Talente
POV. Spencer
Schule war die Hölle - für die neue, die gerade ihre Haare zurück strich, für meine kleine Schwester, die gerade mal vier Tage die erste Klasse besuchte, für Mike, der viel lieber an seinem Auto bauen würde und für mich natürlich auch. Trotzdem quälten wir uns alle durch diese Hölle, damit wir später keine Versager werden würden - Zitat meiner Eltern. Auf jeden fall versuchte ich es wenigstens, auch wenn ich meine Probleme hier und da hatte. Wer hatte diese nicht?
"Vier Tage Schule und direkt wieder Motivation am Existenzminimum", meinte Mike, mein bester Freund und schüttelte verständnislos den Kopf," brauchen wir sowas überhaupt?" "Manche schon", antwortete ich und nahm meinen Laptop aus dem Schließfach. "Nein", stellte er in den Raum," ich brauche keine Bionomischen Formeln, irgendwelche komischen Texte zu analysieren ist auch überflüssig und wozu muss ich wissen was während der Französischen Revolution passiert ist?" "Mike, so ist das Leben", wies ich ihn drauf hin. "Langweilig", stöhnte er auf und schüttelte grinsend den Kopf," gänzlich überflüssig!" "Nicht jeder hat schon seine ganze Zukunft perfekt ausgestellt", sagte ich ihm. "Ach Spenci", erwiderte er gut gelaunt und schüttelte den Kopf," ich dachte du wolltest im Zoo arbeiten, weil du Tiere so magst?" "Ja, aber kennst ja meine Eltern", antwortete ich bedrückt. "Vergiss die im Mittelalter steckengebliebenen mal für einen Moment", erwiderte positiv überzeugt," zieh dein Ding durch. Meinen Eltern macht es immerhin auch nicht's aus, dass ich eine eigene Werkstatt eröffnen will."
In mir keimte wieder ein kleiner Funken Eifersucht auf, weil es mich störte, dass seine Eltern ihn so unterstützten, egal was er machte. Er bekam eine Fünf in Englisch - ist okay, beim nächsteb Mal wird's besser! Wenn ich eine Fünf bekam gab es nur eine Reaktion, die ich immer und immer wieder bekam - Spencer, du bist auch wirklich für nicht's zu gebrauchen! Du wirst niemals Jura oder Medizin studieren können, wenn du so weiter machst! Es störte mich wirklich, dass sie mich nicht einfach unterstützten. Mein Vater war Arzt, weswegen meine Mutter genau dies auch für mich wollte - während sie als Lehrerin kleine Kinder quälte. Gut, dass sie Grundschullehrerin war.
"Deine Eltern sind ja auch nicht meine", erklärte ich ihm ein weiteres Mal, aber es war wie immer erfolglos. Er verstand es nicht, dass ich es ihnen nicht erklären konnte, weil es sie einfach nicht interessierte.
"Hallo!", sagte die Freundin des Schwedens und fiel genau diesem um den Hals. "Hey, Nellie", flöttete er grinsend und presste seine Lippen auf ihre. Happy zwei Jahre Single Leben während dein bester Freund eine Beziehung führte. "Hey, Spencer", begrüßte sie mich mit einer Umarmung, die ich erwiderte," mein Bruder ist so ein anstrengendes Packet, echt nicht mehr zum Aushalten!" "Hat er wieder deinen Kleiderschrank zerlegt?", fragte ich, wodrauf sie mit einem nicken antwortete. "Schrecklich dieser kleine Junge", nuschelte sie verständnislos. "Ist halt mit Bonnie in einer Klasse", meinte Mike und zuckte mit den Schultern. "Meine Schwester nimmt keine Schränke außeinander", verteidigte ich die älteste meiner beiden kleinen Schwestern. Bonnie war gerade mal sechs und ihre kleine Schwester Selena zwei Jahre alt. Die beiden hatten sie ich mein Herz gequängelt. "Der große Bruder kommt wieder druch", scherzte Nellie und griff nach Mikes Hand. "Lasst uns mal zum Unterricht gehen", beschloss Mike und nickend folgte ich ihm.
Deutsch war nie meine Stärke, was einfach an dem mangelnden Verständnis daran lag. Um ehrlich zu sein war es mir auch ziemlich egal. Mike ging vollkommen im Thema Sprachen auf, was man eigentlich gar nicht von ihm erwarten würde, weil er eher der Typ des Technischens war. Eigentlich sollte man meinen, dass er so Fächer wie Physik, Mathe vielleicht noch Chemie mögen würde, aber da würde jeder falsch liegen, der dies behaupten würde. Es war Schade, dass er eine Autowerkstatt wollte, aber dies war seine große Liebe - dies sollte man Nellie nicht erzählen.
Obwohl meine Eltern Englisch mit mir sprachen, war auch dieses Fach nicht meine Stärke - wo lagen meine Stärken überhaupt? Meine Mutter hatte bereits versucht eine Stärke von mir in der Musik zu finden, aber musikalisch begabt war ich definitiv nicht - ganz im Gegenteil. Tanzen war auch vollkommen bescheuert - ich hatte zwei linke Füße sowie Hände. Während meine kleine Schwester Bonnie bereits unzählige Tanz Wettkämpfe gewonnen hatte stand ich, das schwarze Schaf der Familie daneben und war eben einfach da. Es war immer so und wird eben auch immer so sein. Ich konnte auch nicht gut vor vielen anderen Leuten stehen und reden.
Vielleicht war ich einfach der Mensch, der besser zuhören konnte als reden konnte. Der besser hinschauen konnte als angesehen zu werden, aber sowas verstanden meine Eltern nicht, weil sie es nicht selber empfanden.
Sie hassten es nicht, wenn man vor vielen Menschen stand und irgendeinen Schwachsinn erzählen mussten - ich schon.
Ich stand nicht gerne im Mittelpunkt, was meiner Mutter überhaupt nicht in den Kram passte. Sie liebte die Aufmerksamkeit, das Ansehen, welches sie sowieso nur bekam, weil mein Vater Arzt war. Es sollte mich wirklich stören, aber dies tat es nicht. Sie war immer noch meine Mutter.
Ich war froh, dass ich wenigstens Mike hatte, denn dieser unterstützte mich einfach bei allem. Egal was es war. Als ich dachte, dass ich meine Liebe ans lesen verloren hatte, was sich nach zwei Monaten dann erledigt hatte oder als er mein wirklich beschissenes Buch Korrektur lesen musste, weil ich dachte, dass ich Autor werden wollte. All dies war nicht so richtig Dinge, die mir gefielen, aber er nahm es so hin und machte mir mehr und mehr Motivation, dass ich irgendwann etwas finden würde, was mir gefällt.
Es war einfach für ihn dies zu sagen, weil sein Traumberuf seit der Grundschule feststand. Am Anfang war auch seine Familie dagegen, aber seit gut zwei Jahren ließen sie ihn das machen, was er wollte. Mike hatte sein Herz an Autos verloren, was ich in keinster Weise auch nur irgendwie nachvollziehen konnte. Autos waren zwar ganz interessant und so, aber absolut nichts für mich.
"Lasst uns mal am Donnerstag etwas unternehmen", schlug ich in der Mittagspause vor und schlürfte meinen Orangensaft. "Nein, Donnerstags kann ich nicht", antwortete Mike und lächelte entschuldigend. "Was machst du da eigentlich immer?", fragte ich interessiert. Donnerstags war immer sein mysteriöser Tag an dem er keine Zeit hatte, aber auch nie sagte, was er zutun hatte. "Donnerstags ist mein Tag", antwortete Nellie zügig. "Letzte Woche hab ich dich in der Stadt getroffen", erwiderte ich und zog eine Augenbraue hoch. "Ja, da hatte ich was anders vor", meinte sie stotternd. "Okay?", murmelte ich und kaufte den beiden ihre Antwort nicht ab. "Was sollte ich dir verschweigen?", fragte Mike grinsend," ich kenn dich fast so lange wie ich Autos liebe."
"Jaja", murmelte ich nickend und stocherte in meinem Mittagessen herum. "Wie wäre es mit Freitag, wir könnten etwas trinken gehen", schlug der Schwede vor. "Und dann sagst du mir wieder ab", zischte ich und verdrehte die Augen. Ich schnappte den Blick auf, denn Nellie ihrem Freund zu warf, aber dieser schaute mich jedeglich an. "Es tut mir Leid, dass ich manchmal einfach so absage", erklärte er mir mit dem weiterhin entschuldigenden Lächeln auf den Lippen," kennst meine Familie."
Ich hätte bemerken sollen, dass er mich anlog, aber ich erkannte es nicht, was auch einfach daran lag, dass ich es nicht sehen wollte. Mein Talent war es, dass ich anderen das Lügen fast von der Nasenspitze ablesen konnte und Probleme in ihren Augen erkennen konnte, aber entweder war Mike die ganze Zeit zu gut oder ich wollte es einfach nicht sehen.
"Tut mir Leid", flüsterte ich und fuhr mir durch die schwarzen, viel zu kurzen Haare," meine Eltern treiben mich so auf die Palme, dass mich alles stresst." "Tritt ihnen in den Arsch", meinte Nellie gleichgültig. "Dann schmeißen sie mich raus", erklärte ich. "Was ist es dieses Mal?", wollte mein bester Freund interessiert wissen und nahm einen Schluck Wasser zu sich. "Meine Mutter will, dass ich in der Apotheke arbeite, damit ich ein bisschen Erfahrung für den Job Arzt bekomme oder ich soll meinem Dad aushelfen", erklärte ich und schob das Essen von mir. "Beschissene Familie", murmelte Mikes Freundin und schüttelte den Kopf. "Noch nicht's neues für dich gefunden?", fragte Mike neugierig.
"Nein", antwortete ich frustriert und stützte meine Kopf auf meiner Hand ab. "Wie wäre es wenn du mit mir den Künstler in dir entdeckst", schlug Nellie vor. "Eine gute Idee", stimmte Mike ihr zu. "Ich weiß ja nicht", murmelte ich. "Ein Versuch ist es wert", meinte er überzeugt.
So kam es also, dass ich Freitags mit zu Nellie lief und versuchte den Künstler in mir zu finden. Spoiler, klappte eher weniger. Mit völlig verschmutzter Kleidung stand ich vor einer Kläckerei, die angeblich Kunst sein sollte. Viel blau, grün, gelb und braun waren auf der vorher weißen Fläche zusammen geschmiert und zwangshaft versuchte ich etwas darin zu sehen. Ellie hatte eine Sommerwiese voller Blumen und Schmetterlinge gemalt, weswegen ich immer deprimiert hin und her schaute.
"Sieht doch gut aus, Spencer!", sagte Mike und lächelte begeistert. "Nicht wirklich", meinte ich und verschränkte meine Arme vor meiner Brust. "Sieht aus wie ein Sumpf", meinte Ellie. "Das ist nur ein gematsche aus Farben!", sagte ich genervt und ließ mich auf das bereits bunte Sofa fallen. Der Raum war zu Nellies Malraum geworden und Mike verbrachte gerne Zeit in diesem Raum, da er ihre Kunstwerke vergötterte. Ich hingegen fand es immer langweilig hier herum zu hocken und die Wände anzuschauen. Manchmal konnte ich ein sehr ungeduldiger Mensch sein.
"Ich habe einfach kein Talent!", sagte ich und seufzte," vielleicht kann ich einfach gar nicht's gut."
"Spencer, jeder hat irgendwo seine Talente!", erwiderte er mal wieder voller Hoffnung," nicht jeder findet es gleich und vielleicht gibst du einfach zu schnell auf." "Ich werde einfach Arzt oder Anwalt, auch wenn ich dies gar nicht will und höre auf meine Familie zu enttäuschen!", beschloss ich und warf die Hände in die Höhe. "Du enttäuscht hier gar keinen", meinte er und setzte sich neben mich. Nellie hatte sich wieder vor ihr Bild gestellt und vollendete es mit den letzten Feinschliffen. "Deine Eltern haben einfach die falschen Ansprüche an dich", fuhr er fort und legte seine Hand auf meine Schulter," so viele Menschen wissen mit zwanzig noch nicht was sie machen wollen und dies ist vollkommen okay, verstehst du?"
"Ich weiß einfach, dass mein Vater es hasst, dass ich mich nicht für seinen Beruf interessiere und dies tut mir irgendwie Leid", erklärte ich niedergeschlagen. "Brauchst du nicht", erwiderte er," wir sind in der zehnten Klasse und werden nächstes Jahr unseren Abschluss machen. Du musst nicht wissen, was du machen willst, bitte denk daran!"
"Ich versuchs", flüsterte ich nickend.
"Wir finden schon einen Beruf für dich!", erwiderte er und lächelte optimistisch.
A/N: Also dies ist das erste Kapitel zu Spencers eigener Geschichte.
Was haltet ihr von Mike und Nellie? :)
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