Twentysixth Chapter
Jimin POV
Nachdem ich mich einigermaßen wieder beruhigt hatte und meine Tränen nachließen, löste ich mich aus Jungkooks Umarmung. Weiterhin besorgt sah er mich an und ich wollte ihm am liebsten sofort alles von meinen Eltern und den Geschehnissen der letzten Tage erzählen, aber dann wurde mir klar, dass es hier, mitten auf dem Gehweg wohl etwas unpassend war.
Jungkook deutete meinen Blick sofort richtig, denn er sagte leise: „Komm, wir gehen zu mir. Dann kannst Du mir alles erzählen."
Mit einem letzten Schniefen nickte ich. „Okay."
Wie selbstverständlich nahm er meine Hand und wir liefen in die entgegengesetzte Richtung, aus der ich gekommen war. Hinein in den anderen Teil der Stadt.
Die ersten paar Minuten vergingen schweigend, irgendwann fragte ich: „Wie war Dein Tag heute?"
„Bis jetzt ist nichts sonderlich Spannendes passiert, außer dass Jin und Namjoon heute Morgen darüber gestritten haben, wer von uns als letztes unser gemeinsam bestelltes Essen bezahlt hat."
Trotz der angespannten Situation musste ich ein wenig lächeln. Ich wusste, dass er mich aufmuntern wollte und es gelang ihm auch ein bisschen. „Und,", fragte ich, „wer von den beiden war es?"
„Das ist das lustige an der Sache, ich habe das letzte Mal bezahlt.", grinste Jungkook. „Also theoretisch müssten sie sich nicht darüber streiten, wer zuletzt bezahlt hat, sondern wer von den beiden als nächstes bezahlen soll."
„Sind sie denn auf einen grünen Zweig gekommen?", fragte ich. Wir bogen in die nächste Straße; ich konnte Jungkooks Wohnhaus schon von hier aus sehen.
Er nickte. „Klar, zur Mittagspause war die ganze Sache schon wieder vergessen. Spätestens bei unserem nächsten Filmabend wird die Diskussion erneut ausarten."
„Ich würde die beiden gerne mal kennenlernen.", sagte ich unbedacht. Shit. Das passte gerade überhaupt nicht.
Aber diesmal schien Jungkook gar nicht zu merken, dass mir meine Aussage plötzlich so herausgerutscht war, denn er antwortete einfach mit einem „Ja, bestimmt können wir mal einen Filmabend zusammen verbringen."
„Ja. Das wäre schön.", gab ich leise zurück und er übte danach einen leichten Druck auf meine Hand aus, die er immer noch fest umschlossen hielt.
„Egal, was passiert ist, Jimin, wir finden einen Weg.", sagte er und bei seinem ernsten Tonfall bildete sich schon wieder ein unangenehmer Kloß in meinem Hals. Die Worte meiner Mutter hallten in meinem Kopf wider: Nicht nur Dein Dad und ich, Jimin. Du wirst mitkommen.
„Ja..."
Wir erreichten Jungkooks Haus und ich wollte gerade seine Hand loslassen, damit er seinen Schlüssel aus der Tasche nehmen konnte, aber er hielt sie weiterhin fest. Dann zog er mit der anderen -seiner freien- Hand den Schlüssel hervor. Er schenkte mir ein sanftes Lächeln und ich fragte mich unwillkürlich, wie es wohl wäre, wenn ich Jungkook vor ein paar Wochen nicht am Café angesprochen hätte.
Dann würdest immer noch Deine Tage mit Lernen und gelegentlichen Treffen bei Tae verbringen, murmelte meine innere Stimme.
„Komm, Jiminie.", riss Jungkook mich aus meiner Grübelei und hielt mir die Haustür auf. Wir bewältigten Stufe um Stufe, aber inzwischen hatte ich mich an das Treppensteigen gewöhnt, auch wenn ich noch nicht allzu oft hier gewesen war.
Oben ankommen schloss er auf und ließ mich auch dieses Mal vorangehen. Sofort umgab mich der Geruch von Jungkooks Wohnung, ich musste sämtliche Kraft aufbringen, um nicht schon wieder weinen zu müssen. Aber das gestaltete sich schwierig, denn ich wusste, dass ich hier meine Freiheit hatte; eine Freiheit, die ich in meinem richtigen Zuhause nicht hatte.
Mach Dir nicht so viele Gedanken, Jimin. Jeder hat mal Streit mit seinen Eltern... Früher oder später werden sie akzeptieren müssen, dass Du erwachsen bist. Sie können Dich nicht ewig im Haus einsperren.
Ich ließ fast schon automatisch meinen Schulsacksack in die Ecke gleiten, Jungkooks folgte direkt hinterher. Dann ging er in sein Schlafzimmer und bedeutete mir mit einer stummen Geste, ihm zu folgen.
Er öffnete das Fenster und zog den Vorhang zurück, der nun von einer sanften Briese immer wieder aufgewirbelt wurde. Es war perfekt. Nur die Situation, in der ich mich befand, war es nicht.
Jungkook setzte sich im Schneidersitz auf sein Bett und klopfte auf den freien Platz vor sich. „Also, was ist los?"
Ich setzte mich zu ihm und nach einigen stockenden Versuchen sprudelte einfach alles aus mir heraus. Ich erzählte, wie meine Eltern von der geplanten Brasilien-Reise gesprochen hatten, weil sie ein weiteres Hotel unserer Kette dort eröffnen wollten und ich zuerst der Annahme gewesen war, dass sie alleine fliegen würden. Dass ich mich schon gefreut hatte, zwei Wochen für mich haben zu können. Als ich zu der Stelle kam, wo meine Mum mich korrigiert hatte, dass wir zu dritt hinfliegen würden und das mit dem Schulunterricht geregelt sei, wurde meine Stimme wieder brüchig.
„Das ist furchtbar, Jungkook... Sie haben einfach meine Lehrer davon in Kenntnis gesetzt, ohne mir überhaupt eine Wahl zu lassen."
Er nickte. „Und dann?"
„Dann bin ich mehr oder weniger ausgeflippt und habe ihnen deutlich gemacht, dass ich nicht mitfliegen möchte. Aber das hat sie nicht mal gekümmert, beide haben nicht nachgegeben. Und irgendwie habe ich dann gesagt, dass sie kaum noch Zeit haben, und sich nur noch auf die Arbeit fokussieren... und warum zur Hölle sie solchen Aufwand betreiben, um mir möglichst wenig Freiraum zu geben."
„Konnten sie Dir darauf eine Antwort geben?"
Ich schüttelte den Kopf. „Konnten sie nicht. Sie haben meine Fragen in dieser Hinsicht einfach übergangen, außer dass meine Mutter gesagt hat, ich würde es nicht verstehen. Und dann haben sie erneut betont, dass ich ohne Widerrede mitfliegen werde." Wie auch bei dem Streit wurde meine Stimme zum Ende hin lauter. Ich bemerkte es und murmelte ein leises „Sorry, ich..."
„Ist schon okay.", unterbrach mich Jungkook vorsichtig. „Und dann bist Du in Dein Zimmer, oder habt ihr noch weiter diskutiert?"
„Nein, das wars dann, ich habe nur nochmal wiederholt, dass ich definitiv nicht mitfliegen werde. Ich weiß zwar nicht, wie ich das anstellen soll... denn ich habe für den Rest des Wochenendes mein Zimmer nicht verlassen. Erst gestern früh, als ich zum Frühstück runter bin, waren wir wieder zusammen in einem Raum. Meine Mutter wollte mit mir reden, und ich habe sie gefragt, ob sie mir sagen will, dass ich nicht mitfliege, aber das hat sie auch diesmal wieder verneint."
Jungkook seufzte schwer. „Jimin... warum hast Du mir denn nichts erzählt...? Heute ist Dienstag, und Du hast es die ganze Zeit mit Dir rumgeschleppt.", sagte er wieder mit ernster Stimme.
„Ich weiß... ich wollte Dir auch schreiben, aber-"
„Wann?", unterbrach er mich, diesmal etwas bestimmter.
„Am Samstagabend...", gab ich zu und mied seinen Blick.
Fuck... hoffentlich war er deswegen nicht sauer...
„Jimin, ich dachte... naja, egal-"
„Es tut mir leid, Jungkook!", brach es aus mir heraus.
„Schon in Ordnung, ich wollte nur sagen, dass-"
„Nein, wirklich, Jungkook. Es tut mir leid, aber ich wollte Dir nicht unnötig zur Last fallen. Außerdem wusste ich, dass Du ja auf Arbeit warst... und der Nachmittag war so schön, auch wenn wir ihn in gewisser Weise verpasst haben. Es ist mir sowieso schon so schwergefallen, Dich unten am Tor gehen zu lassen..."
Ohne es zu wollen, brannten Tränen in meinen Augen, die mir teilweise die Sicht verschwimmen ließen.
Shit...
„Jimin, Du hörst mir jetzt zu.", Jungkook nahm meine Hände. „Du wirst mir niemals zur Last fallen, egal was ist, okay?"
Stumm nickte ich. Meine Kehle war wie zugeschnürt.
„Gut. Dann lass uns überlegen, wie wir Deine Eltern davon überzeugen können, dass Du hierbleiben kannst. Ein letzter Versuch, sie mit einem Gespräch überzeugen; diese Chance haben sie noch. Wenn sie dann immer noch nein sagen, dann habe ich da schon einen Plan..." er wirkte entschlossen und mein Herz begann wild in meiner Brust zu schlagen.
„Jungkook?"
„Mh?"
„Bitte küss mich."
Ohne nachzudenken lehnte ich mich zu ihm vor. Und Jungkook zögerte keine Sekunde. Der Kuss war stürmisch und verlangend, er küsste meine Tränen weg und presste mich fest an sich. Er war mein Halt und ich brauchte ihn. Je intensiver der Kuss wurde, desto weniger dachte ich über meine Eltern nach.
Und irgendwann war auch die Traurigkeit weg und einer Entschlossenheit gewichen.
-
-
Drei Tage später
„Bist Du soweit?", fragte Tae durchs Telefon und klang so aufgeregt, wie ich mich fühlte.
„Ja.", flüsterte ich und prüfte, ob der Gang vor meinem Zimmer tatsächlich leer war.
„Dann los!", flüsterte Tae.
Hastig schnappte ich mir meinen Rucksack und stopfte ein paar Shirts, Unterwäsche und mein Zahnputzzeug hinein. Dann noch mein Ladekabel, meine Schulunterlagen und zuletzt mein Portmonee. Mein Herz raste, aber ich würde das hier durchziehen.
Denn mit zum Flughafen würde ich noch kommen. Zu dritt würden meine Eltern und ich die Passkontrolle durchlaufen. Aber sie würden ohne mich im Flugzeug in die Luft abheben und nur zu zweit den Weg nach Brasilien auf sich nehmen.
Der Plan stand fest.
~
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