54. Kapitel
~Matteos Sicht~
Niedergeschlagen kehrte ich nach Hause zurück. Luna hatte ich nicht mehr finden können.
Obwohl wir eigentlich sauer aufeinander waren hoffte ich, dass es ihr gut ging.
Auch wenn wir uns heftig gestritten hatten, wusste ich, dass wir das wieder hinkriegen mussten. Ich konnte nicht von Luna getrennt sein, dafür war sie mir zu wichtig.
Zuhause angekommen schlug ich die Tür zu und ging zügig in mein Zimmer. Dabei sprach ich mich keinem. Mein Vater sollte es heute nicht mal wagen in meine Nähe zu kommen. Schließlich war das zum Teil ja auch seine Schuld.
In meinem Zimmer legte ich Lunas Tasche auf meinem Schreibtisch ab und ließ mich dann auf mein Bett fallen.
Es hatte mittlerweile angefangen zu regnen und die Tropfen prasselten an mein Fenster. Heute war so ein trister Tag, an dem alles grau erschien.
Da ich meine Musik in letzter Zeit etwas vernachlässigt hatte nahm ich meine Gitarre und fing an etwas zu komponieren. Ich hatte mich entschieden Solo beim Open aufzutreten.
Also zückte ich mein Notizbuch und überlegte mir eine Melodie.
Beim Schreiben musste ich an Luna denken. So wie sie in letzter Zeit war kannte ich sie gar nicht. Sonst war sie viel fröhlicher. Dieses Jahr war viel passiert, dass sie runtergezogen hatte.
Mein Magen zog sich zusammen. Das sollte nicht so sein. Warum passierten guten Menschen schlechte Dinge?
Ich seufzte und spielte die ersten paar Takte auf der Gitarre. Es klang gar nicht schlecht.
Ich wollte Luna wieder lächeln sehen. Sie sollte wieder bei mir sein.
Quiero verte sonreir
So werde ich meinen neuen Song nennen.
Ich mochte es Musik zu machen. Egal ob allein oder mit anderen. Es beruhigte mich irgendwie.
Gerade als ich die ersten Strophen fertig hatte, vibrierte mein Handy neben mir.
Ein Anruf von meinem Bruder auf Skype.
"Fede?"meldete ich mich und legte die Gitarre beiseite.
"Was hast du schon wieder angestellt, Matteo?"hörte ich ihn seufzen.
"Mir geht's gut, danke der Nachfrage."ich verdrehte die Augen," Woher weißt du's?"
"Ludmila musste eine total verheulte Luna in der Nähe von deinem Haus abholen." So war Luna also nach Hause gekommen.
"Lass mich raten, sie hat dir auch schon erzählt weshalb wir uns gestritten haben."
Er nickte ernst. "Ja. Ich muss dich mal zusammenscheißen, Bruder. Du kannst sie nicht für etwas beschuldigen, dass du selbst genauso abgezogen hast."
Ich seufzte erschöpft. "Ich weißt, das war keine Glanzleistung von mir. Das mit unserem Vater wollte ich ihr ja auch noch sagen, ehrlich."
"Deshalb wollte ich auch noch was zu dir sagen. Ich weiß, dass Papá das nicht gern hören wird. Aber wenn du nicht mach Oxford willst, dann gehst du da auf keinen Fall hin."
"Seh ich genau so. Ich meine das ist mein Leben. Heute hab ich ihm zum ersten Mal so richtig meine Meinung gesagt. Und es hat sich gut angefühlt. Das mach ich nicht."
"Ich helf dir da, Bruder. Was willst du denn wirklich machen?"
Ich war bisher so beschäftigt damit gewesen, ein schlechtes Gewissen wegen Oxford zu haben, dass ich gar nicht so richtig darüber nachgedacht habe was ich wirklich machen will.
"Also ich weiß, dass ich nach der Schule wenn dann hier in Buenos Aires studieren will. Ich kann hier nicht einfach weggehen, mein ganzes Leben ist hier. Und außerdem bin ich da nicht der Typ dafür."
"Dann hast du ja wenigstens einen ungefähren Plan. Was interessiert dich denn so?"
"Also..."ich ging in mich und erste was mir einfiel war Musik," ich komponiere und singe wahnsinnig gern. Aber ob sich daraus ein richtiger Beruf ergibt..."
"Sieh mich an."sagte Federico demonstrierend,"also könntest du es in Erwägung ziehen Musik zu studieren."
"Hm ja, ich werd da noch mal überlegen."seufzte ich," Lass uns das Thema wechseln. Was mach ich wegen Luna?"
"Also, wenn ich Ludmila glauben schenke, denkt Luna dass es aus ist zwischen euch."
"Wir haben uns heftig gestritten und am Ende...hat sie gefragt was für einen Sinn unsere Beziehung überhaupt hat, wenn wir uns nicht vertrauen."
Mein Bruder verzog das Gesicht. "Uhh.. das ist hart. Aber vielleicht war es ja gar nicht so gemeint. Im Streit sagt man oft Dinge, die man später bereut. Man, ihr könnt jetzt nicht einfach Schluss machen. Ich hab vorhin mit Luna geschrieben und es machte nicht den Anschein als wollte sie, dass ihr euch trennt."
"Du hast mit Luna geschrieben?!" Er nickte.
"Was soll ich jetzt tun?"fragte ich abermals.
"Du willst immer noch mit ihr zusammen sein, oder?"hakte Federico nach.
"Natürlich. Wir haben beide Fehler gemacht. Dass sie mir nichts von Mr Hanson erzählt hat, hab ich ihr eigentlich schon längst verziehen. Ich will für sie da sein."seufzte ich.
Mein Bruder klatschte einmal in die Hände und sagte dann: "Na siehst du. Du weißt was du willst. Jetzt erhebt du mal deinen faulen Körper vom Bett und machst was romantisches für Luna."
Ich grinste: "Ich hab schon einen Plan."
~Lunas Sicht~
Am nächsten Tag wachte ich erst um halb 3 auf.
Ich fühlte mich endlich wieder ausgeschlafen. Mit einem Seufzen kuschelte ich mich noch mal in die Bettdecke. Ich hatte es noch nie so geschätzt schlafen zu können.
Auf einem Bett, in bequemen Klamotten. Es fühlte sich an als wäre ich im Himmel.
Während ich noch eine Weile mit geschlossenen Augen da lag und die Stille genoss kehrten leider auch meine Erinnerungen an den gestrigen Tag zurück.
Mit einem Stöhnen vergrub ich den Kopf im Kissen.
Nein nein nein, kann ich denn keinen Tag mehr ohne diese Last aufwachen?
Wenigstens fühlte ich mich nicht mehr so schrecklich wie gestern.
Ein paar Stunden Schlaf konnten Wunder bewirken.
Ein paar ist sogar noch untertrieben, ich hatte bestimmt um die fünfzehn Stunden geschlafen.
Und so fühlte ich mich auch. Obwohl ich eigentlich nicht aufstehen wollte, musste ich es doch. Denn als meine ausgetrocknete Zunge sich vom Gaumen löste lockte mich die Aussicht auf Wasser doch ins Badezimmer.
Am liebsten wäre ich den ganzen Tag im Bett geblieben, doch ich wollte nicht, dass meine Eltern sich Sorgen machten.
Ich Bad wusch ich mein Gesicht und trank erstmal. Danach blickte ich mich im Spiegel an. Ich sah nicht mehr so fertig aus wie gestern.
Meine Augenringe waren zwar noch vorhanden, allerdings deutlich kleiner geworden und auch meine Haut hatte eine gesündere Farbe angenommen.
Ich zog mir eine Jogginghose und einen bequemen Pulli an, bevor ich nach unten ging.
Unten saßen meine Eltern gerade in der Küche und redeten.
"Hey Leute."meinte ich leise. Die beiden blickten auf.
"Auch mal wach geworden."scherzte mein Vater," du bist gestern aber früh eingeschlafen."
Ich lächelte verlegen. "Ähm ja... Nina und ich haben da so eine Serie geschaut und die war total spannend. Wir haben die Zeit vergessen."
Meine Mutter schmunzelte: "Das sieht euch beiden ähnlich. Hoffentlich kannst du heute Abend dann gut einschlafen, denn morgen geht's ja los."
England! Scheiße, das hatte ich ganz vergessen. Morgen würde der Schüleraustausch beginnen.
Eigentlich hatten Nina und ich uns so gefreut zusammen zu reisen, aber jetzt...
Ich vermisste meine beste Freundin.
"Bist du eigentlich schon fertig mit Packen?" mein Vater blickte mich fragend an.
"Ähm... ja fast."antwortete ich vage, doch meine Mutter seufzte nur: "Du hast noch nicht mal angefangen, stimmt's?"
"Erwischt."gab ich zu.
"Dann schlage ich vor du beginnst bald."fuhr sie fort," wir haben dir etwas vom Mittagessen aufbewahrt. Du sahst gestern so müde aus, da haben wir dich schlafen lassen. Du musst es nur in die Mikrowelle tun."
Die beiden gingen daraufhin aus dem Raum, sodass ich wieder allein war.
Ich machten mir mein Essen warm und setzte mich damit an den Tisch.
Wenn man sich in einer Sache auf meine Mutter verlassen konnte, dann waren es Mahlzeiten.
Während ich aß kam Ambar ins Zimmer. An Anfang dachte uch sie wollte nur etwas aus dem Kühlschrank holen, doch dann nahm sie auf dem Stuhl mir gegenüber Platz.
Misstrauisch musterte ich sie. "Was ist?"
"Falls du dich fragst, ich erzähle deinen Eltern nichts davon, dass du bei Simon übernachtet hast."
"Ähm danke."
"Und... ich hab gesehen, dass es dir auf der Party ziemlich scheiße ging. Alles wieder gut?"
Früher war Ambar wenn dann nur gespielt nett, doch das hier wirkte echt. Sie hatte sich wirklich sehr verändert.
Bevor sie und Simon zusammengekommen waren gab es einen Punkt wo Ambar so ekelhaft war, dass niemand mehr etwas mit ihr zu tun haben wollte. Sogar Delfi und Jazmin hatten genug.
Simon hatte Ambar sehr dabei geholfen sich zu ändern. Manchmal glaube ich, er wusste gar nicht wie sehr.
"Ich... ich arbeite dran alles wieder in Ordnung zu bekommen."erwiderte ich leise. Wie ich das machen wollte, wusste ich allerdings nicht.
Ambar nickte. " Okey, dann viel Glück, Lunita. Hab mir schon fast Sorgen gemacht."
Ich schmunzelte wegen dem fast und aß zuende. Ambar ging nach ein paar Minuten wieder nach oben, was ich ihr gleichtat als ich fertig war.
In meinem Zimmer fing ich an mit Kofferpacken. Ich nahm hauptsächlich wärmere Sachen mit, da es in England derzeit kälter als in Buenos Aires war.
Danach legte ich mich mit meinem Notizblock ins Bett und schrieb an meinem neuen Song weiter. La vida es un sueño.
Nach einer Zeit schlug ich das Buch zu und packte es noch dazu in meinen Koffer. Obwohl ich nicht glaubte, dass ich in England zum Schreiben kommen würde.
Ich hatte ein bisschen Angst vor morgen. Eigentlich bräuchte ich jetzt eher ein bisschen Ruhe. Aber andererseits würde es mir vielleicht guttun mal rausgekommen.
Ich musste wieder an Italien denken. Seufzend legte ich mich auf die Seite. Damals waren Matteo und ich noch so verliebt gewesen. In Gedanken versunken musste ich lächeln. Diese Zeit war so ...toll gewesen.
Ein persönliches Highlight war der Ausflug aufs Boot wo ich an Matteo gelehnt auf die Wellen sah. Wir konnten alle die Seele baumeln lassen. Mein Herz tat weh wenn ich an schöne Momente mit Matteo dachte.
Liebe war manchmal wie eine Droge. Sie konnte einen ins Wunderland, aber auch gleichzeitig auf einen Horrortrip bringen.
Während ich deprimiert im Bett lag, bemerkte ich zuerst gar nicht das leise Hauen an meinem Fenster.
Als es dann immer häufiger und lauter wurde schreckte ich doch hoch.
Ich stand auf und ging zum Fenster. Da nichts zu sehen war öffnete ich es und lehnte mich vor. Nicht sein Ernst.
"Matteo?!"rief ich fassungslos. Da stand er. Auf der Straße. Vor meinem Fenster.
"Der einzig wahre."grinste er nur. Mein Blick schweifte von seinem Antlitz zu den Kieselsteinen in seiner Hand.
"Bist du völlig verrückt geworden, was machst du da und wirst Steine an mein Fenster?"schrie ich zu ihm runter.
"Ja wenn du nicht an dein Handy gehst..."rechtfertigte Matteo sich nur.
"Matteo, es gibt da dieses magische Gerät, dass sich eine Klingel nennt. Wenn man in ein Haus will, dann kann man diese betätigen, oder bist du dafür zu blöd, Snob?"schnaubte ich mit verschränkten Armen. "Und überhaupt, was machst du hier?"
"Du bist nicht an dein Handy gegangen. Ich hab mir Sorgen gemacht. Und außerdem will ich mit dir Reden."
Schuldbewusst schaute ich zu meinem Telefon. Es war bis jetzt den ganzen Tag aus gewesen.
Unschlüssig stand ich eine Weile am Fenster.
"Ich geh hier nicht weg bis du raus gehst."ergänzte Matteo.
Diese verdammte Sturkopf.
"Warte kurz ich komm zu dir runter."gab ich nach und lief zur Treppe.
Meine Eltern waren nirgends zusehen also musste ich nicht erklären warum ich kurz rausging.
Nachdem ich mir Schuhe angezogen hatte trat ich zu Matteo ins freie.
Sofort schlang ich die Arme um meinen Körper. Heute war es kälter als sonst. " Du wolltest reden. Also Rede."sagte ich mit auffordernder Handbewegung.
"Ich mach ja schon"schmunzelte er,"aber vorher muss ich dir noch etwas geben, dass dir gehört." Hinter seinem Rücken holte er etwas hevor.
"Meine Tasche!"rief ich erfreut und nahm sie an mich. Erst dann fiel mir bewusst auf, dass ein kleiner Strauß Rosen aus der Öffnung herausschaute. Verblüfft griff ich ihn und zog ihn heraus. Es waren schöne, rote Rosen mit nahezu perfekten Blütenblättern.
"Matteo?"fragte ich nur während er mir näher kam.
"Luna."sagte er mit fester Stimme,"ich bin zu dir gegangen um mich zu entschuldigen. Für alles. Ich hab Sachen getan, die ich niemals hätte tun dürfen."
Er legte seine Hände auf meine Schultern und blickte mich so intensiv an, dass mir fast schwindelig wurde.
"Als ich das mit Mr Hanson erfahren habe, hätte ich nie so reagieren dürfen. Ich war nur so wütend und... irgendwie auch enttäuscht von mir, weil ich dich nicht beschützen konnte."
"Wir-"setzte ich an, wurde jedoch unterbrochen. " Ich hätte das mit meinem Vater auch nie vor dir verheimlichen dürfen."
Ich seufzte und ging in mich. Das was Matteo sagte, war alles unheimlich süß und er hörte sich auch ehrlich schuldbewusst an.
"Wir haben beide Mist gebaut."sagte ich sanft," ich hätte dir von Mr Hanson erzählen müssen. Als mein Freund hast...hattest du ein Recht es zu erfahren. Ich hatte nur zugebenermaßen auch Angst. Vor deiner Reaktion. Dass du gleich auf ihn losgehen würdest, oder so. Dich in Schwierigkeiten bringen würdest."
Matteo schmunzelte: " Das hab ich ja auch."
"Siehst du, ich kenn dich einfach zu gut."neckte ich ihn, wurde jedoch wieder ernst. "Du brauchst dir keine Schuldgefühle machen. Davor hättest du mich nicht beschützen können."
"Aber ich hätte nie zulassen dürfen, dass du so viel leidest."meinte er leise.
"Matteo."hauchte ich,"hör auf. Was mir passiert ist, ist nicht deine Schuld."
"Aber zum Teil schon. Ich hab so idiotisch reagiert und dann auch noch etwas vor dir verheimlicht. Deshalb bin ich ich hier. Verzeihst du mir, Lieferfee?" Seine warmen braunen Augen sahen mich an und ich musste leicht lächeln.
Wir hatten beide Fehler gemacht. Ich genauso wie er. Dagegen konnten wir jetzt nichts tun.
"Ich schätze mein Herz hat dir schon längst verziehen."murmelte ich.
Ich spürte wie Matteo seine Hand an meine Wange legte. Er blickte mich dankbar an. "Hast du das was du gestern gesagt hast wirklich ernst gemeint?"
Er meinte den Teil mit dem Schluss machen.
Ich sah ihn an und in dem Moment wollte ein Teil von mir ihn küssen.
Nein, ich durfte das jetzt nicht. Egal wie sehr ich es wollte, ich war mit mir selbst nicht im klaren.
"Matteo.."seufzte ich," Ich muss mir erstmal darüber klar werden wie es jetzt weitergeht."
"Soll das bedeuten du...willst nicht wieder mit mir zusammen sein?" Er schluckte schwer.
"Nein. Das bedeutet, dass ich Zeit brauche. Aber ich nehme deine Entschuldigung an."
"Ich verstehe. Es ist viel passiert, Luna." Zustimmend nickte ich. Das war es ja. Zurzeit war hier so viel los, dass ich erstmal eine Pause brauchte. Von allem hier, auch von Matteo.
Egal wie sehr ich ihn in dem Moment küssen wollte, ein Teil von mir war immer unentschieden.
Matteo nahm seine Hand von meiner Wange und kam nicht darum ein bisschen enttäuscht auszusehen. "Ich kann warten."seufzte er,"auch wenn es lange dauert."
Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht.
"Und ich werde für dich da sein."fügte Matteo hinzu.
"Danke."sagte ich aus tiefstem Herzen und schloss ihn ohne Nachzudenken in eine Umarmung.
Er legte die Arme auf meinen Rücken sodass ich den Kopf an Matteos Brust vergraben konnte.
Und seit langer Zeit fühlte ich wieder so etwas wie Glück.
Heyy❤
Ziemlich ereignisreich das Kapitel.
Wie fandet ihr Matteos Entschuldigung?
Könnt ihr verstehen, dass Luna etwas Zeit für sich möcht, bevor sie sich entscheidet?
Die beiden haben sich also entschieden zusammenzuhalten.
Was wird im nächsten Kapiteln so passieren?
Und mit England?
Keep Reading😇
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