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Zwiegespalten

Dass Megan nachts nicht nach Hause kommt, war mir von Anfang an klar und ich mache mir keine Sorgen, als ich beim Aufwachen die leere Bettseite bemerke. Ehrlich gesagt bin ich ein wenig froh darüber, dass Megan noch mit Louis nach Hause gegangen ist, denn so konnte ich besser schlafen und sehe heute Morgen nicht ganz so ausgelaugt aus. Dass ich heute das Geschäftsessen bei den Higgins habe, hatte ich letzte Nacht so gut es ging ausgeblendet, denn die Zeit mit Rosie war viel zu schön, sodass ich es nicht über mich gebracht habe, zeitig nach Hause zu gehen. Bis die Sterne so langsam wieder verschwanden saßen Rosie und ich auf der Mauer und äußerten unsere intimsten Gedanken restlos transparent und ohne jegliche Scham, wobei es Rosie war, die augenscheinlich mehr auf dem Herzen hatte und die meisten Dinge von sich gab, während ich ihrer sanften Stimme einfach nur zuhörte.
Aber so schön die letzte Nacht auch war, so fatal war sie gleichzeitig. Nicht nur wegen Viola, wessen Eltern ich heute kennenlerne, sondern auch wegen meiner Arbeit, die ich nicht anfangen darf zu vernachlässigen. Nicht wegen ihr, auch wenn die Versuchung noch so groß ist. Es entspricht nicht dem, was ich mir mal geschworene habe - nicht dem wofür ich Kate damals verlassen habe.

Es ist mein Handy mit einer Nachricht von Mister McCain, welche mich zurück in die Gegenwart und somit zurück zum Wichtigen katapultiert.
Würde ich es nicht besser wissen, dann hätte ich an dieser Stelle Angst vor dem, was diese Nachricht enthält, aber es waren nur, wie erwartet, die genaue Uhrzeit der Veranstaltung und die Adresse der Higgins - Violas Adresse... 

Während dem Frühstück schaue ich mir schon mal den ungefähren Weg zum Haus an, um eine ungefähre Ahnung zu haben, wie viel Zeit ich einplanen muss, um nicht zu spät zu kommen. Anschließend fange ich an mir meine Sachen ordentlich zurecht zu legen und sogar nochmal über meine Anzughose zu bügeln. Nicht dass sie faltig wäre, nein. Ich vertrödle nur genug Zeit bis ich endlich los fahren kann.  Aber bis es soweit ist, müssen noch rund zwei Stunden vergehen, die ich versuche mit fernsehen und ein wenig putzen zu überbrücken. Das Problem an der Sache ist nur, dass dies zwei Sachen sind, die ich hasse und an denen ich schnell die Lust verliere. Immer wieder schaue ich auf mein Handy und hoffe, dass mich irgendeine spannende Nachricht ereilt - aber keine Chance. An einem Samstagmittag schlafen die meisten meiner Kontakte noch ihren Rausch aus oder sind anderweitig beschäftigt. Ich öffne ein paar Mal den Chat von mir und Viola und überlege, ob ich ihr sagen soll, dass ich heute auch da sein werde. Beschließe aber, dass ich sie überraschen will und lege mein Handy wieder neben mich aufs Sofa.

Ein Blick auf die Uhr lässt mich stöhnen. Ich habe noch viel zu viel Zeit um mich fertig zu machen, aber wiederum zu wenig, um jetzt noch irgendwas anzufangen. Die letzte halbe Stunde halte ich es wohl auch noch auf meiner alten Couch bei schlechtem Fernsehprogramm aus, rede ich mir immer wieder ein, damit ich nicht die Geduld verliere.  
Ich schalte immer wieder im Fernseher die Sender auf und ab, befinde aber die laufenden Sendungen alle für hirnverbrannt, wodurch ich mich nach geschlagenen zwanzig Minuten doch zum Aufstehen bewege. Langsam mache ich mich nach oben ins Bad und wasche mir die Haare in meinem Waschbecken. Kurz überlege ich, ob eine Dusche nicht doch besser sei. Der Gedanke verfliegt allerdings genauso schnell, wie er gekommen war, denn ich rieche keines Wegs ungewaschen. Es bleibt also nur bei einer Haar- und Gesichtswäsche, womit ich schon gleich gepflegter aussehe. Mein 3-Tage-Bart muss heute aber dennoch adieu sagen, denn rasiert sehe ich immer noch am seriösten aus, was an diesem Tag mit am meisten Priorität hat.                              
Nachdem ich dann auch noch meine Haare gestylt und meinen Anzug angezogen habe, bin ich auch schon fast fertig. Lediglich ein wenig Deodorant unter den Achseln und ein leichter Hauch meines Parfüm fehlt noch für den perfekten Schliff.                                                                                         
Ich sitze schon in meinem Auto, als ich eine Nachricht von Megan erhalte, welche ich selbstverständlich umgehend öffne.

Hey Will,                                                      
sorry, dass ich letzte Nacht nicht nach Hause gekommen bin. Ich hoffe, du hast dir keine Sorgen gemacht... 
Louis setzt mich später wegen meinen Sachen bei dir ab - so genau wann weiß ich auch noch nicht, denn wir sind gerade erst wach geworden. Ich hoffe, dass das kein Problem für dich ist und wir uns heute noch sehen.

Diese Nachricht bringt mich zum Schmunzeln. Natürlich haben sie noch geschlafen, was hätte ich anderes erwartet?! Ich kenne doch meinen besten Freund. Trotzdem muss ich Megan leider sagen, dass meine Pläne welch andere sind.

Hey du,                                                               
ich habe mir schon gedacht, dass du von Louis nicht mehr los kommst ;)                       
Ich bin jetzt allerdings auf dem Weg zu einem Geschäftsessen mit Mister McCain - heute werden wir uns wohl, wenn überhaupt, spät in der Nacht sehen. Ich kann dir aber meinen Schlüssel rauslegen und entweder du wartest bei mir solange bis ich wieder da bin und dann fahre ich dich noch nach Hause oder du lässt dich von Louis fahren - der macht das sicherlich!

Ich steige nochmal aus meinem Auto und lege einen Ersatzschlüssel für Megan unter die Fußmatte, obwohl Louis eigentlich auch einen Schlüssel für meine Tür haben sollte, aber naja, bei dem weiß man ja nie.  
Gerade als ich wieder in meinem Auto sitze, ploppt eine Antwort von Megan auf meinem Display auf.

Stimmt, das Essen der Higgins ist ja heute - da nimmt er dich mit hin?! Bewundernswert. Sonst fährt er nur mit seiner Frau und Tochter, denn es ist eher so ein "Familiending" dort. Aber er wird sich dabei ja was gedacht haben - dir also viel Spaß und kein Stress! Dein Abend wird so oder so schon lang genug, also lasse ich mich von Louis fahren oder frage eine gute Freundin, ob sie mich abholt - ich schaue mal.
Und mit meinen Sachen eilt es auch nicht, wenn du sie später also immer noch bei dir liegen hast, dann habe ich mich dazu entschieden, sie doch erst morgen abzuholen.    Wir sehen uns, du musst jetzt aber ernsthaft los - sonst kommst du noch zu spät.

Gar nicht so schlecht eine Sekretärin zu haben, welche deine Termine kennt. Allerdings muss Megan auf ihre Antwort warten, denn sie hat recht! So viel Zeit ich vorhin auch hatte, jetzt wird es langsam eng, denn wenn ich noch genug Zeit haben möchte, dann muss ich genau jetzt los.

Ich komme fünfzehn Minuten vor der vereinbarten Zeit an und beschließe noch einen kurzen Moment in meinem Auto an der Straße zu warten. Für einen Moment dachte ich kurz, dass ich die falsche Adresse ins Navi eingegeben habe, aber nein, hier bin ich wirklich richtig.
Als Viola mir damals sagte, dass sie in einer riesigen Villa mit mehr Zimmer als man bewohnen kann und Personal für alles wohnt, hätte ich nicht damit gerechnet - dieses prunkvolle Anwesen übertrifft wirklich jegliche Vorstellung von dem Reichtum der Familie Higgins, die ich hatte.
Violas Zuhause verfügt über einen wirklich lange Auffahrt, die an einem atemberaubenden Herrenhaus mit Mamorsäulen, welches auf einem Hügel steht, endet. Der Garten rechts und links der Auffahrt gleicht einer Parkanlage. Überall zieren prachtvolle Blumenbeete und stilvoll geschnittene Bäume und Büsche gleichmäßig verteilt und bewusst nach einem Prinzip angeordnet den Rasen. Was hinter dem stattlichen Haus liegt, kann man von der Straße aus nicht sagen, aber dass es dort weitergeht, weiß man sofort. Alleine das gusseiserne Tor vor der Auffahrt ist atemberaubend. Ich schätze, dass diese Flügeltüren und der damit verbundene Zaun, mindestens viermal so hoch sind wie ich selber - wenn nicht sogar noch höher. Hier kommt man ohne Einladung definitiv nicht so einfach rein.

Obwohl ich für einen Moment lang ein wenig eingeschüchtert bin, fahre ich entschlossen bis vor das Tor und drücke auf die Klingel. Ohne dass sich jemand über meine Identität informiert, ertönt ein summendes Geräusch und die Flügeltüren schwingen langsam auf. Ich habe zwar gedacht, dass ich schwerer hier reinkomme, bin aber doch recht dankbar für diese Weise, denn ich weiß ja nicht mal, ob Mister McCain Bescheid gegeben hat, dass ich erscheine. Ich parke meinen Wagen auf der gepflasterten Fläche bei der Garage neben all den anderen Autos und atme noch einmal tief durch. Ich will gerade Megan eine kurze und knappe Antwort schicken, da bekomme ich eine Nachricht, welche Vorrang hat.

Rette mich! Mein Vater veranstaltet ein Geschäftsessen bei uns Zuhause und ich MUSS dabei sein. Will, bei aller Liebe, aber dieser Beruf ist bescheuert und ich will hier nicht sein! Du bist verrückt, wenn du sowas gerne machst, genauso wie meine Eltern und meine Brüder - ihr seid allesamt verrückt! Damit ich das hier verkraften kann, MÜSSEN wir morgen was zusammen unternehmen, sonst werde ich niemals über die Trostlosigkeit meines Lebens hinwegkommen.

Ach Viola, denke ich und lache vor mich hin. Ich kann mir richtig vorstellen wie überdramatisch sie diese Nachricht verfasste und dabei selber lachen musste. Wenn sie doch nur wüsste, dass ich in höchstens einer Minute ihr Haus betreten werde.
Damit die Jungfer in Not nicht noch länger auf mich warten muss, steige ich zügig aus und nehme mein Jackett, welches, damit es nicht knittert, noch auf der Rückbank liegt, heraus und ziehe es an. Dann eile ich regelrecht zur gigantischen Eingangstür, wo ich auch schon von einem Dienstmädchen empfangen werde.

»Einen wunderschönen guten Tag, Sir. Kann ich Ihnen etwas abnehmen?«, fragt mich eine etwas ältere Dame höflich.
»Nein danke«, gebe ich der faltigen Frau zurück, schiebe mich an ihr vorbei und gehe weiter ins Haus hinein.
Alleine dieser Eingangsbereich gibt ordentlich was her. Abgesehen von diesem Boden, in dem man sich spiegeln kann, ist die Treppe gegenüber der Eingangstür einfach ein Blickfang.

Diese massive Treppe aus hellem Stein mit einem Mamorgeländer erstreckt sich von zwei Seiten. Sie geht links und rechts von einem offenen Durchgang ab, welcher in den nächsten Raum leitet, und endet an einer Empore mit ebenfalls weißem Mamorgeländer, von der man hinunter in den Eingangsbereich blicken kann.

Vom Eingangsbereich gehen noch weitere Türen und offene Durchbrüche ab, welche ich aber keine weitere Beachtung schenken kann, weil das Dienstmädchen mich regelrecht in den nächsten Raum, der zwischen den Treppen, schiebt.
Es ist ein großer Raum mit großer Tischtafel, welche sich in der Mitte des Raumes erstreckt. Eine Panoramafensterfront ziert die Rückwand des Hauses. Man hat einen atemberaubenden Ausblick von hier aus auf den gesamten hinteren Teil des Grundstücks, welches noch so viel größer ist, als ich gedacht habe. In meinem Augenwinkel sehe ich, dass am Fuße des Hügels, auf dem das Haus steht, ein stattlicher seeartiger Teich liegt. Daneben steht eine Hütte - nennen sie diese Seehaus? Berechtigt wäre dieser Ausdruck! Es ist gar nicht so leicht nicht beeindruckt drein zu schauen, aber ich muss mich zusammen reißen. Ich habe gar nicht genügend Zeit um meine ganze Umgebung zu scannen, denn ehe ich mich versah, schiebt mich das Dienstmädchen schon durch zwei Flügeltüren.
Mein erster Blick schweift durch den Raum und ich muss feststellen, dass Mister McCain noch nicht da ist. Das lässt mich für einen Moment zögern, denn ein anderes Gesicht kommt mir vorerst auch nicht bekannt vor. Jeder in diesem Raum ist irgendwie so mit sich selbst beschäftigt, sodass keiner so richtig Notiz von mir nimmt und ich eher hilflos die Menge nach Viola durchforste.
Mein Blick schweift von einer Frau zur nächsten und es scheint so, als dass sie gar nicht hier ist. Noch einmal lasse ich meinen Blick wandern, aber ich erspähe sie nicht. Sicherlich sieht man mir meine Verunsicherung an, denn von der Tür habe ich mich bisher höchstens zwei Meter weg bewegt und ich schaue die ganze Zeit nur im Raum nach bekannten Gesichtern. Es ist ein junger Mann, vielleicht ein bisschen jünger als ich, welcher mich erlöst.
»Hey man, neu hier, oder?«, sagt er lässig mit seinem Bier in der Hand.
»Ist das wirklich so offensichtlich?«
»Und wie! Keiner bleibt sonst knappe fünf Minuten an der Tür stehen und sucht verzweifelt nach jemanden an den er sich kleben kann.«
Ich lache verlegen. »Oh man, ist das peinlich. Mein Boss ist anscheinend noch nicht da und ich bin so verloren wie eine Katze im Tigergehege.«
Er zieht die Augenbrauen zusammen. »Eine Katze im Tigergehege?« Er schmunzelt. »Also so schlimm ist es hier auch nicht. Ich bin übrigens Ethan und wenn du nicht weiter so hilflos aussehen willst, dann komm mit mir.« Ethan bewegt sich schon wieder zum Gehen, als er meine Unsicherheit bemerkt, mit der ich immer noch wie angewurzelt dastehe, und dreht sich zu mir um. »Andernfalls kannst du auch weiterhin wie ein hilfloses Kätzchen hier stehen und auch noch für den Rest echt merkwürdig wirken - deine Entscheidung.«
Er dreht sich mit einem verschmitzten Lächeln und einem provozierenden Schulterzucken wieder um und geht mit großen Schritten durch den Raum ohne auch nur ein einziges Mal wieder zu mir zurück zu schauen.
Dass ich ihm dann doch folge, liegt daran, dass ich doch keine andere Wahl habe und das weiß er ganz genau.
Wir durchschreiten den gesamten Raum und steuern einen Teil des Raumes an, welcher ein wenig verwinkelt und damit von der Tür nicht sichtbar ist.

»Ich habe uns ein Kätzchen aufgegabelt«, ruft Ethan schmunzelnd mit vollen Selbstbewusstsein in eine Gruppe aus drei weiteren jungen Männern und einer Frau, ehe wir sie überhaupt erreicht haben.

»Ach komm, Eth, du brauchst doch nicht immer dein Revier markieren«, sagt der Größte der Männer und verdreht neckend die Augen.
»Was denn, James?! Es sind nur seine eigenen Worte, die ich hier benutze«, verteidigt sich Ethan und macht belustigt vor der Gruppe halt. »Außerdem hat er mir noch nicht verraten, wie sein Name ist.«

Ich schaue in die erwartungsvollen Gesichter der Männer. »Ich bin...«
Noch bevor ich diesen kurzen Satz zu Ende sprechen kann, dreht sich die Frau der Runde, welche mir die ganze Zeit nur den Rücken gekehrt hatte, mit großen Augen zu mir um und unterbricht mich.

»Will!«, stößt sie glücklich aus und zieht mich in eine Umarmung. »Was machst du denn hier? Warum hast du nichts gesagt?!«
Ich löse die Umarmung und schaue in ihr lächelndes Gesicht. »Wegen diesem Blick«, sage ich lachend und schaue dabei tief in ihre Augen, was sie ein bisschen rot werden lässt.

»Das kann doch nicht wahr sein, Vio! Immer musst du jeden schon vor mir kennen und mir jeden Auftritt ruinieren - das bringt keinen Spaß mit dir«, meint Ethan überspitzt dramatisch und wirft Viola einen scherzhaft vorwurfsvollen Blick zu.
»Aber im Ernst, woher genau kennen wir jetzt Will«, fragt einer der anderen, welcher mit dem Ellenbogen auf der Schulter des Kleinsten lehnt.

Viola lacht. »Also Ich kenne Will von der Arbeit - er tauchte bei mir im Laden auf.« »Unnnddd?«, fragt der Kleinste, welcher auf weitere Details anspielt, die irgendwie auf der Hand liegen, aber noch unausgesprochen sind.

»Na schön, wir waren vielleicht auch schon aus«, gibt Viola mit einem Augenrollen zu, denn sie weiß, was jetzt kommt.
»Uh lala, das ist also der Typ von dem du im Schlaf sprichst und wieso du ständig dein Telefon anlächelst«, meint Ethan neckend und lacht.
»Tue ich gar nicht!«, verteidigt sich Viola beschämt und boxt ihm schwach gegen den Arm, woraufhin er sich diesen reibt.
»Viola, Viola, Viola«, sagt nun der Kleinste lachend mit einem Kopfschütteln, welches Viola nur provozieren soll. »Du gehst gerade mal mit ihm aus und bringst ihn jetzt schon mit nach Hause - mutig, Kleine, mutig.«
Viola schaut ihn nur mit einem vielsagenden Blick an - wenn Blicke töten könnten...

»Ah, Will, jetzt verstehe ich«, meint Ethan auf einmal und funkelt mich lachend an. »Viola ist also der Boss auf den du gewartet hast und irrtümlicher Weise dachtest, dass er noch kommt.«
»Da muss ich dich leider enttäuschen, wie du aber auch an der überraschten Reaktion von ihr hättest merken können - wenn du aufmerksam genug wärest. Ich komme von den McCains«, räume ich mit einem neckenden Unterton ein, woraufhin erstaunte Mienen sich auf den Gesichtern breit macht.
»Ah, ein Feind«, ergreift wieder der eine, welcher gegen den Kleinsten lehnt, das Wort und bietet eine Oskar reife Darbietung von seiner eigener Erdolchung mit einem Stich ins Herz, ehe er lachend auf die Knie sackt.

»Steh auf, Aaron!«, keift Viola beschämt und sieht mich entschuldigend an.
»Okay Jungs, genug gespaßt. Lassen wir ihnen mal ein wenig Luft. Wir vergraulen ihn ja noch«, wirft James vernünftig ein und besänftigt so die anderen drei.
»Dankeschön, wie gnädig ihr doch seid!«, sagt Viola mehr sarkastisch als ernst gemeint, ehe sie mich wieder entschuldigend ansieht. »Ich wollte es dir eigentlich ersparen, aber ich komme nicht drum herum - das sind meine... Brüder«, meint sie seufzend und verdreht liebevoll die Augen. »Sie können auch normal sein - manchmal zumindest.«
»Naw, was für freundliche Worte du doch über uns findest.«
»Übertreib es nicht, Ethan«, ermahnt Viola ihren Bruder, woraufhin dieser unschuldig die Hände hebt.

Ab dem Punkt an dem ich wusste, dass das Violas Brüder sind, konnte ich die Ähnlichkeiten gar nicht mehr leugnen. Ich habe recht schnell erfahren, dass James der Älteste ist und das macht natürlich auch Sinn - er hat die anderen drei wirklich gut im Griff. So richtig wie Viola schaut er aber nicht aus. Nicht nur der Fakt, dass er viel größer als sie ist, er hat dazu noch ganz andere Gesichtszüge. Allerdings haben ihre Haare den gleichen Ton und sie ähneln sich in ihrem Charakter.

Den Namen von Violas dritten Bruder habe ich auch schnell rausbekommen. Noah heißt er und obwohl er der Kleinste ist, ist er der Zweitälteste. Er ist definitiv der ruhigste von den Jungs, aber dennoch trotzt er nur so vor Selbstbewusstsein. Anders als James hat er dunklere Haare und ähnelt Viola lediglich durch seine Größe und der Stupsnase, welche ich an Viola so süß finde.

Aaron ist Violas optisches Ebenbild. Die Haarfarbe, die Augenform und -farbe, die Statur und Gangart und die leicht abstehenden Ohren - es könnten Zwillinge sein. Allerdings ist Aaron vom Charakter her ganz anders. Er ist selbstbewusst, aber seiner Schwester kann er nicht das Wasser reichen. Sie strahlt. Sie fällt auf. Sie lacht. Aaron hingegen ist ein wenig pessimistisch veranlagt, auch wenn er sich selbst als Realist bezeichnet, und sein Humor ist trocken - er hat ihr strahlen nicht.

Ethan könnte Viola nicht noch weniger ähneln. Denn wenn jeder seiner Geschwister dunkelblonde bis hellbraune Haare hat, sind seine in einem starken dunkelbraun getränkt und wenn seine Geschwister keine Sommersprossen haben, zieren sich leicht welche über seine Wangen und der Nase. Sein Gesicht ist generell markanter und er wirkt athletischer. Während James und Noah noch einen leichten drei-Tage-Bart im Gesicht haben, hat Ethan so wie Aaron keinen - sie sehen so viel jünger aus als die beiden anderen.
Ethan hat lediglich die selben grünen Augen wie Viola und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich eher denken, dass Ethan mein Bruder und nicht der von Viola ist.

Charakterlich können sich Ethan und Viola aber nicht mehr ähneln! Vielleicht liegt es daran, dass sie beide die Jüngsten der Familie sind, aber sie haben es faustdick hinter den Ohren. Sie sprechen beide immer das aus, was sie gerade denken und ihr Lächeln erfüllt einen ganzen Raum. Sie sind um keinen Witz verlegen und lassen alle anderen merken, dass sie präsent sind - vielleicht ist mir Ethan deshalb auf Anhieb am sympathischsten, er ist sie...

Jeder der Geschwister hat was einzigartiges an sich und ich mag jeden einzelnen von ihnen auf irgendeine Art, weshalb es wohl keine Überraschung ist, dass ich mich mit ihnen alle super blendend verstehe und ich mich pudelwohl fühle.

Viola ist diejenige, die Mister McCain zuerst erblickt und ihn mit mir begrüßen geht.
Wie es das Schicksal so will, steht er gerade bei Earl und Rosemary oder besser gesagt Mister und Misses Higgins - Violas Eltern.
Ich lerne also gleich auch Violas Eltern kennen, die mich sofort in ein Gespräch verwickeln.
So allmählich verstehe ich woher die Geschwister ihre Eigenschaften haben. Rosemary und Earl sind wirklich die herzlichsten, lustigsten und offensten Menschen, die ich kenne. Sie beide haben so viel Ähnlichkeiten mit jedem einzelnen ihrer Kinder und selbst Ethans braunen Haare und die Sommersprossen finde ich bei Rosemary wieder, während Earl blond ist. Genau wie bei Violas Brüdern, spüre ich bei ihren Eltern ebenfalls eine Sympathie, welche mich willkommen fühlen lässt. Es fühlt sich nicht komisch an mit einem Bier in der Hand mit meinem Chef und seinen Freunden, die Eltern von der Frau mit der ich ausgehe und welche ich gerade erst kennenlernte, zu reden. Wenn das nicht die perfekten Schwiegereltern sind, dann wüsste ich nicht, wer es hätte sein können.
Es ist der Fakt, dass ich mich willkommen fühle und ich mich so blendend mit der Higgins Familie verstehe, der alles so verdammt schwerer macht.
Ich schmecke die Bitterkeit der Realität auf meiner Zunge und fühle mich vom Leben verarscht - was eine Ironie des Schicksals. Es ist Mister McCain, welcher das Wort ergreift und mich mit einem Mal mit einem LKW überrollt, ohne es überhaupt zu wissen.

»Ach, Will«, seufzt mein Chef und schaut mich erwartungsvoll an, »ich habe so ein Glück mit dir in meiner Kanzlei. Earl hat immerhin noch Söhne, die für ihn arbeiten, aber ich... ich habe nur eine Tochter, welche ein wahrer Freigeist ist.« Mister McCain und auch Earl und Rosemary müssen schmunzeln.
»Sie hat wahrlich eine große Fantasie und kann die Liebe und Leidenschaft unseres Berufes nicht teilen«, meint Rosemary ein wenig verträumt, während sie ein Sektglas in ihrer Hand langsam dreht.
»Sie war eben schon immer ein lebhaftes Kind«, sagt wieder Mister McCain, welcher mittlerweile aber sehr nostalgisch wirkt.
»Da ist sie ja! Wenn sie schon hier ist, dann kann ich sie dir ja auch gleich mal vorstellen - ich glaube ihr hattet noch nicht das Vergnügen, oder?« Aufgeregt ruft Mister McCain sein Tochter mit dem Wort »Schätzchen« zu uns rüber, welche binnen weniger Sekunden bei uns ist und sich neben ihren Vater stellt.
Es fühlt sich an wie ein tiefer Schlag in die Magengrube, als mein Hirn realisiert hat, was meine Augen gerade sehen.
Wie?! Es ist sie.
Es ist die rotbraun gelockte Schönheit, welche mir letzte Nacht ihre tiefsten Gedanken präsentierte.
Es ist Rosie... McCain!
Ich lasse mir nicht anmerken, dass dieses Mädchen und ich uns schon kennen, denn sie spielt dieses Spiel auch.
»Rosalie McCain, sehr erfreut«, sagt sie unschuldig tuend, während ihr Vater uns einander vorstellt, und reicht mir ihre zarte Hand. Sachte umfasse ich diese und sage zögerlich: »William Cunningham, die Freude liegt ganz auf meiner Seite... Rosalie.«
Ich weiß wirklich nicht, was ich gerade denken soll. Rosie weiß, dass ich für die McCains arbeite. Rosie weiß, dass ich heute hier bin. Rosie weiß, dass ich für ihren Vater arbeite. Und Rosie hat es mit keinem Sterbenswörtchen erwähnt. Rosie hat nicht erwähnt, dass sie Rosalie McCain ist...
Ich habe mir so perfekt eingeredet, dass Rosie kein Plan von Jura hat und die Zeitintensität nicht einschätzen kann. Ich habe mir so gut eingeredet, dass sie mich wegen diesem Job vor die Wahl stellen würde und dass Viola aus diesem Grund die deutlich bessere Wahl für mich ist und ich Rosie vergessen sollte. Aber jetzt bin ich hier und muss feststellen, dass dieses Mädchen ganz genau weiß, wovon ich geredet habe und Verständnis für den ganzen Tamtam hier hat.
Ich bin der Tochter meines Chefs verfallen...

Dass ich ein wenig Luft brauche und mich bei den anderen für mein Gehen entschuldige, ehe ich durch die Tür zurück ins Esszimmer und anschließend durch die Terassentür raus in den Garten stürme, lässt Viola ein wenig stutzig werden, aber ich kann gerade nicht anders.
Womöglich hätten sonst meine Beine unter mir nachgegeben, denn das ist wirklich zu viel für mich. Mein Herz pocht wie wild in meiner Brust und ich merke, dass sich meine Kehle zu schnürt. Ich fühle mich so eingeengt, sodass ich keine andere Wahl habe, als mir meine Krawatte abzunehmen.
Was war das da drin?!
Ich atme so tief ein wie es geht und versuche mir Luft zu verschaffen, um schnell wieder rein zu können, aber es dauert. Und wenn ich nicht auf einmal diese zarte Hand auf meiner Schulter gespürt und mich umgedreht hätte, dann hätte ich mich wahrscheinlich innerhalb der nächsten zehn Sekunden beruhigt. Ich schaue in Ihre grünen Augen, welche mich erwartungsvoll anschauen.
»Ist alles in Ordnung bei dir?«, fragt Rosalie so fürsorglich, dass ich denken könnte, dass sie sich wirklich Sorgen um mich macht.
»Alles bestens«, grummle ich und versuche so sicher und distanziert zu klingen, wie es eben ging. Immerhin ist sie nicht nur eine andere Frau, sondern auch noch die Tochter meines Chefs - ich muss Distanz zwischen uns schaffen.
»Will, ich weiß, dass das komisch auf dich wirkt, aber ich wollte nicht, dass du mich als Tochter deines Chefs kennenlernst.« Rosie versucht meine Hand zu ergreifen, die ich aber entschieden wegziehe.
»Aber das bist du nun mal!«, sage ich abrupt und mache somit meinen Standpunkt klar.
»Ich weiß... Ich hätte es dir von Anfang an sagen sollen und mich nicht ahnungslos stellen, aber...«
Ich unterbreche sie, um sie sich gar nicht erst erklären zu lassen, denn ich will es gar nicht hören. »Nichts aber! Du hättest es einfach nicht tun dürfen und Punkt.« Es ist nicht Wut, welche ich spüre, nein, es ist einfach Verzweiflung, weil ich mir nicht sicher bin, was ich tun soll. Trotzdem verspüre ich ein kleines bisschen Reue, als ich sehe, wie Rosie enttäuscht ihren Kopf zu Boden sinken lässt.
»Wie auch immer, Rosie. Ich muss wieder rein, ich habe zuarbeiten - es tut mir leid...«
Entschlossen schiebe ich mich an ihr vorbei und gehe zurück ins Haus, wo ich mir schnurstracks etwas zu trinken hole und mich anschließend zu Violas Brüder stelle - ich brauche gerade die volle Dröhnung Testosteron um mich rum.

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