43. Kapitel
~Ambars Sicht~
"Tante?"fragte ich zaghaft, als ich an ihre Tür klopfte.
Nachdem nichts von ihr zu hören war ging ich einfach hinein.
Das Zimmer meiner Tante war in einer edlen Einrichtung mit viel Gold und Marmor gehalten. Was mich schon immer gewundert hatte war, dass das Zimmer aussah als wäre es gar nicht bewohnt. Die penible Ordnung darin machte immer den Anschein, als würde sie nur darin schlafen und sonst nie hineingehen.
Meine Tante war nicht im Raum, also musste sie im Ankleidezimmer oder in ihrem Bad sein.
Ich wollte gerade nachsehen, da kam sie auch schon aus dem Ankleidezimmer. "Ambar!"schrie sie, als sie mich entdeckte,"kannst du nicht anklopfen?"
Vor Schreck trat sie einen Schritt zurück und sah mich an als hätte sie einen Geist vor sich stehen.
Am liebsten hätte ich die Augen verdreht. So hässlich war ich nun auch wieder nicht.
Doch da das ein böses Erwachen für mich bedeuten würde, tat ich es natürlich nicht.
"Entschuldige"brachte ich stattdessen heraus,"ich wollte dich nur etwas fragen."
Meine Tante schaute mich nur an und sagte kein Wort dazu.
Manchmal könnte ihr für diese Art einfach den Hals umdrehen. Das lief ich schon immer so, als kleines Kind hatte sie nie Zeit für mich gehabt. Ich weiß nicht von wem ich die dämliche Weltauffassung hatte, dass mit einem Lächeln und lieben Worten alles gut würde. Damals war ich noch ganz anders, als Kind war ich oft aufgedreht und glücklich.
Ich war um meine Tante herumgerannt und hatte an ihrem Arm gerissen damit sie mir in den Garten folgte und dort mit mir spielte.
Dass sie das nie tat brauche ich eigentlich gar nicht zu erwähnen.
Seit ich mich erinnern kann, wollte ich eigentlich immer, dass sie eine Art Mutterersatz wurde, da ich meine richtige ja nie kennenlernen durfte.
Auf das Schweigen hin setzte ich mich erst mal auf einen cremefarbenen Sessel der an der Wand stand.
"Du kannst dich ja noch erinnern
"Du weißt ja, dass meine Mutter mir diesen Brief gegeben hat." Ohne näher darauf einzugehen fasste ich kurz zusammen was darinstand. Also den Teil mit der Adresse und dem Besuch.
"Und was machst du jetzt?" Meine Tante klang gar nicht mehr so ruhig wie vorher sondern blickte angespannt im Raum umher.
"Ich werde sie besuchen gehen."erwiderte ich mit fester Stimme,"ich will meine Mutter kennenlernen. Zusammen mit Simon."
Als ich Simon erwähnte schien sich im Hirn meiner Tante ein Schalter umzulegen. Ihr Blick wurde hart wie Stahl. Ich hatte fast das Gefühl als würde sie mir mit ihren Augen alle Hoffnung nehmen.
Es war das Gefühl wenn man als Kind zu seiner Mutter gegangen ist, weil man etwas wollte und sie schon diesen einen Blick aufgesetzt hatte, sodass man schon bevor sie etwas gesagt hatte wusste, dass man es vergessen konnte
Energisch schüttelte sie den Kopf. "Auf gar keinen Fall. Ich lasse dich doch nicht einfach mit diesem dahergelaufenen Jungen nach Paris reisen."
Ich schluckte mein Unbehagen hinunter und stand auf. "Es liegt an Simon nicht wahr?"fragte ich ihn gefährlich ruhigem Ton," Er ist dir schon die ganze Zeit ein Dorn im Auge."
Provozierend ging ich noch ein paar Schritte vorwärts bis ich direkt vor ihr stand.
"Diese Frechheit"meine Tante warf die Arme in die Luft,"merkst du nicht, dass ich aus reiner Vernunft handle. Dieser Junge ist nicht gut für dich."
"Nein. Er ist nicht gut für dich. Weil du dann weniger Einfluss auf mich hast. Ich habe endlich jemanden, der mir den Rücken stärkt und das mindert deinen Einfluss."zischte ich und versuchte sie mit meinem Blick aufzuspießen.
"Ambar versuch wenigstens einmal auch an andere zu denken. Was glaubst du wirft dieser Junge für ein Licht auf uns? Und außerdem, hast du je daran gedacht, dass er hinter dem Geld her sein könnte? Denn alleine wird er dir bestimmt keine Zukunft bieten können, das sage ich dir gleich."
Während ihren Worten wurde ich wütender und wütender, sodass meine Haut förmlich brannte.
Wie konnte sie es wagen. Niemand, aber absolut niemand, machte meinen Freund auf diese Art runter.
"Weißt du wie schäbig das von dir ist? Simon ist auf keinen Fall so jemand. Dass du das auch nur in Erwägung ziehst. Er ist der unmateriallistischste Kerl den ich kenne.
Ich will mit ihm nach Paris und meine Mutter suchen. Eine richtige hatte ich ja nie wie du weiß. Und mit dem Privatjet wäre das kein Problem. Bei Matteo hättest du nicht mal mit der Wimper gezuckt.
Gönnst du es mir denn nicht wenn ich einmal Glück in der Liebe habe?"
Ich verschränkte die Arme und sah ihr direkt ins Gesicht. Jetzt war der Zeitpunkt da.
Endlich stellte ich mich gegen meine Tante.
Die ganze angestaute Wut und Frustration musste raus.
"Euer Verhältnis ist nicht gut. Er könnte viel zu viel mitbekommen, so oft wie er in diesem Haus herumlungert."
Ich schnaubte: "Oh keine Sorge, ich habe ihm nichts von deiner geliebten Sol erzählt. Und außerdem ist er eh kaum noch hier, überleg mal was für einen Grund das haben könnte, hm."
Das mit Sol war eine glatte Lüge, aber eher würde ich mir ins Bein schneiden als Reue zu empfinden.
Am liebsten würde ich ihr ins Gesicht schreien dass ich ihm alles -abgesehen von ihrer scheußlichen Einstellung dazu- erzählt hatte. Aber die Folgen die das nach sich ziehen würde waren undenkbar.
"Du bist viel zu leichtgläubig gegenüber ihm. Er hat dich so verändert, dass du alles glauben würdest. Er hat dich schwach gemacht."
Das traf einen wunden Punkt in mir.
Mein Leben lang hatte ich schon Angst gehabt zu schwach zu sein.
"Es ist noch schwächer so beeinflussbar zu sein um solche Vorurteile zu haben. Du verurteilst ihn obwohl du ihn noch gar nicht kennst.
Gib ihm doch wenigstens eine Chance!"
Mit diesen Worten wirbelte ich herum und stürmte aus dem Zimmer.
Am liebsten wäre ich jetzt irgendwo im Wald oder an einer Klippe wo weit und breit kein Mensch war und hätte in die Welt hinaus geschrien. So laut und lang ich konnte bis mir der Atem ausging und ich erschöpft zusammensank.
Doch stattdessen ließ ich mich auf mein Bett sinken und sah an die Decke. Meine innere Wut machte mich wahnsinnig, ich krallte meine Fingernägel mit aller Kraft in mein Bein um die Kontrolle zu behalten.
Der Schmerz in meinem Oberschenkel lenkte mich von meiner Aggressivität ab, sodass ich eine Weile einfach nur so da lag und die Tränen auf meinen Wangen spürte.
Warum konnte das Leben nicht einfacher sein?
Lunas Eltern liebten Matteo, sie hätten überhaupt nie ein Problem mit irgendeinem ihrer Freunde. Bei Luna schien es eh so als wäre alles in ihrem Leben perfekt.
Bestimmt hat sie gar keine Probleme.
Und bei keinem anderen, den ich kannte hassten die Eltern den eigenen Freund so sehr.
Sharon akzeptierte ihn einfach nicht. Sie verhielt sich wie ein stures kleines Kind.
Nach einer Weile löste ich meine Fingernägel langsam wieder und entfernte sie vorsichtig. Tiefe halbmondförmige Abdrücke kamen zum Vorschein.
Ich atmete tief aus, sie taten ganz schön weh.
Ich weiß nicht viel Zeit verging, bis ich ein Klopfen an meiner Tür hörte.
"Wenn du meine Tante bist, dann geh weg!"
Natürlich stand sie trotzdem ein paar Sekunden später im Zimmer.
"Ambar. Ich denke wir hatten da vorhin einen schlechten Start."
Die Art wie sie das Gespräch einleitete überraschte mit dann doch.
"Und?"fragte ich in einem Ton der im Nachhinein betrachtet vielleicht nicht als höflich gilt.
"Ich will nicht roh zu dir sein. Bei der Sache mit Simon mögen wir getrennte Meinungen haben und ich bezweifle auch, dass sich das ändern wird. Aber du hast ja gesagt, dass ich Vorurteile habe, also kannst du den Jungen meinetwegen zum Essen einladen, damit ich mir selbst ein Bild von ihm machen kann."
Ich wusste gerade nicht was ich fühlen sollte. Ich schwankte zwischen Freude und Skepsis. Einerseits war es gut, andererseits konnte das doch nur schief gehen.
"Du wirst dir völlig unvoreingenommen ein Bild von ihm machen?"hakte ich noch einmal nach.
Sie nickte. "Ja. Und danach sehen wir weiter."
Ich atmete einmal tief durch und fuhr mir durch die Haare.
"Ok."meinte ich nur. Ich dachte zwar kurz darüber nach noch ein danke herauszuführen entschied mich aber dagegen.
Wie ich Simon darauf vorbereiten sollte mit meiner Tante Abend zu essen war mir allerdings noch nicht klar.
~Lunas Sicht~
Der Flug von Italien nach Buenos Aires war ganz schön lang. Ich vertrieb mir die Zeit damit zu Schlafen und mit Matteo Filme auf seinem tablet anzusehen.
Zwischendurch schaffte ich es sogar den Anfang zu einem neuen Song zu schreiben.
Er sollte "La vida es un sueño" heißen. Das schreiben löste ziemlich starke Gefühle in mir aus, da ich dabei an meine Familie dachte. Nicht an meine Adoptiveltern, sondern an die, die ich nie kennengelernt hatte.
Versteht das jetzt bitte nicht falsch, meine Adoptiveltern sind wunderbar und auch total wichtig für mich. Aber je mehr ich über das Thema nachdachte desto mehr weckte es in mir den Wunsch etwas über sie zu erfahren.
Ich fragte mich warum sie mich weggeben haben? Ging es ihnen schlecht, waren sie dazu gezwungen oder wollten sie mich einfach nur nicht mehr?
Niemand wusste wo ich herkam und wer ich wirklich war.
Gedankenverloren sah ich aus dem Fenster auf die Wolken.
Es war ein wunderschönes Bild.
Seufzend schlug ich mein Notizbuch wieder zu. Von dem ganzen Nachdenken über meine Vergangenheit wurde ich noch ganz wahnsinnig.
Und die Träume, die ich immer bekam halfen auch nicht.
Ich wusste nicht mal ob sie irgendeine Bedeutung hatten. Meistens rannte ich in ihnen vor einem Feuer weg. Aber immer kamen die Flammen näher und ich spürte ihren heißen Atem schon in meinem Nacken. Doch kurz bevor ich mich verbrannte wachte ich jedesmal auf.
Das ganze war verwirrend. Ich sollte mich einfach mehr auf die Realität konzentrieren.
Das Lied an dem ich schrieb, war ziemlich kräftig und auch etwas schwieriger zu singen. Dafür würde ich noch üben müssen.
Nachdem wir ausgestiegen waren rief Ludmila Violetta an, damit diese uns abholt.
Diesmal nahm sie uns in Germans schwarzem Jeep mit. Da der Kofferraum ziemlich groß war hatten wir auch keine Probleme unser Gepäck zu verstauen.
Auf der Fahrt war es größtenteils still, da wir alle fertig von der Fahrt waren.
Matteo schlief sogar ein. Ich musste lächeln, als er seinen Kopf auf meiner Schulter ablegte.
Das sah einfach nur so süß aus.
Ich nahm mir dabei die Zeit mein Handy zu checken.
Es waren ein paar Nachrichten von Nina und meinen Eltern eingetroffen.
Nina schrieb ob alles okey war und meine Eltern wollten wissen wann ich nach Hause käme.
Ich antwortete beiden und steckte es danach wieder ein.
Nina hatte ich versichert, dass alles gut sei und ich sie später über all Details informieren würde.
S
eit Freitag machte sie sich ziemliche Sorgen, was auch verständlich war. Mir ging das ganze ja selber nicht aus dem Kopf.
Und Matteo etwas zu verheimlichen tat weh. Ich musste es ihm so bald wie möglich erzählen, obwohl ich am liebsten gar nicht darüber reden wollte.
Ich wurde aus den Gedanken gerissen, weil wir gerade bei Matteos Haus parkten.
"Schaut mal welches Foto ich von euch gemacht habe."rief Ludmila zu uns nach hinten,"sorry, aber das sah zu süß aus."
Sie hielt uns ihr Handy hin.
Ich konnte ein breites Grinsen einfach nicht unterdrücken.
Matteo schmunzelte und antwortete einfach: "Kein Problem."
Vor dem Auto verabschiedeten wir uns. Ludmila und Federico umarmten Matteo kurz und ich küsste ihn zum Abschied.
Nachdem die beiden schon zurück im Auto waren sagte Matteo noch zu mir: "Danke, dass du dieses Wochenende mitgekommen bist."
Ich schaute lächelnd zu ihm hoch: "Du brauchst dich nicht zu bedanken, es war ein schönes Wochenende. Freut mich, dass ihr mich mitgenommen habt."
"Meine Mutter und Stephan mögen dich anscheinend sehr gern."
"Zum Glück."seufzte ich, "das ist nicht so selbstverständlich."
Er zog die Augenbrauen zusammen und sah mich skeptisch an. "Was meinst du?"
Oh Mist, was sollte ich jetzt denn antworten? Ich konnte ihm ja nicht offen sagen, dass ich das Verhalten vo seinem Vater seltsam fand. Vielleicht machte ich ja auch aus einer Mücke einen Elefanten.
Ich wich ihm aus."Nichts."
Matteo schien nicht zufrieden zu sein, sagte aber nichts mehr.
Einen Moment sahen wir uns nur schweigend an, aber es war kein unangenehmes Schweigen.
"Gute Nacht, Luna" er lächelte mich an und gab mir einen Kuss auf die Stirn.
"Gute Nacht"antwortete ich und genoss dieses Gefühl der Geborgenheit, was ich immer bei ihm spürte.
Als ich nachdem Matteo reingegangen war wieder ins Auto sprang, war das erst, was aus meinem Mund kam: "Schick mir das Foto bitte, Ludmila."
Ludmila grinste und sah mich verschwörerisch an. "Klar, mach ich."
Ich bräuchte eh noch ein paar neue Bilder um meine Zimmerwand zu dekorieren.
Als wir bei mir hielten umarmte ich bei zum Abschied und klingelte dann.
Ich schloss die Tür zum Dienstboteneingang auf und kam direkt in die Küche.
Dort saß Alfredo schon am Tisch und unterhielt sich mit meinen Eltern.
"Hallo Leute"rief ich und erst da schienen sie mich richtig zu bemerken.
Die drei bombardierten mich sofort mit Fragen zu meinem Wochenende.
"Nicht alle auf einmal" lachte ich und setzte mich dazu.
In dem Moment begann der Ofen zu piepen und meine Mutter stand auf.
"Sie hat recht, lasst uns erst mal den Tisch decken und beim Essen weiterreden."
Meine Mutter hatte Cannelloni zum Abendessen gemacht und es schmeckte wie erwartet total gut.
Während wir aßen erzählte ich ein bisschen was von der Reise, aber Sachen wie das Gespräch von Matteo und seiner Mutter ließ ich aus. Das war dann doch etwas zu privat.
Nach diesem langen Tag ging ich schließlich hoch und zog mir einen Schlafanzug an. Meine Müdgikeit hatte wenigstens den positiven Effekt, dass ich gar nicht mehr so lange nachdenken konnte, sondern relativ schnell einschlief.
Hey💙
Update🍾😍
Eigentlich hatte ich geplant das Kapitel erst morgen online zu stellen, aber ich hatte doch schon heute Lust dazu^^
Da viele von euch schon auf das Gespräch von Luna und Matteo hinfiebern kann ich euch nur so viel sagen. Es ist in Kapitel 46❣
Keep Reading 😇
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