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"Tanz mit mir!"
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Sein Lächeln ließ mein Herz höher schlagen. Wenn er lächelte trat sein Grübchenkinn stärker hervor und kleine Lachfältchen bildeten sich um seine dunkeln Augen. Er hinterfragte meine Aufforderung nicht, zögerte keine Sekunde, als würde er mir nicht die Zeit lassen meine Meinung zu ändern. Stattdessen schälte er sich aus der Sitzecke. Seine großen, warmen schlossen sich um meine. Das Lächeln auf seinem Gesicht, das seine Iris im gedimmten Licht der Bar funkeln zu lassen schien, war ansteckend. Den Augenkontakt haltend führte ich ihn rückwärts gehend vor die Bühne.
Als ich stehen blieb war ich für einen Moment ratlos. Embry warf lediglich einen flüchtigen Blick über meinen Kopf hinweg auf die neun Leute mit denen wir die leere Fläche teilten. Eine seiner Hände löste sich aus meiner und zog mich im nächsten Augenblick an meiner Taile liegend sanft, aber bestimmt näher zu ihm. Ein überraschtes Keuchen entwischte meinen Lippen, welches ihm ein leises Glucksen entlockte.
"Ist das okay?", fragte er nur wenige Zentimeter von mir entfernt, während er den Griff um meine andere Hand veränderte, sodass sie in seiner lag. Optisch sah es absurd aus. Meine Hand verschwand in seiner, war blass, die Nägel kurz. Gerade für einen Mann, der in seiner Freizeit gerne an Autos und Motorrädern rumschraubte, der viel Zeit im Freien verbrauchte, mehrfach täglich eine Metamorphose durchmachte und auf Pfoten durch den Wald hetzte waren seine Hände erstaunlich weich. Die rostbraune Haut wirkte so viel ebenmäßiger, sah gesünder aus. Embry hatte schöne Hände. Es gab nichts an ihm, das nicht schön war.
Verdammte Lykantropie...
Sein Körper glühte. Ich spürte die Hitze auf meiner Haut, als würden Sonnenstrahlen im Frühling sie aufwärmen. Ein angenehmer Schauer lief mir die Wirbelsäule hinab.
Ich nickte.
"Ist okay.", meine Stimme versagte. Peinlich berührt räusperte ich mich.
Mein Blick glitt von seinem Gesicht über seinen Oberkörper vor meiner Nase zur Seite. Zögerlich legte ich meine Handfläche auf seinen Oberarm.
"Ist das okay?"
Abwartend sah ich erneut hoch nur um das übliche Lächeln zu sehen. Nein, es war zaghafter. Etwas war anders, doch eines blieb. Die Wärme in seinem Ausdruck.
"Sowas von okay."
Um ehrlich zu sein hatte ich nicht gewusst, dass ich tanzen konnte, doch als Embry uns plötzlich begann zu bewegen folgten ihm meine Beine wie von selbst. Kein Gedanke, nicht einmal Fehltritte. Überrascht hob ich eine Augenbraue.
"Ich hatte ja keine Ahnung, dass du tatsächlich tanzen kannst, Call."
"Und dennoch bist du das Risiko mit mir eingegangen?", scherzte er. "Sollte ich jetzt eigentlich beleidigt sein, dass du einfach davon ausgegangen bist ich könnte es nicht?", säuselte er.
Er entfernte sich von mir. Im nächsten Moment vollführte ich eine Drehung ehe er wieder bei mir war, seine Hand zurück an ihrem Platz an meiner Taile.
Ich kicherte.
"Definitiv nicht."
Die Musik füllte den Raum. Der Gesang war nicht perfekt. Hier vorne, so nah an den grellen Bühnenlichtern wirkte die restliche Beleuchtung des 54s gedimmt. Der Mann neben uns rempelte uns beinahe an und trat seiner Frau dabei auf die Füße. Von der Bar am anderen Ende des Ladens drang ein gröhlendes, tiefes Lachen. Wir schwebten über den Holzboden. Schritt für Schritt, Drehung für Drehung wandelten wir mühelos über die Fläche und mir war es egal, ob der Sänger nicht alle Töne traf, den Text nicht richtig ablaß, oder ob wir nicht alleine waren. Ich hatte Spaß. Entgegen dem was mein schnelles Herzklopfen suggerieren würde fühlte ich mich wohl. Singen auf der Bühne war aufregend. Man wurde gesehen, bewundert, konnte für einen Moment das Scheinwerferlicht genießen. Einfach zu tanzen war anders, aber nicht weniger schön. Es ging wie von selbst. Weniger Leute beachteten einen. Wir bewegten uns zur Musik. Es reichte mir sie mit Embry zu genießen.
Der Performer wechselte. Eine Welle Applaus brandete auf, dem wir uns anschlossen, während der Mann von der Bühne stieg und eine Frau sie erklomm. Ein langsamerer Song wurde gewählt. Zurück in der Tanzhaltung legte ich meinen Kopf in den Nacken.
"Ganz im Ernst! Wieso wusste ich nicht, dass du tanzen kannst? Du bist wirklich gut."
"Das schönste Mädchen der Party macht mir ein Kompliment? Ich fühle mich geehrt."
Nichtmal den Versuch startend Kraft aufzuwenden schlug ich flapsig gegen seinen Oberarm.
"Kannst du aufhören auf alles scherzhaft zu antworten?"
Ich achtete darauf einen spielerischen Unterton einzubauen und mein Lächeln aufrecht zu erhalten, damit er wusste, dass ich keineswegs wütend, oder genervt war. Ich war neugierig.
Er neigte den Kopf.
"Entschuldigung, Prinzessin.", einer seiner Mundwinkel zog sich nach wie vor hoch, doch seine Stimmung veränderte sich. Er dachte ernsthaft nach, beziehungsweise schien er schon über eine Antwort nachzudenken. Ich konnte es an seinem Gesichtsausdruck erkennen. Der Blick in seinen Augen hatte etwas... wehmütiges. Nicht traurig, nicht amüsiert. Wehmütig. Er zuckte mit den Schultern.
"Ich schätze du wusstest es nicht, da du mit Jake zum Abschlussball letztes Jahr gegangen bist. Ich hätte meinen besten Freund niemals so vorgeführt und ihm sein Date mithilfe meiner Tanzkünsten ausgespannt."
"Du hast damals nicht mit mir getanzt, da ich mit Jake da war?"
Er schnaubte, doch seine Stimme blieb sanft. Warm.
"Bitte, du warst so verknallt in ihn.", er zögerte einen Moment. "Wusstest du, dass wir alle unglaublich neidisch auf ihn waren?"
Vor Verblüffung blieb ich stehen und wäre dabei beinah über Embrys Füße gestolpert.
"Meinetwegen?"
"Natürlich deinetwegen. Schon alleine weil er ein Date hatte. Dann kamst du an und sahst aus wie ein Engel mit deinem silbernen Kleid, den Haaren und-", er brauch ab.
"Und was?", harkte ich nach.
Das dunkle Braun seiner Augen bohrte sich mit einem Mal in meine. Ich hatte das silberne Kleid geliebt, dass ich mit Devery ausgesucht hatte. Er erinnerte sich was ich an gehabt hatte.
"Du hast gestrahlt. Niemand hätte es an diesem Tag mit dir aufnehmen können.", erneut wirkte er, als hätte er mehr sagen wollen, doch die Sätze hingen in der Luft.
Ich wusste nicht was ich sagen sollte.
"Es tut mir leid, dass ich beim Abschlussball nicht mit dir getanzt habe. Nicht richtig."
Seine Mundwinkel zuckten.
"Schon gut."
"Das mache ich beim Nächsten wieder gut!", versprach ich.
Nun war es an ihm eine Augenbraue zu heben.
"Du willst dich wieder unserem Abschlussball anschließen?"
"Wenn du mich mitnimmst."
Dieses Angebot, das am Ende mehr wie eine Frage klang hing zwischen uns.
Die Unsicherheit stieg in mir hoch. Ich wollte mich nicht aufdrängen.
"Also nur wenn-wenn du willst. Es muss nicht- Wenn du- Ich meine- Du findest sicher eine Begleitung, denn du- wir- ich... Wenn du nicht möchtest ist das okay. Bestimmt- Vielleicht möchest du jemand anderen fragen, oder das wird so ein Jungsabend-"
Sein Lachen unterbrauch mein Gestammel.
"Adriana Elise Swan, es wäre mir eine Ehre, wenn du meine Begleitung wärst."
Er führte uns in eine Umdrehung. Gegen das Grinsen, dass sich zu einem leisen Lachen entwickelte war ich machtlos.
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Heute ein kurzes Kapitel, damit es weitergeht;)
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