42:
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Ich wusste nicht wo ich hin wollte, wo ich hin sollte. Ich wollte nicht gehen, dennoch hatte ich den Blicken zu entgehen versucht. Zunächst zog ich es in Erwägung an den Strand zu gehen. Die Wellen hatten etwas tröstliches an sich. Ich liebte das Rauschen, den Duft. Sobald ich das Meer sah überkam mich eine innere Ruhe. Auch wenn sie mich nicht vergessen lassen konnte half sie mir dennoch immer wieder meine Gedanken zu ordnen, um nicht den Verstand zu verlieren.
Schon damals, als wir Dad in Kindertagen besucht hatten war ich am liebsten am Meer gewesen. Der Ozean war faszinierend, so unglaublich weit. Er war ein absoluter Gegensatz zu der Wüste, die ich gewohnt war. Starke, unbändige Böhen im Gegensatz zu heißen, trockenen Brisen. Mit den Jungs hatte ich oft am Strand gespielt. Quil und ich waren damals noch nicht die besten Freunde. Wir hatten uns gegenseitig ins Wasser geschupst, oder mit Schlamm beworfen. Er hatte gewusst wie sehr ich mich vor Quallen ekelte und mich jedes Mal, wenn er eine fand damit über den Strand gejagt.
In diesem Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher als zu einem dieser Zeitpunkte zurückzukehren. Ich würde sogar mit einer Qualle kuscheln, wenn ich mich niemals wieder so elend fühlen müsste.
Ohne es bemerkt zu haben hatte ich mich auf einem Baumstumpf niedergelassen. Mir fiel die Stille auf. Wann waren mir auf dem Weg vom Haus bis zum Waldrand die Tränen ausgegangen? Die kurze Strecke betrug keine 200m. Trotz des Zorns machte sich eine lähmende Leere in mir breit.
Eine Taubheit überzog mein pochendes Herz. Lediglich das Stechen hinter meinen Schläfen hielt an. Die Weinerei forderte ihren Tribut. Ich krallte meine Fingernägel in meinen Handrücken, ein verzweifelter Versuch mich zusammenzuhalten. Der körperliche Schmerz lenkte mich für Sekundenbruchteile ab. Sie war egoistisch, aber wie sollte sie es auch nicht sein? Die Welt hatte sich schon immer um sie gedreht. Ich hatte mich angestrengt, mir den Allerwertesten aufgerissen, damit die Menschen mich mochten. Ich musste dafür arbeiten mir meinen Platz in der Welt zu verdienen. Überall versuchte ich mir meine eigene Niesche zu suchen. Ihr viel alles zu. Jeder liebte Bella. Sie war hübsch, mysteriös. Sie hatte das gewisse Etwas. Vielleicht hatte mir der Umzug weniger ausgemacht, da ich angenommen hatte hier um meinetwillen gemocht zu werden. In unserem alten Zuhause war Cassy der einzige Mensch gewesen, der mich wirklich gekannt hatte. Wir waren ständig auf Partys gewesen, umschwärmt von unseren Mitschülern. Ich hatte viele Komplimente, insbesondere zu meinem fantastischen Stil bekommen, doch was war das wert? Bella hatte sich nie um solche Dinge gescherrt. War das mein Fehler?
Endlich hatte ich gedacht meinen Platz gefunden zu haben, Menschen zu denen ich gehöre, doch dann war alles schief gelaufen. Allem voran war ich wütend auf die Welt. Ich war machtlos. All das war nicht fair! Sie hätte es mir sagen müssen! Sie waren meine Freunde! Sie hatte nicht das Recht gehabt mir etwas vorzuenthalten!
"Adi...?", aus dem Augenwinkel sah ich eine große Gesalt zögerlich auf mich zukommen.
"Bitte, geh weg!", presste ich zwischen zusammengepressten Zähnen heraus. Meine Kiefer mahlten aufeinander.
Ich hörte ihn laut ausatmen.
"Nein!"
Zornig funkelte ich ihn an.
"Geh weg!", wiederholte ich langsam und bedrohlich. "Ich will nicht mit dir sprechen! Also verschwinde!"
Er strafte seine Schultern. Entschlossen erwiederte er meinen Blick.
"Nein."
Wir lieferten uns ein Blickduell. Trotzig verschränkte er die Arme vor seiner Brust und mir wurde bewusst, dass ich ihn nicht allzu schnell loswerden würde. Genervt schnaubte ich. Er verbuchte seinen Sieg. Vor mir ging er in die Hocke. Ich hatte geplant von ihm wegzurücken, doch mein Körper blieb an Ort und Stelle. Dennoch drehte ich meinen Kopf weg.
Stille. In der Ferne rauschte die Brandung.
"Hasst du mich?", flüsterte er.
Das konnte ich nicht so stehen lassen. Auf meiner Lippe kauend sah ich ihn an. Wir waren beinah auf Augenhöhe, ein selten gewordener, seltsamer Anblick. Die Art wie er mich ansah verursachte eine Gänsehaut auf meinen Armen. Schuldbewusst hatte er seine Augenbrauen zusammengezogen. In seinen dunkelbraunen Augen lag ein verräterisches Glitzern.
"Ich bin verdammt wütend auf dich! Ich weiß nicht wieso du mir nicht genug vertraut hast, um mir die Wahrheit zu sagen. Ich wünschte du hättest es getan, denn jetzt weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr wo wir stehen. Sind wir Freunde? Denn Freunde sollten nicht solche gigantischen Geheimnisse voreinander verbergen. Wenn du dachtest du könntest es mir nicht sagen habe ich als deine Freundin wohl etwas falsch gemacht.", das alles sprudelte aus mir heraus. Nach einem tiefen Atemzug seufzte ich. "Was ich sagen will... Ich bin unglaublich wütend auf dich, aber ich hasse dich nicht, Embry."
Die Enttäuschung zerriss mich innerlich, ihn jetzt beinah demütig zu sehen konnte das Gefühl verraten worden zu sein nicht lindern, doch mir war klar, dass ich nicht so sauer auf ihn wäre, wenn er mir nicht immernoch viel bedeuten würde. Wütend ja, aber ich war mir fast sicher ihn niemals hassen zu können. Nicht den Jungen, der zuvor immer für mich da gewesen war, der mir zugehört hatte, wenn es niemand anderes getan hatte, der ehemals schüterne Typ mit dem Herzen aus Gold, der nach all den Jahren immernoch strahlte wie ein Kleinkind, wenn er eine hübsche Muschel am Strand fand. Scheinbar machten nicht nur Menschen Fehler.
"Auch wenn ich wünschte du hättest einen Weg gefunden... ", ich zögerte. "...verstehe ich, dass es sicherlich nicht leicht gewesen wäre sich Sam zu widersetzen.", räumte ich ein.
Mit einer Hand fuhr er sich über den Nacken, bevor er seufzte. Schuldbewusst starrte er mir mit seinen Welpenaugen entgegen.
"Es war nicht Sams Schuld. Er hat mir nicht befohlen dir nichts von uns zu sagen, oder mich von dir fernzuhalten. Das war meine Entscheidung, Adi."
"Was?", mir fielen beinah die Augen aus dem Kopf. Energisch sprang ich auf. In einer geschmeidigen Bewegung stand Embry auf. Allein seine Größe ging mir gehörig auf die Nerven. Ich hasste es wie er auf mich herab sah. Meine versöhnliche Stimmung war verpufft. "Deine Entscheidung?"
"Ja. Aber bitte sei nicht wütend auf Jake, oder Quil! Sie haben sich wirklich nur an Sams Anweisungen halten müssen. Du- Du weißt nicht wie es ist! Wenn der Alpha etwas befiehlt ist es nahezu unmöglich sich ihm zu widersetzen. Es zu tun... Das fügt einem beinah körperliche Schmerzen zu. Wenn er einem sagt man darf nichts verraten und es dennoch versucht, dann-... dann kommt es einem vor, als würde einem sein eigener Körper nicht mehr gehorchen, als würden deine Stimmenbänder ihren Dienst quittieren. Ich weiß nicht wie Quil es geschafft hat zu dir zu gehen und mit dir zu reden."
"Quil hat nicht-!", wollte ich seine Behauptung dementieren, doch verstummte als Embry mir einen 'Bitte-versuch-es-gar-nicht-erst-Blick' zuwarf.
Ich klappte meinen Mund wieder zu und verschränkte meine Arme vor der Brust.
"Quil war dir ein besserer Freund als ich es war.", raunte er peinvoll.
Meine Nasenflügel begannen zu beben.
"Aber es war deine Entscheidung! Du hattest die Wahl und hast mir meine genommen! Wieso?!"
"Weil ich weiß wie du dich entschieden hättest!", brüllte er urplötzlich und warf seine Arme in die Luft. Ich zuckte zusammen.
"Du DENKST du weiß wie ich mich entschieden hätte!"
"Oh nein! Ich kenne dich! Ich weiß es! Du hättest mir vielleicht im ersten Moment nicht geglaubt, doch sobald du gemerkt hättest, dass ich es ernst gemeint hätte hättest du versucht mir Glauben zu schenken. Dann hätte ich es dir gezeigt und du hättest mir gesagt, dass es okay wäre. Du hättest mir gesagt, dass sich nichts zwischen uns ändern würde.", seine Mimik war herzzerreißend. "So bist du nunmal, Adi. Du bist gut, großherzig und selbstloser als es für dich gut ist. Du hättest alles in deiner Macht stehende getan, um uns zu helfen. Vermutlich hättest du dir ein Collage hier in der Nähe ausgesucht, dabei haben wir beide doch überlegt in Florida zu studieren. Allerdings sitze ich hier nun fest. Du hättest dich schlecht gefühlt ohne mich zu gehen und wärst geblieben. Ich hätte keine Chance gehabt es dir auszureden. Alles was ich wollte war, dass du nicht genauso an dieses Rudel, an diesen gottverdammten Ort gebunden bist wie wir. Du bist nicht wie wir! Du hast die Wahl!"
"Nein, hatte ich nicht! Du hast sie mir genommen! Was denkst du gibt dir das Recht Entscheidungen für mich zu treffen?"
"Du hättest dich falsch entschieden!", beharrte er mit lauter Stimme.
"Selbst wenn! Was wäre so falsch daran, wenn ich für euch da gewesen wäre? Freunde machen sowas füreinander! Es lag nicht an dir das zu bestimmen!"
"Grrr! Du bist so-so sturköpfig!", er raufte sich die Haare.
"Wärst du nicht so bevormundent und hättest mir nicht dein Geheimnis verschwiegen würden wir diese Unterhaltung jetzt nicht führen!", entgegnete ich.
"Als Unterhaltung kann man das nur schwerlich bezeichnen!"
Ich wandte mich von ihm ab. Das alles war mir zu viel. Während meines Wortgefechts mit Embry hatte ich kurz meine anderen Probleme vergessen. Wieder einmal griff meine Hand nach dem Handgelenk um das schon lange nicht mehr mein Lederarmband lag. Plötzlich war ich unglaublich erschöpft, ausgelaugt.
Zitternd atmete ich aus.
"Wieso mache ich immer etwas falsch?"
"Adi, so- so habe ich das nicht gemeint!", seine Stimme klang ungeheuer sanft, beinah reuevoll.
Über meine Schulter hinweg sah ich ihn an.
"Ich weiß... ", traurig lächelte ich. Mir kamen wieder die Tränen. "Aber wie es aussieht kann ich nichts richtig machen.", meine Stimme brach. "Du hast mir nicht zugetraut die richtige Entscheidung zu treffen und du hättest recht gehabt. Wenn es falsch ist euch immernoch lieb zu haben, auch wenn ihr Werwölfe seid und mein Leben in der Nähe der Menschen... Personen", korrigierte ich mich. "verbringen zu wollen, die mir am wichtigsten sind, dann hätte ich mich falsch entschieden. Dann würde ich mich immer wieder falsch entscheiden, aber ganz abgesehen davon... Ich habe habe gerade meine Schwester angeschrien.", eine einzelne Träne rollte über meine Wange. "Ich habe sie regelrecht beschimpft und ich- und ich... obwohl ich genau das denke, oder vielleicht gerade deswegen fühl ich mich...", ich suchte nach der richtigen Bezeichnung. "wie die letzte Bitch."
Dieses Wort war ein wenig vulgär, doch es war die beste Beschreibung, die mir im Moment einfiel.
"Oh Gott! Ich bin fürchterlich! Ich bin ein fürchterlicher Mensch! Jemanden so niederzumachen... so bin ich nicht! Diese- diese Wut ist wie eine Welle. Sie bricht über mir zusammen und ich weiß nicht mehr wo oben und unten ist. Das- Das sieht mir doch nicht ähnlich, oder?", ich begann ein wenig zu hyperventilieren.
Natürlich hatte ich mich in den vergangenen Jahren des Öfteren mit Bella in die Haare gekriegt, doch ich hatte sie noch nie dermaßen angefahren. Es war nicht die übliche Wut. In mir brannte ein Hass, der mich zu zerfressen drohte. All der Neid, die Eifersucht und der Zorn hatten sich zu einem gigantischen Kneul zusammengeballt. In mir entflammte das Verlangen etwas zu zerschlagen, nur um diese gigantische Menge an Energie umzuleiten. Vielleicht würde es mich ablenken den Schmerz zu spüren. Sie hatte mir nicht vertraut. Dieser Verrat schmerzte mehr als alles andere. Trotz all unserer Unstimmigkeiten und Streitereien hätte ich mich für sie vor einen Bus geschmissen, ihr meine zweite Niere gegeben und sie traute mir nichteinmal zu meine eigenen Freunde zu beschützen. Niemals würde ich einem von ihnen schaden wollen. Dachte sie wirklich so schlecht von mir? Und wieder begannen die Schlurzer, doch sie blieben tränenlos. Ich klang wie ein sterbendes Tier, versuchte die Lippen aufeinander zu pressen, um den Ton zu unterdrücken, doch das machte die Sache nicht unbedingt besser. Ich schlang meine Arme um meinen bebenden Körper, als würde es mir helfen nicht auseinander zu brechen. Könnte ein Mensch vor Schmerz zerbersten wie eine zerschlagene Porzellanpuppe?
Sie hatte mir weh getan!
Sie verheimlichte große Geheimnisse vor mir, die sie noch weniger angingen als mich!
Sie vertraute mir nicht!
Seit wir hier waren nannte sie Dad nur Charlie, wobei ich ihm jedes Mal ansehen konnte wie sehr ihn dies verletzte!
Seit sie Edward kennengelernt hatte drehte sich alles nur um ihn!
Seit er sie verlassen hatte schien sie der Mittelpunkt des Universums für alles und jeden geworden zu sein!
Jeder hielt sie für perfekt!
Jake hatte sie gewählt und mich niemals auf diese Weise wahrgenomen!
Sie sah nicht wie es mir ging! Sie fragte nie danach!
Sie hatte von Dad ein Auto bekommen!
Wenn ich mit Dad ohne sie zu Abend aß fragte er immer nach ihr! Es ging immer nur um sie!
Sie hätte mir die Wahrheit sagen müssen!
Ich hätte anders reagieren sollen!
Ich hätte ihr nicht vor all den Leuten all das an den Kopf werfen dürfen, doch sie hatte mein Herz gebrochen.
"Das ist alles zu viel! Zu viel!", wimmerte ich.
Seine Wärme konnte ich auf meiner Haut spüren noch bevor er seine Arme um mich legte. Bestimmt, aber zaghaft zog er mich an seine Brust. Er hatte mir auch verschwiegen was los war! Ich war sauer auf ihn!
...
Doch es war sein Leben. Es waren seine Probleme und es war seine Art gewesen mit der unglaublichen, neuen Situation umzugehen. Auch wenn ich es nur mit großem Missfallen einsah... letzten Endes hatten sie versucht mich zu beschützen. Ich hätte mich nicht von ihnen ferngehalten und wäre ich an ihrer Stelle gewesen... Ich könnte nicht beschwören nicht das Selbe versucht zu haben. Die Hitze, die von ihm auf mich überging tat gut. Es war als würde ich mich an meine eigene, ganz persönliche Sonne schmiegen. Auch gegen meinen Willen entspannten sich meine angespannten Muskeln zusehens.
"Es tut mir leid... Es tut mir leid... Es tut mir leid... ", winselte ich.
Es tat mir leid.
Es tat mir leid meine Schwester angeschrien zu haben.
Es tat mir leid, dass ein Bruch zwischen mir und so gut wie jedem der mir auf dieser Welt am wichtigsten war entstanden war.
Es tat mir leid, dass ich diesen Hass empfand an dem ich nichts ändern konnte.
Es tat mir leid, dass sich die Dinge verändert hatten.
Wenn ich auch nur einen Wunsch frei hätte, dann würde ich ihn nutzen, um den Jungs die Wahl zu geben menschlich zu sein.
Alles könnte wieder sein wie früher...
oder?
Embry legte sein Kinn auf meinem Kopf ab.
"Dir muss nichts leid tun, Adi. Ganz und gar nichts. Ich hätte derjenige sein müssen, der dir alles erzählt. Hätte ich mich anders entschieden wäre all das nicht passiert.", nuschelte er in mein Haar.
'Das kannst du nicht wissen.', hatte ich sagen wollen, doch die Worte steckten mir im Hals fest.
Möglicherweise stimmte es sogar. Möglicherweise hätten wir uns den Stress der vergangenen Monate ersparren können, doch wer weiß was stattdessen geschehen wäre? Hätte Embry mir von den Werwölfen erzählt direkt nachdem er sich verwandelt hatte hätte ich es weder Jake, noch Quil verraten dürfen und hätte ich es doch getan hätten sie mich vielleicht entweder für verrückt erklärt, oder ich hätte sie in Todesangst versetzt. Ich hätte nicht für Quil da sein können, ohne mich wie eine fürchterliche Lügnerin zu fühlen.
Hätte, hätte...
Anstatt zu antworten löste ich meine verkrampfte Haltung. Meine Arme, die ich zuvor zwischen meiner und Embrys Brust an meinen Körper gepresst gehalten hatte, schlang ich um seine Taile. Sein Griff um mich wurde fester, doch es tat gut, war nicht unangenehm. Der Schmerz wollte dennoch nicht aufhören. Es gab Dinge, die nichteinmal eine tröstende Umarmung wieder in Ordnung bringen konnte.
Es war beinah als hätte ich ein Déjà vu, doch es fühlte sich anders an. Die freundschaftliche Geste, die früher nichts besonderes gewesen wäre schien jetzt eine andere Bedeutung zu haben. Ein seltsames Gefühl zwischen peinlichen Teenagergehabe und nach Hause kommen stellte sich bei mir ein.
Ich löste mich von ihm und fuhr mit meinen Händen über meine Augen. Mir entging nicht der schmerzliche Ausdruck auf Embrys Gesicht, den ich nicht recht deuten konnte. Hatte er Schuldgefühle, weil Quil mir Hinweise gegeben hatte und nicht er?
"Fühlst du dich ein wenig besser?", fragte Embry vorsichtig.
"Ich fühle mich elendig.", antworte ich Wahrheitsgemäß.
Wieder ein Déjà vu.
"Ich kann deinem.... deinem Rudel nie wieder unter die Augen treten!", bemerkte ich peinlich berührt.
Ein Schmunzeln schlich sich auf seine Lippen. Gleichzeitig zog er eine Augenbraue hoch.
"Meinem Rudel?", fragte er amüsiert.
"Ja? Nennt ihr das nicht so?", verunsichert wanderte mein Blick hin und her.
"Es ist nur... süß, das aus deinem Mund zu hören."
Empört rümpfte ich die Nase.
"Süß?!"
"Ja. Süß.", nun grinste er breit. "So wie diese Geste.", er deutete auf meine Nase und imitierte meine Mimik. "Du machst das oft, weißt du das?"
Mich kribbelte es in der Nase sie erneut zu rümpfen, doch ich verkniff es mir. Machte ich das wirklich oft? Wenn dann geschah es unbewusst. Da ich nicht wusste wie ich reagieren sollte verschränkte ich meine Arme vor der Brust. Lächelnd beugte er sich vor und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Die unerwartete Geste ließ mich zusammenzucken. Sein Lächeln verrutschte. Er sah für den Bruchteil einer Sekunde zu Boden.
"Es tut mir leid.", seine Stimme klang kratzig und tief. Tiefer als sonst.
Jetzt wo er mich nicht mehr im Arm hielt und ich mich langsam wieder auf fünf Sinne konzentrieren konnte drängte sich die Kälte wieder in den Vordergrund. Meine Kleidung war noch immer nass. Mit den Händen fuhr ich mir unauffällig über meine Arme, um mich zu wärmen.
"Ich kann... ", ich atmete tief ein. "Ich kann dich verstehen. Mir tut es leid, dass du durch all das ohne uns durch musstest. Sam ist sicherlich fantastisch, aber... Wir sind auch deine Freunde und du dachtest dich von uns fernhalten zu müssen, um uns zu schützen. Das war bestimmt nicht leicht. Du veränderst dich auf eine... solch... solch unvorstellbare Weise und kannst keinem von uns davon erzählen. Wir-... Ich war-... bin ziemlich wütend auf dich. So ist es nun mal. Es tut mir leid, dass ich diese Gefühle nicht ändern kann. Doch auch, wenn ich das nicht kann, kann ich verstehen wieso du so gehandelt hast wie du es getan hast. Du musst dich nicht länger schuldig fühlen."
"Nicht nur dafür habe ich mich entschuldigt.", raunte er.
Ich schluckte, doch im nächsten Moment hielt er mir schon mit einem verschmizten Grinsen seine Hand entgegen.
"Wir sollten wieder rein gehen. Du musst dich umziehen, oder ich wickel dich persönlich in eine Decke ein."
"Embry... Ich habe dir eben schon gesagt, dass ich dort niemals wieder einen Fuß reinsetzten kann. Am Besten hause ich für den Rest meines Lebens im Wald."
"Naja, das wäre eher eine Option für mich als für dich, aber im Zweifelsfall leiste ich dir Gesellschaft. Ich bin mir sicher, dass ich genug Kaninchen jagen könnte, um uns beide zu ernähren."
Ich war mir nicht sicher, ob sein Vorschlag als Scherz gemeint war. Mit gerunzelter Stirn sah ich ihn an.
"Komm schon! Niemand wird dir den Kopf abreißen, versprochen."
"Ich habe mich da drinnen aufgeführt wie eine Irre! Sicherlich denkt jetzt jeder ich habe sie nicht mehr alle und ich kann es ihnen nicht verdenken. Jedes Mal wenn ich hier war habe ich irgendeinen absurden Auftritt hingelegt. Oh Gott, denkst du Emily nimmt mir das alles übel? Ich sollte mich bei ihr entschuldigen, oder?"
"Adi", Embry legte mir seine Hände auf die Schultern. Eindringlich sah er mich an. "Alles okay! Niemand nimmt dir deine Reaktion übel. Es wird sie nicht stören. Und ehrlich gesagt... ich denke wir haben immernoch eine Menge zu klären. Jetzt wo du eingeweiht bist, solltest du alles wissen. Du musst es sogar, denn ansonsten wird es für uns schwerer auf dich aufzupassen.
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Hallo meine lieben Leser!
Endlich ein neues Kapitel! Die Werwölfe kommen endlich richtig ins Spiel.
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