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[13] • Funken

Mein Bauch grummelte unaufhörlich. So stark, dass die ältere Dame neben mir im Bus schon anfing, mich mitleidig zu betrachten. Ich rechnete fast damit, gleich eine Süßigkeit zugesteckt zu bekommen, so wie es meine Oma früher getan hatte, wenn wir nach einem Besuch bei ihr den Nachhauseweg antreten wollten. Eingewickelt in einen Zehneuroschein, die sie wohl damals immer auf Vorrat in ihren Kleidern parat gehalten hatte. Ich wäre nicht verwundert gewesen, wenn sie ihr ganzes Vermögen durchweg bei sich getragen hätte.

Doch gerade in diesem Moment, in dem überfüllten Bus, der nach Schweiß gemischt mit einer ordentlichen Dosis Deo stank, wollte ich nichts dergleichen, was ich dann höflich wieder ablehnen müsste. Mir war es schon peinlich genug, dass sich mein Körper anhörte wie ein alter Trecker. Deshalb versuchte ich, das unüberhörbare Rumoren meines Magens mit einem sanften Lächeln auf den Lippen zu kaschieren und somit der Frau, die schon verdächtig in ihrer Handtasche kramte, den Eindruck zu vermitteln, dass ich keine Almosen von ihr benötigte. 

Umso froher war ich deshalb, als ich endlich den Bus verlassen konnte und auf dem restlichen Weg zu unserem Haus im alleinigen Beisein mit meinen Körpergeräuschen war. Mein Hungergefühl hatte sich noch nicht an den neuen Rhythmus gewöhnt. Da Lars tatsächlich nun häufig im Dagobert anzutreffen war, verzichtete ich freiwillig auf die Joghurtdrinks und Schokoriegel und hungerte bis in den späten Nachmittag. In meiner Verzweiflung war ich sogar noch einmal in Versuchung geraten, mich an der Schlange der Cafeteria anzustellen. Doch dann hatte ich die angewiderten Gesichter der Schüler gesehen, die sich gerade einen Löffel Chili con Carne mit Reis in den Mund gesteckt hatten, und war direkt wieder davon gerauscht. Die Mittagspause verbrachte ich nun in der kleinen Schulbibliothek, die ich für mich entdeckt hatte. Dort fühlte ich mich relativ sicher vor unerwünschten Begegnungen, vor Jasper, dem ich bis zum jetzigen Zeitpunkt aus dem Weg gegangen war. Nicht, dass ich mich nach unserem Treffen zu irgendetwas verpflichtet fühlte. Ich wollte ihm schlichtweg nicht begegnen, da mir mit jedem weiteren Gedanken an ihn bewusst wurde, dass seine Wirkung auf mich schon jetzt eine ungewollte Größe angenommen hatte. Diese galt es nun zu bekämpfen.

Ungeduldig steckte ich den Haustürschlüssel ins Schloss und war erleichtert, als ich kurz darauf das vorbereitete Essen auf dem Herd erblickte. Ich lud mir direkt eine große Portion Nudeln auf den Teller und begoss sie großzügig mit Bolognesesoße. Mit meinem in der Mikrowelle aufgewärmten Essen stapfte ich die Treppe hoch und machte einen kurzen Abstecher zum Büro meines Vaters. Dieser saß über seinen Schreibtisch gebeugt, hochkonzentriert, was man bei ihm immer an der herausgestreckten Zunge erkannte. 

»Hallo, Papa.« Einige Sekunden verstrichen, bis sein Gehör meine Worte aufgenommen und verarbeitet hatte. Ich nutzte die Zeit, um mir schon einmal eine Gabel Spaghetti in den Mund zu schieben. Seine Stirn war in Falten gelegt, als er sich in meine Richtung drehte. Er wirkte etwas aus dem Konzept, weshalb ich vermutete, dass es bei seiner Arbeit gerade nicht so lief, wie er es gerne hätte. Dennoch lächelte er, zwar etwas krampfhaft, aber immerhin.

»Ah. Hallo, Spätzchen. Gut, dass du da bist. Schau mal.« Er winkte mich zu sich heran. »Was sagst du hierzu?« Kauend folgte ich seiner Aufforderung, trat hinter ihn und lugte über seine Schulter. Ich erkannte den Maulwurf, über den er schon seit einiger Zeit klagte. Noch nie hatte es ihm eine Hauptfigur so schwer gemacht, behauptete er immer wieder aufs Neue. Dabei hatte ich mir insgeheim jedes Mal gedacht, dass wohl kaum der Maulwurf etwas dafür konnte, wenn meinem Vater kein passender Strich gelang. Allerdings wollte ich vor ihm auch nicht die Bindung zwischen Figur und Schöpfer anzweifeln. 

»Sieht irgendwie noch ein wenig komisch aus«, schmatzte ich, während mein Vater sich das Ende seines Bleistifts gegen die Nasenspitze drückte. An seine komischen Angewohnheiten beim Nachdenken hatte ich mich bis heute nicht gewöhnt. »Ich weiß nicht recht, seine Mimik passt immer noch nicht so ganz. Die Mundpartie, ich glaube, die ist das Problem.«

»Ja, das hatte ich befürchtet«, murmelte er und zwirbelte sich nun eine kurze Strähne um den Finger. »Der Mund«, wiederholte er dann mantraartig leise vor sich hin. Ich merkte sofort, dass meine Anwesenheit nicht mehr erforderlich war, da er schon wieder seine Umgebung vollends ausgeblendet hatte und wahrscheinlich nun den Maulwurf auf meine Vermutung hin genaustens analysierte. 

»Du packst das schon«, meinte ich noch und ging langsam zur Tür. »Ich bin mal in meinem Zimmer.«

Ich bekam ein Brummen als Antwort und erst, als ich schon im Flur war, rief er mir »Guten Appetit!« hinterher, dabei hatte ich schon mehr als die Hälfte meines Tellers in mich hineingeschlungen. 

Als ich in meinem Zimmer ankam, schob ich die offenen Kisten, die in der Mitte des Raumes standen, mit dem Fuß beiseite. Heute Morgen hatte ich nach meinen restlichen Sommerklamotten gesucht und in der Hektik willkürlich Kartons aufgerissen, da ich mich nicht mehr dran erinnern konnte, in welchen von ihnen ich sie eingepackt hatte. Dementsprechend sah es hier aus und ich warf die Kleider, die sich achtlos auf dem Boden verstreut hatten, den Kisten hinterher in die nächste Ecke. Mich störte diese Unordnung nicht, sofern sie sich in einem Maß bewegte, die mit Cleos Zimmer nicht zu vergleichen war. Allerdings nahm ich mir vor, die Pakete das nächste Mal besser zu beschriften.

Kaum hatte ich meinen Teller leer und den Platz an meinem Schreibtisch eingenommen, um mich mit den wenigen Hausaufgaben zu beschäftigen, die noch für den morgigen Schultag zu erledigen waren, platzte mein Vater herein. Mit Blick auf die losen Blätter in seiner Hand, stieß er gegen einen der Umzugskartons, weshalb er kurz erschrocken zusammenzuckte. Ansonsten ließ er den unordentlichen Zustand unkommentiert. Er gehörte schließlich auch zu denjenigen, die nicht viel Wert auf eine aufgeräumte Umgebung legten.

»Spatz, magst du nochmal gucken? Ich glaube, es ist jetzt besser«, behauptete er, wobei man seine Unsicherheit deutlich heraushörte. Ich streckte meine Hand aus und er reichte mir seine Zeichnungen. Nach und nach blätterte ich sie durch, während mein Vater mit den Händen in den Hüften hinter mir stand, ununterbrochen mit dem Fuß auf den Boden tippte und auf meine Expertise wartete. In diesem Zustand erinnerte er fast an ein kleines Kind, das ungeduldig auf ein Kompliment zu der selbst gemachten Kritzelei wartete, auch wenn das Werk meines Vaters nicht auf diesem Level zu bewerten war. Diese kindliche Art war an ihm öfters zu beobachten, was vielleicht der Arbeit zuzuschreiben war, aber in jedem Fall seinen allgemein frohen Charakter ausmachte. Nachdem ich die unterschiedlichen Versionen des Maulwurfs gründlich inspiziert hatte, er hatte sich ausnahmslos auf dessen Schnauze konzentriert, gab ich ihm den Blätterstapel wieder zurück.

»Ja, viel besser!«, meinte ich dann, worauf er zu strahlen begann und den Blick auf seine Arbeit senkte. »Oh, ein Glück!«, warf er erleichtert aus. »So langsam hatte ich echt die Geduld mit ihm verloren. Gegen Ende wusste ich einfach nicht mehr, wo ich noch ansetzen sollte. Danke, Liebling.«

Ich winkte ab. »Alles gut. Du hast mich schließlich nach meiner Meinung gefragt.«

»Dennoch hattest du das richtige Auge dafür«, fügte er mit Nachdruck hinzu und strich mir kurz sachte über den Hinterkopf. »Und deswegen kann ich jetzt auch endlich mal eine Pause machen.« 

»Tu das«, pflichtete ich ihm bei, bevor ich das unliebsame Mathebuch zu mir heranzog. »Mit dir würde ich auch nicht gerne tauschen«, kommentierte er daraufhin, während er das dreckige Geschirr an sich nahm, das ich neben mir auf dem Schreibtisch deponiert hatte. Ich grummelte nur. Wir waren uns wirklich sehr ähnlich in unseren Interessen.

»Ach!«, stieß mein Vater plötzlich aus und meine Aufmerksamkeit schwankte von der Suche nach der richtigen Buchseite wieder zu ihm. Er hatte den leeren Teller wieder beiseitegestellt und nun etwas anderes zwischen den Fingern. Aufgrund des chaotischen Äußeren wusste ich auch sofort, was ihm da unter den Radar geraten war.

Oh, nein!

»Ich wusste gar nicht, dass eure Schule eine Schülerzeitung hat«, sprach er das aus, was er nie erfahren sollte.

Er würde doch nicht ... natürlich, schlug er die Ausgabe auf und fing an, darin herumzublättern. Fehlte nur noch, dass er ausgerechnet meinen Text aus all den Artikeln herausfilterte. Wieso hatte ich die Zeitung nicht auch schon längst entsorgt? Oder zumindest hätte ich ihm das Ding aus den Händen reißen können, doch stattdessen saß ich starr vor ihm und bemerkte, wie sich über sein Gesicht ein undefinierbarer Schleier legte.

»Ist der Text hier von dir?«, fragte er dann und ich verfluchte mich für meine Unachtsamkeit. Von Beginn an hatte ich all meine Produktionen für mich behalten können, doch gerade diese, die mir bisher auch nur Probleme bereitet hatte, wurde mir zum Verhängnis.

»Nicht lesen!«, rief ich sofort. Wenigstens reagierte ich auf die Frage hin meinen Wünschen angemessen, auch wenn ich meinen Vater mit meiner plötzlichen Energie etwas verschreckte. Mit leicht aufgerissenen Augen schaute er mich an. Solch ein impulsives Verhalten war er von mir nicht gewohnt, weshalb ihm seine Überraschung besonders anzumerken war.

»Warum?« Den schuldbewussten Ton in seiner Stimme konnte er nicht verbergen.

»Du hast ihn schon gelesen, richtig?«, hakte ich nach.

Er nickte. Ich seufzte und hielt abwehrend die Hand hoch, um sein Schweigen hinauszuzögern, bevor sich auch nur seine Lippen bewegen konnten.

»Sag nichts. Wenn du es schon gelesen hast, dann tu mir wenigstens den Gefallen und sag einfach nichts dazu.« Ich sah ihm an, dass ihm das zweite Warum schon auf der Zunge lag, doch ich schüttelte nur vielsagend mit dem Kopf.

Die Stille, die sich daraufhin im Zimmer ausbreitete, beunruhigte mich, da es schien, als würde mein Vater dieses Zimmer nicht ohne eine Reaktion verlassen wollen. Und exakt das wollte ich nicht, da ich mich vor seiner Einschätzung scheute. Vielleicht, weil mir das Schreiben so sehr am Herzen lag, dass ich befürchtete, ein zweifelnder Kommentar von der Person, die mir in dieser Richtung doch irgendwie ein Vorbild war, würde dieser Liebe einen Schlag verpassen. Genauso gut würden mich nett gewählte Worte nur verunsichern, da ich nie sicher sein könnte, ob er sie ernst meinte oder nur aussprach, weil ich seine Tochter war.

Mein Vater sah mir wohl das enorme Unbehagen an und hielt tatsächlich seinen Mund geschlossen. Doch im nächsten Moment griff er über mich hinweg, nahm sich Post-it und Stift, kritzelte etwas vor sich hin und pappte den Zettel auf die Seite meines Textes. Dann klappte er das Heft wieder zu und legte es auf seinen alten Platz. Mich ließ diese Aktion etwas verdattert zurück, während mein Vater hingegen aufrichtig lächelte, mir einen Kuss auf den Scheitel gab und danach aus meinem Zimmer verschwand, als wäre nichts gewesen. 

Irritiert schaute ich zwischen meiner geschlossenen Zimmertür und der Dagobert-Ausgabe hin und her. Letztendlich saugte sich mein Blick jedoch an der Zeitung fest. Nun lag sie dort, verhöhnte mich, weil sie ein Geheimnis hütete, was ich mich nicht traute zu erfahren. Nach nur kurzer Zeit konnte ich den Anblick schon nicht mehr ertragen und schob sie unter den nächstgelegenen Bücherstapel. Seit wann konnte mein Vater so fies sein?

■■■

Der Weg zum Raum der Schülerzeitung fühlte sich schon ein wenig ungewohnt an, so selten war ich ihn in der letzten Zeit gegangen. Eigentlich hatte ich auch diese Pause vorgehabt, die Bibliothek aufzusuchen. Allerdings hatte sich dieser Plan ganz schnell in Luft aufgelöst, als mir der Informationszettel ins Auge gefallen war, natürlich erst, nachdem ich vergeblich an der Tür gerüttelt hatte. Heute wegen Krankheit geschlossen. Die dürftig ausgestattete Bücherei war so spärlich besucht, dass die Schule gerade mal eine einzige Person dafür anstellte. Noch dazu war es eine ältere Dame, die sich so langsam bewegte, dass man manchmal nicht genau sagen konnte, ob sie nun ging oder auf der Stelle stand. Sympathisch war sie mir dennoch. Auch lächelte sie jedes Mal breit, wenn sie mich sah, weshalb ich ehrlich enttäuscht war, ihr heute nicht einen guten Tag wünschen zu können.

Ich war mir nicht sicher, ob es stattdessen eine gute Idee war, zum Dagobert zu gehen, da ich nicht wusste, ob Lars gerade dort verweilte. Zudem antwortete Cleo nicht auf meine Nachrichten, um mich darüber zu informieren, ob die Luft rein war. Jedoch konnte ich mir auch einfach selbst ein Bild machen und gegebenenfalls wieder umkehren, ohne dass mich jemand überhaupt registrierte.

Musik erreichte mich, als ich in den Flur einbog, auf dem sich der Raum der Schülerzeitung befand. Es verwunderte mich, da die drei Mitglieder des Dagoberts eher im Stillen arbeiteten. Deshalb war ich mir relativ sicher, was dieser Umstand zu bedeuten hatte. Die Tür stand einen Spalt offen und ich nutzte die Gelegenheit, um unbemerkt einen Blick hinein zu wagen. Meine Vermutung bestätigte sich, da ich Lars vor einem der Computer sitzen sah. Direkt darauf kam Cleo ins Bild, zwei Joghurtdrinks in der Hand, und ließ sich auf den Platz neben ihm nieder. Ich hielt mir den Bauch und unterdrückte den Neid, der sich in meinem Magen auszubreiten versuchte. Mindestens genauso sehr beschäftigte mich die Tatsache, wie angeregt die beiden sich unterhielten. Sie redeten, lachten, tauschten Blicke aus und wirkten so vertraut. Doch gleichzeitig hatten beide mit einer gewissen Verlegenheit zu kämpfen, die der Situation direkt einen ganz anderen Touch verlieh. Wann hatte sich denn bitte dieses Etwas zwischen ihnen entwickelt?

»Leonie?«, flüsterte plötzlich jemand hinter mir. Auch wenn er leise redete, erkannte ich seine Stimme sofort. Mein Herz kam ins Straucheln, stolperte und schlug dann in einem unregelmäßigen Takt weiter.

»Schh!«, machte ich mit einem kurzen Blick nach hinten und wandte mich direkt wieder Lars und Cleo zu. Ich wollte vermeiden, dass mein Körper gänzlich realisierte, wie nah Jasper mir gerade war. Zudem musste ich noch einmal überprüfen, ob ich mich eben nicht doch verguckt hatte und die Situation vor meinen Augen ganz falsch deutete. Jasper gesellte sich neben mich, um zu sehen, was mich da gerade beschäftigte.

»Die scheinen sich ziemlich gut zu verstehen«, wisperte Jasper mir zu, nachdem er die beiden ebenfalls einige Zeit beobachtet hatte. Ich täuschte mich also nicht, er sah es auch.

»Sieht ganz danach aus«, murmelte ich und wusste nicht, was ich davon halten sollte. Cleo war natürlich frei in der Entscheidung, mit wem sie ihre Zeit verbringen wollte, nur irgendwie ärgerte es mich dennoch, dass ihre Wahl ausgerechnet auf Lars fiel. »Komm, lass uns gehen.« 

Instinktiv umgriff ich Jaspers Arm und zog ihn von der Tür weg, bevor wir letztendlich doch noch beim Spannen erwischt wurden. Zwar merkte ich sofort, wie sehr mich schon diese harmlose Berührung in Spannung versetzte, jedoch wollte ich mir auch nicht die Blöße geben und meine Hand sofort wieder zurückziehen. Länger als nötig hielt ich den Kontakt allerdings auch nicht aufrecht. Dafür beobachtete ich ihn heimlich von der Seite, während wir den Flur entlangliefen. Mir kam es vor, als wäre er in der Zeit, in der wir uns nicht begegnet waren, noch ein Stück größer geworden, so sehr überragte er mich. Auch seine Haare waren ein ganz kleines Stück gewachsen. Seine kurzen Locken hatten nun einen Kringel mehr. Ich erklärte mich für verrückt, als ich diese Kleinigkeit an ihm bemerkte.

»Seit wann arbeitet Lars denn bei der Schülerzeitung mit?«, ergriff Jasper wieder das Wort in normaler Lautstärke, nachdem wir genügend Abstand zwischen uns und dem Dagobert gebracht hatten. 

»Ach, schon länger. Frag mich nicht, wie Cleo ihn dazu überreden konnte. Ich kann es mir selbst nicht erklären.« Laut ihrer Aussage hatte sie ihn einfach nur darum gebeten, während ich mich bei einem Basketballspiel hatte lächerlich machen müssen. Der entscheidende Unterschied lag wohl wirklich bei Lars' angeblichen Freunden, denn Cleo hatte ohne Anhang mit ihm reden können. Das Universum stand eindeutig nicht auf meiner Seite.

»Interessant. Hätte nicht gedacht, dass er sich dazu breitschlagen lässt«, bemerkte Jasper und fügte nach einer kurzen Pause lachend hinzu: »Wenn man Cleos Überredungskünste bedenkt, ist das vielleicht doch nicht so verwunderlich.«

Ich grinste. »Ja, da könntest du recht haben. Aber ich glaube nicht, dass das lange anhält. Spätestens wenn nächste Woche die neue Ausgabe in überarbeiteter Gestaltung erscheint und sich Cleo in die Programme eingearbeitet hat, wird er sich vom Acker machen.«

»Außer er hat Gefallen daran gefunden«, warf Jasper ein und spielte damit wohl auf die Sache an, die wir eben zu Gesicht bekommen hatten. Auf Lars' Lippen hatte ein Lächeln gelegen, das auch seine Augen erreicht hatte, weshalb man davon ausgehen konnte, dass er durchaus Spaß zu haben schien. Ob es nun an der Arbeit lag oder an Cleo.

»Ich hoffe nicht. Sonst muss ich doch wieder dazu übergehen, mir selbst etwas zu essen mitzubringen.«

»Ja, die Cafeteria ist nicht gerade das Aushängeschild der Schule.« Das war noch nett ausgedrückt.

»Eindeutig!« 

Wir erreichten das Treppenhaus und ich sah uns schon wieder getrennte Wege gehen, was eindeutig meiner Strategie entsprach.

»Na dann«, sagte ich gedehnt. »Ich bin dann mal wieder.« Ich gestikulierte etwas hilflos mit den Armen, da ich schließlich auch nicht so recht wusste, wohin ich überhaupt sollte. Einfach nur weg, war zumindest schon einmal ein Anfang. Doch Jasper machte mir einen Strich durch die Rechnung. Argwöhnisch legte er den Kopf auf die Seite.

»Du gehst mir aus dem Weg.« Es war kein Verdacht, sondern eine in den Raum geworfene Feststellung, die mir gehörig aufs Gewissen drückte. 

»Tue ich nicht.« Es zeugte nicht gerade von einem hohen Wahrheitsgehalt, dass sich meine Worte beinahe überschlugen, weil ich ihm schnellstens widersprechen wollte.

»Und warum verziehst du dich dann jede Pause in die Bibliothek, wobei du kein einziges Buch anrührst?«

Woher? Hatte er mir nachspioniert? Gleichzeitig musste ich an die vielen Male denken, die ich ihn insgeheim vom Fenster aus verfolgt hatte. Touché.

»Sonnenallergie?« Schwacher Versuch, Leonie.

»War das gerade eine Frage?« Ich räusperte mich. »Nein«, log ich und versuchte gleich darauf mit einem Konter abzulenken. »Aber wenn wir schon einmal dabei sind, was hast du eigentlich hier oben gemacht?«

»Ich habe dich gesucht«, antwortete er ehrlich und erwischte mich damit vollkommen unvorbereitet. »Ich-«, setzte er weiter an, wurde jedoch abrupt von seinem Handy unterbrochen, das er daraufhin aus seiner Hosentasche zog.

Er seufzte. Es klang keinesfalls genervt, sondern so, als würde er schlichtweg die Unterbrechung unseres Gesprächs bedauern. Für mich hätte der Zeitpunkt nicht besser sein können. »Sorry, da muss ich ran.« 

»Natürlich«, sagte ich nur, während er sein Smartphone ans Ohr hob und sich wenige Schritte von mir entfernte. 

Ich nutzte die Chance, deutete eine Verabschiedung an und bewegte mich Richtung Treppe, bevor sich das Telefonat nur als kurzes Gespräch entpuppte. Mein Puls, der die ganze Zeit schon Saltos schlug, hatte nun seinen absoluten Chaosrhythmus erreicht. Das Blut in meinen Gefäßen hätte auch rückwärts fließen können, so aufgewühlt fühlte ich mich auf einmal. Jasper war eindeutig zu viel für meine Nerven, vor allem wenn er so offen zu mir war. Wie sollte ich das denn immer wieder aufs Neue ertragen?

Kurz bevor ich die erste Stufe nahm, schaute ich noch einmal zurück. Jasper hatte mir den Rücken zugewandt und sein Schatten erstreckte sich über den Fußboden. Mir fiel es nicht leicht, den Blick von ihm zu lösen. Was hatte er nur an sich? Außerdem fragte ich mich, was er da gerade zu bereden hatte. War es komisch, dass es mich interessierte, mit wem er telefonierte? Angestrengt rieb ich mir die Stirn und verbot mir diese Art von Neugier. Wenn das so weiter ging, hatte ich ein ernsthaftes Problem und das, da war ich mir ausnahmsweise sicher, würde nicht gut enden. Ganz und gar nicht.

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