Aufrüsten
„Du wirst also gegen den jungen Vanbelt antreten müssen. Ein Ereignis, woran einiges hängt und eure Freundschaft auf eine massive Probe stellen wird", sagt Odin. Tyler ging nach der Schule direkt zur Bibliothek. Immer noch geschockt von der Tatsache seinem Freund gegenüberstehen zu müssen und auch noch zu gewinnen, liegt ihm schwer im Magen. Zac machte sich nachdem der Unterricht vorüber war, sofort auf den Weg nach Hause. Die Beiden waren wie gelähmt, sodass sie kein Wort miteinander wechselten. Wer konnte es den Beiden verübeln.
„Das wird es allerdings", erwidert Tyler, der wie ein Schluck Wasser in der Kurve auf einem Stuhl sitzt und sich die Schläfe massiert.
„Was sind deine Gedanken, was geht in dir vor, wie fühlst du dich?", fragt Odin und schaut ihn mit einem warmen Blick an.
„Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Ich hätte nie damit gerechnet, dass ich von allen ausgerechnet gegen Zac antreten muss. Ich hatte befürchtet es würde wieder Emilia sein, das wäre mir sicherlich leichter gefallen, aber gegen Zac ...", Tyler starrt in die Luft hinein. „Wie Sie sagten, es hängt so vieles dran. Ich muss gewinnen, um noch eine Chance zu haben unter die besten Fünf zu rutschen, und auch nur dann, wenn die anderen Kämpfe auch zu meinen Gunsten ausgehen werden. Zac muss auch gewinnen, um kein böses Erwachen zu erleben. Und ich weiß ...", sagt Tyler der dabei wie ein Lehrer gestikuliert.
„Du weißt was?", hakt Odin nach. Tyler stößt einen Seufzer aus, rutscht auf seinem Stuhl hin und her.
„Ich weiß, wie viel ihm alles bedeutet. Das große Turnier, der Zweikampf mit Damian Vandark, das Aufeinandertreffen mit der Generation der Wunder ...", erklärt er. Odin sieht ihn weiterhin mit einem sanften Blick, was Tyler jedoch nicht mitbekommt, da er woanders hinstarrt. In seinem Kopf rattern die Gedanken, wie bei einem Feuerwerk. Sein Blick wandert wieder zu einem anderen imaginären Fixpunkt in der Luft. „Vielleicht sollte ich einfach nicht antreten", sagt er. „Ich mein...ihm liegt viel mehr dran als mir", hängt er an.
„Dies mag richtig sein, glaubst du jedoch der junge Vanbelt würde es gut heißen? Glaubst du er würde es auf diese Weise wollen?"
Tyler blickt Odin in die Augen. Es kommt ihm so vor, als ob der Oberbuchmeister selbst schon einmal in solch einer Situation gewesen ist. In ihm kommen Momente hoch, die er zusammen mit Zac erlebt hat. Tyler muss dezent lachen und streicht sich durch sein kurzes dunkles Haar. Er kommt zu dem Schluss, dass Zac es niemals gut heißen würde, wenn Tyler nicht antreten, oder den Kampf nicht ernst nehmen würde. Zudem, sofern ihre Freundschaft echt ist, dann wird sie aus diesem Aufeinandertreffen stärker hervorgehen.
„Ich denke er würde es wollen wenn ich alles gebe", sagt er. Odin schenkt Tyler sein berüchtigtes Schmunzeln. „Aber beantworte mir doch bitte eine Frage: Wieso liegt dir im Vergleich zum jungen Vanbelt weniger am Turnier?", fragt er, „Ich habe die Dinge vorhin bereits aufgezählt..."
„Ich meinte, wieso dir weniger daran liegt?", unterbricht ihn Odin. Tyler schweigt einen kurzen Moment mit einem starren Blick.
„Für mich ist nicht das größte Ziel, die Himala beim großen Schulturnier zu bezwingen. Natürlich wäre das eine erfreuliche Sache, es ist verlockend, da man ja direkt in den Stand eines Magista erhoben wird, wenn man im Auswahlteam ist, aber es ist nicht meine Priorität", erklärt er.
„Wo liegt deine Priorität?", bohrt Odin weiter.
Erneut verharrt Tyler eine kurze Zeit in Gedanken bevor er antwortet: „Sie wissen es bereits", sagt er. Ein bekanntes Gefühl überkommt den Oberbuchmeister. Wieder ist es so als ob Tyler jemand ganz anderes ist. Jemand, der seine Maske für einen kurzen Moment erneut hat fallen lassen. Um mehr darüber heraus zu bekommen bohrt Odin weiter. „Was lässt dich, der zum jetzigen Zeitpunkt ein eher durschnitlilcher Magi ist wahrhaftig glauben in der Lage zu sein, den Schwarzgeflügelten zu töten?"
„Ich weiß, ich mag jetzt über keinen Zauber verfügen, der mein Ziel in irgend einer Weise realistisch dastehen lässt. Aber ich weiß es einfach. Eines Tages werde ich den Drachen töten", sagt Tyler und ballt eine Faust.
Odin blickt Tyler an und sein anfängliches Gefühl hat sich mit Tylers Aussage nicht verflüchtigt, sondern es bestärkt. Es gibt etwas das Tyler mit Sicherheit zurück hält. Und wenn sein instinktiver Kompass auch diesmal die richtige Richtung zeigt, dann wird dies nicht mehr lange dauern, bis es ans Licht kommt.
„Nun gut, der Drache hat ja noch Zeit. Erst einmal solltest du dir eine Strategie zurechtlegen, wie du am Besten gegen den jungen Vanbelt bestehen kannst. Was nicht einfach wird", stellt der Oberbuchmeister fest und will damit das Thema wechseln. Tyler hält sich das Kinn. „Er ist stark, sehr stark sogar. Er ist genial im Nahkampf und durch seine zwei Schwerter, hat er auch eine gewisse Reichweite, die es erschwert an ihn heran zukommen", sagt er.
„Die Vanbelts sind bekannt für ihre Schwertkampfkunst. Alleine dafür solltest du einen angemessenen Schutz haben. Ein Schwerthieb gespeist mit Joud kann sehr gefährlich werden."
„Das wäre auf sicherlich vorteilhaft, sonst schneidet er mich binnen kurzer Zeit in dünne Scheiben.", Tyler wandert durch das Zimmer des Oberbuchmeisters und tippt mit seinem Finger auf sein Kinn.
„Hast du schonmal mit einem Schild gekämpft?"
„Nein, noch nie. Und zudem wie soll das aussehen, nur einen Schild zu tragen und kein Schwert."
„Da muss ich dir recht geben. Jedoch musst du definitiv deinen Schutz erhöhen, um seine Hiebe parieren können, sonst wirst du keine Chance haben anzugreifen. Wie wäre es mit einer Rüstung?"
Tyler schaut Odin überrascht an. An eine Rüstung hatte er nicht gedacht. Hilfsmittel, wie Waffen, oder Rüstungen waren im Wettkampf erlaubt. „Eine komplette Rüstung wird zu schwer sein, ich werde mich nicht schnell genug bewegen können", antwortet Tyler und streichelt seinen Hinterkopf.
„Das heißt wir brauchen einen Schutz, der dich in deinen Bewegungen nicht einschränkt."
„Das wäre optimal, aber gibt es sowas überhaupt."
„Ich denke Armplatten wären für dich geeignet", schlägt Odin vor.
„Was genau ist das?"
„Es sind metallene Platten, die nur deine Arme bedecken, oder sagen wir eher deine Unterarme. Stell dir metallene Handschuhe vor, die bis zu deinem Ellenbogen reichen."
„Und damit könnte ich seine Hiebe parieren, aber sie würden auch durch das bestehende Gewicht meine Schläge verstärken", sagt Tyler als wären ihm Schuppen von den Augen gefallen.
„Exakt. Ich denke das wird für dich passend sein und deine Wahrscheinlichkeit auf einem Sieg erhöhen."
„Wo bekomme ich solche denn her?"
„Wir haben keine passenden da, aber wir können versuchen welche von einer alten Rüstung herzustellen."
„Wie soll das denn gehen?", fragt Tyler
„Lass dich überraschen."
Tyler, Odin und Jorkin befinden sich im Trainingsraum unterhalb der Bibliothek. Vor ihnen liegt eine alte, silberne Ganzkörperrüstung auf dem Boden.
„Was sollen wir damit?", fragt Tyler.
„Warte es ab", antwortet Odin. Buchmeister Jorkin lässt seine dunkel leuchtende Energiemasse entstehen. In seiner Hand formt sie sich in einem Augenblick zu einem dunklen Schwert. Er trennt die Arme der Rüstung mit seinem Schwert ab. „Zieh sie mal an", weist ihn Odin Tyler an.
Tyler blickt verwirrt. „Die passen mir doch nicht."
„Wir werden sie passend machen", antwortet Odin. Tyler blickt nicht durch, worauf der Oberbuchmeister aus ist, aber er wird wissen was er tut. Tyler zieht einen Rüstungsarm an. Er ist viel zu schwer und zu klobig. Außerdem droht sein Arm ständig rauszurutschen, wenn er ihn normal hängen lässt. Jorkin kommt auf ihn zu. So nah ist er Tyler noch nie gewesen, was ein komisches Gefühl in ihm auslöst. Buchmeister Jorkin legt seine Hand auf den Rüstungsarm. Dunkles Leuchten, das aussieht als würden schwarze Blitze unter seine Hand hinaus zucken. Das Leuchten wird stärker und die Rüstung fängt an sich zu verformen. Das alte Metall zieht sich klappernd zusammen bis es eng an Tyler Unterarm anliegt. Tyler staunt nicht schlecht, als Jorkin seine Hand weg nimmt. Sein Arm ist bis zum Ellenbogen mit der angepassten Rüstung bedeckt. Tyler hält seinen Arm hoch in die Luft, ballt hin und wieder seine Faust, schwingt ihn herum und nichts verrutscht. Es sitzt, als wäre es wie für ihn bestellt. „Wie haben sie das gemacht?", fragt er.
„Buchmeister Jorkin ist in der Lage, Dinge mit seiner Energiemasse zu speisen und diese dann ebenfalls zu verformen. Alles, was mit seiner Energiemasse verbunden ist, kann er manipulieren. Genau das hat er gerade getan", antwortet Odin an Jorkins Stelle.
„Echt genial", sagt Tyler der immer noch seinen gerüsteten Arm anschaut. Jorkin macht genau dasselbe mit dem anderen Arm und verpasste ihm dadurch einen beidseitigen Schutz. Tyler versucht auch, die Unterarmrüstungen auszuziehen, was ohne Probleme klappt. Sie sind eng, aber nicht zu eng, um sie wieder loszuwerden. Er stößt seine beiden Arme mehrmals aneinander was ein klapperndes Geräusch verursacht.
„Die werden auch halten?", fragt er und blickt zu Jorkin.
„Das werden wir jetzt herausfinden", antwortet er, der zu Odin blick und der wiederum nur nickt. Er formt in seiner Hand erneut seine runde, dunkel leuchtende Energiemasse und formt sie erneut zu einem Schwert. In der anderen Hand macht er genau dasselbe. Jorkin steht nun mit zwei dunkel leuchtenden Energieschwertern vor ihm. Dieser Anblick erinnert ihn sofort an Zac.
„Dein Training wird nun sein, gegen zwei Schwerter zu bestehen", sagt Odin.
In diesem Moment stürmt Jorkin auf Tyler zu.
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