New York
"Spencer, was ist das?", fragte meine Mutter wütend und warf mir einen geöffneten Brief vor die Füße. Ich schaute erst herunter und dann langsam zu ihr herauf. Das blaue Kleid, welches sie trug ließ sie kühl und abweisend aussehen. Wahrscheinlich ging sie wieder mit meinem Vater zu einem von seinen Arzt treffen. Ich nahm den Brief in die Hand und fing an zu grinsen. "Wieso schaust du in Briefe herein, die an mich adressiert sind?", fragte ich sie jedoch weniger freundlich. "Du bist immer noch unser Kind!", sagte sie wütend. Ich nickte und verdrehte die Augen.
Aufgeregt zog ich das Papier aus dem Briefumschlag und laß mir die Zeilen durch, die drauf geschrieben waren.
"Erklärst du uns nun mal, warum du für ein Psychologie Studium in New York angenommen wurdest?", fragte meine Mutter aufgebracht.
"Weil ich mich dafür beworben habe, Mutter"; erklärt ich ihr," ich werde psychologie studieren und es ist mir vollkommen egal ob du oder Papa es okay findet. Ob dies in euer Erscheinungsbild passt oder nicht. Es interessiert mich nicht, verstanden?"
"Red nicht so mit mir!", rief sie mir empört entgegen und spielte sich wieder auf als hätte ich ihr etwas schlimmes angetan. Ich wusste nicht, dass ich noch viel mehr Abneigung meinen Eltern gegenüber verspühren konnte, aber dies tat ich. Ich hasste die beiden so sehr, dass sie mir so viel zerstört hatten, aber sie waren eben immer noch meine Eltern. "Wir wollen immer nur das beste für dich!", sagte sie wütend und auch mein Vater kam um die Ecke und nickte. Er lehnte an dem Türrahmen in meinem Zimmer und schaute mich an.
"Alles schön und gut, aber dies habt ihr vermasselt. Ihr habt mich Jahre lang unter Druck gesetzt, mir versucht einzutrichtern, dass ich nur Arzt werden könnte oder Anwalt - Dinge, die mich nicht interessieren. Ständig hatte ich das Gefühl, dass etwas falsch mit mir ist, dass ich das Problem bin, aber das Problem seid ihr! Ihr habt mir Mikes Krankheit verschwiegen. Ihr habt mir die Chance genommen ihn zu unterstützen - für ihn da zu sein. Vielleicht wäre er noch da, wenn ihr was gesagt hättet, aber dies habt ihr nicht. Ihr wart egoistisch und selbstsüchtig wie immer, obwohl ihr genau wusstet, dass Mike der wichtigste Mensch in meinem Leben war. Er war mehr Familie für mich als ihr es jemals sein werdet!", haute ich den beiden die Worte um die Ohren, vor denen sie sich immer verstecken wollten. Wahrscheinlich wussten sie selber, dass sie als Eltern vollkommen versagt hatten.
"Mike war kein guter Umgang für dich", erklärte meine Mutter schlicht," sieht man ja. Hast dich völlug falsch entwickelt."
Ich drehte mich um und presste meine Zähne aufeinander. Was sie sagte stimmte nicht. Mike hat mich immer unterstützt, stand mir zur Seite und hatte nie aufgehört an mich zu glauben. Sie log!
"Er hätte dir mal sagen sollen, dass du zu nichts zu gebrauchen bist, dann hättest du es wenigsten verstanden", fuhr sie fort und diese Worte waren zu viel. Ich griff nach der Vase, die auf meinem Schreibtisch stand und warf sie vor ihre Füße. Sie zersprang in Tausend Teile und ich ballte meine Hände zu Fäusten.
"Spencer, was ist in dich gefahren? Wir erkennen dich ja gar nicht wieder!", rief mein Vater nun ebenfalls wütend.
Ich atmete schwer und schüttelte den Kopf. "Ich hasse euch!", erwiderte ich und fegte das Familienbild von der Komode. Es zerbrach ebenfalls und am liebsten hätte ich das Bild heraus gerissen und es ebenfalls in Tausend Teile zerteilt. "Ihr habt kein Verständnis für Trauer oder Mitgefühl! Ich versteht es überhaupt nicht wie es ist wenn man das Gefühl hat alleine zu sein. Wie es sich anfühlt aussichtslos zu sein. Und was das schlimmste ist, ist dass ihr es nicht einmal verstehen wollte. Euch wäre es doch scheiß egal, wenn ich von dieser Brücke gesprungen wäre! Mikes Familie hat getrauert, Travor ist weg gezogen deswegen und ihr hättet wahrscheinlich am Tag der Beerdigung so getan als wäre es traurig und dann hättet ihr einfach so weitergemacht wie bisher!", rief ich aufgebracht. Ich war es Leid, dass meine Eltern so waren und nicht einmal nachgefragt hatten ob ich drüber reden wollte. Sie hatten mich nicht einmal in den Arm genommen und versucht mir beizustehen. Sie schauten mich jedesmal abwertend an, wenn ich trauerte, wenn es mir schlecht ging - wenn ich Mike so stark vermisste, dass ich meine Existenz in Frage stellte. Sie taten nicht's, sie taten als wäre nicht's. Als wäre nicht's geschehen, als hätte Mike nicht existiert.
"Du bist unser Sohn! Natürlich würden wir trauern!", sagte mein Vater auf gebracht.
"Warum tut ihr es dann nicht bei Mike?", rief ich fassungslos," er gehört mit zur Familie. Was ist bloß los mit euch? Warum bin ich der einzige, dem es schlecht geht? Ist es nicht normal zu weinen? Sich traurig zu fühlen? Bin ich nicht normal?"
Ich brach zusammen, fühlte zu viel Wut und Verzweiflung in diesem Moment.
"Stell dich nicht so an, Spencer", sagte meine Mutter herzlos und drehte sich um. "Das Leben ist wie es ist, sei kein Weichei", fügte mein Vater noch hin zu und sie ließen mich einfach in den Scherben knien, die sich in meine Hände und meine Beine bohrten. Es war egal - alles was sie konnten war kalt und herzlos sein.
Vielleicht war ich auch einfach das Problem. Vielleicht war es nicht okay sich mies zu fühlen, das Gefühl bekam ich jedenfalls. Sie vermittelten mir, dass ich schwach war, dass ich zwecklos war, mein Leben sinnlos - was tat ich noch hier?
Sie würden nicht trauern, dies wusste ich. Sie würden weg schauen - sich einreden, dass sie nicht's hätten tun können und die Opfer der Sache spielen. Ich kannte die beiden, auch wenn ich dies lieber nicht tun würde.
Meine Haut wurde kalt und ich fing an zu zittern.
Ich konnte mich nicht von ihnen herunter drücken lassen. Ich musste mein Ding machen. Ich musste von hier verschwinden. Mich in die weite Welt begeben und New York zu meiner Heimat machen. Mein Glück würde ich hier nicht finden. Alleine meine Eltern würden es mir versauen - sie würden mein Leben zerstören bis ich wirklich nicht mehr können würde.
Ich stand auf, versuchte die Scherben von meinem Körber zu entfernen und holte meine Reisetasche aus dem Schrank. Es war Ende August, weswegen ich mehr T-Shirts als Pullis einpackte, aber ich versuchte so viel in meine Reisetasche zu kriegen wie nur möglich. Laptop, Handy, Ladegeräte, den Brief, Bilder, das Spielzeugauto und das Bild, welches wir angeblich zusammen gemalt hatten - alles kam in die Reisetasche zu den Klamotten, die ich herein geworfen hatte.
"Ihr könnt mich mal!", flüsterte ich wütend.
Zuerst ließ ich die Reisetasche liegen und ging herunter. Meine Schwestern saßen vor dem Fehrnseher und waren wie hypnotisiert davon. "Wo sind unsere Eltern?", fragte ich Bonnie, die ihre Augen von dem Fernsehen nahm. "Zu irgendeinem Fest", antwortete sie gleichgültig und schaute weiter auf den Fernseher. Ich schaltete eine kleine Lampe an, so dass es nicht all zu dunkel war - immerhin war dies schlecht für die Augen.
Mit einem matten Lächeln setzte ich mich an den Küchentisch und schrieb einen Brief an meine Eltern. Ich würde mich von ihnen nicht zu irgendwas zwingen lassen, was ich gar nicht wollte.
Ich werde das hier kurz halten, weil es euch sowieso nicht interessiert. Ich bin auf dem Weg nach New York und egal was ihr davon haltete - es ist mein Leben! Ich werde das Studium durchziehen. Entweder ihr unterstützt mich dabei oder ihr lasst es bleiben.
Spencer
Ich faltete das Blatt und legte es sichtbar dort ab. Als ich zufrieden damit war ging ich zurück ins Wohnzimmer und setzte mich zu meinen Schwestern. "Was schaut ihr?", fragte ich und hob Selina auf meinen Schoss, die mehr als begeistert lachte. "Barie!", rief Bonnie begeistert. "Dann schauen wir wohl mal Barbie", erwiderte ich lächelnd und lehnte mich zurück.
"Ich will auch irgendwann mal eine Prinzessin sein!", sagte sie und drehte sich einmal um sich selbst, da sie vor wenigen Minuten aufgestanden war. Selina war bereits eingeschlafen, aber dies tat sie meistens wenn ich sie im Arm hielt. Ich liebte meine Schwestern, weswegen es mir im Herzen weh tat sie hier alleine zu lassen. "Du kannst alles werden was du willst, Bonbon", meinte ich lächelnd und strich ihr durchs Haar. "Nicht, meine Frisur darf nicht kapput gehen. Ich muss noch auf einen Ball", sagte sie und tat so als würde sie wie die Prinzessinen im Film durch die Gegend tanzen. "Natürlich, Prinzesinn Bonnie", erwiderte ich, was sie zum Lächeln brachte.
Das war das erste Mal seit Mikes Tod, dass ich wieder was richtig mit ihn machte - vollkommen anwesend war und nicht irgendwie traurig war. Nun war ich auch traurig, aber aus einem anderen Grund. Einem Grund, denn ich mir selber gemacht hatte.
Nachdem der Film zuende war und Bonnie wirklich müde war, weil sie gegen Ende des Films die ganze Zeit herum gehüpft war und so getan hatte als wäre sie eine Prinzessin. Ich brachte sie beide in ihre Betten und wurde noch gewzungen etwas vorzulesen - wie immer. Selina war ebenfalls aufgewacht und schaute mich nun mit ihren großen blauen Augen an, die sie von Papa hatte. Dagegen konnte ich natürlich nicht nein sagen, wie auch?
Die beiden hörten mir aufmerksam zu, auch wenn Selina immer mal wieder einschlief schaffte sie es fast bis zum Ende der Geschichte.
"Schlaf gut", flüsterte ich und lächelte matt.
Ich legte Selinas Decke höher, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und lächelte. "Hab dich lieb", flüsterte ich und wandte mich meiner anderen Schwester zu, die noch nicht am schlafen war," so für dich geht's jetzt auch schlafen!" Sie richtete ihre Decke selber und schaute mich abwartend an, weswegen ich auch ihr einen Kuss auf die Stirn drückte. "Schlaf gut, hab dich lieb Bonbon", meinte ich leise und fuhr ihr durch's Haar. "Ich dich auch, Spencer", erwiderte sie lächelnd. "Du passt mir schön auf Selina auf, okay?", meinte ich und schaute kurz zu der drei jährigen, die sorglos schlief. "Sie ist meine kleine Schwester", meinte Bonnie. "Ich weiß", erwiderte ich lächelnd. "Du bist komisch", fügte sie noch leise hinzu und rieb sich die Augen. "Schlaf gut", flüsterte ich ein weiteres mal und war schon fast aus dem Raum.
"Bis morgen", erwiderte sie und ich schloss einfach die Tür. Ich schluckte schwer.
Nachdem ich meine Tasche geholt hatte verließ ich das Haus. Es gab noch einen Ort an den ich wollte, dieser war der Friedhof. Ich wollte mich von Mike verabschieden, weil ich mir sicher war, dass ich ihn für einr lange Zeit nicht besuchen kommen könnte. Dies tat ich auch. Es war finster. Wolken bedeckten den Himmel und es war ein wenig unheimlich, aber deswegen ließ ich mich nicht davon abhalten meinem besten Freund einen besuch abzustatten.
"Hey", flüsterte ich und stand vor seinem Grab. Einzelner Lichter standen am Rand des Weges und erhellten den Friedhof minimal. Die kleine Grabkerze, die leuchtete erhelte einige Blumen, die drum herum geplanzt waren.
"Ich weiß, dass ich schon länger nicht mehr hier war", gab ich zu, ließ die Tasche fallen, nahm meinen Laptop und setzte mich so hin, dass ich mich an seinen Grabstein lehnen konnte," tut mir Leid." Ich seufzte, weil dies eigentlich vollkommen albern war. Während der Laptop hochfuhr schaute ich in den Himmel, der definitiv keine Sonne ankündigte. Es war pech schwarz über mir und etwas deprimiert seufzte ich ein weiteres Mal. "Ich werde nach New York gehen", erzählte ich und suchte im Internet einen Flug, der Morgen von hier nach New York starrten würde," warum es gerade New York geworden ist fragst du dich nun mit Sicherheit. Naja, die Stadt ist riesig und vielleicht ist es genaus das was ich brauche. Eine riesen Stadt in der ich untergehen kann. In der es keinen interessiert was du machst, in der dich niemand schief anschaute wenn du etwas gefunden hast, was du gut kannst. Weißt du, du hast Recht gehabt, ich kann besser hinschauen und zuhören. Danke, Mike."
Der nächste Flug wprde in drei Stunden abheben. Ich buchten den Flug von dem Geld, welches meine Oma immer für ein Studium engelegt hatte. Dieses würde ich nun nutzten - es könnte knapp werden, aber es sollte reichen.
"Es tut mir Leid, dass ich nicht für dich da sein konnte und in der nächsten Zeit nicht vorbeikommen kann, aber ich hoffe es ist okay", flüsterte ich nickend," manchmal frage ich mich wo du gerade bist und ob es mir dort auch gefällen würde." Leichter Wind zog an mir vorbei, weswegen sich eine Gänsehaut auf meinem Körper bildete. "Danke, Mike", wiederholte ich mich und schaute in den pech schwarzen Himmel," danke, dass du immer an meiner Seite standest - egal wie bescheuert ich auch war, wie oft ich dich angeschrien habe. Ich mache das für dich."
A/N: ließt die Geschichte noch wer?
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