wie sich alles fügt

Wir konnten Nico zum Glück überreden, bei uns zu bleiben, bis er vollkommen genesen ist. Ein Ziel, dem er jeden Tag einen Schritt näher gekommen ist.

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Als es endlich zu dem Punkt kam, an dem er zurück in sein eigenes Haus hätte ziehen können, war sein halber Hausstand schon hier und keiner von uns wollte das noch. Es gab keine Diskussion darüber, kein Angebot von uns, komplett einzuziehen und keine Forderung seinerseits, die Dinge zu regeln. Es war einfach so und blieb wie es ist, nachdem der eigentliche Grund für sein Hiersein wegfiel.

Je selbstständiger Nico wurde, desto mehr brachte er sich in die alltäglichen Arbeiten rund ums Haus ein. Dass er uns vorher so lange beobachten konnte half ihm tatsächlich, sich genau da einzufügen, wo er nicht nur nicht störte, sondern immer schon gefehlt hat. Zach war zum Beispiel nur zu gerne bereit, den Wäschedienst abzugeben, als Nico darauf bestand, weil sein Job, oder besser die häufigen Online-Meetings mit Klienten, einen erhöhten Bedarf an gebügelten Hemden mit sich brachte. Außerdem störten ihn die wachsenden Wäscheberge, weil wir das immer bis auf den letzten Drücker liegen gelassen haben.
Wer hätte gedacht, dass das Zusammenleben mit einer dritten Person so angenehm werden könnte?
Nachdem er die Armschiene los war und endlich beide Hände benutzen konnte, hat er sich direkt in seine Arbeit gestürzt. Zach und ich waren somit frei, unsere eigenen Routinen wieder aufzunehmen und das war höchste Zeit. Wir wurden immer unruhiger, Zach noch mehr als ich. Zu viel Zeit im Haus und mit Menschen hat seine Spuren bei ihm hinterlassen und so sind wir alle drei glücklich, seit Zach endlich wieder mehr Zeit im Wald verbringt.

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Nico und ich stehen dicht voreinander im Wohnzimmer, rücken uns unnötigerweise den Kragen zurecht und wischen uns nicht vorhandenen Staub von den Schultern, als wir Zach fröhlich pfeifend hereinkommen hören.

"Er ist wirklich viel erträglicher, wenn er abends nach Hause kommt", flüstert mir Nico ins Ohr. Dafür erntet er von mir einen sanften Kuss, der sich schnell vertieft. Als wir aus unserer romantischen Zweisamkeit wieder auftauchen, steht Zach in der Tür, die Arme verschränkt aber ein breites Grinsen auf dem Gesicht.
"Na, für diesen Anblick kommt man doch gerne nach Hause!" Natürlich sieht er uns nur zu gerne zu und ich bin sicher, er würde gerne mehr sehen, so wie ich gerne mehr tun würde. Doch bislang hat es sich einfach nicht ergeben.
"Brauchst du was?" Zach winkt meine Frage nur ab, kommt aber dann doch und holt sich von Nico seinen kurzen Willkommen-Zuhause-Kuss ab, bevor er in Richtung seines Zimmers verschwindet. "Morgen früh um sieben?", fragt er noch über seine Schulter, Nico antwortet mit einem Daumen hoch, dann sind wir wieder unter uns.
Ich denke an unser Gespräch von dem Tag zurück, als ich ihn hierher brachte.

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Eine von Zachs Fragen damals war: "Du kannst uns doch nicht beide lieben, wie ist das möglich?"

Ich weiß, dass sich Zach für weniger liebenswert hält als mich. Mehr als einmal hat er mich gefragt, ob ich seiner wegen in Sachen Liebe hinter dem Berg halte, doch so ist das nicht. Ich bin kein besseres Partnermaterial als er, denn wo er einen potenziellen Partner allein lässt, verlange ich von ihm, mich mit zu vielen anderen zu teilen.
Nico liebt uns aber nicht trotzdem, sondern gerade deshalb beide, wie er uns erklärte.

"Mal ehrlich", hat er zunächst mehr im Spaß, aber nicht ohne Grund erklärt. "Ihr habt euch so viel Mühe gegeben, in vielen Dingen wie ein und dieselbe Person zu sein, egal ob Aussehen oder allgemeines Auftreten. Ich kann euch ja kaum auseinanderhalten, da ist es wohl natürlich, dass ich mich in euch beide verknallt habe!"
Was uns zu der Zwischenfrage brachte, wieso er uns überhaupt auseinanderhalten kann. Mit einem verschmitzten Lächeln und nachdem er sich verschwörerisch umgesehen hat, als ob es in unserem Haus einen heimlichen Mithörer geben könnte, verriet er uns, dass es das Alter ist, was seine verräterischen Spuren hinterlassen hat.
"Es sind die Krähenfüße, die euch verraten", flüsterte er, bevor er in lautes Gelächter ausbrach. Dafür waren dann wohl unsere entsetzten Gesichtsausdrücke verantwortlich. Aber später vor dem Spiegel mussten wir erkennen, dass er Recht hatte. Meine Lachfältchen in den Augenwinkeln und seine mürrischen Linien um die Mundwinkel könnten uns an den aufmerksamen Beobachter verraten.

"Du kennst aber auch unsere Unterschiede und solltest daran entscheiden können, oder nicht?" Brachte ich die Sprache zurück auf das eigentliche Thema indem ich meinem Bruder zustimmte, was Nico mit einem breiten Grinsen abnickte.
"Das habe ich auch, denn ehrlich, wenn ich mich bei euren Extremen für einen von euch entscheiden sollte, müsste ich euch beide ablehnen.
Dein Drang zur Abgeschiedenheit und Einsamkeit würde mich auf Dauer eingehen lassen", bestätigte er Zachs Selbsteinschätzung und gleich darauf auch meine. "Und deine Vorliebe für Partys nach dem Motto: Je mehr Leute umso besser? Ich würde auf Dauer wahnsinnig werden."
Mit wirklich ernstem Blick wandte er sich dann wieder Zach zu.
"Ich liebe unsere Arbeit mit den Bienen, die Wanderungen im Wald, sogar das Camping!" Eine Liebeserklärung, die er mir ebenfalls nicht schuldig bleibt. "Und ich liebe unsere Ausflüge und die Partys mit unseren Freunden." Genau deshalb, so macht er uns anschließend klar, liebt er uns beide. Denn so kann er ganz nach Lust und Laune immer dem Einen oder Anderen frönen und unsere Extreme für sich perfekt dosieren.

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Die Erinnerung daran bringt Nico einen so verliebten Blick von mir ein, dass er Lachen muss.

"Was?", fragt er unschuldig und ich zucke mit den Schultern, grinse aber breit.
"Danke!"
Er sieht mich völlig verwirrt an und als ich mich nicht weiter erkläre, fragt er neugierig, wofür.
"Dafür, dass du Zach so nimmst wie er ist und so sein lässt." Ich lächle, doch Nico weiß, wie ernst ich es meine. Jetzt ist es an ihm, mit den Schultern zu zucken, aber er legt dabei seinen Kopf schief und grinst eher schelmisch.
"Er ist wie dieser viel beschriebene Paradiesvogel. Wenn man ihn einsperrt, geht er ein, aber wenn man ihn frei fliegen lässt, kommt er immer wieder zu einem zurück."
Ganze 5 Sekunden können wir uns ernst halten, dann prusten wir los. Was für eine kitschige Bemerkung, besonders im Zusammenhang mit Zach.

"Und was bin ich dann für dich?" Ich greife nach dem Schlüssel unseres Wagens und wir machen uns auf den Weg, um an der Haustür in unsere Jacken und draußen in unser Auto zu schlüpfen.
"Uh, keine Ahnung, so ein Fisch in einem riesigen Schwarm, den man in der Masse schnell aus den Augen verlieren kann?"
"Ich bin also der graue Einheitsfisch unter Tausenden und Zach der Paradiesvogel?"
Wir setzen unser Geplänkel fort, während ich uns sicher aus dem Wald und ins Dorf fahre.

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Nachdem wir Nicos Regeln zum Thema Flirten über den Haufen geschmissen hatten, habe ich begonnen, ihn auszuführen. Es wurde Zeit, dass ich Zach in Sachen Romantik einholte und einige Dates ins kleine Kino, zum Italiener oder ins Museum waren meine Antwort darauf. Das warf eine weitere Frage über das Zusammensein mit Nico in der Öffentlichkeit für uns auf, der wir uns stellen mussten.

"Willst du wirklich mit uns beiden zusammen gesehen werden?"
"Gleichzeitig?" Nicos Frage kam wie aus der Pistole geschossen und nicht ohne spöttischen Unterton. Sie wurde von Zach mit einem Augenrollen und von mir mit Gelächter beantwortet. Touchet! Die Frage war unpräzise gestellt, denn an unserer Einstellung dazu hatte sich nichts geändert. Wir wollten nicht gemeinsam in der Öffentlichkeit auftreten, und wir wollten uns Nico nicht auf diese Weise teilen. Wir mussten aber auch keine neue Frage formulieren, denn Nico verstand uns auch so.

"Mal ehrlich", fing er seine Antwort genauso an wie beim ersten Gespräch über dieses Thema, weshalb wir alle breit grinsen mussten. "Ist ja nicht so, als ob ein Außenstehender erkennen könnte, mit wem ich gerade unterwegs bin." Und da sich Zach bei anderen meistens für mich ausgab, dürfte seine Anwesenheit bei einigen der Waldführungen von Zach dieselben Fragen aufwerfen, wie wenn er mich ins Dorf begleitet. Ist er mit Zach oder mir zusammen? Ist er in Begleitung von mir oder Zach? Und Nico hat bewiesen, dass er unser Spiel mit Leichtigkeit und Freude mitspielen kann.
"Nicht schwer, wo ihr doch meine Münze mit zwei Seiten seid", erinnerte er uns an den Vergleich nach seinem Liebesgeständnis. Und da wir alle drei nicht bereit waren, unsere romantische Zuneigung allzu sehr öffentlich zur Schau zu stellen, sorgten die kleinen Anzeichen von Nähe und Vertrautheit eher für neues Futter an Klatsch und Tratsch für die Touristen und Fans.

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Auf dem Parkplatz des Come Inn angekommen, schauen wir uns gegenseitig aufmunternd an.

"Bereit?", frage ich Nico und er atmet einmal tief ein und aus, bevor er nickt.
"Irgendwann muss ich mich dem stellen, oder nicht?"
Ich lege auf seine Frage hin meine Zach-Maske auf und schüttele vehement den Kopf.
"Du musst überhaupt nichts, was dir nicht behagt."
Das bringt ihn zum Lachen und löst einen Teil seiner Anspannung. Es ist das erste Mal seit Monaten, dass ich wieder hierher komme, und ich komme nicht alleine.

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Wie sich zeigte, sorgte mein Fernbleiben zwar dafür, dass das spezielle Angebot von Candy und Cane weniger gebucht wurde, nicht aber für weniger Besucher. Stattdessen haben sich unsere einheimischen Freunde mit ähnlichem Interesse um das Männerbuffet gekümmert und unsere Fans haben sich einfach mehr auf das ganze Dorf und die Umgebung verteilt, weil man dort zwar keine Show bekam, aber dennoch Chancen hatte, uns anzutreffen und einen Blick auf unsere Einkaufsgewohnheiten zu werfen oder meine Dates mit Nico.

"Es ist wie mit dem Ungeheuer von Loch Ness", hat mein Bruder behauptet. "Da fahren die Leute auch hin, in der Hoffnung ein Monster zu sehen. Und anders als dort, haben sie hier immerhin die Chance, einem Zwilling zu begegnen."
Wir haben lange darüber gelacht, noch länger darüber diskutiert und dabei auch erkannt, dass sich unser Dorf längst als schöner Urlaubsort mit großem Erholungsfaktor einen Namen gemacht hat und die Leute nicht mehr nur wegen uns kommen. Und damals wie heute können die Leute ja unsere Führungen buchen, wenn sie ein garantiertes Treffen wollen.

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"Immerhin wirst du mich ganz für dich haben. Keine Show, keinen Aufriss", baue ich Nico auf und führe ihn an der Hand ins Lokal. Wie früher legt sich ein neugieriges Schweigen über die Besucher der Taverne, als wir den Raum betreten. Ich lache breit und Nico winkt nervös, dann brandet Applaus auf. Wie es aussieht, sind unsere Fans vor allem erleichtert darüber, dass es uns gut geht, nicht nur mir, sondern auch und vor allem Nico.

Statt an die Theke setzen wir uns an den reservierten Tisch in einer Ecke und wie verabredet kommt Cane dazu, um uns beim Essen Gesellschaft zu leisten. In dem er Nico laut genug über sein Wohlbefinden befragt, erfahren die Gäste ganz nebenbei, was sie wissen wollen und lassen uns daher in Ruhe.

Nachdem Cane seine Schuldigkeit getan und sich zu seiner Schwester an die Theke zurückgezogen hat, fallen wir in ein leiseres und lockeres Gespräch, wie schon bei allen anderen Dates.
"Eines wollte ich immer schon mal wissen", fragt Nico neugierig. Dabei lehnt er sich näher an mich, damit wir uns leise und von anderen ungehört austauschen können.
"Wieso haben deine Eltern den älteren Zwilling Zachary und den jüngeren Arian genannt? Wäre es nicht umgekehrt besser? A bis Z und so?" Ich lache laut auf, was uns neugierige Blicke einbringt, und stecke dann meinen Kopf noch enger mit ihm zusammen. Ja, Neugier zu entfachen macht immer noch Spaß, aber das bedeutet nicht, dass ich sie auch immer stillen muss. Leise flüsternd erkläre ich ihm, dass in unseren ursprünglichen Geburtsurkunden genau das zu lesen war. Arian ist der ältere Bruder.
"Ich bin nur nicht als Arian geboren", erkläre ich weiter und entlocke ihm damit einen ungläubigen Ausruf. Später, zu Hause, werde ich ihm in Ruhe erklären, wie es dazu kam, dass in meinem Pass heute Arian steht, obwohl ich der Zweitgeborene bin. Für jetzt reicht es ihm zu erklären, dass wir uns bereits im Alter von zwölf entschieden haben, dass unsere Namen andersherum besser zu uns passen. Lachend stößt mich Nico danach mit der Schulter an und ich erwidere die kleine Geste der Zuneigung nur zu gerne.

"Ihr seid wirklich ein süßes Paar. Wieso macht ihr es nicht offiziell?" Candys Frage, als sie uns eine neue Runde an den Tisch bringt, überrascht uns.
"Was genau?", will Nico wissen und sieht sie verwirrt an.
"Das du und Arian ein Paar seid!" Sie scheint keinen Zweifel daran zu haben, dass ich Arian bin. Auf der anderen Seite würde sie Zach, wenn er jetzt hier wäre, auch Arian nennen, daher ergibt der Vorschlag doppelt Sinn. Nico gefällt diese Vorstellung jedoch nicht, weshalb Candy erklärt, warum sie extra an unseren Tisch gekommen ist, um uns diesen Vorschlag zu präsentieren.
"Das dürfte den Sextourismus beenden und mehr Platz für andere Fans eurer Story schaffen, die schon jetzt bei eurer Liebesgeschichte mitfiebern. Es wird euch außerdem mehr Verhaltensspielraum im Ort geben."
"Aber wir haben ja noch nicht mal ...", beginnt Nico abgelenkt, schluckt dann aber den Rest des Satzes herunter, als er sich umsieht und all die neugierigen Blicke auf uns gerichtet sieht. Die Unterhaltung war nicht gerade leise geführt und ich bin noch nicht sicher, ob ich Candy zu diesem Schritt gratulieren oder ihr dafür eins reinwürgen soll. Doch meine Gedanken sind zu abgelenkt von dem Versuch, Nicos Satz zu beenden. Was meint er? Was haben wir noch nicht mal? Ich sehe in die ebenfalls ratlosen Gesichter der Anderen um uns herum. Die neidischen Blicke einiger Männer ignoriere ich, denn ich bin nicht mehr interessiert. Wenn ich jemanden für ein Sexdate aufreißen will, dann Nico. Na klar! Ich schlage mir im Geiste die Hand vor die Stirn, als mir klar wird, wovon Nico spricht und auch, wieso es bisher nicht dazu gekommen ist. Aber wie gehe ich das Problem an? Nun, nichts, was ich jetzt und hier lösen kann oder vor all den Augen unserer Zuschauer lösen will.