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„Glaub mir, Kleiner! Du kannst es noch so böse anstarren, aber es wird trotzdem nicht in Flammen aufgehen und als Asche zu Boden rieseln!" Der Mafioso schmunzelte und beobachtete amüsiert, wie die zu Schlitzen verengten Augen seines Engels unaufhaltsam den Bewegungen des an seinem Finger baumelnden Halsbandes folgten. Was ausgesprochen putzig aussah. Allerdings war es eine nur zu verständliche Reaktion auf das, was nun kam. Schließlich verursachte es bei seinem Kleinen erhebliche Schmerzen.
Aaran seufzte leise, als er sah, wie sein Pet den Kopf senkte. „Zwing mich nicht dazu, es dir mit Gewalt anzulegen, Cassiel.
Mir ist bewusst, dass du es nicht magst, und ich kann deine Reaktion durchaus nachvollziehen, dennoch möchte ich, dass du ein Halsband trägst, also bitte.
Wir lassen auch den Verband erst einmal dran, dann liegt das raue Leder nicht direkt auf deiner Haut."
Ohhh, wie interessant. Zehn Finger, ... sowas. Und sogar fünf davon an jeder Hand - wer hätte das gedacht! Cassiel sackte noch ein wenig mehr wie ein nasser Sack in sich zusammen und hielt deprimiert den Kopf gesenkt. Er wollte dieses Scheißding nicht wieder umgelegt bekommen. Musste das sein?! Als würde er wirklich wegrennen und nur mit einem Hemd bekleidet durch die ihm völlig unbekannten Straßen Shinjukus sprinten.
Und diese Einstellung kam jetzt nicht nur daher, weil es kein angenehmes Gefühl ist, wenn das beste Stück wild hin und her geschleudert wird und dabei ein Schleudertrauma erleidet. Von den nackten Füßen, die dabei in alles Mögliche traten, mal abgesehen.
Nein, ganz im Ernst! Welcher Mensch mit noch allen Tassen im Schrank würde mit voller Absicht vor einer Horde Mafiosi wegrennen, unter denen sich mit Sicherheit nicht nur ein mystisches Wesen befand. Richtig! Niemand! Außer, man war ein Masochist. Und er wusste, dass er das definitiv und mit absoluter Sicherheit nicht war.
Er hätte noch nicht einmal genügend Zeit, um sich zu entscheiden, in welche Richtung er rennen sollte, da hätten sie ihn doch schon wieder eingesammelt und zu ihrem Boss geschleift.
Cassiel schluckte. Atmete einmal tief durch und hob langsam den Kopf, um seinen Master ansehen zu können. Außerdem wollte er den gutaussehenden Mann, Vampir, was auch immer, wirklich nicht gegen sich aufbringen. Dafür hatte dieser ihn zu gut behandelt. Was sein Besitzer nicht hätte tun müssen, aber dennoch getan hatte und immer noch tat. Moment mal - was - aus - Stopp! Seine Gedanken wanderten jetzt definitiv in die falsche Richtung!
Der Yakuza schmunzelte leicht, während er das abwechslungsreiche Mienenspiel des Jüngeren beobachtete. „Dass ich dir das Halsband wieder anlege, hat nicht nur den Grund, weil ich denke, dass du womöglich doch die Gelegenheit beim Schopf packst und einen ersten Fluchtversuch startest, Cassiel. Ich möchte dich damit auch nicht bestrafen. Vielmehr sehe ich es als einen zusätzlichen Schutz."
Cassiels Augen verengten sich, wodurch sich auf seiner Stirn die typischen Falten bildeten. Und er äußerte sich dazu mit einem irritierten, nicht gerade zurückhaltend ausgedrückten. „Was -?!"
Das verstand er nun wirklich nicht! Wie zum Teufel sollte ein fucking Halsband ein Schutz sein?! Und vor was, bitteschön?! Doch noch, bevor der GEN1 antworten konnte, weiteten sich die bernsteinfarbenen Seen des Jüngeren abrupt, als es ihm wie Schuppen von den Augen fiel. Ihn dazu veranlasste, den Blick unterwürfig auf die Bettdecke zu senken, welche immer noch um seinen nackten Körper gewickelt war. Er hatte seinen Besitzer gerade ganz schön angefahren. „Bitte entschuldigt, Herr!"
Aaran schmunzelte amüsiert, als die leisen geflüsterten Worte seine Ohren erreichten. Und legte daraufhin zwei seiner Finger unter das Kinn des Blonden, um es wieder anzuheben, während er auf der Bettkante etwas näher an diesen heranrutschte. Sein kleines Pet schien endlich ein wenig aufzutauen. Anscheinend hatte das Ausschlafen wahre Wunder bewirkt. „Es ist okay. Zumindest solange wir unter uns sind. Ich möchte nicht, dass du Angst vor mir hast."
Cas gab dem leichten Druck zwar nur etwas widerwillig nach, wagte es dann aber doch, seinem Master erneut in dessen wundervoll strahlende Augen zu sehen. Dabei tief ein und wieder ausatmend. Immer noch auf eine Rüge gefasst. Welche nicht kam. Stattdessen schenkte der Vampir dem Kleineren weiterhin ein kaum sichtbares Lächeln und strich zärtlich mit dem Daumenballen über dessen Wangenknochen. „Es ist eigentlich ganz einfach. An deinem Halsband ist eine Leine befestigt -."
Cassiel atmete tief ein und entließ die Luft durch seine Nase wieder nach draußen. Ach ja - die Leine! Wie konnte er die nur vergessen?! Klassischer Fall von Verdrängung.
„Welche ich natürlich ununterbrochen in der Hand halte -." Aaran schmunzelte und fuhr erneut mit einer sanften, fließenden Bewegung über den Wangenknochen des platinblonden Jungen. „Dies erschwert es jedem ungemein, dich zu entführen, da es nicht möglich ist, sie mir einfach so zu entreißen! Dadurch ist es auch nicht möglich, dich zum Beispiel in ein Auto zu zerren oder dich durch irgendetwas von mir zu trennen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass es ein unangenehmes Gefühl ist, ununterbrochen in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt zu sein. Dennoch bist du in meiner Nähe, meiner Meinung nach, am sichersten. Zusätzlich werden uns meine Bodyguards überall hin begleiten und dich keine Sekunde aus den Augen lassen."
Ein leises Seufzen war zu hören. Dicht gefolgt von einem in sich zusammensinkenden Körper. Der junge Hybrid legte leicht seinen Kopf in den Nacken, um seinem Master seine absolute Kapitulation deutlich zu zeigen und ihm das Anlegen des so verhassten Halsbandes zu erleichtern. Was sollte er denn auch anderes tun? Zumindest wenn er nicht wollte, dass der Vampir doch noch sauer wurde.
„Ich verspreche dir, dass du dieses starre, unflexible Leder nur noch dieses eine Mal um deinem Hals ertragen musst."
Der Jüngere schielte auf diese Worte hin in das Gesicht seines Masters. Was diesem nicht verborgen blieb und zum Schmunzeln veranlasste.
Während er einfach weiter mit geschickten, fließenden Bewegungen das Ende des Halsbandes durch die Schnalle zog und den Metallstift durch das passende Loch gleiten ließ. Sodass es weder zu eng noch zu locker saß und das restliche, abstehende Stück Leder in eine dafür vorgesehene Schlaufe steckte.
„Ich habe meinem Sekretär, als du geschlafen hast, die Maße genannt, die er benötigt, um in der Ledermanufaktur ein maßgefertigtes Halsband für dich in Auftrag zu geben. Ebenso wie deine Kleidergröße, damit er dir eine Erstausstattung besorgen kann. So - nun zieht dir das Hemd an und komm." Mit diesen Worten erhob sich der GEN1 wieder vom Bett, was wahrscheinlich mit dem mittlerweile zum Stehen gekommenen Flugzeug zusammenhing. Es fühlte sich zumindest so an, als wäre es das, und lief zielstrebig auf seinen Mantel zu, welcher immer noch so über der Lehne hing, wie er ihn drüber geworfen hatte. Legte sich mit routinierten Bewegungen das Waffenholster an und schlüpfte in seine Anzugjacke, was Cassiel ausnutzte, um sich selbst das Hemd anzulegen, was zusammengelegt auf einem der Schränkchen lag.
*
Wow, ... einfach nur, wow. Der junge Mensch-Engel-Mix konnte gar nicht anders, als schon wieder begeistert aus dem getönten Fenster der schwarzen Limousine zu sehen und fasziniert die bunten Reklametafeln zu bestaunen. Die sich gefühlt an jedem der Gebäude befanden. An welchen sie schon seit einiger Zeit vorbeifuhren und die in allen nur erdenklichen Farben aufleuchteten und die Straße erhellten. Cassiel kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, was Aaran Igarashi mit einem zufriedenen Schmunzeln im Gesicht zur Kenntnis nahm. Es sah aber auch einfach zu entzückend aus, wie die Handflächen des Kleineren regelrecht an der Scheibe klebten und die strahlenden, wachen Augen alles in sich aufsogen wie ein Schwamm.
Langsam schlängelte sich die Wagenkolonne des Oyabuns durch die belebten Straßen Shinjukus und näherte sich unaufhaltsam ihrem Ziel. Während dieser seinem Pet leise erklärte, was er dort außerhalb des Wagens zu Gesicht bekam. „Es scheint dir ehrlich zu gefallen. Das freut mich."
Der Blonde wandte seinen Blick vom Geschehen außerhalb des Wagens ab und sah mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht zu seinem Master. „Es sieht so anders aus!" Cassiel schüttelte, über sich selbst lächelnd, den Kopf und sammelte sich einen Moment lang, bevor er erneut anfing zu sprechen. „Ich habe so etwas noch nie gesehen. Es ist alles so - bunt - und belebt. Unglaublich! Fahren wir denn noch lange? Und wo genau fahren wir eigentlich hin?"
Aaran lächelte leicht. „Ja, Tokyo kann ganz schön überwältigend sein. Wir fahren jetzt nach Nishi-Shinjuku, das Wolkenkratzer-Geschäftsviertel. Eines dieser Gebäude dort gehört mir und ich wohne selbst in der obersten Etage. Ebenso wie einige ausgewählte Bodyguards, die, teilweise mit ihren Partnern, in den Etagen unter meinem Penthouse wohnen.
Länger als zwanzig Minuten sollte es nicht mehr dauern, dann haben wir unser Ziel für heute erreicht."
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