8. Kapitel
~Lunas Sicht~
"Danke, dass ihr da wart. Wir werden euch richtig vermissen."sagte ich ehrlich und umarmte alle vier noch mal.
Seth nickte: "Ja, diese zwei Wochen mit euch waren einfach so krass."
Ich stimmte zu, der Urlaub ist einfach viel zu schnell vergangen. Ich zog Emily zu mir und legte die Arme um sie. "Vielleicht kommen wir dich mal besuchen."sagte sie mit einem traurigen Lächeln.
Als letztes nahm Julie einmal in den Arm. Sie legte ihre Hände auf meinen Rücken und sprach leise: "Ich vermiss dich jetzt schon, Luna."
"Ich dich auch. Wir müssen alle in Kontakt bleiben."
Die ganze Runde nickten und wir schlossen uns noch mal alle in eine Gruppenumarmung bevor die vier nach Hause gingen. Den ganzen Nachmittag hatten wir zusammen verbracht und geredet, gelacht und herumgealbert.
Das hatte mich so an früher erinnert. Wir saßen im Gras, mein Kopf lag in Simons Schoß während ich über irgendeinen perversen Witz von Seth gelacht hatte.
Simon und ich blieben im ein bisschen traurig imTürrahmen.
"Oh man, schon nach zwei Wochen fühlt es sich wieder wie früher an."
Ich schüttelte den Kopf: "Schon am ersten Tag hat es sich wieder wie mein Zuhause angefühlt." Eine Haarlocke fiel mir ins Gesicht und ich steckte sie mir hinters Ohr. "Simon?"setzte ich an,"ist es vielleicht ok wenn ich nochmal kurz weggehe?"
Er zog die Augenbrauen hoch und blickte mich fragend an: "Wieso? Wohin willst du?"
"Zum Strand."erklärte ich," ich will noch mal kurz allein sein. Du weißt schon, nachdenken und so."
Seine Miene veränderte sich und wurde viel sanfter. "Okey mach das."
Ich verabschiedete mich von ihm und holte meine Rollerskates aus dem Haus. Ich griff mir noch eine schwarze Sweatshirjacke, falls es kalt wurde.
Mit routinierten Bewegungen zog ich sie an und steckte mir meine Kopfhörer in die Ohren.
Ich winkte Simon einmal zum Abschied zu und fuhr los.
Mein Handy, das an die Kopfhörer angeschlossen war steckte ich in meine Jackentasche und ließ meine Lieblingsplaylist laufen.
Während ich durch Cancun skatete konnte ich mich richtig entspannen. Ich fuhr nicht schnell sondern ruhig und gemächlich und lauschte dabei der Musik. Der Wind streifte meine Haut und fuhr mit seinen zarten Fingern durch mein Haar, während ich meinen Blick durch die gewohnte Nachbarschaft schweifen ließ.
Alles war so schrecklich vertraut und gewohnt. Wie ein Film den man schon tausend Mal gesehen hatte, und bei dem man jederzeit sagen konnte was als nächstes passierte. Ich wusste genau wer sich hinter den Häusern verbarg und kannte in dem Viertel fast alle. Und alle kannten mich.
Ich fasste unwillkürlich nach meiner Kette und fuhr die scharfen Konturen des Ankers nach. Matteo. Matteo war in Buenos Aires. Matteo würde dort auf mich warten. Und Nina. Und alle anderen. Ich war dort nicht mehr allein.
Als ich vor einem Jahr dort hingekommen bin hatte ich mich etwas verloren gefühlt. Meine ganzen Freunde waren in Cancun und dort kannte ich nur Ambar, die zu der Zeit total gemein zu mir war.
Zum Glück hatte ich Nina, mit der ich mich auf Anhieb gut verstand. Und als dann auch Simon zu mir gekommen ist ging alles wieder bergauf.
Mittlerweile war ich am Strand angelangt, weshalb ich auch meine Rollschuhe auszog und barfuß durch den warmen Sand lief.
In der Nähe vom Wasser setzte ich mich hin und beobachte die Wellen. Heute war die See ruhig und es kamen nur kleine Wellen die sanft an meine Zehen stießen. Tief atmete ich die salzige Luft ein und schloss die Augen.
Ich wollte diesen Moment abfotografieren und für immer in meinem Gedächtnis aufbewahren. Ich, in Cancun, am Strand. Wie die Wellen ans Ufer trafen und die untergehende Sonne ein Farbspiel aus Rot, orange, gold und rosé auf das türkise Wasser warf. Wie der warme Wind um mich herum wehte und alles nach zuhause aussah.
Ich öffnete die Augen wieder und dachte nach. Über das nächste Jahr, und über alles. Was wollte ich im nächsten Jahr erreichen?
Doch gleich im nächsten Moment verwarf ich den Gedanken wieder. Es waren noch Ferien und über soetwas sollte ich noch gar nicht nachdenken. Alles was zählte war das hier und.
Minuten, es hätten auch Sekunden, Stunden sein können saß ich da und genoss einfach den Augenblick.
Die Sonne war langsam fast gar nicht mehr zu sehen und der Tag neigte sich dem Ende zu, was für mich das Kommando des Aufbruchs war.
Ich lief bis zur Straße und zog die Rollschuhe wieder an. Von dort aus fuhr ich den Weg wieder nach Hause, mit einem Lächeln im Gesicht, da ich wusste das es nicht mein letztes Mal in Cancun gewesen war.
~Ambars Sicht~
"Ambar?"hörte ich eine Stimme von drinnen.
Genervt blätterte ich eine Seite in meinem Magazin weiter und rief: "Ja, ich bin hier draußen."
Im Moment saß ich draußen auf dem Balkon und las in einer Modezeitschrift.
Die Aussicht auf die alten Straßen von Paris, die man hier hatte wirkte irgendwie beruhigend. Da die Gebäude in einem älteren Stil gebaut waren fühlte man sich wie in eine frühere Zeit versetzt.
Ich mochte den Gedanken an rauschende Feste, lange Kleider und diese geschwollene vornehme Sprache schon immer. Obwohl letzteres sich manchmal etwas seltsam anhörte. Es hört sich irgendwie schön an, dass es eine Zeit gab in der noch nicht alle so von ihrer Technik besessen waren.
Klar finde ich es praktisch überall Empfang zu haben und so einfach kommunizieren zu können, aber es wäre doch schöner würden manche Menschen mehr miteinander reden. Zum Beispiel Delfi und Jasmin sind so besessen von ihren Handys, dass sie ununterbrochen an ihnen kleben.
Aber zurück zu meiner Tante die gerade nach mit gerufen hatte.
"Kommst du kurz rein?"
Oh man, was ist denn jetzt schon wieder. "Jahaa. Ich bin sofort da."
Seufzend stand ich von meinen Stuhl auf und begab mich nach drinnen. "Was ist denn?"
Meine Tante stand mit einem Paket in der Hand vor mir. "Heute Abend gehen wir mit ein paar sehr wohlhabenden Unternehmern Essen, und ich möchte dass du mich begleitest. Hier, zieh das an."
Sie gab mir das Paket in die Hand und verließ meine Räumlichkeiten. Ich stöhnte auf, dass hatte mir gerade noch gefehlt. Ich sank auf mein Bett und schrieb eine Nachricht an Simon.
Sorry, kann heute Abend nicht telefonieren. Meine Tante zwingt mich zu so nem Abendessen. Aber morgen geht sowieso mein Flug nach Hause. Kuss, Ambar.
Ich steckte mein Handy wieder in meine Hosentasche und warf einem Blick auf meinen fast fertig gepackten Koffer. Zu blöd dass morgen schon Sonntag war und dann am nächsten Tag die Schule beginnen würde. Paris war einfach zu schön gewesen.
Ich lief ins Bad und sprang unter die Dusche. Ich musste mich ja für das Essen von meiner besten Seite zeigen. Denn sehr wohlhabend hieß in der Sprache meiner Tante stinkreich.
Mit einem weißen Bademantel bekleidet begab ich mich zurück in mein Zimmer und hob das Paket von meinem Bett auf. Mal sehen welches Kleid meine Tante mir besorgt hatte. Sollte ich es als Beleidigung auffassen, dass sie mir nicht zutraute ein eigenes Kleid zu finden?
In der Verpackung fand ich ein schulterfreies violettes Kleid, dass eigentlich sogar ganz hübsch war.
Ich entschied es anzuziehen, denn im Gegensatz zu manchen Sachen die meine Tante mir manchmal brachte gefiel es mir wirklich.
Ich legte noch eine zarte Kette an und zog High Heels an die ich mir vor zwei Tagen gekauft hatte.
Meine Haare frisierte ich zu leichten Wellen und trug ein aufwendigeres make up auf. Ich trug goldenen Glitzerlidschatten auf meine Lider auf, der an den Rändern von schwarzen Liderschatten umrandet wurde.
Sonst verwendete ich noch ein bisschen Highlighter, Puder, Abdeckstift und einen dunklen Lippenstift.
Ich stand jetzt vor dem hohen Spiegel und begutachtete mein Werk. Durch den Schnitt des Kleides sah man meine spitzen schulterblätter, und mein Schlüsselbein. Es ging mir bis zu den Knien und gab den Blick auf meine eben rasierten Beine frei. Ich sah sehr schlank aus und mein Gesicht wirkte kantig, aber vornehm.
Ich hatte Klasse und Stil. Um es zusammenzufassen, mein Aussehen war beeindruckend und das wusste ich auch.
Ich nahm ein Klopfen an der Tür wahr. "Ambar, wir müssen jetzt los."
"Ja, eine Sekunde."rief ich und packte mir eine zierliche schwarze Tasche. Rasch lief ich durchs Zimmer und packte mein Handy, meine Zimmerschlüssel und Lippenstift zum Nachtragen herein, bevor ich auch schon durch die Tür in den Flur trat. Meine Tante stand schon an die Wand gelehnt da und beobachtete mich.
Ich drehte mich zu ihr und es setzte erstmal Schweigen ein. Ich verschränkte die Arne vor der Brust, da es mir unangenehm war wie sie mich musterte.
"Du siehst heute sehr hübsch aus."war das einzige was sie sagte, bevor sie sich auf den Weg zur Lobby machte und ich ihr hinterherging.
"Danke für das Kleid, ich finde es wirklich sehr schön, Tante."sagte ich zögernd.
"Ach wirklich; normalerweise bist du den Sachen die ich dir mitbringe eher abgeneigt."
Wir standen mittlerweile in der luxuriösen Lobby des Hotels.
Meine Tante ließ sich auf einen Sofa nieder und nahm sich eine Zeitschrift von dem kleinen Tisch. Ich setzte mich zögernd neben sie und fragte: "Woher hast du das Kleid?"
Sie zuckte mit den Schultern. "Das weiß ich gar nicht mehr. Ich bin hier schon in so vielen Läden gewesen."
Ich nickte. "Worauf warten wir eigentlich, Tante?"
Sie zuckte die Schultern. "Wir werden mitgenommen. Da ist die Limousine schon." Meine Tante nickte in Richtung Tür. Sie hatte recht, denn durch die Glastür war eine Limousine zu sehen die gerade vorrollte.
Ich stand auf und strich mein Kleid glatt bevor ich meiner Tante folgte. Der Portier öffnete uns die Tür, sein etwas zu langer Blick auf meine Oberweite entging mir nicht. Ich ging ein bisschen schneller nachdem ich ihm einen letzten bösen Blick zugeworfen hatte.
In der Limo saßen schon ein paar vornehme Leute, zu denen meine Tante und ich vom Aussehen her perfekt dazu passten. Ich musterte Sharon von der Seite. Sie trug ein dunkelblaues Kostüm und schwarze hohe Schuhe.
Im Restaurant angekommen, setzten wir ums alle auf unsere Plätze und studierten die Speisekarten. Als alle bestellt hatten fingen die Gespräche an. Ich versuchte mich zurückzuhalten aus dem Grund, dass mich diese Unterhaltungen schlichtweg langweilten.
Ein Mann im Anzug richtete schließlich das Wort an mich: "Das nächste Jar ist dein letztes am Blake, nicht wahr Ambar?"
Ich hob den Blick und nickte: "Ja, ich mache nächstes Jahr meinen Abschluss."
Die Stimme meiner Tante hallten in meinem Kopf.
Und hoffentlich als Jahrgangsbeste.
"Und was willst du nach deinem Abschluss machen?"fragte mich der Mann. Ich musterte ihn genauer. Er hatte braune kurze Haare unter denen schon reichlich graue Strähnen zu finden waren. Auch sein Gesicht war mit leichten Falten durchzogen. Er war hager und ziemlich groß, an seinen Ringfinger war ein schlichter silberner Ehering.
Gerade als ich antworten wollte ergriff meine Tante das Wort. "Ambar wird nach ihrem Abschluss an der Pariser Universität studieren."
Endlich erkannte ich den Mann wieder. Er hörte auf den Namen Mr Lee und hatte die letzten Jahre hier in Paris gewohnt. Ein langjähriger Freund von meiner Tante. Man konnte kaum glauben dass meine Tante überhaupt Freunde hat.
"Das ist eine ausgezeichnete Uni. Meine Glückwünsche."
Obwohl mir bei dem Gedanken an die Uni ganz schlecht wurde schluckte ich meinen Kummer hinunter und lächelte freundlich. "Danke, aber ich wurde ja noch nicht angenommen."
"Ach Ambar keine falsche Bescheidenheit. Ambar war letztes Jahr Jahgangsbeste."sagte meine Tante.
Ich zog die Augenbrauen hoch. Ein Lob von ihr hört man sonst nicht häufig.
"Natürlich schaffst du das"sprach Mr. Lee und warf mir ein aufmunterndes Lächeln zu. "Bist du eigentlich vergeben oder suchst du immer noch nach dem richtigen?"fragte er.
Ich lehnte mich an den Stuhl und meine Laune hob sich etwas. Endlich ein angenehmeres Thema.
"Ich-" meine Tante sprach auf einmal. "Ambar hat keinen Freund"
Fassungslos sah ich sie an. Das war doch wohl nicht ihr ernst. Wieso hatte sie das getan? Wieso hatte sie Mr. Lee angelogen? Und was hatte Simon damit zu tun?
Den Rest des Abends versuchte ich mehrmals Blickkontakt zu meiner Tante aufzubauen, doch sie mied mich und zwar mit voller Absicht.
Während des Essens wurde ich immer wütender. Was fiel ihr ein Simon einfach so zu verheimlichen? War meine Beziehung ihr peinlich? Das war lächerlich. Und warum log sie Mr. Lee an?
Ich verstand sie nicht. Meine Beziehung war meine Sache und außerdem war mein Freund ein guter Kerl.
Als sich der Abend gegen Abend neigte war ich heilfroh endlich da raus zu kommen. Ich trank den Rest meines Wassers aus, nahm meine Tasche und verließ das Restaurant. In der Limo schwieg ich und suchte wiedermal vergeblich den Blick meiner Tante.
Nachdem wir beim Hotel abgesetzt wurden gingen wir schweigend zu unseren Zimmern. Erst im Flur zwischen unseren beiden Zimmern hielt ich meine Tante davon ab einfach zu verschwinden. Bevor sie in ihr Zimmer laufen konnte, legte ich eine Hand auf ihre Schulter und verhinderte ihr Gehen.
Sie drehte sich um und blickte mit starrer Miene in mein Gesicht. Ich bedachte sie mit einem ernsten Blick.
"Warum hast du Mr. Lee angelogen?"
Hallo Leute💗
Ich hab es endlich geschafft das Kapitel fertig zu stellen. Ich wusste ewig nicht was ich bei Ambars Sicht schreiben soll. 😴
Jetzt ist es schon fast 1 Uhr und ich hoffe es gefällt euch. Findet ihr das Kleid von Ambar auch so schön wie ich?
Keep Reading 😇
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