101. Kapitel
~ Lunas Sicht~
Es ging mir wieder schlechter. Die letzten Tage wären ohne meine Freunde unerträglich gewesen. Da Ludmila krank war und ich sie nicht mit meinen Problemen belasten wollte, sprach ich oft mit Fede. Er war immer für mich da.
Gaston sah ich nicht so oft, allerdings fragte er mich immer wie es mir ging und versuchte mich mit seiner witzigen Art aufzumuntern.
Nina war eine riesige Stütze in der Schule. Obwohl ich ihr nicht sagen konnte was passiert war, wich sie mir nicht mehr von der Seite.
Trotz all dem war ich oft am Rande eines Zusammenbruchs. In der Schule war es am schlimmsten. Ich hatte das Gefühl die Blicke und das Tuscheln folgten mir überall hin. Die meisten gingen davon aus, dass Matteo und ich uns getrennt hatten. Das merkte ich vor allem daran wie sich die Jungs verhielten. Vorher hatte keiner sich auch nur getraut mich anzustarren, da sie alle großen Respekt vor Matteo hatten. Jetzt merkte ich öfters wie mir Blicke folgten, oder mit mir geflirtet wurde.
Das klingt jetzt vielleicht toll, aber in Wahrheit war es einfach nur unangenehm. Ich wusste nie was ich sagen sollte.
Das waren die Gründe weshalb ich jetzt auch mit gesenktem Kopf so schnell wie möglich durch die Gänge lief. Die letzte Stunde war vorbei und ich wollte nur noch nach Hause.
Den Blick auf den Boden gerichtet ging ich gerade aus und prallte auf einmal gegen etwas hartes. Bevor ich das Gleichgewicht verlor, gelang es mir mich wieder zu fangen. Vor mir stand ein Junge mit blonden Haaren und blauen Augen. Er sah eigentlich ganz nett aus würde er mich nicht mit einem überheblichen schiefen Grinsen betrachten.
„Luna, oder?", kam es von ihm und nickte zögerlich. „Das mit deinem Freund tut mir leid. Ich kann mir vorstellen wie... frustriert du sein musst. Wenn du willst können wir ja mal.."
Unter anderen Umständen hätte ich kein Problem mit ihm, doch die Art wie er ‚frustriert' aussprach, machte eindeutig klar welche Hintergedanken er hatte.
Auch das noch. Konnten die sich nicht einfach auf was anderes konzentrieren? Wieso waren wir überhaupt so interessant? Ich wurde so wütend.
„Habt ihr eigentlich alle keine eigenen Probleme?", zischte ich bevor ich darüber nachdenken konnte, „lasst mich einfach alle in Ruhe!"
Bevor ich noch etwas sagen konnte, tauchte hinter mir auf einmal eine Stimme auf. „Hey du. Lass lieber mal das Mädchen in Ruhe, ich glaub sie hat besseres zu tun." Ich drehte mich um und sah Ramiro hinter mir. Seufzend blickte ich ihn dankbar an. Endlich jemand bekanntes.
Der Junge verdrehte genervt die Augen. „Ich wollt sie ja nur ein bisschen aufbauen.", sagte er noch bevor er an uns vorbei ging. Ich drehte mich zu Ramiro. „Danke echt."
„Kein Ding. Matteo würde das bestimmt nicht gerne sehen. Und du siehst auch nicht allzu erfreut aus."
„Tja, dann sollte er erstmal wieder herkommen. Und nein, ich will nicht darüber reden.", stieß ich aus und erkannt noch in dem Moment, dass ich ohne Grund rumgezickt hatte.
„Sorry", fügte ich leiser hinzu, „ich bin nur gereizt. Nochmal danke."
„Kein Ding. Wir sehen uns.", sagte er noch bevor er sich ebenfalls auf den Weg machte.
Das sollte ich auch tun. Einfach nur nach Hause. Ich verschränkte die Arme und lief den Blick starr nach vorne gerichtet ins Treppenhaus. Der nächste Typ der mir entgegen lief war zum Glück Gaston. Noch mehr fremde Blicke hielt ich heute echt nicht mehr aus.
„Hey Luna. Wie geht's?", fragte er doch ich brummte nur: „Na ja."
„Gerade ist es echt scheiße, aber du wirst sehen in ein paar Tagen haben sie es vergessen und stürzen sich auf ein neues Klatschthema."
Ich nickte wenig überzeugt: „Ja, ist halt nur schwer wenn es sich so anfühlt als würde ich mit einer Zielscheibe auf der Brust herumlaufen.
***
Zuhause wäre ich am liebsten sofort in mein Zimmer gegangen. Dort war ich im Moment am Liebsten. Eingekuschelt tief unter meiner Bettdecke.
Doch leider durchkreuzten meine Eltern meinen Plan.
„Luna, setz dich doch noch zu uns, man sieht sich in letzter Zeit so wenig.", rief meine Mutter und lud mich an den Tisch ein.
„Ich hab in der Schule gegessen.", gab ich als Erklärung in hoffentlich gleich einfach in mein Zimmer gehen zu können. Ich wollte nur ins Bett und nichts tun.
„Ach komm, ein bisschen was schaffst du schon. Wir müssen auch noch mit dir über etwas reden."
Widerwillig seufzte ich und legte meinen Rucksack neben mir auf dem Boden an, als ich mich hinsetzte. Ich hatte keine Lust zu reden, aber auf eine Diskussion noch weniger, also lud ich mir etwas Salat und zwei Kartoffelpuffer auf den Teller. „Worüber wolltet ihr reden?", kam ich zur Sache. Meine Mutter antwortete: „Ich wollte dich nur daran erinnern, dass wir heute Abend Gäste haben."
Ich sah sie verwirrt an. Gäste? „Was für Gäste?", fragte ich trocken.
„Na die Jungs, kannst du nicht mehr erinnern?" Oh nein. Dieses bescheuerte Abendessen. Meine Mutter hatte vor Ewigkeiten mal gesagt, sie wollte Simon und Matteo einladen- als dank dafür dass sie mich vor Mr Hanson gerettet haben. Warum jetzt und warum ausgerechnet heute?
„Geht das nicht wann anders?", meckerte ich," heute passt gar nicht."
„Ach komm Luna, wir haben sie schon eingeladen und sie haben zugesagt. Außerdem, wieso nicht heute?"
„Ich glaube nicht, dass Matteo kommt.", schoss es aus mir heraus. Als ich die fragenden Blicke meiner Eltern sah, fügte ich hinzu: „Er war die ganze Woche nicht in der Schule."
„Na ja, dann wird es ihm wohl besser gehen, er hat nämlich zugesagt. Du freust dich bestimmt deinen Freund zu sehen, wenn er die ganze Woche nicht da war."
Ja, ich würde mich freuen Matteo überhaupt mal wieder zu sehen.... aber nicht heute, nicht bei einem Essen mit meiner ganzen Familie und Simon.
ich nickte verkniffen und versuchte mir nichts anmerken zu lassen.
Irgendwie musste ich aus dieser Sache wieder heraus... wieso hat Matteo überhaupt zugesagt? Es war es doch der die Distanz vorgeschlagen hat. Und ausgerechnet jetzt wollte er in mein Haus kommen und das Essen meiner Mutter loben, als wäre nichts geschehen? Vielleicht fühlte er sich meinen Eltern ja verpflichtet oder so....
„Aber Nina und ich wollten heute lernen. Es steht demnächst eine extrem wichtige Arbeit in Chemie an und da Nina ja so gut darin ist und ich eben so gar nicht hilft sie mir." , log ich. Dieses Argument musste ja wohl punkten.
„Ihr könnt doch auch morgen lernen, oder am Nachmittag. Wir können sie ja nicht einfach wieder ausladen.", meinte jedoch meine Mutter. Na super, wenn nicht mal die Schulkarte erfolgreich war, dann könnte ich es gleich vergessen.
„Nina ist eine viel beschäftigte Frau. Es ist schon nett dass sie sich für heute Abend angeboten hat.", startete ich einen letzten verzweifelten Versuch.
„Du klingst langsam so als hättest du ein Problem damit, dass die beiden kommen. Habt ihr Streit.", meine Mutter durchleuchtete mich mit ihren Blicken und ich schüttelte eilig den Kopf. „Nein, ich sorge mich bloß um meine Noten... so wie ihr es immer von mir wolltet."
Mein Vater lächelte mir zu und sagte: „Das schätzen wir auch Luna. Wie wär's wenn du und Nina heute Nachmittag hier lernt. Und als Dank dafür dass sie dir hilft, lässt du sie eben auch zu dem Essen ein."
„Eine gute Idee. Je mehr desto besser.", stimmte meine Mutter zu. Ich seufzte und sah ein, dass ich da nicht mehr rauskam. „Ich werd's versuchen."
Nachdem ich aufgegessen hatte, ging ich sofort auf mein Zimmer. Ich ließ meinen Rucksack unachtsam auf den Boden fallen und warf mich auf mein Bett. Warum muss alles so scheiße sein. Ich kuschelte mich in die Decke und versuchte nicht zu heulen. Warum ich? Warum wir? Hatten Matteo und ich denn kein Glück verdient? Vielleicht kreierten wir unseren Schlamassel auch einfach selbst? Waren wir zu unterschiedlich? Eine explosive Konstellation die auf Dauer nicht halten konnte?
Ich wischte mir die aufkommenden Tränen weg und ging zu meinem Kleiderschrank um etwas bequemes anzuziehen. Nachdem ich einen grauen Hoodie und eine Jogginghose angezogen hatte schlüpfte ich zurück im Bett und rief erstmal Fede an um ihm von dem ganzen Schlamassel zu erzählen. Fede hörte mir zu und versuchte so gut es ging mir zu helfen. Er dachte, dass es vielleicht sogar sind Möglichkeit wäre die Dinge zu klären. Ich war eher skeptisch, da meine ganze Familie und Simon ebenfalls da waren...
Nachdem wir eine Weile geredet hatten nahm ich schließlich meinen Mut zusammen und äußerte meine größten Bedenken. „Und was wenn das alles so passieren soll? Es kann doch nicht sein, dass Matteo und ich einfach kein Glück verdient haben? Was wenn es einfach nicht sein soll? Wir zu unterschiedlich und kompliziert sind?"
Fede seufzte. „Luna, so darfst du nicht denken..."
„Aber ich dachte immer, wenn es richtig, dann ist alles ganz einfach..."
„Sieh dir mich und Ludmila an. Es war nie einfach. Und glaub mir, auch wenn es jetzt nicht so scheint..", er machte eine kurze Pause und schien an frühere Sachen zu denken, „es gab eine Zeit da waren Ludmila und ich die Definition von unterschiedlich und kompliziert. Nur weil Matteo immer so tut, als wäre unsere Beziehung so einfach, bedeutet das nicht dass es stimmt."
„Aber ihr... ihr seid etwas anderes. Bei euch merkt man einfach, dass das eine Sache für die Ewigkeit ist.", widersprach ich. Fede und Ludmila waren eine ganz andere Liga. Auch wenn Fede und Matteo gleich alt waren, wirkte ihre Beziehung irgendwie... reifer, erwachsener. Einfach weil sie sich schon länger kannten, mehr durchgemacht hatten und Ludmila auch älter als ich war.
„Beantworte mir zwei Fragen und du weißt die Antwort. Liebst du ihn? Fühlt es sich richtig an?"
Ich atmete tief ein, obwohl mein Herz alle Antworten kannte.
„Ja."
***
Nachdem ich den ganzen Tag nur im Bett gelegen und Trübsal geblasen hatte, kam gegen Abend meine Mutter in mein Zimmer.
Ich nahm nicht mal den Kopf vom Kissen, sondern sah sie nur an. Nach dem Gespräch mit Fede ging es mir nur bedingt besser, was mich nicht davon abhielt den Rest des Nachmittags von der Außenwelt abgeschirmt im Bett zu liegen. Dabei war ich am Handy und sah mir Internet hundert Klatschseiten an die über mich und Matteo berichteten. Ich weiß, es war nicht das beste für mich, doch ich konnte nicht widerstehen.
„Na Luna, können wir heute mit Nina rechnen?", fragte sie. Oh Nina, die hatte ich ja ganz vergessen. Es wäre toll, eine Freundin zur Unterstützung dabei zu haben, jedoch wäre dann nur noch ein Person da die potenziell etwas vom ganzen Chaos mitbekam. Es wäre toll, mit Nina über alles reden zu können, allerdings müsste ich dazu Matteos Geheimnisse enthüllen und dazu hatte ich kein Recht.
Ich schüttelte den Kopf. „Hatte keine Zeit."
„Ach Schade. Aber ihr findet bestimmt auch einen anderen Termin. Was willst du denn heute anziehen?" Oh man. Jetzt musste ich mir auch noch Mühe geben.
„Keine Ahnung. Jeans. T-Shirt. Sowas in der Art.", gab ich elliptisch von mir.
„Ach komm du hast so viele schöne Kleider.", versuchte sie mich zu überreden und ging zu meinem Schrank, „zum Beispiel dieses hier."
Oh nein. Mein Herz schmerzte beim Anblick dieses Kleides.
Es war das blaue Kleid, welches ich an jenem Tag anhatte, als ich Matteos Dachterrasse seine geworden war. Und als er mich ein nobles Restaurant ausgeführt hatte um unsere Beziehung zu feiern.
An diesem Kleid hingen zu viele Erinnerungen. Ich konnte es nur tragen wenn ich glücklich war.
„Nein.", gab ich kalt von mir, „nicht das."
„Aber wieso denn nicht? Es ist wunderschön." Ja, Mamá. Das ist mir bewusst...
Um mir meine Trauer nicht zu sehr anmerken zu lassen sagte ich stattdessen: „Äh... weil ich heute was helleres tragen wollte." Ich lief zum Schrank und zog ein cremefarbenes Kleid heraus, dass ich in London gekauft hatte.
„Das ist perfekt. Soll ich dir locken oder so machen?", bot sie an, doch ich schüttelte den Kopf. „Nein, das schaff ich schon selbst."
Sie lächelte und tätschelte mir kurz die Schulter. „Gut, dann lass ich dich mal allein."
Nachdem ich weiterhin zu viel totgeschlagen hatte musste ich mich beim fertig machen ein bisschen beeilen. Ich hatte gar keine Lust. Doch wie Ludmila immer sagte... genügend Schlaf, ein heftiger Lachanfall oder ein aufwendiges Styling waren die besten Heilmittel für so ziemlich alles. Also versuchte ich einfach die ganze negative Energie die ich bis jetzt auf die Trauer verwendete hatte auf meinen Look zu projizieren.
Ich verwendete dunkleren und goldenen Lidschatten, schaffte es mir einen Eyeliner zu ziehen und trug Mascara auf. Dazu machte ich meine Augenbrauen und trug nudefarbenen Lippenstift auf.
Meine Haare lockte ich und machte mir eine Frisur.
Das Highlight war meiner Meinung nach aber das Kleid. Es war schlicht aber trotzdem elegant und hatte einfach einen tollen Schnitt.
So merkte Matteo wenigstens welche Art von Frau er hier im Stich ließ. Oder so.
Auf einmal verspürte ich das unersättliche Bedürfnis es ihm heimzuzahlen. Ihm zu zeigen, dass ich auch ohne konnte. Das mich all das nicht runterbrachte.
Wenn er nur auf sich selbst achtete und mich einfach in all dem Chaos allein ließ, dann soll er mit den Konsequenzen leben. Ich würde jetzt dort runter gehen mit einem strahlenden Lächeln und es ihm richtig zeigen.
Ich trug noch mehr Puder auf und versuchte mich überlegen im Spiegel anzulächeln.
Das wird schon.
Nachdem ich so viel Zeit wie möglich hinaus getrödelt und meine Mutter mich schon zwei mal gerufen hatte, musste ich wirklich nach unten gehen. Pünktlich als ich die Treppe hinuntergekommen war klingelte es. „Luna, machst du auf?", schrie meine Mutter.
Bitte lass es nur Simon sein. Bitte lass es nur Simon sein.
Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch ging ich zur Tür. Mir rutschte das Herz in die Hose als ich neben Simon Matteo sah.
Mein ganzer Mut von vorhin war mit einem Schlag dahin, als er vor mir stand.
Matteo sah nicht gut aus. Erschöpft blickte er mich durch die einst leuchtenden braunen Augen an, die jetzt mit dunklen Ringen geschmückt wurden. Anders als sonst war er unrasiert und trug einen leichten Bart. Es war ganz ungewohnt ihn so zu sehen.
Er trug ein cremefarbenes Hemd und eine schwarze Jeans. Ich stellte widerwillig fest, dass wir farblich zusammenpassten. Wie entgeistert sahen wir einander nur an, bis Simon und aus dieser Trance löst. „Luna, lass dich umarmen. Du siehst gut aus." Ich riss meinen Blick von Matteo und antwortete: „Danke, du auch." bevor ich mich auf die Zehenspitzen stellte und ihn umarmte. Als ich von ihm abließ ging Simon ins Haus und Matteo sah mich erwartungsvoll an. Ich wusste nicht was ich jetzt tun sollte. Ihn umarmen? Ihn stehen lassen? Ich würde ihm so gern umarmen und um mich spüren.
Aber er hat mich allein gelassen. Das ging nicht.
Ich wandte den Blick ab und nickte ihm einfach zu, bevor ich mich umdrehte und mit Simon rein ging. Mir fiel die weiße Rose in seiner Hand auf. „Ist die für Ambar?", fragte ich. Die beiden hatten irgendwie so ein Ding, dass sie sich immer weiße Rosen schenkten.
Er nickte: „Ja, ich wollte nach dem Essen noch bei ihr vorbeischauen." „Das ist voll süß von dir.", seufzte ich neidisch. So eine unkomplizierte, schöne Beziehung musste wirklich gut tun.
Ich erinnerte mich an das, was Ambar zu mir gesagt hatte und versuchte das Gespräch auf Cancun zu lenken. „Freust du dich schon auf Cancun? Du reist ja auch mit deiner Freundin dort hin?"
„Oh ja. Ambar und ich haben sogar unseren Jahrestag dort.", erzählte er verträumt. „Oh stimmt, das hat sie mir erzählt. Ich soll es dir eigentlich nicht sagen, aber kannst du ein Geheimnis für dich behalten?",fragte ich.
Wenn ich diesen Abend schon hier sein musste, dann konnte ich wenigstens etwas gutes tun. Simon zog die Augenbrauen zusammen und nickte: „Klar, was meinst du?"
Ich grinste: „Ambar plant eine Überraschung für dich an eurem Jahrestag. Lass dir aber nicht anmerken, dass du es weißt." Es lief alles nach Plan. Simon sah mich überrascht an. „Echt jetzt? Oh man, das wär aber nicht nötig gewesen. Eigentlich wollte ich doch was für sie planen."
„Tja, diese Pläne musst du jetzt wohl über Bord werfen. Ich wette es wird dir gefallen."
Simon lächelte und schüttelte dabei gedankenverloren den Kopf. Es war schön anzusehen wie sehr es ihn freute. „Weißt du was sie vorhat?"
„Selbst wenn ich es wüsste würde ich's dir nicht sagen.", konterte ich frech und streckte ihm die Zunge raus. Als wir in die Küche zu meinen Eltern kamen begrüßten sich alle erst einmal überschwänglich. Matteo und Simon hatten meinen Eltern zusammen einen Strauß Blumen mitgebracht und ich wurde gebeten eine Vase dafür zu holen. Es waren wunderschöne kräftige Sonnenblumen, die einen an den Sommer und das Licht erinnerten.
Als ich wiederkam und die Blumen auf den Tisch stellte fiel mir auf, dass Alfredo auch am Tisch saß. „Oh, isst du auch mit uns?", rief ich erfreut.
Er nickte: „Natürlich. Auch ich will mir nicht entgehen lassen den Jungs dafür zu danken, was sie getan haben. Und außerdem ist Monicas Essen einfach zu köstlich."
Ich kicherte. Da sagte er was wahres. Es nahmen alle am Tisch Platz und ich half meiner Mutter das Essen zu bringen und den Wein einzugießen.
Als Vorspeise aßen wir Suppe mit Fleisch, Gemüse und Kräutern. „Bevor wir essen möchte ich noch einen Toast ausbringen.", eröffnete Alfredo die Runde, „es freut mich sehr, dass wir alle uns zu diesem Abendessen zusammengefunden haben. Und, dass beide meiner Enkelinnen zwei so gutherzige Partner auf ihrer Seite haben. Ich will heute Abend auf die Liebe, gute Freunde und natürlich die Familie trinken. Cheers!" Wir hoben alle unser Glas und stießen an.
„Wir sind wirklich dankbar, dass Ihr Luna in dieser schrecklichen Situation beigestanden habt.", sagte meine Mutter noch einmal, „das ist nicht selbstverständlich, und ich bin froh dass sie so einen besten Freunden und einen Partner an ihrer Seite hat."
„Auch wenn wir bei letzterem anfänglich skeptisch waren.", fügte mein Vater hinzu und wir lachten alle.
„Ich hoffe ja, ich konnte vom Gegenteil überzeugen.", sprach Matteo in seiner typischen charmanten Art, „Ich wollte mich noch für die Einladung bedanken Monica, du weißt ja wie sehr ich deine Küche schätze. Ihr müsst euch nicht bedanken, das würde ich immer wieder tun."
„Auch von mir Dankeschön. Ich teile dieselbe Meinung wie Matteo." Ich musste wieder an den Vorfall mit Benicio auf der Hauseinweihungsparty denken. Simon steckte eigentlich sogar in genau der gleichen Situation wie Matteo damals...
Wir fingen an zu essen und wie erwartet war die Suppd köstlich. „Luna, Matteo wie läuft es in der Schule?", fragte mein Vater.
„Ganz gut. Matteo kann davon nicht so viel berichten.", bemerkte ich spitz. Ich konnte mir die kleine Stichelei nicht verkneifen. Meine Eltern sahen uns verständnislos an.
„Äh das liegt daran, dass ich die letzten paar Tage krank war. Aber da ich mich jetzt fitter fühle, denke ich dass ich morgen wieder ins Blake gehen werde.", erklärte Matteo und ich horchte auf. Stimmte das? Ich sah ihn fragend, an doch aus seinem Blick war nichts zu lesen als er meinem auswich. Warum war er so distanziert?
Die Stimmung am Tisch war gedrückt. Matteo und ich sprachen nicht viel miteinander. Einmal gab es so einen komischen Moment, als er mich bat ihm das Salz zu reichen und unsere Finger sich bei der Übergabe berührten. Ich zog meine Hand überstürzt zurück wobei der Salzstreuer auf den Boden fiel und die anderen mit den Gesprächen aufhörten um stattdessen uns anzusehen.
Matteo schob alles auf meine Tollpatschigkeit und machte in gewohnter Manier Witze darüber, die für mich jetzt nur halbherzig klangen.
Er regte mich auf. Es regte mich auf, dass er vor meinen Eltern so tat als wäre alles in bester Ordnung. Dass er mit einem lockeren Lächeln Gespräche führte und Witze riss, mich jedoch nicht einmal ansah. Diese ganze Heuchelei machte mich regelrecht wütend. Am liebsten würde ich einfach aufstehen, schreien dass gar nichts in Ordnung war und er seinen Arsch in die Schule bewegen sollte, anstatt mich mit all den Gerüchten allein zu lassen. Danach würde ich aus dem Raum gehen, nicht ohne ihm vorher noch meinen Wein übers Hemd geschüttet zu haben.
Dann würden wir nicht mehr farblich zusammenpassen, Herr Balsano.
Die Hauptspeise war Pasta mit Shrimps. Meine Mutter fragte Simon nach der Band und der Show vom Studio. Die Zeit verging zäh, während mein bester Freund von den Proben erzählte. Nachdem alle fertig gegessen hatten, hoffte ich endlich erlöst zu werden.
„Der Nachtisch wird noch ein bisschen dauern. Wenn ihr wollt könnt ihr dabei hoch gehen.", schlug meine Mutter vor.
„Ich würde gern noch bei Ambar vorbeischauen, wenn das in Ordnung wäre.", erklärte Simon in fragendem Ton.
„Natürlich, geh ruhig zu deiner Freundin.", sagte Mamá sofort, „wie wär's wenn ihr ins Wohnzimmer geht Luna. Sharon hat sich schlafen gelegt, also könntet ihr etwas im Fernsehen ansehen oder so."
Oh nein. Mit Matteo allein in einem Raum zu sein war das letzte was ich wollte. Ich konnte aber keine Szene und wollte wirklich nicht, dass meine Eltern irgendetwas von unseren Problemen merkten. Also nickte ich nur und ging mit ihm ins Wohnzimmer.
Ich schaltete wirklich den Fernseher ein, damit meine Eltern nicht jedes unserer Worte hörten. „Gut gespielt.", sagte ich spitz als ich zurück zum Sofa ging. Matteo sah mich verständnislos an.
„Na die ganze Heuchelei. Alles ist ja so perfekt und wir haben uns alle so lieb.", sprach ich mit sarkastischem Unterton.
„Luna.", er wirkte verwirrt und überrascht. Als er zu etwas ansetzen wollte unterbrach ich sofort.
„Hast du die Wahrheit gesagt? Kommst du zurück?"
Er schwieg einen Moment bis ein Seufzen ihm entwich. Schon allein an seinem Blick erkannte ich dass Matteo gelogen hatte. Ich schnaubte: „War ja klar."
„Was hast du denn? Ich habe dir doch gesagt, dass ich Zeit brauche. Es ist momentan nicht so leicht..."
Es ist momentan nicht so leicht. Mit jedem ausgesprochenen Wort wurde meine Wut noch größer. „Es ist momentan nunmal nicht so leicht!", rief ich höhnisch, „Es ist momentan nicht so leicht! Oh weißt du was für mich ist es momentan auch nicht so leicht! Ist halt scheiße, von seinem Freund einfach allein gelassen zu werden, während sie die ganze Presse über einen das Maul zerreißt und man in der Schule überall angestarrt wird. Oh und nicht zu vergessen die ganze Zeit über einen geredet wird. Alle sehen mich nur als das arme naive Mädchen, dass von ihrem Freund betrogen wurde. Aber dich interessiert das ja gar nicht!! Dich interessiert nur deine scheiß Auszeit, ich könnte-" Meine Stimme wurde immer lauter, aufgebrachter und verzweifelter. Doch als ich den Kopf zu Matteo drehte und sein verletztes, erschöpftes Gesicht sah, entfielen mir auf mir auf einmal die Wort und ich stockte mitten im Satz. Ich spürte wie mir die Tränen aufkamen. Nein, ich wollte nicht traurig und verletzt sondern wütend sein.
„Ich könnte...", versuchte ich erneut verzweifelt zuende zu reden, wurde jedoch von Matteo unterbrochen.
„Ist das wie du dich fühlst?", fragte er leise und sanft und ich nickte, versuchte meine wässrigen Augen vor ihm zu verstecken. Wieso war ich so scheiße emotional?
„Sag mir einfach ob es wahr ist, Matteo. Dann kannst du meinetwegen gehen und dich in deinem Hotelzimmer verkriechen. Nur bitte sag mir ob es wahr ist.", flehte ich. Die Ungewissheit machte mich wahnsinnig. Ich musste wissen was hinter dem Gerücht steckte.
Matteo fing gerade an zu reden, als wir beide stockten. Wir hatten aufgehört zu sprechen, weil im Fernseher auf einmal unsere Namen genannt wurden.
„Herr Paccini, was sagen sie zu den Gerüchten, die um ihren Bruder Matteo Balsano und Luna Valente kursieren?"
Zu sehen war Federico, der auf einem roten Teppich stand, vor einer Horde Fotographen und Reportern. Ich konnte mich dunkel erinnern, dass er mir erzählte hatte, das er heute noch ein Event besuchte.
„Herr Paccini, inwiefern können sich zu diesem Bild äußern?", eine andere Journalistin zeigte das Bild von Matteo und dem anderen Mädchen, welches so einen Skandal ausgelöst hatte. Es war eigentlich zu erwarten gewesen, dass Fede heute Abend dazu ausgefragt werden würde.
Was Federico dann sagte, erwartete allerdings niemand. „Das ist alles ein großes Missverständnis. Das auf dem Bild ist nicht Matteo sondern ich. Wir waren aus in einem Club. Ludmila war sogar dabei. Es wurde im falschen Moment fotografiert, da läuft nämlich gar nichts. Ich kenne das Mädchen nicht einmal und habe auch sicherlich nicht Ludmila mit ihr betrogen. Genauso wenig wie Matteo das mit Luna getan hat."
Ich lehnte mich überfordert zurück. Weder Matteo noch ich konnten begreifen was Fede gerade getan hatte. Einen langen Moment war es still bis schließlich Matteo eine erste Reaktion zeigte. Er ließ den Kopf in die Hände sinken und stöhnte leise. „Oh verdammt."
Heyyy❤️
Sorry dass ich euch so lange hab warten lassen mit dem Kapitel. Dafür ist es aber auch etwas länger geworden. Ich hoffe ihr mögt es und könnt mir dahingehend verzeihen :)
Wie findet ihr das was Federico getan hat? Er riskiert dadurch seinem eigenen Ruf für seinen Bruder zu schaden.
Und habt ihr das Lunas blaues Kleid erkannt? :D
Bin schon total gespannt auf eure Feedback und was ihr zu den nächsten Kapiteln sagt.
Keep Reading 😇
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