20.
,,Ich glaube, das ist langsam echt etwas viel Blut." meine Doll zu mir.
Nachdem nach 10 Minuten die Wunde immer noch nicht aufgehört hatte zu bluten, wusste ich nicht wirklich weiter.
Ich hatte mir aus dem Vorratsraum im Erdgeschoss einige Tücher geholt und die auf die blutige Öffnung gepresst.
Doch das Blut lief weiter und so langsam fing sich die Welt um mich herum an zu drehen.
,,Ich hatte leider nie einen Erste-Hilfe-Kurs, weshalb ich auch wirklich weiß, was ich machen soll, außer die Tücher dagegen pressen." erwiderte ich, während ich die Treppen hoch in ersten Stock lief.
Mein Instinkt riet mir, in mein Zimmer zu gehen.
Doch Wort würde ich wohl kaum etwas für diese Wunde finden.
Jeder Schritt fühlte sich schwer und träge an.
,,Du brauchst Hilfe, Eve." sagte Doll und hörte sich ein wenig besorgt an.
Aber wer sollte mir helfen?
Im Haus war es still, als wenn alle unterwegs wären und Eyeless Jack war im Wald verschwunden.
Ich hatte nur Doll und sie konnte mir in ihrem körperlosen Zustand ebenso wenig helfen.
Es war aussichtslos.
Wahrscheinlich würde ich hier und jetzt einfach verbluten.
Kein schönes Ende, doch vielleicht war es besser so.
Ich hätte so oder so niemals hierher kommen dürfen, da war dieses Ende noch akzeptabel.
Ich zuckte überrascht zusammen, als ich spürte, wie jemand meinen Arm packte und als ich den Kopf drehte erkannte ich Eyeless Jack.
Er war wieder da?
Der braunhaarige Killer schnaubte, als er auf mein blutiges Oberteil und die Tücher sah.
,,Ich wusste, dass du dich nicht darum kümmern wirst." murrte er.
Ich blickte ihn beleidigt an.
,,Ich hab es wenigstens versucht. Es ist keine schlimme Verletzung." meinte ich und stolperte fast, als er mich am Arm mit sich zog.
,,Keine schlimme Verletzung? Zwei Zentimeter der Klinge haben in deinem Brustkorb gesteckt, natürlich ist das eine schlimme Wunde! Willst du eine Infektion kriegen?" grollte er.
Er war immer noch schlecht gelaunt.
Das war meine Schuld.
Ich hätte ihn nicht provozieren dürfen.
Mein Blick fiel auf seinen dunklen Kapuzenpullover.
Es klebte Blut an ihm.
Frisches Blut.
,,Hast du jemanden umgebracht?"
Der Killer nickte leicht.
,,Ja, habe ich."
,,Warum?"
,,Damit ich dich nicht umbringe." erwiderte er ohne mich anzusehen.
Damit er mich nicht umbrachte?
Er konnte es also doch?
Und so betraten wir, mal wieder, das Wohnzimmer, in dem sich der Erste-Hilfe-Koffer befand.
,,Warum muss ich dich eigentlich ständig zusammenflicken?" fragte Eyeless Jack, während er mir mit einer Handbewegung befahl, ich auf die Couch zu setzen.
,,Das hast du zuvor nur einmal getan." erinnerte ich ihn und sah zu, wie er die nötigen Sachen aus dem Koffer holte.
Desinfektionsmittel.
Weiße Stofftücher.
Nadel und Faden.
Handschuhe aus Gummi.
Und eine seltsame rote Tablette.
,,Nimm das." sagte er und hielt sie mir hin.
Ich sah skeptisch auf die Tablette.
,,Was ist das?" fragte ich.
,,Morphin, das nimmt dir die Schmerzen wenn ich jetzt deine Wunde behandle." meinte er.
Ich sah kurz wieder auf die Tabelle.
Na super, jetzt würde ich auch noch Drogen nehmen.
Das war bescheuert.
Allerdings sollte ich dankbar sein, dass er mir überhaupt half.
Stumm nahm ich die Tablette ein und schon nach knapp 10 oder 15 Minuten fühlte sich mein Kopf ganz komisch an und mein Körper hatte so eine Leichtigkeit, als würde er aus Wolken bestehen.
Morphin machte einen nicht nur müde, sondern auch sehr seltsam.
Mein Gehirn fühlte sich an, als wäre es mit Watte ausgestopft worden.
Nicht einmal Doll meldete sich mehr.
Und ich sah manche Dinge doppelt.
Ziemlich doppelt.
So auch Eyeless Jack.
,,Sag mal, seit wann gibt es dich eigentlich doppelt? Nicht, dass mich das stören würde, ihr seht beide gleich gut aus." begann ich zu reden, auch wenn ich keinen Schimmer hatte, was ich da eigentlich sagte.
Der braunhaarige schien kurz verwirrt.
Es war klar, dass es nur das Morphin war, welches immer mehr seine Wirkung entfachte, doch ich war der festen Überzeugung ihn doppelt zu sehen.
,,Ich für meinen Teil kann jedes einzelne Haar auf meinem Kopf spüren, crazy oder?" meinte ich und sah auf jedes einzelne Haar einer meiner blonden Strähnen.
So viele Haare.
Eins, Zwei, Drei, Sieben, Dreizehn, Vierundzwanzig.
Der braunhaarige Killer schmunzelte.
,,Sieht aus, als würde das Morphin wirken."
,,Was für ein Ding?" fragte ich verwirrt.
Eyeless Jack schüttelte den Kopf.
,,Nichts, alles gut. Leg dich bitte auf den Rücken, damit ich an deine Wunde komme." erwiderte er nur.
Ich sah auf meine Hände, die mit Blut befleckt waren.
,,Hab ich eine Ketchup-Flasche zerdrückt?" murmelte ich kaum verständlich und ließ mich danach auf die bequemen Polster sinken.
,,Ich mag kein Ketchup." ergänzte ich noch, während ich zu sah, wie sich der braunhaarige die Handschuhe überzog und mir ein feuchtes Tuch gab, welches nach Alkohol stank.
,,Tupfe sie schon mal sauber, ich bin gleich soweit." sagte er.
Ich nickte leicht und tupfte um und auf der Wunde herum.
,,Heilige Mutter Theresa! Das brennt ja!" rief ich, als Schmerz durch die Wunde fuhr.
Ich hatte aus meiner Verletzung am Oberschenkel nichts gelernt, wie man merkte.
Eyeless Jack musste sich einen leises Lachen unterdrücken, was ich ganz genau bemerkte.
Schließlich kam er neben mich, mit Nadel und Faden.
,,Du machst einen wirklich nichts als Ärger." meinte er und setzte Nadel und Faden an.
,,Was gibst du mir auch eine Ketchup-Flasche." erwiderte ich und stellte fest, dass ich keinerlei Schmerzen verspürte.
,,Du hast dich fast selbst erstochen, Eve." sagte er.
Ich schüttelte den Kopf.
,,Gar nicht, das war bestimmt dieses Eichhörnchen von Draußen. Ich sage es dir, dieses rote Ding hat es auf mich abgesehen und plant schon mir Nüsse auf den Kopf zu werfen." meinte ich völlig überzeugt von dieser Theorie.
Eyeless Jack seufzte nur und wir schwiegen, bis er fertig war mit Nähen.
Zuletzt wischte er noch das restliche Blut weg und deckte die Stelle mit einem weißen Tuch und einem recht großen Pflaster ab.
Ich setzte mich auf und hielt mir den Kopf, der sich ein wenig drehte.
,,Geht es dir gut?" fragte der braunhaarige, während er sich die Handschuhe auszog.
,,Mein Kopf fühlt sich ganz komisch an." meinte ich.
Der Killer räumte die Sachen zusammen.
,,Das wird auch erst einmal die nächsten Stunden so bleiben. Ich bringe dich zu deinem Zimmer." erwiderte er.
Ich schüttelte schnell den Kopf, was ein großer Fehler war, da mir davon nur noch schwindeliger wurde.
,,Ich finde den Weg auch ganz sicher alleine. Nur einmal links und nochmal links und nochmal links und nochmal..." meinte ich.
Eyeless Jack schmunzelte und schüttelte den Kopf.
,,Ja, nein, du bist gerade total high von dem Morphin also solltest du lieber nicht allein umher geistern. Ich begleite dich, bevor du am Ende noch im Vorratsraum oder Draußen landest."
Ich seufzte.
,,Ich brauche keinen Babysitter, ich bin schon ein großes Mädchen." sagte ich und wollte aufstehen, verlor jedoch direkt die Balance.
Mein Mentor kam sofort an meine Seite und stütze mich.
,,Du kannst nicht einmal alleine stehen. Sei also ein braves Mädchen und komm mit."
Meinen einen Arm legte er um eine Schulter und hielt mich mit seiner einen Hand an der Seite fest.
Ich protestierte nicht und so verließen wir das Wohnzimmer.
Auf dem Weg zu meinem Zimmer kam uns Clockwork entgegen, die wohl gerade selbst ins Wohnzimmer wollte.
Ein Schnitt verzierte ihren linken Arm und getrocknetes Blut klebte an ihrem Oberteil.
Als sie uns und vor allem mein blutiges Oberteil erblickte, sah man direkt ein großes Fragezeichen in ihrem Gesicht.
,,Ist mit ihr alles okay?" fragte sie.
Eyeless Jack an meiner Seite nickte.
,,Ja, nur ein kleiner Unfall." erklärte er.
,,Lasst uns jetzt alle ein Sandwich mit Tomate, Nutella und Schinken belegen und in den Fluss werfen." brabbelte ich.
,,Sie hat Morphin von mir bekommen, frag also nicht." sagte der braunhaarige an Clockwork gerichtet.
Diese schmunzelte.
,,Oh man, sie ist lustiger als der Rest, wenn sie unter Drogen steht." meinte sie.
,,Ja aber das wird eine einmalige Sache bleiben. Sie sollte sich jetzt ausruhen." erwiderte er.
Clockwork nickte.
,,Dann gute Nacht, Eve."
Ich erwiderte nichts, winkte nur kurz und wurde dann von Eyeless Jack weiter zu meinem Zimmer gebracht.
,,Du solltest jetzt schlafen. Wenn du morgen Früh aufwachst, dürfte die Wirkung der Droge nachgelassen haben." erklärte er und setzte mich auf mein Bett.
,,Ich bin aber gar nicht müde." erwiderte ich, was nicht der Wahrheit entsprach.
Das Morphin machte mich unglaublich müde und ich konnte nur mit Mühe die Augen offen halten.
,,Ich brauche keine Augen um zu sehen, dass du gleich einschläfst." sagte er und drückte mich an der Schulter sanft runter, bis ich lag und ihn anblinzelte.
Der Killer schmunzelte warm.
,,Schlaf jetzt." sagte er.
,,Wenn du bei mir bleibst." erwiderte ich und zog die Decke über mich.
,,Nur wenn du jetzt schläfst." erwiderte er und setzte sich auf den Stuhl, der neben meinem Bett stand.
Ihn an meiner Seite zu wissen, gab mir ein Gefühl von Leichtigkeit und Sicherheit.
Schnell schloss ich die Augen und war bereits nach wenigen Sekunden weg.
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