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[Jungkook]
„Hier ist nichts. Er hat sein Passwort nicht aufgeschrieben." Hörte ich Seoyeon sagen, nahm es aber nur halbwegs wahr. Ich hörte, dass sie redete, konzentrierte mich aber nicht auf ihre Worte. Das einzige, was sich immer wieder in meinem Kopf abspielte, waren diese Sätze:
Ich muss etwas finden. Ich muss Taehyung helfen. Wenn ich nichts finde, wird er sterben. Es liegt alles in meiner Hand.
Während ich mich selbst gedanklich stresste, konnte ich auch nur auf diese Worte hören und all die Schubladen der letzten Monate durchsuchen, ohne dabei auf meinen Umfeld zu achten. Ich hatte einen festen Ziel und wurde beim Suchen fast schon verrückt, da mit jeder weiteren Schublade mein Stresslevel nur noch höher wurde.
Ich muss mich beeilen. Ich muss meinen Freund retten.
Ich muss irgendetwas finden, was helfen würde. Junseo sollte doch hier etwas haben. Es kann doch nicht sein, dass er alles auf seinem Computer hat, auf welchem er sein Passwort geändert hat.
Bestimmt hat er es hier irgendwo. Er war doch schlau und hat bestimmt seine wichtigen Notizen auch an einem anderen Ort aufbewahrt.
Ich werde etwas finden. Ich werde Taehyung nicht hängen lassen.
Ich habe es ihm doch versprochen.
Ich habe ihm schon so oft etwas versprochen, was ich dann nicht halten konnte.
Ich kann ihn doch nicht noch einmal enttäuschen.
Er vertraut mir.
„Jungkook!" Schnell drehte ich mich um, als ich eine Hand an meiner Schulter spürte und blickte Seoyeon an, die einen besorgten Gesichtsausdruck hatte und mich ansah. Erst jetzt nahm ich wahr, wie schnell mein Herz gegen meinen Brustkorb schlug, aufgrund der ganzen Aufregung, Angst und Nervosität. Und auch erst jetzt dachte ich daran tief Luft zu nehmen und um mich zu blicken, wo ich sehen konnte, dass ich bereits die Schublade öffnete, auf welcher ‚Dezember 2019' stand.
Das kann doch nicht wahr sein. Etwas muss hier sein!
„Du wirst angerufen." Sagte sie, weshalb ich wieder zu der Frau blickte und sehen konnte, wie sie mir mein Handy hinhielt, welches ich mit zitternden Händen ergriff. Als ich sah, dass es Namjoon war, welcher mich anrief, ging ich schnell ran und hielt mir das Handy an mein Ohr.
„Hallo? Ist alles okay bei euch? Ist er wach?" Fragte ich direkt und bekam irgendwie ein nicht unbedingt gutes Gefühl bei seinem Anruf. Ich meine, was kann er mir denn alles sagen?
Dass es Taehyung besser geht, wäre eher unwahrscheinlich. Mir war bewusst, dass es ihm immer schlechter ging.
Er könnte mir sagen, dass er wach ist.
Oder dass ich mich beeilen soll.
Vielleicht auch, dass ich dringend nach Hause kommen soll.
Im schlimmsten Fall könnte er mir aber auch sagen, dass Taehyung überhaupt nicht aufwacht.
„Ja, er ist wach. Hast du die Notizen?"
Dann aber konnte ich bei ihm irgendeinen Krach hören, welches mich umso mehr besorgte.
„Namjoon? Was ist los? Was sind das für Geräusche?" Meine Angst wurde größer, weil es sich überhaupt nicht gut anhörte.
„Das ist Taehyung. Er hat in der Küche den Schrank mit Tellern geöffnet und schleudert sie nach und nach gegen die Wand. Ich habe versucht ihn aufzuhalten, aber sobald ich mich in seiner Nähe befinde, wirft er mich ab. Jetzt bin ich im Badezimmer und weiß nicht, was ich tun soll. Er dreht durch."
Frustriert strich ich mir durch die Haare und blickte gestresst auf den Boden. „Bleib im Badezimmer. Ich fahre zurück."
Ohne ihm die Frage zu beantworten, ob ich die Notizen habe, legte ich auf und sah einen Moment lang zu Seoyeon, welche mich ebenfalls ansah. Ich musste mir die Tränen zurückhalten.
„Es tut mir Leid für das Ganze. Und danke, dass du mir helfen wolltest. Ich muss jetzt gehen."
Mit diesen Worten ging ich zur Tür und öffnete diese, um dann zur Haustür zu laufen und so schnell wie möglich mir die Schuhe anzuziehen, woraufhin ich das letzte Mal zu Seoyeon blicke, welche mir gefolgt ist und mich immer noch besorgt ansah.
„Danke nochmal. Schönen Tag dir noch." Sagte ich mit einer bebenden Stimme und sie nickte „du.. auch. Naja, dumm gesagt." Ich seufzte nur und schenkte ihr ein trauriges frustriertes Lächeln bevor ich mich umdrehte und zu meinem Auto lief, mit welchem ich hier her gefahren bin.
Ich konnte nicht beschreiben, wie ich mich in dem Moment fühlte. Auf jeden Fall wusste ich, dass ich so nicht mit dem Auto fahren sollte, aber das war mir im Moment völlig egal. Nun waren es auch andere Sätze, die sich immer wieder in meinem Kopf abspielten.
Ich muss so schnell wie möglich nach Hause. Taehyung geht es nicht gut. Ich habe nichts gefunden. Ich habe mein Versprechen nicht gehalten.
Ohne zu warten fuhr ich aus dem Parkplatz raus und machte mich so auf den Weg nach Hause, während ich mich über jeden einzelnen Fahrer aufregte, der mich auch nur minimalistisch behinderte, sowie jede Ampel, die vor mir rot wurde. Die Fahrt schien mir noch viel länger zu sein.
Es war eindeutig die stressigste und emotionalste Fahrt, die ich jemals in meinem Leben hatte. Bei jeder roten Ampel schlug ich gegen meinen Lenkrad. Dem Fahrer, welcher mir die Vorfahrt nahm, zeigte ich voller Wut den Mittelfinger und bei dem Fahrer, welcher vor mir an der Ampel abwürgte, hob ich frustriert die Hände hoch und schüttelte meinen Kopf. Und während ich fuhr, fingen an die Tränen über meine Wangen zu fließen, weil ich einfach so enttäuscht von mir selbst war.
Immer wieder wischte ich mir die Tränen vom Gesicht, da ich immer noch am Fahren war und noch irgendwas sehen musste. Ich versuchte meine Emotionen ein wenig zurückzuschrauben und mich auf das Fahren zu konzentrieren, da ich auf einen Autounfall verzichten wollte. Ich musste für Taehyung da sein.
Bei dem Gedanken lachte ich jedoch kurz bitter auf.
Ich musste für ihn da sein. Nachdem ich ihm täglich versprach, dass alles gut sein würde und ich dafür sorgen würde, dass er ein langes Leben haben wird? Echt toll, wie ich es hingekriegt habe. Ob er mir überhaupt noch vertraut? Hasst er mich? Denn ich hasste mich selbst gerade mehr als alles andere.
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