Tyler, Emilia und Zac haben die Bibliothek verlassen. Mittlerweile hat die abendliche Dunkelheit den Platz am Himmelszelt eingenommen.

„Emilia, nicht so schnell, jetzt warte doch mal und erklär'  nochmal, was du da eben meintest.", sagt Zac gehetzt.

„Ich weiß nicht, ob es wirklich so ist, oder ob es sich auch tatsächlich um das Buch handelt von dem mein Vater mir erzählt hat.", sagt Emilia

„Aber, wie kann ein Buch jemanden als würdig oder unwürdig einstufen, ich mein an welchen Kriterien macht es das fest? Kann ein Buch das überhaupt?", fragt Tyler.

„Jungs, ich weiß es doch selber nicht! Vielleicht handelt es sich um ein anderes Buch. Daher sollten wir warten bis der Oberbuchmeister wieder da ist und ihn dann fragen, oder nicht? Zum Kaiser können wir sicherlich nicht spazieren und ihn fragen.", Emilia schaut die Beiden fragend an und gestikuliert mit ihren Händen.

„Frag doch deinen Vater, ob er den Kaiser fragen kann, schließlich sieht er ihn ja oft.", fragt Zac.

„Unmöglich! Wir reden hier vom Kaiser selbst, der mächtigste und führende Mann unseres Kaiserreiches. Ich werde meinen Vater damit nicht belästigen. Wir warten auf den Oberbuchmeister!"

„Du hast recht! Vielleicht irrst du dich ja auch bezüglich des Buches. Zurzeit können wir eh nichts ausrichten, wir werden abwarten und dann weitersehen.", sagt Tyler und hebt beschwichtigend die Hände.

„Gut, dann warten wir eben bis der Oberbuchmeister wieder da ist.", bestätigt Zac seufzend. Die Drei begeben sich unter dem Sternenhimmel auf den Weg nach Hause. Einige Stände werden gerade abgebaut, andere wiederum sind bereits von ihren vorherigen Stellen entfernt worden. Zac ist der Erste, der die Beiden verlässt, da das Haus der Vanbelts in einer anderen Richtung liegt. Emilia und Tyler folgen dem Weg zum großen Marktplatz weiter.

„Ich habe mich ein wenig über dich erkundigt und herausgefunden, dass du...nun ja...", fängt Emilia an.

„Meine Heimat verloren habe?", vollendet Tyler den Satz.

„Genau. Tut mir wirklich sehr leid.", Emilias Stimme ist sanft und für Tyler ist es neu, sie so gefühlvoll sprechen zu hören.

„Danke, aber du kannst ja nichts dafür. Es ist das Werk dieses verdammten Drachen." Tyler ballt seine Faust. Erneut ereilt ihn dieses dunkle, aber bekannte Gefühl, doch er weiß nicht woher es kommt. Es ist so als würde ihn ein Schatten verfolgen. Die Beiden gehen eine Zeit lang schweigend nebeneinander, ihr Schritt hat sich verlangsamt, bis sie den großen Marktplatz erreichen.

„Gut, ich muss dann weiter in diese Richtung.", sagt Emilia und zeigt zu der Straße, in die sie abbiegen muss.

„Ok, wir sehen uns dann morgen.", sagt Tyler.

„Genau, bis morgen.".

Als Emilia ihm gerade den Rücken zuwendet unterbricht  Tyler sie."Ehm...Emilia?"

Emilia deht sich wieder zu  ihm um: „Was gibts?"

„Ich wollte mich noch mal entschuldigen; dafür, dass ich vorhin einfach über dich geurteilt habe."

„Ist schon gut, ich verziehe dir.", Emilia setzt ein gezwungenes Lächeln auf, mit dem sie dann verschwindet.

Der nächste Tag beginnt wie üblich. Am Morgen macht sich Tyler zurecht, er wäscht sein Gesicht und putzt sich die Zähne, zieht sich seine Kleidung an und macht sich auf in Richtung Schule des Nordens. Die erste theoretische Unterrichtsstunde bringt Tyler einige Punkte ein. Zac ist von dem behandelten Stoff gelangweilt und gestaltet die Zeit spannender, indem er auf seinem Stuhl hin und her schaukelt. Selbst nachdem Professor Klant ihn des Öfteren verwarnt hat, schafft es Zac immer wieder, etwas Neues zu finden, womit er sich ablenken kann. "Die zweite Stunde, werden wir in unserem Übungsraum verbringen.", sagt der Professor nachdem er die erste Stunde beendet hat. Die Klasse folgt dem Professor in Richtung Übungsraum. Es ist der Raum, in dem Tyler gegen Emilia ein Unentschieden errungen hat. Emilia wirkt auf Tyler deutlich freundlicher als zuvor. Oft, wenn er zu ihr rüber sieht, scheint sie mit Cynthia zu scherzen, was jedes Mal ihre perfekten Zähne zum Vorschein bringt. Die praktische Übungsstunde beinhaltet, einen basischen Angriff durch ein kurzes konzentriertes Sammeln des Joud zu verstärken. Professor Klant klatscht in die Hände, daraufhin zucken kleine Blitze um seine rechte Hand. Er richtet die Spitze seines Zeigefingers auf eine Übungspuppe, die auf der anderen Hälfte des Trainingsplatzes steht. Mit einem Zischen schießen kleine gezuckte Blitze auf die Puppe zu. Der Bauch der Übungspuppe weist leicht verdunkelte Stellen auf, nachdem sie von den Blitzen getroffen wurde. „Das war ein ganz simpler Angriff, den ich sehr schnell ausführen kann. Er ist so normal, wie das Atmen. Jedoch lässt die Durchschlagskraft zu wünschen übrig. Solch ein Angriff eignet sich gut als Überraschung, doch er wird keinen großen Schaden anrichten. Wenn ihr euer Joud für einen kurzen Moment sammelt, schafft ihr es, einen solchen Angriff deutlich zu verstärken. Schaut her!" Der Professor fixiert die Übungspuppe. Er atmet tief durch. Blitze entstehen und zucken heftiger als zuvor. Der Professor hält seinen Zeigefinger erneut Richtung Puppe. Ein deutlich stärkerer Blitz trifft die Puppe und lässt sie in Flammen aufgehen. Tyler staunt, denn Professor Klant hat für den verstärkten Angriff nicht länger als ein paar Sekunden gebraucht. Er klatschte auch nicht in die Hände wie zuvor. Die Puppe zergeht in den Flammen. „Wer als erstes das Feuer löscht erhält zehn Extrapunkte!", fordert der Professor auf wie aus der Pistole geschossen. Nur einen kurzen Moment später bildet sich über der brennen Puppe ein bläulich leuchtender Kreis, aus dem Wasser, wie bei einem Wasserfall, auf die Puppe herab fällt und die Flammen löscht. Daraufhin schießen einige Wasserfontänen und Wasserkugeln, und andere auf Wasser basierende Magistrale Angriffe auf die Puppe, die jedoch nicht mehr brennt.

„Zehn extra Punkte für Emilia!", sagt Professor Klant. Tyler wirft ihr einen Blick zu. Emilia wirkt als wäre diese Aufgabe das Leichteste von der Welt gewesen, dabei war sie eindeutig diejenige, die am Schnellsten geschaltet hat. Nicht nur, dass sie schnell geschaltet hat, nein, sie hat auch einen effektiven Magistralen Zauber gebraucht. Manche von den anderen, haben nicht einmal das Ziel getroffen und brauchten viel zu lange.

„So, nun seid ihr dran, einen eurer basischen Angriffe zu verstärken. Zuerst habt ihr Zeit euch ein wenig mit der Aufgabe vertraut zu machen, anschließend wird jeder dasselbe an einer Übungspuppe veranschaulichen. Wer diese Aufgabe erfolgreich meistert, verdient sich weitere Punkte. Die Schüler verteilen sich auf dem Übungsplatz und fangen an, sich mit der Aufgabe vertraut zu machen. Viele Magistrale Zauber fliegen zischend und brachial durch den Raum. Nach nicht einmal fünf Minuten hat sich Emilia auf die Tribüne gesetzt und beobachtet das Geschehen. "Dieses Mädchen hat echt Nerven!", sagt Zac, der sich nicht weit von Tyler positioniert hat.  Er schaut ihn an und fragt ihn flüsternd, darauf bedacht, dass kein anderer zufällig lauscht: „Hey Tyler, kommst du denn klar?"

„Ich werde mir was einfallen lassen müssen.", antwortet er. Nach einigen weiteren Minuten setzt auch Zac sich auf die Tribüne ganz dicht an Emilia, die sich unbeeindruckt gibt. „Ich habe zwar etwa länger gebraucht als du, aber dennoch bin ich nicht weit weg von dir.", sagt Zac zu ihr, die jedoch nur eine Augenbraue hochzieht, was Zac wütend macht.

Nachdem die Zeit vorüber ist, lässt der Professor jeden Einzelnen vortreten und die gewollte Aufgabe von den jungen Magis demonstrieren, angefangen bei Emilia. Sie erledigt die Aufgabe in dem sie denselben Wasser basierenden Zauber benutzt, wie zuvor. Der Sturzbach, den sie entstehen lässt, nachdem sie ihr Joud gesammelt hat ist beeindruckend. Für den verstärken Angriff vergingen jedoch einige Sekunden länger, als der Professor benötigt hatte. Auch Zac meistert die Aufgabe mit Bravour. Sein verstärkter flammenzuckender Schwerthieb, verkohlt und schneidet die Übungspuppe im Nu. Zac brauchte ein paar Sekunden länger als Emilia um den verstärkten Angriff auszuführen. Einer nach dem anderen probiert sich an der Aufgabe. Nach Emilia und Zac folgen einige Fehlversuche, andere wiederum wie Cynthia und Ken schließen die Aufgabe erfolgreich ab.

Tyler ist als Letzter übrig und alle Blicke liegen auf ihm. Die gesamte Klasse hat schon auf der Tribüne Platz genommen. Professor Klant wirft Tyler einen fragenden Blick zu, den er mit einem Nicken erwidert. Tyler atmet einige Male tief durch. Dann geht er langsam auf die Puppe zu. „Was macht er da?", fragt Emilia

„Ehrlich gesagt - ich weiß es nicht.", antwortet Zac verwirrt.

Als Tyler dicht vor der Puppe steht, ballte er seine rechte Faust und und schlägt auf die Übungspuppe, die von dem Schlag lediglich kurz geschüttelt wird. Gemurmel und ein kurzes Gelächter entsteht unter den Schülern.

„Was macht der denn da überhaupt?", hört Zac einige Klassenkameraden hinter sich sprechen. Tyler atmet erneut tief durch und ballt seine Faust, die von einer bläulich leuchtenden Aura, ähnlich wie bei Emilias Wasserzauber umgeben ist. Er schlägt erneut zu und die Übungspuppe kracht mit einer hohen Geschwindigkeit an die gegenüberliegende Wand. Sie flog mindestens zehn Meter und Tyler brauchte für den verstärkten Angriff genau so lang wie Emilia, die von der Zeit her bis dahin die Schnellste gewesen ist. Das Gemurmel und Gelächter ist verstummt.