Kapitel 14 - Die Strandparty
Wir waren tatsächlich da. Ich hatte es durchgezogen! Eine salzige Brise wehte mir entgegen. So musste wohl die Freiheit riechen.
Musik. Musik, die immer lauter wurde, je mehr wir uns dem Menschengetümmel näherten. Hinter der dröhnenden Musik hörte ich das Meer immer wieder friedlich hervorrauschen. Lautes Lachen. Kreischende Mädchen. Jungs, die sich amüsierten und herumalberten. Es hatte den Anschein, als ob die gesamte Jugend von Greenhill sich am heutigen Abend hier versammelt hätte.
Ein Lagerfeuer! Die Flammen tanzten sinnlich unter dem dämmrigen Himmel, der allmählich die letzten roten Spuren des Sonnenuntergangs verdrängte. Je näher wir dem Geschehen kamen, desto hibbeliger wurde ich.
Ich machte es Lui gleich und zog meine Flip-Flops aus.
Es war wohltuend, die nackten Füße in den warmen, fein rieselnden Sand zu vergraben und die feinen Partikel zwischen den Zehen zu spüren.
„Luisa, hierher!", rief unerwartet eine gut gelaunte männliche Stimme aus der Menge zu uns herüber. Ein mir unbekannter Typ winkte uns zu sich.
Lui lachte und rief: „Jacky!"
Ich dagegen wurde immer nervöser. Oh, Gott, hoffentlich blamiere ich mich nicht!
„Komm Minnie, ich stell dich ein paar Freunden vor", sagte Lui und schleifte mich an der Hand hinter sich her.
Ein paar Mädchen gingen an uns vorbei und musterten uns hochnäsig. Sofort fühlte ich mich fehl am Platz.
Wir stießen zu Luisas Bekanntem, der in einer Gruppe mit anderen Typen im Kreis stand. Sofort wurde es leiser in der Runde. Lui begrüßte die Anderen. Es schien, als ob sie jeden Einzelnen von ihnen kannte. Schließlich stellte sie auch mich vor: „Leute, das ist Minnie, meine Freundin!"
„Minnie? Wie die Minnie Maus?", fragte einer von ihnen, sein Gelächter unterdrückend. Zwei andere wechselten spottende Blicke aus.
„Nur Minnie!", antwortete Luisa mit mahnendem Blick.
„Minnie Spring", antwortete ich schließlich selbst und blickte dem Typen, der kurz vor einem Lachausbruch stand ernst ins Gesicht.
"Minnie Spring ... ich mag den Klang deines Namens. Jacques Leroy!", sagte plötzlich der Kerl, den Lui „Jacky" genannt hatte und reichte mir die Hand. „Kannst einfach Jack sagen."
Er schien in Ordnung zu sein. Von Anfang an war er aus der Gruppe hervorgestochen, mit seinem kurzgeschorenen blonden Kopf, sonnengebräunter Haut und großen grünen Augen. In seinem Hawaiihemd und Bermudashorts sah er aus wie ein typischer Surfer. Ein Sunny Boy oder so etwas in der Art.
„Achte nicht auf diese Knallköpfe", erklärte er charmant lächelnd und nahm den mit dem frechen Mundwerk spaßeshalber in den Schwitzkasten.
„Leroy!", schrie dieser angestrengt. Jack ließ ihn schließlich vergnügt los.
Mit einem Mal stellten sich auch die anderen vor. Ich begrüßte alle etwas angespannt. Einer von ihnen, von etwas festerer Statur, drückte mir sofort einen Papierbecher in die Hand. Ich blickte hinein. Klare Flüssigkeit befand sich darin. Sicher kein Wasser. Ich schnupperte skeptisch daran.
„Keine Angst Minnie, wir vergiften dich schon nicht!", sagte der Typ, während er Luisa auch einen Becher reichte.
„Leute, habt Erbarmen, meine Freundin erlebt zum ersten Mal das Gefühl von Freiheit."
„Lui, hör auf", nuschelte ich ihr beschämt zu.
„Wie alt bist du?", hakte der stämmige Typ nach, dessen Name mir entfallen war.
Fast achtzehn, wollte ich sagen, als Lui das Wort ergriff:
„Was soll die Fragerei?"
„Sorry, sorry, hab mich nur gewundert. Dein Alter ist wohl sehr streng?"
Ich nickte nur, bei meinem „Alten" an Liam denkend.
„Jetzt hör auf, das Mädchen zu bedrängen", rief Jack und forderte alle auf, die Gläser zu erheben. „Auf die Bekanntschaft, auf den heutigen Abend!" Wir werden uns sicher nun öfters über den Weg laufen, Minnie Spring", sagte er, mich angrinsend.
Gemeinsam stießen wir mit unseren Bechern an.
„Auf den heutigen Abend", murmelte ich und nahm auch einen kleinen Schluck. Ich verschluckte mich zugleich. Ein starker Hustenreiz war die Folge. Der Geschmack, der Geruch, alles daran war einfach nur widerlich. Die Jungs lachten.
„Ist nicht witzig", schrie Lui, mir auf den Rücken klopfend.
Jack reichte mir eine Flasche Cola, ich nahm sofort einen Schluck. Ich wollte nur diesen Geschmack loswerden. Zugleich fragte ich mich, wer alles bereits aus der Flasche getrunken hatte.
„Geht's wieder?", fragte Jack amüsiert.
Ich sah ihn verkrampft an. Seine grünen Augen strahlten Freude aus und sein Lächeln war keinesfalls gehässig. Es war eher ein solidarisches „Ich fühle mit dir"-Lächeln. Irgendwie sympathisch. Ich nickte peinlich berührt.
„Von welcher Schule bist du?", fragte Jack schließlich, während der andere mir erneut das Zeugs einschenkte. Es kam aus einer Tequila Flasche. Jetzt wusste ich zumindest, was ich trank.
„Von der Greenhill High", sagte ich, meine Augen von der halbvollen Tequila Flasche reißend. „Wir sind in einer Klasse, ich und Lui."
„Auf Greenhill High!", rief einer der Typen gut gelaunt.
Erneut stießen alle jubelnd ihre Becher aneinander und tranken. Alle außer mir. Ich blickte mich um. Die Anwesenden sahen so unbeschwert aus, so fröhlich. Manche tanzten ums Feuer. Andere unterhielten sich. Einige knutschten wild und ungeniert, andere gingen Richtung Strand für mehr Privatsphäre. Ich wollte auch dieses Gefühl der Unbeschwertheit verspüren. Motiviert blickte ich in meinen Becher.
„Na los, Minnie, runter damit", rief einer der Jungs, als ob er sehen wollte, wie ich mich diesmal anstellen würde.
„Jetzt lasst sie. Wenn sie nicht will, dann will sie nicht!", nörgelte Lui und wollte mir den Becher abnehmen.
„Nein, nein! Ich trinke das noch", sagte ich und ließ den ganzen Inhalt des Bechers meine Kehle herunterfließen. Die Jungs und Luisa jubelten.
„Cola", krächzte ich und sofort reichte Jack mir die verlangte Flasche.
Ein paar weitere Mädels stießen zu uns. Sie waren älter. Am Anfang hatte ich das Gefühl, dass sie auf mich herabsahen, doch je mehr Becher wir leerten, desto geringer wurden meine Selbstzweifel. Langsam entspannte ich mich. Ich war ich selbst. Wir lachten, erzählten uns Stories, machten uns über die Jungs lustig. Ich fühlte mich pudelwohl und akzeptiert. Die Hemmschwelle sank mit dem Anstieg des Alkoholpegels. Die Zeit verging wie im Fluge. Ich blickte auf mein Handy. Halb zwölf Uhr nachts. Alles um mich herum drehte sich.
„Leute, lasst uns zum Lagerfeuer gehen, da ist was frei", rief eins der Mädchen und alle folgten ihr.
Lui kam mit ernster Miene auf mich zu. „Minnie, ich habe total vergessen, meine Mutter anzurufen. Die wird total wütend sein. Ich rufe vom Auto aus an, da ist es ruhig."
„Ich dachte, deine Mutter ist da nicht so, wegen Steve."
„Solang ich mich an gewisse Regeln halte", gestand Lui.
„Soll ich mitkommen?"
„Nein, nein. Halt du mir lieber einen Platz frei. Bin gleich da!"
Eilig ging Luisa davon.
„Ich warte auf dich", rief ich ihr nach.
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