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Wenn sich dein Sprachzentrum nicht anrufen lässt ...
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»Verpiss dich mit deinen scheiß Drogen und lass sie gefälligst in Ruhe, sonst wirst du es bereuen.«
Was geht denn jetzt ab?
Fassungslos schwenkten meine Augen nach rechts und trafen auf den Mann, von dem ich vermutlich als Letztes mit dieser Drohung gerechnet hätte. Doch er schenkte mir keinerlei Beachtung, sondern fixierte voller Hass meinen Gegenüber, der ihn zunächst genauso perplex musterte wie ich.
Finn schien sich jedoch schneller wieder zu fangen, lachte auf und schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, wovon du redest, aber wenn sich jemand verpissen sollte, dann bist du das. Ich unterhalte mich hier gerade. Also mach die Biege, Alter.«
»Entweder du machst unverzüglich die Biege oder die Polizei packt dich in eine Zelle, bevor du Anwalt sagen kannst. Der Inhalt dieses Getränks spricht für sich.« Joshua hob kurz den Gin Tonic an, den er mir abgenommen hatte.
Jetzt komm ich gar nicht mehr mit ...
Finn nahm abwehrend die Hände nach oben. »Was willst du eigentlich von mir? Ich hab' doch gar nichts gemacht!«
Joshuas Gesicht verzog sich verächtlich und ich konnte in seinem Blick und seiner angespannten Körperhaltung deutlich erkennen, dass er womöglich kurz vorm Explodieren war. »Sicher. Ist wohl meiner Fantasie entsprungen, als ich gesehen habe, wie du die Tropfen in das Glas hier geträufelt hast, während dein Opfer damit beschäftigt gewesen ist, ihr Portemonnaie zu suchen.«
Was? Da ist wirklich was in dem Gin Tonic drin?
Finn reckte sein Kinn, was jedoch wenig half, denn sein Kontrahent war nicht nur größentechnisch überlegen. »Was soll der Scheiß? Willst du mir die Tour mit der Kleinen vermasseln oder was? Denkst du, sie zieht 'nen langweiligen Anzugträger wie dich vor, nur weil du scheinbar 'ne ritterliche Tat vollbracht hast?«
Joshua lachte abfällig und grinste. »Es ist offensichtlich, dass sie nicht an dir interessiert ist. Sie mit Drogen willig zu machen, ist das Letzte und eine nicht unerhebliche Straftat. Ich weiß nicht, was du für Probleme hast, aber du solltest dich schnellstens aus diesen fragwürdigen Kreisen zurückziehen, in denen du dich bewegst.«
»Was laberst du? Lass mich in Ruhe!« Jetzt schien Finn kurz vorm Überkochen zu sein, denn eine Ader an der Schläfe zuckte gefährlich, als er mit dem Kiefer mahlte.
Verdammt, gleich eskaliert hier was ... Soll ich was machen? Aber was?
»Ich lass dich erst in Ruhe, wenn ich dich nie wieder hier oder in einem anderen Club junge, unschuldige Frauen angraben sehe. Wage es nicht mehr, jemanden Drogen ins Getränk zu kippen. Und sei so schlau und verabschiede dich freiwillig von dem verdammten Teufelszeug.« Joshua fauchte ihn derart bedrohlich an, dass selbst mir das Blut in den Adern gefror.
»Gehts noch? Ich hab' nichts gemacht, du Arschloch!« Finn ballte seine Hände zu Fäusten und ich sah sie schon auf Joshua eindreschen. Sofort wurde mir kalt und mein gesamter Körper überzog sich mit einer Gänsehaut.
»Das wird sich zeigen. Wie gesagt, die Polizei wird sich gleich brennend für den Inhalt dieses Getränks interessieren. Und dann werden sie auch noch die Drogen in deiner Hosentasche finden. Die Beweislast wird für sich sprechen. Was das bloß für Folgen haben wird?«
»Du hast sie doch nicht mehr alle! Du kannst mir gar nichts!« Er stieß Joshua hart von sich weg, sodass dieser einige Schritte nach hinten stolperte und der Gin Tonic dabei sein Hemd durchtränkte. Dann war Finn auch schon dabei abzuhauen.
»Lass dich hier nie wieder blicken. Das kannst du auch gleich deinen kriminellen Kumpels mitteilen«, rief ihm Joshua nach, als er wieder geradestand und sich die ebenfalls nasse Hand schüttelte.
Ungläubig starrte ich dem abrauschenden Finn hinterher, ehe mein Blick auf dem Glas in Joshuas Händen verharrte.
Was ist hier gerade passiert? Oder besser gefragt: Was wäre passiert, hätte Joshua nicht eingegriffen?
Mit der Gesamtsituation überfordert, sah ich vorsichtig auf und bemerkte, dass sich einige Leute um uns versammelt hatten.
Im nächsten Moment donnerte Joshua den Tumbler auf den Tresen und zeigte darauf. »Ich weiß nicht, ob es was bringt, jetzt noch die Polizei zu rufen, damit sie den Fall überprüfen kann. Aber hier drin sind ohne Zweifel K.-o.-Tropfen. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Ansonsten schütt den Müll unverzüglich weg und sorge zukünftig dafür, dass der Kerl hier nicht mehr sein Unwesen treibt. Gebt es an die Bars im Umkreis weiter. Und noch ein gut gemeinter Rat: Achtet darauf, dass in eurer Raucherlounge keine illegalen Substanzen mehr geraucht werden. Das macht sich bei einer Polizeikontrolle nicht sonderlich gut.«
Der Barkeeper nickte stumm und kippte sowohl das halbvolle als auch das andere Glas Gin Tonic in das Waschbecken hinter sich.
Währenddessen drehte sich Joshua zu mir und fixierte mich mit ernster Miene. »Wir sollten gehen.«
»Ich ... Okay.« Grandiose Worte. Mehr fällt mir nicht ein?
Ohne mich weiter zu beachten, wandte er sich an die Unileute, die unter den neugierigen Gaffern auszumachen waren. »Ich denke, die Party ist für heute vorbei. Sucht den Rest und lasst uns dann ins Hostel gehen. Wir treffen uns in fünf Minuten draußen«, brüllte Joshua derart laut, dass man es trotz der dröhnenden Musik relativ gut hören konnte.
Daraufhin ging er mit zwei seinen beiden Kollegen nach oben. Warum hatte ich weder ihn noch die anderen jungen Doktoranden gesehen? Wann war er in den Club gekommen? Und warum? Das war sicher nicht die Art von Location, in der er sich gerne aufhielt.
»Elli? Alles gut?«
Warme Arme umfassten meine freien Schultern und ich blickte in das besorgte Gesicht von Sandy. Halbwegs bekam ich ein Nicken zustande.
»Du zitterst ... Nichts ist gut. Komm, ich bring dich nach oben.«
Langsam ließ ich mich vom Barhocker hinuntersinken, bis meine Füße Boden spürten. Meine Knie gaben jedoch ungewollt nach und ich fand mich in den Armen meiner Freundin wieder. Sie drückte mich vorsichtig an sich, sodass wieder etwas Wärme durch meine Adern floss.
»Ich lass dich nicht allein ... Scheiße, das war was. Tut mir so leid! Ich habe euch hierher geschleppt und dann passiert so was!«, sagte Sandy reuevoll.
Ich schluckte ein paar Mal und hoffte, endlich mal wieder einen vernünftigen Satz herauszubekommen. »Du kannst doch nichts dafür. Im Gegenteil: Du hast uns noch gewarnt. Ich hätte den Drink nicht nehmen dürfen. Verdammt ...«
Aber ob ich ihn auch wirklich getrunken hätte? Ich schätze nicht, aber wenn doch ...
Wie auf Knopfdruck wurde mir schwindelig und ich hielt mich noch fester an Sandy fest, die mich inzwischen die Wendeltreppe nach oben manövrierte.
Ich wusste nicht, was gerade mit mir los war. Eigentlich sollte alles gut sein, immerhin hatte mich Joshua vor jeglichem Schaden bewahrt. Dennoch war mir zumute, als wäre ich absolut kraftlos und zu allem unfähig. Mein Körper vibrierte unaufhörlich und ich hatte das Gefühl, Minusgraden ausgesetzt zu sein.
Elli, reiß dich zusammen! Alles ist gut!
Ich schluckte erneut den Kloß im Hals herunter und versuchte mich etwas von Sandy zu lösen. Dabei bemerkte ich, dass mein Fuß ordentlich schmerzte, weshalb ich mich dann doch wieder auf sie stützte.
Draußen vor dem Club angekommen, standen Joshua, Herr Koch und Herr Aschenbrücker mit verschränkten Armen. Dann fiel der Blick von Ersterem auf Sandy und mich.
»Sie können Frau Wiesinger gerne bis zum Hostel begleiten. Von dort aus wird Sie ein Taxi nach Hause bringen. Das ist am sichersten.« Ohne eine Antwort abzuwarten, sah er wieder weg und scannte die kommenden Leute ab, die sich im Halbkreis um ihre Dozenten versammelten. Als wir scheinbar vollzählig waren, drehte sich Joshua um und winkte uns hinter sich her.
Während des gesamten Weges hing ich meinen Gedanken nach. Inzwischen hatte ich mich so weit gefangen, dass ich wieder klar kam. Zwar war ich gedanklich immer noch durch den Wind, aber eine kalte Dusche sollte hoffentlich das Problem beheben. Trotz meines schmerzenden Fußes, konnte ich mittlerweile auch wieder ohne Unterstützung laufen. Ich hatte allerdings keinen blassen Schimmer, wie ich damit morgen die geplante Tour schaffen konnte.
Nach nicht allzu langer Zeit erreichten wir endlich das Hostel. Tatsächlich wartete hier bereits ein Taxi auf Sandy.
»Ruh dich gut aus und lass dir den Knöchel anschauen. Ich melde mich, wenn ich daheim bin«, flüsterte sie mir während unserer innigen Umarmung zu, bevor sie ins Auto einstieg und es losfuhr.
Kurz winkte ich noch, ging dann aber zügig in die Unterkunft, in deren Lobbybereich alle Studenten abwarteten und die drei jungen Männer vor sich musterten. Scheinbar wollten sie noch eine Ansage machen.
Schließlich räusperte sich Aschenbrücker und strich eine der Haarsträhnen aus seinem runden Gesicht. »Morgen treffen wir uns hier fit und munter um halb neun. Keine Minute später. Es warten einige sehr interessante Museen auf Sie. Und nun: Gute Nacht«, verkündete er mit gefalteten Händen vor der Brust.
Damit waren wir entlassen und peilten unsere Zimmer an. Ich war unfassbar erledigt und freute mich jetzt richtig auf mein Bett.
»Wer hätte gedacht, dass der Abend so enden würde?«, murmelte Kira und seufzte auf.
Ich schüttelte den Kopf. »Sicher keiner.«
»Gehts bei dir wieder? Was ist denn eigentlich genau passiert? Als Sandy und ich uns nach dir umgesehen haben, war die Diskussion zwischen dem Typen und Degi schon voll im Gange. Man hat auch gar nicht alles verstanden, was sie gesagt haben.« Wenngleich sich in Kiras Gesichtszügen Sorge widerspiegelte, so flackerte in ihren Augen Neugier auf.
»Es ist auch nicht wichtig, was wer genau gesagt hat. Degenhardt hat gesehen, wie der Kerl mir was ins Getränk gekippt hat und als ich den Drink genommen habe, ist er eingeschritten. Hat ihm mit der Polizei und so gedroht. Und dann ist der Kerl auch schon wieder weg gewesen«, erklärte ich möglichst nüchtern die Kurzversion.
»Degi ist echt für eine Überraschung gut. Ich kenne ihn ja vom Seminar dieses Semester und da macht er immer so einen beherrschten, strengen und unnahbaren Eindruck. Mit seinen schicken Anzügen und der akkurat sitzenden Frisur. Er wirkt so ... perfekt und undurchschaubar. Fast unmenschlich. Aber in der Situation mit dem Typen heute hat er mal eine andere Seite von sich gezeigt. Er war irgendwie ... bedrohlich und ... düster. Irgendwie auch ein klein wenig sexy — wenn ich das so sagen darf«, stellte Kira fest, während sie die Karte für unser Zimmer aus ihrem Rucksack hervorkramte.
Dass sie Joshua sexy fand, passte mir so gar nicht, aber da war sie vermutlich ohnehin nicht die Einzige. Die Heidecker ließ grüßen. Apropos Heidecker: Ein Wunder, dass die bei der Exkursion nicht mit von der Partie war. Aber ich vermisste sie kein Stück. Genauso wenig wie die Moser.
»Kommst du?«, fragte Kira, die sich im hell erleuchteten Zimmer nach mir umsah, während ich noch gedankenverloren im Gang herumstand.
Die Kommilitoninnen aus meinem Semester waren gerade dabei, sich für die Nacht umzuziehen. Nacht. Schlafen. Ja. Das alles brauchte ich jetzt auch ganz dringend. Aber davor wollte ich trotzdem duschen. Allein schon, um den Gestank in meinem Haar loszuwerden. Als sich ein Teil der Mädels die Kulturbeutel schnappte und zum Waschraum ging, schloss ich mich daher gleich an.
Mit Duschzeug, Flipflops, frischer Unterwäsche und Bademantel bewaffnet, schlenderte ich der leise quatschenden Menge hinterher und hoffte, dass keiner von ihnen auf die Idee kam, mit mir über die jüngsten Ereignisse zu reden. Und tatsächlich unterhielten sie sich lieber über das anstehende Programm morgen.
Glücklicherweise wollte auch keiner mehr duschen. So hatte ich den Duschraum ganz und gar für mich. Das lauwarme Wasser prasselte beruhigend auf mich ein. Brachte mich runter. Das seltsam unwohle Gefühl in mir wurde immer kleiner. Zeitgleich sortierte ich meine wirren Gedanken.
Im Club hatte ich absolut neben mir gestanden, als plötzlich Joshua gekommen war. Keinen Ton hatte ich herausgebracht. In einem Punkt musste ich Kira vorhin recht geben. Joshua hatte in der Situation tatsächlich gefährlich gewirkt. Ich hatte ihn ja schon des Öfteren aus der Reserve gelockt, aber das heute war ganz anders gewesen. Eine gewaltige Wut hatte ihn ergriffen und ihm fast die Beherrschung gekostet. Dabei wollte ich mir nicht ausmalen, was dann passiert wäre.
Ob das an mir gelegen hatte? Weil ausgerechnet ich es gewesen war, die der Kerl als Opfer auserkoren hatte?
Allein Joshuas Drohung am Anfang hatte irgendwie nicht nach dem Mann geklungen, den ich bisher kennengelernt hatte. Aber was wusste ich schon über ihn? Erschreckend wenig.
Ich tu dir nicht gut.
Dieser Satz hallte auf einmal in mir wider und ließ mich erschaudern. Warum sagte er das immer wieder? Was hatte das zu bedeuten? Inwiefern sollte er mir nicht guttun? Wo er doch bisher immer für mich da gewesen war. Und er wollte auch weiterhin für mich da sein. Das hatte er mir unmissverständlich an Reiners Geburtstagsfeier mitgeteilt.
Ich musste auf jeden Fall mehr über Joshua erfahren. Ihn näher kennenlernen. In der Ausstellung hatten wir einen ersten kleinen Schritt gewagt, aber das reichte noch lange nicht. Seit geraumer Zeit hatte ich das Gefühl, dass es etwas gab, das er vor mir geheim halten wollte. Warum sonst sollte er nicht gut für mich sein? Obwohl ihm ohnehin schon lange mein Herz gehörte, musste ich einfach wissen, wer er war, bevor ich mich ganz auf ihn einließ. Wenn er mich kennenlernen wollte, dann musste auch er endlich mal die Karten auf den Tisch legen ...
Meine Lieben!
Wie versprochen kam das nächste Kapitel und ich bin so wahnsinnig gespannt, was ihr davon haltet! Also bitte lasst mich gerne wissen, was ihr zu den Geschehnissen sagt und was ihr allgemein darüber denkt.
Ich danke euch von Herzen für eure Unterstützung! Ich freue mich wirklich immer so sehr über eure Rückmeldung in Form von Sternchen und Kommentaren. D A N K E!❤️
Die nächsten Szenen sind im Kopf und warten darauf, geschrieben zu werden. Wenn alles gut läuft, dann werde ich wieder im wöchentlichen Rhythmus updaten. Das bedeutet, wir lesen uns vermutlich erst im neuen Jahr. Ich wünsche euch einen guten Rutsch! 🍀🎆🥂🍾❤️
Fühlt euch gedrückt ❤️
Eure Teresia ☀️
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