnell zur Toilette«, sagte er und ging davon.
Ich sah, wie DiNozzo gegen einen Lieferanten stieß und kurz darauf mit dem Kellner sprach.
»Seit wann sind Sie so unruhig, Moore?«, hörte ich Krieger fragen.
»Seit wann stellen Sie mir solche Fragen«, gab ich kühl zurück.
»Der dritte auf der Liste, Tony«, sagte David an ihren Partner gewandt, der sich über eine Liste gebeugt hatte, die neben den Servietten stand.
DiNozzo und ich ließen uns das Essen einpacken und verschwanden dann. Wir stiegen in den Transporter des NCIS' ein, von welchem aus die anderen alles überwacht hatten, und folgten Lieferanten. Als er schließlich vor einem Haus hielt, überrumpelten wir ihn und zerrten ihn in den Wagen.
David, Fornell und Gibbs betraten das Haus und durchsuchten es nach Kamal. Doch er war nicht hier.
»Wo ist der Kerl, der hier wohnt?«, verlangte Gibbs später von dem Essenslieferanten zu wissen.
»Woher soll ich das wissen? Ich bring nur das Essen her.«
»Wie soll er essen, wenn er gar nicht da ist?«, fragte Fornell.
»Das ist 'ne Dauerbestellung. Ich liefere jeden Abend das Essen ab, und er bezahlt zwei Wochen im Voraus.«
»Sie haben ihn also mal gesehen?«, fragte ich.
»Ja. Einmal. Er hat mir 'nen Haufen Bares gegeben und 'n gutes Trinkgeld. Älterer Schwarzer, etwa so groß wie ich, vielleicht auch etwas größer.«
Gibbs hielt ein Foto hoch. »Was ist mit diesem Mann? Kennen Sie den?«
»Ist das 'ne Fang-Frage? Das ist doch der Kerl, der hier wohnt.«
»Frederick LeClaire«, sagte Ziva David. »Marvin Hinton. Kamal Konkani.«
»Der Tote ist unser Bösewicht«, meinte ich.
»Und wer hat ihn dann ermordet?«, fragte Fornell.
1923 Wörter
#TeamGibbs
Wer liebt Gibbs auch so sehr wie ich? :3
Ein Deal zwischen Kate und Fornell - glaubt ihr, sie wird ihn einhalten?
Und wie findet ihr Tony und Kate? XD
Danke für die Kommentare ❤
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