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𝑾𝒆𝒏𝒏 𝒅𝒊𝒄𝒉 𝒅𝒆𝒊𝒏 𝑫𝒐𝒛𝒆𝒏𝒕 𝒂𝒖𝒇 𝒅𝒆𝒎
𝑲𝒊𝒆𝒌𝒆𝒓 𝒉𝒂𝒕 ...
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Adrian schob mich vorsichtig Richtung Ausgang. Ich glaubte sogar, dass er mich etwas fragte, aber das war mir im Moment absolut egal.
Verflucht, er hat es bestimmt gehört. Jetzt weiß er, was ich von ihm halte. Oder besser gesagt, die Hälfte davon.
Schließlich hatte ich doch ein gewisses Detail nicht ausgesprochen. Zwar stimmte es, dass ich Degenhardt als arrogant und selbstverliebt empfand. Aber ich hatte nicht erwähnt, dass ich ihn trotzdem unglaublich anziehend und sexy und argh ... es war zum Ausderhautfahren! Es durfte niemand — vor allem keinesfalls Degenhardt selbst — wissen, dass ich diese minimale Schwäche für ihn entwickelt hatte.
Aus unerklärlichen Gründen zog mich dieser Mistkerl magisch an. Aber er war doch mein Dozent, verdammt noch mal. Das durfte ich nicht vergessen. Außerdem konnte ich ihn nicht leiden. Diese beiden Tatsachen überboten doch diese Anziehung und das verboten gut aussehende Äußere, oder?
Oh Gott, hoffentlich hat er es nicht gehört!
Adrian fuchtelte mit seinen Händen vor meinem Gesicht herum. „Erde an Elli! Kaffee?"
Inzwischen waren wir auf dem Treppenabgang, der direkt zur Cafete führte. Wie waren wir denn jetzt so schnell hierhergekommen?
Ich nickte nur und Adrian ging voran, um mir die Tür aufzuhalten. Dann holten wir uns schnell einen Coffee-to-go in der überfüllten Cafete und sprinteten zum Seminarraum.
Dort angekommen, saßen bereits alle Studenten bereit. Auch Degenhardt war startklar und funkelte uns beide irgendwie böse an, als wir uns vollkommen abgehetzt auf unseren Plätzen niederließen.
Obwohl ich seinen Blick erfolgreich meiden konnte, spürte ich viel zu deutlich, wie er auf mir lag. Es brannte förmlich an den Stellen, die er traf.
Momentan konnte ich nur darüber nachdenken, ob Degenhardt nun meine Worte in der Mensa gehört hatte oder nicht. Ich hoffte so sehr, dass er sie nicht mitbekommen hatte. Aber als ich kurz aufschaute und in seine meerblauen Augen hinter seiner sexy Brille blickte, verrieten mir diese, dass Degenhardt absolut jedes Wort korrekt verstanden haben musste. Und das schien ihn aus irgendeinem Grund wütend zu machen.
Oder vielleicht ist er immer noch sauer wegen des Kaffeeunfalls heute früh?
Da bemerkte ich erst, dass Degenhardt ein anderes Hemd trug. Wieder schlicht weiß. Er hatte wohl doch Ersatz in seinem dicken Schlitten versteckt. Für die Krawatte und das Jackett hatte er allerdings wohl keine zweite Ausführung parat gehabt. Er trug lediglich die hellblaue Hose, auf der leicht der Fleck zu erkennen war und das Hemd, dessen oberster Knopf offen war.
Warum aber nur sah mein Dozent schon wieder viel zu gut für diese Welt aus? Seit Samstag war schließlich auch sein Schnöselimage dahin, wenngleich er heute wie gewohnt seine gestriegelte Frisur hatte. Es machte mich verrückt. Wieso hatte ich mich bloß dazu entschieden, diesen Kurs bei ihm weiter zu besuchen? Dämlich, einfach dämlich.
„Was meinen Sie dazu, Frau Wiesinger?" Hatte da gerade jemand meinen Namen gesagt?
„Ja?", fragte ich, als ich aus meinem verbotenen Schmachten hochschreckte.
„Sie können doch sicher Stellung dazu beziehen, oder?" Degenhardt fixierte mich mit seinem eisigen Blick und verschränkte die Arme vor der Brust, sodass sich seine starken Oberarmmuskeln allzu gut durch das Hemd abzeichneten.
Herrgott ... Wie gerne würde ich die jetzt anfassen?
„Und? Alle, einschließlich ich, sind gespannt, welche Theorien Sie heute kundtun", hörte ich seine raue Stimme in meinen Ohren hallen, doch die Bedeutung davon ließ auf sich warten. Es ratterte merklich in meinem Kopf, wie die Räder bei einem alten Kaugummiautomaten. Und irgendwo blieb etwas stecken und es ging nicht weiter.
„Nichts? Na ja, schade. Ihre fast schon philosophischen Worte beim letzten Mal waren wohl eine verirrte Eintagsfliege anstatt fundiertem Fachwissen", seufzte er gespielt enttäuscht und wandte sich schließlich jemand anderem aus dem Kurs zu.
Anstatt zu antworten oder irgendetwas zu sagen, blieb ich weiterhin stumm dasitzen und lief schließlich so rot wie eine Tomate an. Nicht zu fassen! Degenhardt hatte mich komplett aus dem Konzept gebracht und mich dann auch noch dem gesamten Seminar vorgeführt.
So ein Arsch!
Langsam stieg in mir wieder diese Wut hoch, die mich immer daran hinderte, klare Gedanken zu fassen und mich dazu verleitete, nicht gerade überlegte Aktionen auszuführen.
Ruhig bleiben. Durchatmen.
Aber das konnte ich verdammt noch mal nicht!
Inzwischen war es mir auch vollkommen egal, ob er mich in der Mensa gehört hatte. Ich wünschte mir sogar, dass Degenhardt wusste, was für ein arroganter und selbstverliebter Scheißkerl er war. Am liebsten würde ich es gleich an der nächsten Reklametafel verkünden: Ein selbstdarstellerisches Foto von ihm mit einer Sprechblase Ich gestehe, der größte Arsch auf Erden zu sein.
„... bitte noch mal vor, Frau Wiesinger!"
Nicht schon wieder. Was wollte der jetzt eigentlich die ganze Zeit von mir?
Mein Todesblick traf seinen Tsunamiblick und das Duell begann. Ich war kurz davor auszurasten. Wut und Frust schaukelten sich gegenseitig hoch. Zu gern wollte ich ihm jetzt vor aller Augen meine Meinung geigen.
Dann zog Degenhardt wieder einmal eine Augenbraue hoch. „Also, die Textstelle?"
Welche verdammte Textstelle?
„Welche genau?" Das war zwar keine Antwort, aber immerhin verließen meine Lippen überhaupt ein paar Worte.
„Nun, ich hatte gehofft, dass Sie mir diese sagen könnten. Sie haben doch den Text gelesen, nehme ich an?" Dieser selbstgefällige Ton brachte mich auf die Palme.
Ich versuchte, mich zu beruhigen und wartete auf eine Eingebung, während ich die vorbereiteten Blätter vor mir inspizierte. Wo waren wir denn gerade? Ich sah verstohlen zu Adrian, der selbst im Text wühlte und sich dabei am Kopf kratzte. Na herzlichen Glückwunsch, er war mir absolut keine Hilfe ...
„Also dann wieder nicht. Sehr schade. Dann passen Sie doch jetzt bitte wenigstens auf, was Frau Heidecker vorliest", forderte Degenhardt und verwies mit seiner Hand auf eine Blondierte in der ersten Reihe.
Aber ich konnte mich jetzt unmöglich konzentrieren.
Inzwischen kochte ich nur so vor Wut. Nun war ich mir nämlich sicher, dass er das mit voller Absicht gemacht hatte. Als Degenhardt bemerkt hatte, dass ich abgelenkt war, ergriff er die Chance und blamierte mich vor dem Kurs. Sein Schachzug, um Rache zu üben. Darauf hätte ich wetten können.
Eine weitere Vorlage wollte ich ihm nicht bieten, also riss ich mich am Riemen und schob all die Gefühle, die mich derzeit verstörten, beiseite. Ich unternahm den Versuch, mich voll und ganz auf das Seminar zu konzentrieren. Was mir tatsächlich gelang. Nach einiger Zeit war ich komplett in der Materie und meldete mich eifrig.
Jedoch würdigte mich Degenhardt keines Blickes. Er ließ immerzu jemand anderen sprechen, während ich von ihm ausnahmslos ignoriert wurde. Das erschwerte es mir natürlich, mich weiterhin im Zaum zu halten. Denn mit jeder Abfuhr kam diese unterdrückte Wut zum Vorschein, die ich wieder konsequent vergrub.
Schließlich beendete Degenhardt pünktlich den Kurs.
„Tut mir leid wegen heute. Da siehst du mal, was ich meinte, als ich sagte, dass nicht besonders gut mit ihm Kirschen essen ist", flüsterte mir Adrian zu, als wir unsere Taschen packten.
„Schon gut, ich hatte heute ohnehin nicht so einen glorreichen Tag. Den kann er mir nicht noch mehr verderben", entgegnete ich ihm im möglichst gleichgültigen Tonfall.
„Wie sieht's aus?", Adrian hob fragend die Brauen. „Lust auf Cafete?"
„Eigentlich gerne, aber ich hab' keine Zeit, weil in einer halben Stunde Englisch beginnt. Und ich wollte Degenhardt noch etwas bezüglich meiner Referatsrecherche fragen", erwiderte ich. Der erste Teil stimmte, der zweite war gelogen. Natürlich wollte ich ihn zur Rede stellen, was das heute sollte. Es brannte mir derart unter den Fingernägeln, dass ich es kaum aushielt.
Adrian ließ seine Schultern sinken, nachdem er den Rucksack genommen hatte und sagte lediglich „Na dann ciao", bis er schließlich aus der Tür in den Gang verschwand.
Nun waren nur noch Degenhardt, diese Oberschleimerin alias Heidecker und ich im Saal. Erst jetzt fiel mir auf, wie aufgebrezelt die Blondine war. Wie sie ihre viel zu langen Extensions über die Schultern warf und sich ihren allzu knappen Minirock zurechtzupfte. Für so etwas war es definitiv zu kalt, wir hatten immerhin November. Da hielt eine dünne Seidenstrumpfhose nicht sonderlich warm, vor allem bei dem trüben Herbstwetter draußen.
„Auf Wiedersehen, Herr Degenhardt. Bis Donnerstag!", verabschiedete sie sich im unterwürfigsten Schleimton.
Besaß diese Frau überhaupt Würde? Es war so was von offensichtlich, dass sie nach Degenhardts Aufmerksamkeit lechzte. Umso mehr freute es mich, dass er nicht einmal aufschaute, als sie den Saal verließ.
Langsam, aber sicher nahm ich meine Tasche in die Hand und ging zu ihm hin. Noch hatte ich keinen blassen Schimmer, was ich zu Degenhardt sagen wollte, aber ich konnte das heute keinesfalls auf sich beruhen lassen. Meine innere Stimme flüsterte mir zu, dass ich lieber umkehren sollte, weil ich es sonst bereuen würde. Doch dann stand ich schon vor seinem Rednerpult, auf dem er gerade gewissenhaft seinen Laptop verstaute.
Ich war dermaßen durcheinander, dass ich gar nicht wusste, wie ich anfangen sollte. Schließlich erinnerte ich mich wieder an die unbändige Wut, welche ich die letzte Stunde weggesperrt hatte.
„Was sollte das heute?", rutschten mir die Worte heraus, bevor ich genau darüber nachdenken konnte.
Degenhardt beäugte mich mit einem überraschten Blick. „Hinterfragen Sie meine Kursinhalte?"
Der veräppelt mich doch schon wieder! „Nein, Sie wissen ganz genau, was ich meine!", entfuhr es mir eine deutliche Spur zu unfreundlich.
„Nun, Sie müssen Ihr Anliegen schon spezifizieren", erwiderte Degenhardt ohne aufzublicken, weil er seine Laptoptasche weiter packte.
„Warum haben Sie mich im Kurs so dumm dastehen lassen?", fauchte ich ihn erneut an.
Kurz fixierten mich seine Augen und er zuckte gelassen mit den Schultern. „Das waren Sie schon ganz allein."
Boah! Hat er das gerade ernsthaft gesagt?
Darauf wusste ich nichts zu sagen. Beziehungsweise eigentlich wusste ich es schon, aber das konnte ich schlecht zu meinem Dozenten sagen. All die Schimpftiraden, die in meinem Gehirn fluchten, feierten gerade eine riesige Party und feuerten mich an, bitte mitzumachen. Aber ich presste den Mund fest zusammen, ballte meine Hände zu Fäusten und verkniff es mir, so gut es ging.
„Ich dachte, Sie wären nicht nachtragend?" Vielleicht konnte ich ihn auf diese Weise aus der Reserve locken.
„Weshalb sollte ich auch nachtragend sein?" Schon wieder diese Gegenfragen. Gepaart mit dieser seelenruhigen Haltung, in der er seine Sachen zusammenräumte. Das ließ eine Sicherung in mir durchbrennen.
„Nicht nachtragend? Nicht nachtragend? Zuerst die äußerst nette Begegnung in der Tankstelle, dann der Polterabend und heute Morgen der Zusammenstoß mit dem Kaffee. Und dann führen Sie mich derart dem Seminar vor?" Es sprudelte geradeso aus mir heraus, ohne dass ich zwischendrin Luft schnappte.
Da traf mich plötzlich Degenhardts eindringlicher Blick und ein breites Lächeln umspielte seinen perfekt geschwungenen Mund.
Um Himmels willen, meine Knie, mein Verstand ...
„Im Gegensatz zu Ihnen wahre ich die Professionalität, Berufliches nicht mit Privatem zu mischen. Deshalb wollte ich Ihnen heute lediglich einen Gefallen tun. Nach Ihrem gelungenen Start vergangene Woche wollte ich Ihnen eine weitere Chance geben, um Ihr Wissen mit dem Seminar zu teilen. Doch leider hatte ich mich wohl diesbezüglich geirrt. Sie sollten sich schon ein wenig mehr anstrengen, schließlich wird die Mitarbeit im Kurs mit in die Endnote einfließen", erklärte er, während sein falsches Grinsen weiterhin auf seinen Lippen verharrte.
Das ist jetzt nicht sein Ernst!
Langsam fand ich keine Worte mehr, um sein unverschämtes und falsches Verhalten zu verbalisieren. Meine Wut war inzwischen fast am Überkochen.
Mir lag schon der nächste Konterzug auf der Zunge, da nahm Degenhardt die Bücher von seinem Pult und sortierte sie in seine Umhängetasche ein. Dabei spielten seine Muskeln ein furchtbar erotisches Spiel, das mir nahezu meinen Verstand raubte. Wieso konnte man die durch das dämliche Hemd so gut erkennen?
Verdammt, gerade hätte ich Degenhardt am liebsten geköpft und gevierteilt, jetzt fielen mir dagegen nur noch schmutzige sowie äußerst unangebrachte Fantasien mit ihm ein, in denen ich ihn ...
Ich schüttelte verzweifelt den Kopf, wandte mich kurz ab, um ihn nicht länger bei seinem Tun beobachten zu müssen. Denn unweigerlich würde mein Blick wieder auf seinen perfekten Körper fallen.
Verflucht, das muss dringend aufhören!
„Wenn Sie sich die nächsten Male wieder besser vorbereiten, dann sollte der heutige Tag Ihrer Note nicht allzu sehr schaden. War es das?", sagte Degenhardt, den ich nun unmittelbar neben mir sprechen hörte.
Blitzschnell drehte ich mich zu ihm um und schaute in seine tiefblauen Iriden, die ausdruckslos auf mich stierten. Sein intensiv herb-männlicher Geruch stieg mir in die Nase, wodurch ein ungewolltes Zittern meinen Körper zum Beben brachte. Wieso hatte Degenhardt nur solch eine Wirkung auf mich?
Stopp! Reiß dich zusammen und zeig es dem Arsch!
Dann fixierte ich seine Augen möglichst genau, um zu sehen, was meine nächsten Worte in ihm auslösten. „Und Sie nehmen es mir kein bisschen übel, dass ich Adrian heute in der Mensa gesagt habe, was ich wirklich von Ihnen halte?"
Seinem Blick standzuhalten war das Schwerste seit Langem. Denn wie ich befürchtet hatte, durchfuhr ihn ein kleiner lodernder Blitz, der mir signalisierte, dass ich recht mit meiner Annahme hatte.
Auf einmal kam Degenhardt einen Schritt auf mich zu, sodass ich zurückweichen musste. Sonst hätten wir uns definitiv berührt. Dass die Wand direkt hinter meinem Rücken war, musste ja jetzt einfach so sein. Kein Weg, um ihm weiter ausweichen zu können.
Damit war ich Degenhardt, seinem Blick, seinem Duft und einfach allem, was ich so verflucht anziehend an ihm fand, ausgeliefert. Mein Herz schlug bis nach Jerusalem und meine Knie verabschiedeten sich nun wirklich jede Sekunde. Meine Tasche umklammerte ich fest mit beiden Händen, hielt diese instinktiv vor meinen Körper. Wie eine Art Schutzwall fungierte sie, damit Degenhardt nicht noch mehr Abstand zwischen uns überbrücken konnte. Meine Augen wanderten abwechselnd zwischen seinen ozeanblauen Iriden und seinen vollen Lippen, was mich wiederum dazu brachte, auf meinen nervös herumzuknabbern. Ich war kaum imstande, die aufkeimende Erregung zu bändigen.
Herrgott, ich gebe es zu! Degenhardt bringt mich um den letzten Funken Verstand. Und wäre er nicht so ein verdammter Mistkerl, dann würde ich ihn hier und jetzt küssen, bis ich dieses unendliche Verlangen in mir endlich gestillt habe.
Als hätte er meine Gedanken gehört, kam er noch ein kleines Stück näher mit seinem markanten Gesicht auf mich zu, sodass seine Nase wenige Zentimeter von meiner entfernt war und ich die Luft automatisch anhalten musste.
„Als würde ich mich dafür interessieren, was irgendeine Erstsemesterstudentin über mich denkt. Das ist mir herzlich egal. Schönen Tag noch." Sein rauer und dominanter Ton vibrierte fortwährend in meinem Körper und brachte diesen zum Zittern, obwohl Degenhardt schon längst den Saal verlassen hatte.
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