Kapitel 48 - Kein Traum
Der neue Morgen machte auf sich aufmerksam, als die ersten Lichtstrahlen durch die Fensterscheibe munter mir entgegen blinzelten und das Tageslicht den Raum sachte in warmes Licht hüllte. Ein Duft nach Kaffee schwirrte durch die Gänge, während das Geschirr in der Küche tatkräftig klapperte. Ein schöner Tag schien anzubrechen. Doch die Idylle täuschte.
Mit leicht zusammengekniffenen, schlafbedürftigen Augen, welche sich an das Helle erst noch gewöhnen mussten, beobachtete ich Lui neben mir und lauschte ihrem gleichmäßigen Atmen. Sie wirkte so unbekümmert, während sie auf dem Sofa noch immer ihr unfreiwilliges Nickerchen hielt. Ich fragte mich, wann Alex endlich da wäre, als ein Knacken und Rascheln meine Aufmerksamkeit einnahm. Sogleich richtete ich meinen Oberkörper gespannt auf. Endlich! Alex war heimgekehrt. Die ganze Nacht fieberte ich wie auf heißen Kohlen diesem Moment entgegen. Die Müdigkeit von eben war wie weggeblasen. Aufgeregt sprang ich vom Sofa und sputete zur Haustür. „Jack, Areas!", rief ich zu den Männern, die in der Küche hantierten. „Alex ist wieder da!"
„Ist was passiert?", fragte der Torhüter erstaunt, als ich ihn stürmisch begrüßte.
Aufgeregt holte ich Luft: „Wo soll ich nur anfangen."
Alex Blick glitt verdutzt hinter mich. „Und was macht ihr hier?"
„Dir auch einen wunderschönen guten Morgen!", begrüßte ihn Jack, während Areas, welcher neben ihm stand, nur ein ernstes Nicken von sich gab. „Wir haben nach Minnie gesehen. Dein Wunsch. Schon vergessen?"
„Und seit gleich über Nacht geblieben?" Seine Augenbrauen sprangen auf die Antwort gespannt in die Höhe?
„Es gab ein paar klitzekleine Komplikationen", erklärte Jack und tippte dabei die Zeigefinger nervös gegen aneinander. „Vielleicht ein Tässchen Kaffee?" Der Blaue entblößte verunsichert ein breites Grinsen.
„Was für Komplikationen?" Besorgt sprangen seine Augen zwischen uns hin und her.
Jack stöhnte gefrustet: „Also kein Kaffee? Vielleicht etwas Stärkeres? Nein? Okay, am besten machst du dir selbst ein Bild davon", schlug der Blaue schließlich vor. „Aber vergiss nicht, ich habe es versucht."
Alex folgte ihm sogleich mit rollenden Augen. Beim Eintritt ins Wohnzimmer blieb er abrupt stehen. Für einen Augenblick hatte es dem Torhüter die Sprache verschlagen. Ungefähr eine Minute stand er nur da und staunte über das Schwert, was sein Wohnzimmer verwüstet und seinen Fernseher zerstört hatte mit einer Fassungslosigkeit, die ich so noch nie gesehen hatte. „Wie, wie hast du es gemacht?", stotterte er.
Warum ging er automatisch davon aus, dass ich es war? „Ich wusste plötzlich, wie man das Schwert herbeiruft."
„Hast du deine Erinnerungen zurück?", wollte er gleich darauf wissen. Alex klang aufgeregt und nervös zugleich.
Seine Fragerei machte mich immer stutziger. Wieso assoziierte er meine Erinnerungen mit dem Schwert? Hatte er von dem Schwert gewusst und es verschwiegen?
„Nein, leider nicht. Ich erinnere mich nicht an Iva oder woher ich das Schwert habe. Aber ich muss dir was anderes sagen. Alex, ich hatte einen Traum...da war..."
„Es war verrückt. Das Schwert tauchte plötzlich in ihrer Hand auf und sie ist die Einzige, die es heben kann", unterbrach Jack mich euphorisch. „Das Ding ist aber auch verdammt schwer."
„Ja, aber ich habe nicht die geringste Ahnung, wie man es wieder verschwinden lässt." Überfordert schwang ich den Finger Richtung Schwert. Als ein lautes Schnarchen hinter mir ertönte.
„Und was macht sie hier?" Alex schüttelte verdutzt den Kopf und zeigte auf die schlafende Lui, welche er erst jetzt zur Kenntnis nahm.
„Das ist die andere Komplikation", war Jack seine simple Erklärung.
„Also, Lui hat Panik bekommen, als sie das Schwert sah. Areas musste sie, na ja, sie still legen", ergänzte ich vorsichtshalber.
Alex warf einen skeptischen Blick zu Areas.
„Sei versichert, es geht ihr gut", meinte der Blonde selbstsicher.
„Warum ist sie überhaupt hier?", regte Alex sich auf. Wahrscheinlich realisierte er gerade, in was für einem Schlamassel wir steckten.
„Das ist, jetzt glaube unser kleinstes Problem", murmelte ich mit angespanntem Nacken. „Hör mir zu. Ich denke, Liam ist in großer Gefahr!"
„Was meinst du?"
„Sowie ich es sage. Liam steckt in riesigen Schwierigkeiten." Ich erzählte ihm von dem Traum. Dem Kerker, der Frau mit den übernatürlichen Kräften, dem Vollblutigen Sadisten. Was sie von mir wollten. Was sie taten. Ihr Aussehen. Von Liam. Ich versuchte, nichts auszulassen.
Jegliche Farbe wich aus Alex Gesicht. Er schüttelte ungläubig den Kopf.
„Alex?"
„Die Frau, die du beschrieben hast und ihre Fähigkeiten. Nein, das kann nicht Zorra sein!"
Mir stockte der Atem. „Zorra?" Sofort erinnerte ich mich an Eddas Geschichte, hörte ihre unzufriedene Stimme in meinem Kopf widerhallen. Mir wurde Speiübel. „Du meinst die Hexe, die König Tarvo aus dem Verbannungsschlaf erweckt hatte, um Ellie zu finden war in meinem Traum?" Meine Aufregung stieg. Schwindel überkam mich und vor meinen Augen flimmerte es, sodass ich unwillkürlich blinzelte, bis das Flimmern etwas schwand.
„Nein. Das kann nicht sein. Das würde bedeuten, dass Elvar am Schattenhof ist. Nein! Das kann nicht sein!", wiederholte er wie im Wahn.
„Dann ist der Mann König Tarvo?", fragte ich gebannt und ignorierte die Schwindelgefühle weiter. Später musste ich unbedingt etwas Essen und Trinken, auch wenn es das Letzte war, woran ich jetzt dachte.
„Er kratzte sich nervös am Hals. Ich weiß nicht. Liam geht es gut." Er nickte zuversichtlich. „Es geht ihm gut. Es war nur ein Traum!" Er packte mich an den Schultern. „Dein Unterbewusstsein fängt womöglich an, sich zu erinnern! Vielleicht hast du deshalb diese Träume? Ja, das wird es sein!", redete er mir ein.
Mein Unterbewusstsein?
„Willst du mir weismachen, dass es meine Erinnerungen sind? Was habe ich mit dieser Zorra zu schaffen, dass ich von ihr träume? Was habe ich mit diesen Sadisten zu tun? Sag es mir, wenn du was weißt!"
Er zögerte, dann: „Ich kann nicht", stammelte er.
„Warum nicht?!"
„Hast du vergessen, was Edda gesagt hatte. Es könnte dich am Erinnern hindern."
Wut durchzog mich daraufhin. „Das ist doch nur eine dumme Ausrede." Verletzt darüber verzog ich meine Mundwinkel verächtlich und versuchte die Tränen der Ungerechtigkeit zurückzuhalten, als sich eine Hand um meine Schulter legte und stumm an sich drückte. Es war die Jack seine.
„Und wenn es kein Traum war? Ich weiß nicht, von wem die Rede ist. Doch wenn es eine Hexe ist, die richtige Magie beherrscht, dann ist es gut möglich", sagte Areas und trat zu mir und Jack.
„Das war kein Traum. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, aber ein Traum war es sicher nicht!" , stützte ich Areas Theorie aufgeregt und war froh, dass wenigstens sie mir glaubten.
Meine Knie zitterten und wurden ganz weich, etwas stimmte ganz und gar nicht mit mir. Ich ignorierte die Warnsignale meines Körpers weiter.
„Ihr irrt euch!" Alex Stimme wurde lauter, aber auch dünner. „Er hätte es mir gesagt. Er sagte, Elvar geht es gut. Er hätte es mir nicht verschwiegen. Liam geht es gut. Es geht ihm gut."
„Von wem sprichst du?", fragte ich irritiert. „Wer hätte es dir gesagt?"
Der Torhüter atmete gestresst aus und verstummte verwirrt und nachdenklich. Glitt verzweifelt mit den Fingern durch die goldenen Locken. „Schon bald sind sie da. Dann erkläre ich es dir."
Er sah mich bitterernst an. Die Lippen ein aufeinander gepresster Strich.
Ich stöhnte genervt: „Sie? Sind es schon zwei? Wer?" Mein Atem beschleunigte sich und mein Körper versteifte. „Ich habe es satt, dass du ständig in Rätseln mit mir sprichst, als wäre ich eine Gefahr!", schrie ich ihn entfesselt an.
In sein Gesichtsausdruck mischte sich Verblüffung und Erbitterung. Doch statt zu antworten funkelte er mich schweigend an.
„Wer sind sie? Können sie Elvar retten? Wir verlieren nur noch mehr Zeit!", brüllte ich nur noch gereizter, als mir plötzlich schwarz vor Augen wurde. Ich taumelte an die Stirn mich greifend zurück und krümmte mich. „Mir ... mir ist schlecht", stöhnte ich und hatte das Gefühl mich übergeben zu müssen. Ich suchte nach etwas, um mich abzustützen.
„Minnie! Was hast du?", hörte ich meinen Namen besorgt rufen. Ich wollte antworten, doch es fiel mir mit einem Mal schwer, meine Stimme zu erheben. Mein Körper wurde ganz schwer und leicht zugleich. Etwas drückte mich ruckartig nach vorne, bis ich den Halt unter mir verlor und in einen dunklen Abgrund stürzte.
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