13 - Deine Welt ist seltsam
[Louis]
Nach den turbulenten Ereignissen war ich froh, dass ich die letzten beiden Tage damit verbringen konnte, einfach in Ruhe meiner Arbeit nachzugehen und ansonsten die Zeit auf der Couch genießen konnte. 48 Stunden lang hatte ich mich beinahe abgekapselt und nur mit Niall ein paar wenige Nachrichten ausgetauscht, ich brauchte Ruhe.
Ich war weder im Pub gewesen noch sonst irgendwo. Die Arbeit hatte ich von zuhause erledigt und ich war absolut ausgelaugt, zumindest körperlich. Geistig war ich nach wie vor mit meinen Gedanken überfordert. Zayn hatte sich nicht bei mir gemeldet und ich traute mich nicht, ihn anzurufen, doch ich wusste, dass ich mit ihm reden musste. Es war nötig, ich wollte ihn nicht ignorieren und ich wollte mich gerne mit ihm aussprechen. Wenn er dachte, dass ich ihn jetzt fallen lassen würde, das wollte ich nicht. Er war mir zu wichtig.
Als es klingelte, sah ich von meinem Handy auf und ging zur Tür und öffnete sie. Für einen Moment hatte ich die Hoffnung Zayn zu sehen, doch vor mir stand, wie schon beim letzten Mal, Harry, mit breitem Grinsen und geschultertem Rucksack. Sofort wurde ich nervös, im positiven Sinne.
„Bereit zur Entführung?" fragte er und ich zog die Augenbrauen zusammen.
„Was?"
„Ich habe doch gesagt, du sollst mal andere Luft schnuppern. Bist du bereit?" Er musterte mich und sah den Jogginganzug, der voll war mit Krümeln, denn ich hatte mir heute eine ganze Packung Chips reingezogen. Er zog eine Augenbraue hoch. „Sieht nicht so aus." bemerkte er schmunzelnd und ich sah ihn schmollend an, wurde knallrot, es war mir unangenehm. „Wo willst du mich denn hinbringen?"
Er grinste mich charmant an. „Wird eine Überraschung." Sein Lächeln brachte mich beinahe um den Verstand.
Nachdenklich musterte ich ihn kurz, dann nickte ich aber und ließ ihn eintreten. „Ich zieh mich schnell um!" sagte ich und verschwand in meinem Schlafzimmer, war völlig aufgeregt und freute mich, ihn zu sehen. Ich zog mir einen Hoodie und meine Skinny Jeans an und darüber die Jeansjacke, für die ich von Harry schon bei unserem ersten Treffen ein Kompliment erhalten hatte. Ich begutachtete mich unsicher im Spiegel, dann ging ich zurück zu ihm. Er sah von seinem Handy auf und musterte mich kurz, dann lächelte er mich an und als ich mir die Schuhe angezogen hatte, näherte Harry sich mir. „Hi, erstmal." sprach er und dann küsste er meine Wange.
Ich sah hoch zu ihm, meine Wangen röteten sich leicht und ich lächelte ihn an. Er lächelte zurück, sah mir dabei in die Augen. „Wollen wir?"
Ich nickte und folgte ihm nach draußen.
Wir liefen zur U-Bahn und ich wurde nervöser, was Harry bemerkte. „Ganz ruhig. Ich bin kein Serienkiller, Louis!" sagte er lachend und ich musste ebenso lachen und nickte ihm zu. „Wer weiß? Nicht dass du mich irgendwo im See versenken willst?" scherzte ich und Harry lachte leise, würdigte der Aussage jedoch keine Antwort.
Wir fuhren eine Weile mit der U-Bahn, genauer gesagt kam mir das wie eine Ewigkeit vor und endlich stiegen wir irgendwann auch aus.
„Und wo sind wir jetzt?"
Harry trat hinaus in die Sonne. „Epping Forest."
Ich sah verständnislos zu ihm. „Gesundheit."
Er lachte und nahm meine Hand, zog mich mit und nur fünf Minuten später fand ich mich am Waldrand wieder und sah mich um. Es war wie ein Märchenwald, es sah wunderschön aus und unheimlich grün.
„Wir gehen einfach mal durch den Wald, damit du hier echte Luft atmen kannst!" sagte Harry und ich sah ihn an. „Wie aufregend."
Sarkasmus konnte ich und Harry schmunzelte und sah mich prüfend an. „Ich wollte dich nicht gleich überfordern. Danach gehen wir in einen Pub hier, versprochen."
Ich nickte. „Klar, der arme Stadtjunge mit dem kleinen Horizont, der muss am Ende im Pub landen." bemerkte ich scherzhaft und sah mich um, dann setzten wir uns in Bewegung.
„So habe ich das nicht gemeint, Louis."
Ich sah Harry an, der ganz ernst geworden war und ich lachte. „Das war ein Scherz, alles gut. Mach dir keine Gedanken."
Der Grünäugige nickte und wir liefen durch den Wald. Ich war fasziniert, wie grün es war und es roch einfach fantastisch hier. Ich fing an, diesen Ausflug in die Natur zu genießen. „Wie war es bei deiner Mom?" fragte ich ihn irgendwann. "Das war sie doch auf dem Bild, oder?" Er nickte bestätigend.
„Schön war es, beruhigend."
Ich sah zu ihm. „Beruhigend? Wie meinst du das?" fragte ich verwirrt.
Er zuckte mit den Schultern. „Es bringt einfach Ruhe in meinen Kopf."
Das war nicht weniger kryptisch, aber er wollte augenscheinlich nichts weiter dazu sagen. Es frustrierte mich ein wenig. „Du bist immer so geheimnisvoll. Man kommt gar nicht an dich ran." sagte ich mit eindeutigem Bedauern in der Stimme und ich spürte seinen Blick auf mir, sah ihn aber nicht an, sondern ließ meine Augen durch die Natur wandern.
„Wieso sollte man alles immer gleich erzählen? Ergibt das für dich Sinn?"
Ich sah ihn nun doch an. „Logisch. Für dich nicht?"
Er zuckte mit den Schultern. „Ich habe gelernt, dass es nichts bringt. Es hat mich im Leben noch nie weitergebracht, dich etwa?" Er sah mich an. In seinem Blick lag Neugier. „Natürlich. So habe ich Freundschaften geschlossen, bin Beziehungen eingegangen. So habe ich Menschen in meinem Leben, die mich lieben und die sich um mich kümmern und ich mich um sie. Offenheit und Ehrlichkeit haben mich schon immer in meinem Leben weitergebracht."
Er wirkte nachdenklich und nickte leicht, doch antwortete mir nicht mehr. „Wie lange hast du gemodelt?" fragte ich ihn deshalb, ich wollte, dass er weiter sprach und nicht wieder dicht machte.
„Seit ich acht war."
Die Antwort erschreckte mich ein wenig und ich sah ihn mit großen Augen an. „Was?" hauchte ich und er sah zu mir, schmunzelte. „Ja, ich wurde damals entdeckt von einem Scout. Mein Vater war damals begeistert, hat mich zur Agentur geschleppt und seitdem habe ich als Model gearbeitet."
„Und du hast nie etwas anderes gemacht?"
Er schüttelte den Kopf und sah mich an, zuckte mit den Schultern dabei. „Nicht wirklich."
Ich nickte leicht. "Und wolltest du das denn?" fragte ich vorsichtig, woraufhin Harry den Kopf nach einem Moment des Überlegens schüttelte.
Er kannte sein ganzes Leben lang nur das Modelbusiness. Ich fragte mich unwillkürlich, ob das sein Verhalten erklärte. Nachdenklich beobachtete ich ihn und als er mich schließlich dabei erwischte, wurde ich sofort rot und sah weg.
Harry's leises Lachen drang an mein Ohr, dann spürte ich seinen Arm um meine Taille und im nächsten Moment zog er mich sanft an sich und legte die Lippen auf meine. Überrascht erwiderte ich zunächst nicht, doch als er seine andere Hand an meine Wange legte, schloss ich die Augen und erwiderte den Kuss. Mein Bauch explodierte wieder und mein Herzschlag verschnellerte sich ungesund. Er küsste mich und das musste mein Gehirn erst einmal verarbeiten. Ich war völlig überfordert, doch gleichzeitig wollte ich, dass es nicht endete. Dass wir uns hier in diesem Märchenwald einfach für immer küssen könnten, ohne all die Komplikationen.
Doch dann fielen mir eben diese Komplikationen wieder ein und ich löste mich von ihm und sah ihn an. Er sah mich auch an, legte den Kopf schief. „Was ist los?" fragte er, deutete meinen Blick anscheinend richtig, dass ich etwas auf dem Herzen hatte.
„Harry, kann ich mit dir über etwas reden?" fragte ich ihn ehrlich und er nickte. „Schieß los!" forderte er mich auf und ich nickte leicht, überlegte mir zunächst, wie ich anfangen sollte. Ich wollte Niall's Rat nicht ignorieren, nur weil ich gerade den perfekten Kuss erhalten hatte.
„Dass du mit Zayn Sex hattest, das war nicht schön zu hören und ehrlich gesagt, habe ich damit ein Problem." begann ich leise und sah ihn fast schon unsicher an. „Es ist nicht okay mit zwei Leuten an einem Abend gleichzeitig zu schlafen."
Harry musterte mich, doch er sagte nichts und schien abzuwarten, was ich noch zu sagen hatte. Also redete ich einfach weiter. „Ich bin nicht der Typ, der gerne einer von vielen ist und ich war ziemlich schockiert, dass da auch was mit Zayn läuft. Und keine Ahnung wie viele du noch...also..." Harry runzelte die Stirn als Reaktion und ich sah ihn entschuldigend an.
„Denkst du, ich ficke alles, was bei Drei nicht auf dem Baum ist?" fragte er irritiert und ich schüttelte den Kopf. „Das möchte ich damit nicht ausdrücken. Es tut mir leid, wenn es so rübergekommen ist." antwortete ich sofort und sah ihn entschuldigend an. Er nickte leicht, auf seiner Stirn war eine Falte entstanden, in seinem Kopf schien es zu rattern.
„Also ich denke, was ich sagen will, ist das Folgende...Ich will einfach nicht einer von vielen sein. Damit fühle ich mich unwohl. Vor allem in meinem Freundeskreis, das ist für mich ein No Go. Es bringt...es ist nichts für mich. So lebe ich nicht. Irgendeiner wird immer verletzt."
Ich atmete laut aus und war erleichtert, dass es endlich raus war, doch gleichzeitig hatte ich Angst, dass er jetzt gehen würde. Vermutlich verschwendete ich jetzt seine Zeit.
„Louis, tut mir leid. Ich wusste nicht, dass es für dich problematisch ist, die Sache mit Zayn. In meiner Welt ist das alles so normal, ich habe nicht darüber nachgedacht. Es ist aus dem Affekt heraus einfach passiert." Er sah mich entschuldigend an und ich sah ihn misstrauisch an. Er erwähnte nicht, dass Zayn angefangen hatte. Ich fragte mich unwillkürlich, wieso er das nicht sagte.
„Deine Welt ist seltsam, Harry." bemerkte ich leise und sah ihn bedauernd an. „Ich meine wir kennen uns kaum, aber ich will da ehrlich sein, ich will niemanden verletzen, aber ich will auch nicht verletzt werden. Und das mit Zayn hat mich verletzt."
Ich war richtig stolz auf mich, dass ich es jetzt gesagt hatte. Das hatte gutgetan und Harry wusste jetzt, woran er bei mir.
„Es war in keinster Weise meine Absicht dich zu verletzen. Ich mag dich. Du bist unglaublich attraktiv und ich verbringe tatsächlich gerne Zeit mir dir." Ich sah ihn an und nickte, mein Herz klopfte kräftig bei seinen Worten und ich lächelte ihn an. Harry sah mich ebenfalls an und lächelte dann wieder beinahe liebevoll. „Ich würde trotzdem gerne weiter mit dir Zeit verbringen, Louis. Wirklich sehr gern. Wenn du für mehr Abenteuer mit mir zu haben bist, meine ich. Mehr kann ich dir nicht bieten."
Ich wurde nachdenklich und innerlich seufzte ich. Ich wusste, genau wie Niall vermutlich, dass ich sowieso wieder einknicken würde und ich mir etwas vormachte, wenn ich jetzt sagte, dass nichts mehr zwischen uns laufen würde. Also nickte ich ihm zu. „Wenn wir ab und zu auch mal was anderes machen als Sex?"
Harry lachte, nickte dann und sah sich um. „Tun wir doch jetzt gerade auch, oder nicht?" Ich nickte und schmunzelte, dann setzte ich mich wieder in Bewegung und lief los.
„Louis?"
Ich sah mich wieder zu ihm um und er sah mich ganz ernst an. „Und ich ficke nicht alles, was bei Drei nicht auf dem Baum ist. Du und Zayn, ihr wart die Einzigen seit einer ziemlich langen Zeit." Er sah mich an und ich glaubte ihm jedes Wort, er wirkte aufrichtig und ich nickte.
„Gut zu wissen. Und jetzt komm, bevor du hier Wurzeln schlägst." Ich streckte die Hand nach ihm aus, Harry lächelte und ergriff sie und verschränkte seine Finger mit meinen, dann liefen wir weiter in den Wald hinein.
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