Hanson ging zur Hauptstadt. Er hatte erneut versagt, hatte erneut  haushoch gegen eine Vierzehnjährige verloren. Aber einmal wollte er es noch versuchen. Und da ein Mitglied der Schwarzen Garde beobachtet hatte, wie sie in der Hauptstadt ankam, ging auch Hanson dorthin. Er wusste, wenn er dieses mal versagte, wäre er erledigt. Aber wenn er erneut ohne Erfolg zum König zurückkehrte, würde dieser ihn foltern lassen. Und das wollte er nicht riskieren. Die Hauptstadt war nicht mehr weit entfernt, kaum zwei Stunden Fußweg trennten ihn noch von seinem Ziel. Momentan durchquerte er einen Sumpf, der kurz vor der Stadt endete. Er hatte ein beunruhigendes Gefühl, konnte es aber nicht wirklich erklären. Als er die Stadttore erreichte, flog ein schwarzer Jagdfalke über seinen Kopf hinweg, aber er beachtete es nicht weiter, und betrat die Stadt. Nach kurzem suchen entdeckte er auch Angelina, auf einem kleinen Platz im östlichen Teil der Stadt. Doch als er einen Pfeil auf ihren Rücken schoss, griff der selbe Jagtfalke wie an den Stadttoren  diesen aus der Luft, noch ehe Angelina selbst reagieren konnte. Der schwarze Falke flog zu einer dunklen Gestalt auf den Dächern, die ihren Arm ausgestreckt hatte, um ihn zu empfangen. Die Gestalt nahm den Pfeil und zerbrach ihn in seiner Hand, während sie drohend sagte: "Du bist also Derjenige der es auf Angelina Black abgesehen hat?"  Man hörte deutlich dass es sich beim Sprecher um einen Mann handelte, und als dieser aus den Schatten trat erkannte man auch wer er war. Angelina und Hanson sahen ihn gleichermaßen überrascht an, aber während Hanson eher panisch wirkte, schien Angelina nur freudig erregt. Der Mann war nämlich niemand anderes als Lucardio Black, einer der berühmtesten Kämpfer des Landes und Angelinas Bruder. Eigentlich war er für seine Geduld und seine Freundlichkeit bekannt, aber in diesem Moment sah er einfach nur grimmig aus. Nun wurde Hanson auch die Bedeutung des schwarzen Falken klar: Er war das Wappentier der Blacks. Endlich begriff, Hanson. Der Falkenschrei über dem Sumpf war kein Zufall gewesen, genauso wenig wie der Auftrag ausgerechnet diese eine Kopfgeldjägerin zu töten. Und noch etwas sickerte langsam in sein Bewusstsein: da Angelina eine Black war, und Lucardio das Erbe der Familie nicht annehmen wollte, viel es Angelina zu. Und das wichtigste Erbe der Blacks war der Oberbefehl über die beiden Garden des Reiches. Angelina war also seine Herrin, was auch hieß, dass er sie verraten hatte. Er hatte zwar nicht gewusst wer sie war, aber er hätte es vor dem Versuch sie zu töten herausfinden können. Während Hanson all dies durch den Kopf schoss, hatten sich Angelina und Lucardio stürmisch umarmt. Obwohl sie Geschwister waren hatten sie sich seit beinahe acht Jahren nicht mehr gesehen. Denn als Angelina sechs Jahre alt war,verschwand sie plötzlich und wurde irgendwann für tot erklärt. Trotzdem hatte Lucardio nie aufgehört seine jüngere Schwester zu suchen. Jede freie Minute hatte genutzt um zu recherchieren und oft war er monatelang unterwegs gewesen. Und dann war auch noch das erste was er nach Jahren von seiner Schwester hörte, dass sie fast getötet worden war. Dementsprechend groß war seine Wut auf Hanson. Er löste sich von Angelina und fragte: "Wer war dein Auftragsgeber?" Hanson sah ihn nur an. "Wer?!" Lucardios Stimme wurde warnend. Das schien auch sein Gegenüber zu merken, denn er erwiderte: "Seine Majestät, der König..."  Seine Stimme war sehr leise und zitterte fast ein bisschen. Lucardio schaute plötzlich geradezu vergnügt drein und meinte entspannt: "Ich bin mal gespannt was die Königin dazu sagen wird. Ich bin mir sicher sie wird äußerst neugierig sein was ihr Mann so anordnet." Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Hansons Gesichtsausdruck blieb unverändert. Zumindest bis Lucardio sich noch einmal an ihn direkt wendete: "Du kannst froh sein, dass die alten Sitten nicht mehr gelten, denn nach diesen durfte ich dich jetzt töten!" Der Blonde wich ein Stück zurück aber Lucardio fuhr schon fort: "Allerdings gelten die alten Sitten nicht mehr, darum werde ich die Königin über dein Schicksal entscheiden lassen. Wenn du weglaufen willst hast du noch Zeit bis zur nächsten Versammlung der Garden in Zwei Wochen. Dort wird Angelina als neue Anführerin vorgestellt werden. Wenn du nicht da bist, ist dass zwar bedauerlich, aber wir werden dich nicht jagen. Es ist deine Entscheidung." Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand wieder in den Schatten, dicht gefolgt von Angelina. Nachdenklich schaute Hanson den Geschwistern nach. Dann drehte auch er sich um. Seine Entscheidung war gefallen...