Soogyu
"Hay Soobin!", ruft Beomgyu, winkt dem älteren breit grinsend zu.
Dieser sieht von seinem Buch hoch, schenkt dem rothaarigen ein schwaches lächeln.
"Wieso redest du überhaupt noch mit ihm? Ich meine er antwortet dir doch eh nie.", fragt Jeongin, sein bester Freund verwirrt.
"Und? Er hört mir trotzdem zu, wenn ich rede. Im Gegensatz zu manch anderen. Dazu mag ich seine Nähe. Sie ist entspannend und absolut beruhigend."
"Wenn du das sagst.."
Jeongin versteht seinen besten Freund nicht, aber ehrlich gesagt, dass er das eh noch nie.
Er hat den Idioten noch nie verstanden.
Aber wenn er den stummen aus der zwölften Klasse mag, dann ist es eben so.
Hinterfragen wird es Jeongin nicht.
Beomgyu lächelt vor sich hin, sieht dem älteren dabei zu, wie er sich wieder hinter seinem Buch versteckt.
So gerne würde er Soobin reden hören, doch hat das noch niemand.
Dabei ist er gar nicht wirklich stumm. Er soll anscheinend irgendwann einfach mit reden aufgehört haben.
So als hätte ihm etwas so starke Angst gemacht, dass er vor Schock mit reden aufgehört hat.
"Ich gehe zu Soobin...wir sehen uns in Mathe."
Schon lässt er Jeongin alleine stehen, geht zu dem blauhaarigen, setzt sich neben diesen auf dem Boden.
Ohne aufzusehen weiß Soobin genau, wer neben ihm sitzt.
Seit fast einem Jahr wird er immer Mal wieder von dem hyperaktiven Choi Beomgyu aufgesucht. Bekommt die Aufmerksamkeit von diesem obwohl er selbst nicht weiß wieso.
Eigentlich ist er meistens unsichtbar, aber irgendwie hat Choi Beomgyu ihn doch gesehen und interessiert sich für ihn.
Warum auch immer...
Er ist doch nichts und reden tut er auch nicht.
Warum also ist Beomgyu so fasziniert von ihm?
Weil er nicht redet?
Wahrscheinlich...
Seufzend sieht er von seinem Buch auf, blickt den rothaarigen an.
Der jüngere ist niedlich und er hört diesem auch unendlich gerne zu. Nur ist er ihm einfach oft zu extrovertiert und hyperaktiv.
Eigentlich mag er solche Menschen absolut nicht.
Er selbst ist einfach nur introvertiert.
Oft mag er nicht einmal in die Schule gehen, weil er keine Menschen ertragen kann, doch zwingt er sich dazu.
Sonst endet es wieder wie vor zwei Jahren und seine Sozialphobie ist so schlimm, dass er sich nicht mal mehr traut die Post rein zu holen.
Seine Eltern sind schon absolut überfordert mit ihm.
Immer wieder redet seine Mom davon wie er früher Mal gewesen ist.
Wie glücklich er gewesen ist. Wie viel er gesprochen und gekuschelt hatte.
Doch von einem Tag auf dem nächsten wurde er anders, hat aufgehört zu reden und sich immer und immer mehr zurück gezogen, bis daraus eine absolute Angst wurde.
Selbst jetzt hat er immer noch absolute Probleme mit seinen Phobien.
Gerne würde er wieder reden, doch hat er Angst. Angst davor wieder zu reden.
Er hatte etwas gesehen, was er niemals hätte sehen wollen, wurde deswegen fast zu Tode verprügelt und seid dem hat er panische Angst davor zu reden.
Überall hört er immer noch die Stimmen von den Leuten, welche ihn verprügelt haben.
Obwohl es keinen Sinn ergibt, schließlich ist er umgezogen.
Er kann diese Leute gar nicht mehr wieder sehen, doch ist er paranoid und hat jeden einzelnen Tag Angst.
Beomgyu redet mit ihm, doch ist Soobin so sehr in Gedanken versunken, in der Vergangenheit versunken, blendet alles gegenwärtige aus.
Vor seinen Augen sieht er den Abend wieder vor sich, spürt den Schmerz am ganzen Körper, dazu die Angst.
"-bin..Soobin!"
Erschrocken kommt er zurück ins hier und jetzt, sieht zu dem rothaarigen.
"Hay..."
Beomgyu legt seine Hand sanft auf die Wange von dem älteren, streicht ihm die Tränen weg.
"Es ist alles gut, Hyung. Du bist in Sicherheit.."
Soobin schüttelt den Kopf, will fliehen, doch hält Beomgyu ihn fest, zieht ihn fest in eine Umarmung.
Der ältere klammert sich an ihm, weint sich stumm die Seele aus dem Leib.
Der rothaarige hält ihn einfach nur fest. Gibt ihm den Halt den der ältere gerade braucht.
Keine Ahnung was mit diesem los ist, doch so sehr Beomgyu es auch wissen möchte, hält er ausnahmsweise den Mund.
"Geht's?", fragt er, als Soobin von ihm ab lässt, ihn verweint an sieht.
Sein Gesicht ist rot und geschwollen vom weinen. Dazu hat er jetzt Kopfschmerzen und ist absolut müde.
Doch nickt er nur, nimmt seine Sachen und verschwindet mit dem Klingelzeichen aus der Cafeteria, lässt Beomgyu verwirrt, neugierig und ratlos zurück.
Doch steht er dann auch auf, nimmt seine Tasche und geht in den nächsten Unterricht.
Doch ausnahmsweise ist er absolut ruhig, schaut gedankenverloren aus dem Fenster, was jeden in seiner Klasse verwundert.
Jeongin ist sogar besorgt um seinen besten Freund.
Und das kommt nun nicht wirklich oft vor.
"Ist alles okay?", fragt er, bekommt jedoch keine Antwort.
Anscheinend hat der rothaarige ihn nicht einmal gehört.
Zu sehr überlegt er was mit Soobin ist, ob es ihm gut geht?
Ist er in den Unterricht gegangen oder nach Hause?
Hoffentlich nach Hause...so sollte der blauhaarige kein Unterricht mehr machen.
Nur zu gerne würde er diesen verstehen können.
Ihm helfen können.
Er hat ein ausgeprägtes Helfersyndrom, möchte jedem helfen und glücklich sehen.
Deswegen tut es ihm so weh, Soobin so zu sehen.
Er mag ihn.
Sehr sogar.
Mag bescheuert klingen, weil er nicht viel über den älteren weiß, doch weiß er, dass der Viermonate ältere ein gutes Herz hat und dieser auch viele Ängste haben muss.
Sehr viele sogar.
"Soobin!"
Beomgyu rennt zu dem blauhaarigen, welcher, obwohl er es eigentlich nicht wollte, stehen geblieben ist, den rothaarigen ansieht.
Eigentlich wollte er diesem nie wieder ins Gesicht blicken.
Dafür schämt er sich für seinen Ausbruch vor ein paar Tagen viel zu sehr.
Noch nie ist er in der Schule in Tränen ausgebrochen.
"Hay Hyung.", lächelt Beomgyu.
"Darf ich dich nach Hause begleiten?"
Ein nein würde der rothaarige so oder so nicht akzeptieren, weshalb er einfach nur nickt, weiter läuft.
"Geht's dir besser, Hyung?"
Darauf bekommt Beomgyu auch nur wieder ein nicken.
"Bist du dir sicher, Hyung? Hör zu, mir ist es egal ob du redest oder nicht. Ich möchte trotzdem, dass du ehrlich zu mir bist. Schreib es mir oder mach irgendwelche Zeichen...aber sei ehrlich."
Soobin dreht seinen Kopf zu Beomgyu, beißt sich fest auf die Unterlippe.
"Also...geht's dir besser?"
Der blauhaarige schüttelt den Kopf, sieht auf dem Boden.
"Weißt du was einen glücklich macht? Süßigkeiten."
Beomgyu hält ihm welche hin, grinst ihn an.
"Ich habe immer Süßigkeiten in meinen Jacken und in meinen Taschen. Ich bin absolut verrückt nach diesen Sachen."
Das würde auch die Hyperaktivität erklären, denkt Soobin sich, lächelt schwach.
"Möchtest du welche? Sie machen einen glücklich. Jedenfalls für einen kurzen Moment. Muss am Zucker liegen."
Soobin nimmt eine der kleinen Tüten, öffnet diese und fängt an zu essen.
"Schmeckts?"
Soobin nickt nur, läuft weiter.
Dicht gefolgt vom rothaarigen.
Auch wenn er es nicht zugeben möchte, er genießt die Nähe des rothaarigen, dass lässt ihn entspannen und tatsächlich macht es ihn auch ein wenig glücklich.
Vor seiner Haustür bleibt er stehen, sieht zu Beomgyu.
"Dann gehe ich Mal..wir sehen uns am Montag."
Der rothaarige grinst ihn an, geht kurz in die Hocke um Soobins Katze zu kraulen.
"Hay du süße Maus..wie heißt du denn?"
Soobin lächelt etwas, beobachtet die beiden.
Beomgyu steht wieder auf, winkt dem älteren zu, eh er selbst nach Hause geht.
"Hay Hyung!"
Soobin zuckt etwas zusammen, sieht zu dem jüngeren, welcher sich neben ihn auf die Bank setzt, ihm eine Tüte Gummibärchen reicht.
Lächelnd nimmt Soobin diese, öffnet sie und fängt an zu essen.
"Also...Was hälst du davon, wenn wir beide gleich auf die Kirmes gehen?"
Sofort schüttelt Soobin den Kopf. Das sind ihm einfach viel zu viele Menschen. Das kann er nicht händeln.
Noch nicht.
"Also nicht, okay. Bibliothek? Du scheinst gerne zu lesen und dort sind kaum Menschen...und ich darf nicht reden."
Leise lacht Soobin, lässt Beomgyu überrascht wirken.
Doch er selbst ist am überraschesten.
Ewig hatte er nicht mehr gelacht.
"Wow...Dein lachen klingt so schön."
Soobin beißt sich auf die Innenwange, wird ein wenig rot.
"Also... Bibliothek?"
Der ältere nickt nur, folgt dem extrovertierten, dann zur Stadtbibliothek.
"Weißt du, Hyung. Manchmal würde ich gerne deine Stimme hören, obwohl es mir eigentlich egal ist. Ich mag dich so oder so...oder jedenfalls wissen was dich dazu gebracht hat so zu werden wie du jetzt bist...aber gleichzeitig ist es mir auch egal. Gott...verstehst du das überhaupt?"
Soobin nickt, öffnet die Tür der Bibliothek um Beomgyu den Vortritt zu lassen.
"Danke.", nuschelt der vier Monate jüngere, geht rein.
Soobin lächelt sanft, folgt ihm dann.
"Also gut...Ich geh zu den Mangas..in zehn Minuten bei der Bank dahinten?"
Soobin nickt, sieht ihm nach, eh er selbst zu seiner Lieblingsabteilung geht.
Der alt griechischen Literatur.
"Okay...jetzt mal ehrlich. Verstehst du davon überhaupt ein Wort?"
Soobin sieht von seinem Buch auf, direkt in Beomgyus Gesicht, nickt dann.
"Wow...Ich versteh da absolut nichts. Ist das griechisch?"
Soobin schüttelt den Kopf.
"Italienisch?"
Soobin zieht eine Augenbraue hoch, schüttelt dann wieder den Kopf.
"Koreanisch, japanisch und chinesisch sind es nicht. Das könnte ich lesen.."
Der blauhaarige schmunzelt ein wenig.
"Sagst du mir welche Sprache es ist?"
Soobin schüttelt wieder nur mit dem Kopf, diesmal jedoch grinsend.
Beomgyu sieht so süß aus...
So unendlich süß.
"Du bist fies."
Soobin jedoch grinst nur, widmet sich dann wieder seinem Buch.
"Ich mag dich, Hyung."
Beomgyu drückt ihm ein Kuss auf die Wange.
Soobin zuckt etwas zusammen, überfordert mit der Aussage und dem Kuss auf der Wange.
War das ernst gemeint?
Wenn ja..
Freundschaftlich oder im romantischen Sinne?
Es überfordert ihn.
Und zwar so richtig.
Und genau aus diesem Grund verschwindet er ruckartig aus der Bibliothek, lässt Beomgyu absolut verwirrt zurück.
Er kann das nicht.
Er kann niemanden vertrauen..und so toll Beomgyu auch ist.
Er, Choi Soobin, kann es einfach nicht.
"Es tut mir leid Beomgyu...so ist es das beste.."
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